Peter Grimm / 16.09.2020 / 16:31 / Foto: Kuhlmann/MSC / 26 / Seite ausdrucken

Seenotrettung à la Ursula

Es ist selbstverständlich geboten, dass man Menschen, die in Seenot geraten, retten muss. Bei der klassischen Rettung Schiffbrüchiger geht man allerdings in der Regel davon aus, dass diese unverschuldet und nicht vorsätzlich in Seenot geraten sind. Wenn Migranten im Mittelmeer in Seenot geraten, dann ist diese oft zumindest von den Schleusern eiskalt kalkuliert. Die seeuntüchtigen Boote, in die die Zuwanderer steigen, sollen ihre Passagiere ja nur bis in einen zuvor relativ genau recherchierten Aktionsraum eines Migranten-Hilfsschiffs tragen. Dann werden sie, weil in einem seeuntüchtigen Boot sitzend, aus Seenot gerettet. Die Hilfsschiff-Eigner und Aktivisten bezeichnen sich deshalb als Seenotretter. Doch was ist das für eine Seenot, in die die einen gezielt gesteuert werden und nach der die anderen gezielt suchen. Gemeinsam ist ihnen das Ziel, Menschen – die man einst noch, der Rechtslage folgend, illegale Einwanderer nannte – entgegen aller EU-Einreisebestimmungen von der Nordküste Afrikas an die Südküsten der Europäischen Union zu bringen.

Hier soll es nicht um die Frage gehen, inwieweit die Migranten zur Auswanderung nach Europa menschlich und rechtlich legitimiert sind oder in welchem Umfang es sich bei ihnen um Flüchtlinge, Exilanten, Zukunftssucher, Abenteurer, Glücksritter, Kleinkriminelle, Verbrecher, Glaubenskrieger oder Möchtegern-Eroberer handelt. Für die Ersteren sollte es leichtere und legale Zugangswege geben, für Letztere möglichst gar keine. Völlig unabhängig von diesen, oft hoch emotionalisiert diskutierten Fragen ist aber eine von Geretteten und Rettern gezielt gesuchte Rettung eigentlich keine Seenotrettung im ursprünglichen Sinne. Wobei hier nicht insinuiert werden soll, dass es genaue Absprachen von Schleusern und Hilfsschiffen gäbe. Dieser bedarf es nicht, denn die Schleuser können ja Schiffspositionen online verfolgen und somit einigermaßen genau abschätzen, wann sie ihre Boote auf welchen Kurs bringen müssen, damit sie rechtzeitig gerettet werden.

Dass es einige Boote trotzdem nicht schaffen, weil sie vielleicht vorschnell sinken oder vom Kurs abkommen oder das Hilfsschiff seine Route plötzlich ändert und sie nicht entdeckt, stört das Geschäft aus der zynischen Sicht der Schleuser nicht. Wenn es hin und wieder Tote durch Ertrinken auf dem Mittelmeer gibt, erzeugt das den medial-moralischen Druck, diese Art der „Seenotrettung“ aufrecht zu erhalten.

Und die Toten legitimieren diesen Einsatz beim Migranten-Transfer als eine Art Seenotrettung, denn die ist, wie jeder weiß, auf See geboten. Das klingt besser, als beispielsweise Hilfseinsatz für Menschen, die nach Europa wollen und gerade deshalb vermehrt in die Boote steigen, weil sie wissen, dass die Hilfsschiffe irgendwo da draußen sind und ihnen helfen werden. Zumindest werden skeptische Passagiere der seeuntüchtigen Boote bei deren Besteigen von Mitarbeitern der Schleuser gern in dieser Weise beruhigt, hört man. Die deutsche Evangelische Kirche ist inzwischen schon mit einem selbst initiierten Rettungsschiff dabei und gibt diesem Transfer-Einsatz im fürs Geld-Sammeln und für die Migranten-Aufnahme wichtigen Deutschland noch eine quasi moralamtliche Legitimation. Und jetzt ist die Sinnentleerung beziehungsweise Sinnentfremdung des Wortes Seenotrettung auch quasi überstaatlich legitimiert worden.

Europas Pflichten nach von der Leyen

So meldet der Stern, dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gefordert habe, dass die Rettung von „Flüchtlingen“ aus Seenot Teil der EU-Migrationspolitik sein muss. Die Seenotrettung sei Pflicht und nicht optional, habe von der Leyen am Mittwoch vor dem Europaparlament gesagt. Damit hat auch sie wieder zwei Dinge vermengt, die nicht zusammengehören. Denn Seenotrettung ist Pflicht, aber der Transfer des Geretteten an seinen Wunsch-Zielort ist keine Pflicht. Pflicht ist es, ihn zu einem sicheren Hafen mitzunehmen, wo ihm weder Seenot noch eine andere Gefahr an Leib und Leben droht. Und solche Häfen gibt es auch außerhalb der EU, auch wenn man dort verständlicherweise nicht leben möchte, wenn man sein künftiges Leben schon in Deutschland, Österreich oder Belgien geplant hat.

