Henryk M. Broder / 03.09.2019 / 06:17 / Foto: Ich / 85 / Seite ausdrucken

Schüler indoktrinieren – selbstverständlich neutral!

Lenin wird der Satz zugeschrieben, eine Revolution in Deutschland könnte es nie geben, wenn die Deutschen einen Bahnhof stürmen wollten, würden sie vorher „noch eine Bahnsteigkarte kaufen“. Unabhängig davon, ob es wirklich Lenin war, der Satz ist so wahr, wie es wahr ist, dass der Doppelkammerteebeutel in Deutschland erfunden wurde. Hier der Beweis.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Rheinland-Pfalz ruft ihre Mitglieder auf, am „internationalen Klimastreik“ teilzunehmen, der von der Bewegung „Fridays for Future“ für den 20. September terminiert wurde. Denn: „Die Klimakrise ist eine reale Bedrohung für die menschliche Zivilisation, deren Bewältigung die zentrale Herausforderung des 21. Jahrhunderts ist.“

Für die „Bildungsgewerkschaft“ und die in ihr organisierten „Pädagogen und Pädagoginnen“ bedeute das: „Wir können den Kampf um die Zukunft der menschlichen Zivilisation nicht den Schülerinnen und Schülern alleine überlassen und selbst dabei nur zuschauen. Auch wir müssen unsere Stimme erheben und uns einsetzen, damit es endlich zu deutlichen Verbesserungen des Klimaschutzes kommt.“

Ermunterung zur Teilnahme

Allerdings müsse dabei einiges beachtet werden. Grundsätzlich gelte für die Lehrkräfte „ein Neutralitätsgebot“, es sei „nicht erlaubt, Schüler und Schülerinnen im Sinne erwünschter Meinungen zu überrumpeln“, freilich sollte „die politische Neutralität“ nicht „mit Werteneutralität“ verwechselt werden. Die „Ermunterung zur Teilnahme“ dürfe „nicht als Aufruf“ erfolgen.

Es sei aber „keinesfalls verboten, sich mit verschiedenen politischen Themen kritisch auseinander zu setzen“. Zum Beispiel „im Rahmen eines Projektes, als Unterrichtsgang oder Ähnliches könnte… eine Beteiligung durchaus denkbar und sinnvoll sein“. Diese „sollte aber mit der Schulleitung entsprechend abgestimmt werden“.

So wird das Unmögliche möglich, Schüler und Lehrer können den „Kampf um die Zukunft der menschlichen Zivilisation“ gemeinsam führen, ohne disziplinarische Maßnahmen befürchten zu müssen.

Der Anarchist Erich Mühsam, der 1934 im KZ Oranienburg ermordet wurde, hat so etwas schon früh kommen sehen. 1907 schrieb er das Lied über einen „Revoluzzer, im Zivilstand Lampenputzer“, der sich Sorgen machte, im Zuge der Revolution könnten seine Laternen beschädigt werden.

Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche

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Anders Dairie / 03.09.2019

Lehrer kaufen i"m Rahmen eines Ausfluges Bahnsteigkarten”, so, so !  Und wer kauft und bezahlt die Fahrscheine für Bahn und/oder ÖPNV sowie diese oder jene Bockwurst ?  Es ist schon bezeichnend, wie die GEW beamtete Lehrer zum Streik zu bringen versucht, der sich dann irgendwie nennt, nur nicht Streik.  Meine Antwort als zuständiger Minister:  Stunden prozentual vom Einkommen abziehen und nicht vergüten.  Beamte dürfen keine politischen Streiks durchführen. Die GEW wird wohl wieder ihre Rolle und Bedeutung herauskehren wollen, die Sache hat also mehrere doppelte Böden. Am Schluss sind nur die Schüler die Dummen.

Martin Landner / 03.09.2019

Eigene Erfahrung in der Schule: Aufsatz über das Naturrecht geschrieben, 2- kassiert. Sich gewundert, weil ich ein sehr guter Schüler war. Probe auf’s Exempel gemacht, unsinnigen Aufsatz geschrieben a la “wenn wir uns alle lieb haben und miteinander teilen, bricht auf der Welt der Frieden aus” - 1+ bekommen. Die Belohnung/Bestrafung von Schülern anderer Meinung durch Noten ist viel perfider als das relativ offene Agieren der GEW hier.

Rolf Mainz / 03.09.2019

“Die „Ermunterung zur Teilnahme“ dürfe „nicht als Aufruf“ erfolgen.” Diese Formulierung spricht für sich. Die werte, rot-grün bewegte Lehrerschar will schliesslich nicht den heissgeliebten Beamtenstatus aufs Spiel setzen - “Klimakrise” hin oder her.

Dieter Blume / 03.09.2019

Am Freitag musste ich in der Straßenbahn in Leipzig warten, bis die Fridays-For-Future-Demo vorbei gezogen war. Es waren erstaunlich viele Schüler mit grauen Haaren und Falten im Gesicht dabei. Erst dachte ich, es handelt sich um Dauersitzenbleiber, aber vermutlich waren das Lehrer, die sich anstatt im Unterricht lieber als links-rot-grüne Klimakommissare engagieren. War da nicht was mit politischer Zurückhaltung im Beamtenrecht? Vermutlich wieder so ein Gesetz, das niemand mehr beachtet, weil es nicht der guten Sache dient.

Dr. Klaus Rocholl / 03.09.2019

... zeigt wieder mal eindrucksvoll, daß dieser Beruf (bei einigen Exemplaren dieser „Gattung“ ...) der einzige ist, bei dem die Steigerung „schon drin“ ist:  leer - Lee(h)rer . Oder wie meine alte Hausärztin mich schon gewarnt hat: „Lehrer“ ist kein Beruf - „Lehrer“ ist eine Diagnose!

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