Vor zwei Wochen hatten wir in unserer Kolumne auf den britischen Dokumentarfilm „Sri Lanka’s Killing Fields“ aufmerksam gemacht, den man im Internet anschauen kann. Er zeigt, wie Sri Lankas Militär im Jahr 2009 den Endkampf gegen die Terrororganisation Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) führte. Videodokumente und Zeugenaussagen belegen, dass die Zivilbevölkerung dabei in vermeintlich sichere Schutzzonen gelockt wurde, in die die Armee später mit Panzern und Kanonen feuerte. Siehe:
http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/80_mal_my_lai/
Jetzt hat sich Botschaftssekretär Senavirathne bei der Chefredaktion der WELT beschwert. Der Channel-4-Film sei unredlich und folglich auch unsere Kolumne. Er führt drei Argumente an. Erstens: Bei einer Aufnahme, die Erschießungen von Gefangenen zeigt, stimme das Datum nicht – möglicherweise eine Fälschung. Zweitens: Ein UN-Mitarbeiter, der im Film von bis zu 40.000 zivilen Opfern spricht, habe, als er noch auf Sri Lanka war, lediglich von 7000 getöteten Zivilisten gesprochen. Und drittens hätten einige der Informanten Kontakte zu den Terroristen. Siehe:
http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/der_botschafter_protestiert_in_aller_form/
Sehr geehrter Herr Botschaftssekretär, wir besitzen ziemlich viel Erfahrung im Beurteilen journalistischer Darstellungsformen. Dies schützte uns bisher zuverlässig davor, auf Propaganda reinzufallen. Die Arbeit der Channel-4-Kollegen erscheint uns professionell, sauber und fair. Sollten die beiden Behauptungen tatsächlich falsch sein, würden die übrigen Bilder immer noch eines der schlimmsten Kriegsverbrechen des 21. Jahrhunderts dokumentieren. Und was die unterstellte Nähe zur LTTE angeht: Eine der schrecklichsten Szenen des Films zeigt die Opfer eines Bombenanschlags der Terroristen. Siehe:
http://srilanka.channel4.com/index.shtml
Die „Neue Zürcher Zeitung“, der britische Premierminister Cameron und andere Unparteiische nahmen die Dokumentation zum Anlass, Aufklärung über die Endphase des Bürgerkriegs zu fordern. Dies wurde während und nach den Kämpfen von der Regierung Rajapaksa verweigert. Sie schickte UN-Beobachter fort oder ließ sie erst gar nicht ins Land. Übrigens: Auf einer Extrawebseite dokumentiert Channel 4 die Reaktionen auf den Film, auch die der srilankischen Staatsführung. Siehe:
http://srilanka.channel4.com/index.shtml
Wie gesagt, wir sind nur zwei neugierige Kolumnisten, keine Experten. Aber Sie haben einen Experten ganz in Ihrer Nähe. Ihr stellvertretender Botschafter Jagath Dias war in der Endphase des Bürgerkriegs Generalmajor und kommandierte die 57.Division. Menschenrechtsorganisationen sagen, diese Einheit war am Beschuss der Zivilbevölkerung beteiligt. Siehe:
http://www.youtube.com/watch?v=h7HDWCtWlpg
Erschienen in DIE WELT am 18.11.2011