Wenn Seenotrettung à la Ursula als ein Teil der Migrationspolitik gewertet werden soll, dann sagt die Kommissionspräsidentin damit doch nichts Anderes, als dass es primär weniger um Rettung, sondern vielmehr um Migranten-Transfer geht. Fast möchte man sagen, die EU-Kommission könnte sich dann doch an dieser Stelle gleich richtig ehrlich machen und den Kompletttransfer übers Mittelmeer anbieten. Ansonsten lockt diese Migrationspolitik doch nur noch mehr seeuntaugliche Boote aufs Wasser, von denen auch dann noch mehr untergehen werden.

Aber etwas lässt einen beim Niederschreiben solcher Sätze zögern, weil ein solcher „Wunsch“ schneller erfüllt sein kann, als einem lieb ist. Vielleicht ist diese amtliche Umwertung des Seenotrettungs-Begriffs eben tatsächlich nur ein Moderationszwischenschritt zu organisiertem Transfer. Was ja – eine klare Steuerung und Durchsetzung bestimmter Grundregeln vorausgesetzt – vielleicht auch nicht das Schlechteste wäre. Nur konsequentes Durchsetzen von Regeln traut der EU-Kommission und den EU-Staaten, die ihr auf von der Leyens migrationspolitischem Weg folgen wollen, in diesem Falle kaum jemand ernsthaft zu.

Die EU-Kommission will nun am kommenden Mittwoch einen „neuen Pakt zu Migration“ mit einem Vorschlag für die seit Jahren umstrittene EU-Asylreform vorlegen. Die Eingemeindung der Seenotrettung in die Migrationspolitik sorgt da schon einmal für einen merkwürdigen Vorgeschmack.

Foto: Kuhlmann/MSC CC BY 3.0 de via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Hans Styx / 16.09.2020

vdL tut das, wofür sie bezahlt wird: Sie setzt den Migrationpakt um. Die “Recommended Principles and Guidelines on Human Rights at International Borders” (S. Migrationspakt) geben über einzelne Punkte (private shipmasters, private transport companies, other private actors…) bereits Auskunft. Zu internationalen Verträgen gehören immer die Guidelines (manchmal auch Action Plans o.ä. genannt) mit dazu. Diese geben oft mehr Aufschluss über das, was geschieht und noch weiterhin geschehen wird, als die Verträge selbst. Deshalb sollte man sich die Mühe machen, sich zu informieren und diese Vertragswerke durchzuarbeiten.

Paul Siemons / 16.09.2020

VdL, hohe See - was ist eigentlich aus der Gorch Fock geworden? Da war die abgetakelte Flintenuschi doch zuvor als Klabauterfrau aktiv, um das Geld anderer Leute - vulgo: Volk, Steuerzahler, Stimmvieh, Dummfische - zu versenken. Scheint kein Thema mehr zu sein, seitdem sie in Brüssel im großen Haifischbecken mitpaddelt.

Marc Jenal / 16.09.2020

Es mag immer noch Menschen, Politiker, einzelne Länder in Europa geben, welche aus Naivität, Grössenwahn oder Böswilligkeit ZuwandererInnen* einladen mit einer Sozialisierung/einem Bildungs-, Rechts- und Gewaltverständnis, welche(s) den Frauen, Homosexuellen und Andersgläubigen weniger Rechte zugestehen oder gar deren Verfolgung/Tötung zulassen oder begrüssen, welche die sexuelle Selbstbestimmung ablehnen, welche Bildung/Aufklärung/Vernunft ablehnen oder gar ein Selbstverständnis mitbringen, das auf langfristige Eroberung abzielt und in Teilen jenem der damaligen Nazis sehr ähnlich ist. Aus meiner Sicht sind solche Menschen, Politiker, einzelne Länder höchst gefährlich für Europa und leider lässt man sie weiterhin gewähren! Ob deren geförderte, fragwürdige Zuwanderung nun über Schlepper und „Seenotrettung“ oder andere Wege abgewickelt wird, sie bildet weiterhin extrem erfolgreich transferabhängige, nicht leistungsfähige Parallelgesellschaften und untergräbt erfolgreich/nachhaltig auch mittels Demografie zunehmed die Bildungs- und Leistungs- und Funktionsfähigkeit von wachsenden Anteilen der Gesellschaft. In vielen europäischen Städten/Ländern haben sich solche wachsenden Parallelgesellschaften bereits kaum reversibel festgesetzt. Warum in einzelnen Ländern die WählerInnen* durch ihre Wahlentscheide diese Art der Zuwanderung weiterhin zulassen oder gar fördern wollen, ist mir schleierhaft. Wer effizient möglichst vielen Menschen helfen will, wird vor Ort die Entwicklung/Lebensumstände von dazu bereiten Gesellschaften fördern, insbesondere durch Bildung/Geburtenkontrolle. Zuwanderung sollte eine Belohnung darstellen, für Menschen, die sich erfolgreich weitergebildet und beruflich bewährt haben und erkennen lassen, dass sie das europäische Rechtsverständnis leben und nicht ablehnen. Wann kommt endlich eine breite, europäische Koalition gegenüber diesen ZerstörerInnen, welche sich teils gar als RetterInnen* ausgeben und feiern lassen wollen?

Volker Dreis / 16.09.2020

Keine Angst: Wer mit bloßen Händen die Gorch Fock versenkt, der bekommt auch das Schlachtschiff Brüssel klein. Aber wie geht es dann weiter?

Gerd Heinzelmann / 16.09.2020

Uschi, in ihrem Wahn, sucht verzweifelt nach Menschen, die sie gegeneinander ausspielen kann. Und da die deutsche Presse einen Riegel vor die Vernunft geschoben hat, klappt das scheinbar auch so gut. Tut es aber nicht. Hinter den Kulissen wird gelacht und zwar immer lauter. Da helfen auch keine leeren Thüringer Würstchen mit alten neuen Ideen, um es mal freundlich zu formulieren. Eines stimmt allerdings: Es gibt andere Probleme!

Wolfgang Kaufmann / 16.09.2020

Manche Menschen interessieren sich nicht für die Rechtslage, sondern nur für das Bauchgefühl ihrer präsenilen und pfaffenhörigen Wählerinnen. Mit diesem Pfund weiß die GroKo offenbar perfekt zu wuchern. – Unsere Zeit zeichnet sich übrigens dadurch aus, dass auch schon Siebzehnjährige präsenil sein können. In einem neuen Generationenvertrag leben sie von der Rente, die ihre Eltern für sie erwirtschaften.

Leo Hohensee / 16.09.2020

“Die Seenotrettung sei Pflicht und nicht optional, habe von der Leyen am Mittwoch vor dem Europaparlament gesagt. Damit hat auch sie wieder zwei Dinge vermengt, die nicht zusammengehören. Denn Seenotrettung ist Pflicht, aber der Transfer des Geretteten an seinen Wunsch-Zielort ist keine Pflicht.” - Es handelt sich bei v.d.Leyens Aussagen um einen Missbrauch von Begriffen! Dieser Missbrauch ist genauso schlimm wie “Kindesmissbrauch”, wie “Vergewaltigung”, wie “Prospektbetrug”, “Vertragsbruch” und vieles mehr. Mit welcher Kaltschnäuzigkeit glaubt diese EU-Nicht-Legitimierte, sich zur Nachfahrin dieses Wählerbetrügers SchangClaude und seinem Trinkkumpan, ....................  aufschwingen zu müssen - zum SCHADEN der EU-Völker?— “Frau v.d. Leyen, widmen Sie sich Ihrer Familie—lassen Sie die Bürger Ihres Staates und die EU-Europäer in Ruhe! Nicht Sie sind es, die die Ziele setzen zu haben - Sie haben die Ziele GEFÄLLIGSTE zu setzen zum Wohl: 1) Ihres Heimatstaates und 2) entsprechend der Verträge, die zu diesem Zusammenschluss geführt haben und getroffen wurden ! ! ! ! Alles Andere ist Betrug!

Christian Beilfuss / 16.09.2020

Ich möchte daran erinnern, dass verheerende politische Entscheidungen niemals mit sachlichen Argumenten popularisiert worden sind, sondern immer mit dem Druck auf die kollektive Tränendrüse. Dafür werden “humanitäre Katastrophen” aufgebauscht, inszeniert oder schlicht herbei gelogen. Mit der Behauptung von angeblichen Massakern an “Volksdeutschen” ist die Bevölkerung in Deutschland monatelang “moralisch” eingestimmt worden, um den Einmarsch in der Tschechoslowakei und in Polen zu rechtfertigen. Mit blanken Lügen (Racak, Hufeisenplan) hat Josef Fischer den Angriff auf Jugoslawien propagiert und zugleich Auschwitz relativiert. Mit “wir schaffen das” und einer fortwährenden gleichzeitigen Jubel- und Vertuschungskampagne fast aller Medien ist das unkontrollierte Einströmen hunderttausender Männer ermöglicht worden, deren Absichten eigentlich schon daran zu erkennen gewesen wären, dass sie sich ihrer Identität entledigt haben. Drastisch gestiegene Kriminalität vielerorts ist die Folge. Und jetzt zeigt eine Brandstiftung allen, was man anstellen muss, um nach Deutschland zu kommen. Da von einer Bereicherung der Kultur, der Wirtschaft, der Qualität des Zusammenlebens wohl ernsthaft nicht gesprochen werden kann, schwant mir, dass sich das bürgerliche Konglomerat, dessen Regierung sich schwindender Beliebtheit erfreut und eine verheerende Krise mangels Fähigkeit nicht wird abwenden können, zur Sicherung eigener Pfründe willige Fußtruppen sucht. Der Druck auf die Tränendrüse mindert den Widerstand zur Verteidigung des Rechtsstaats und baut eine gefährliche, abgerichtete und in ihrer moralische Aufhetzung selbstherrliche “Volksgemeinschaft” auf.

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