Rettet Europa vor Macron 

Der französische Präsident Macron will von seiner innenpolitischen Misere und verfehlten Haushaltspolitik mit großer europäische Geste und hochtrabenden Lektionen für die Nachbarn ablenken.

In seiner 2. Sorbonne Rede zur europäischen Zukunft am 25. April 2024 skizzierte Staatspräsident Macron die Umrisse eines französischen Europas. Nachdem Deutschland zur ersten Sorbonne Rede von Macron lange geschwiegen hatte, entschuldigte sich der damalige Außenminister Heiko Maas für die deutsche Zurückhaltung und räumte ein, man müsse nunmehr auf die französischen Vorstöße antworten. Dies ist jetzt nicht weniger zu hoffen, angesichts der kühnen Vorschläge Macrons in seiner zweiten Europarede an der Sorbonne. Denn die Vorschläge Macrons dürften in deutschen Ohren die Alarmglocken schellen lassen:

  • Eine große europäische Anleihe zur Rüstungsfinanzierung natürlich mit Präferenz für europäische Hersteller, will sagen aus französischer Produktion 
  • Die Änderung des Mandats der EZB - ohne Vertragsänderung - und ihre Ausrichtung an Wachstums- und ökologischen Transformationszielen 
  • die Herstellung eines „mächtigen Europas“ (puissance Europe) durch Verstärkung der „europäischen“ Verteidigung
  • Wenn diese Vorschläge – so Macron – nicht umgesetzt würden, bestünde das Risiko, dass Europa untergehe. 

Die kecken Vorstöße des französischen Präsidenten sollen von den innenpolitischen Defiziten ablenken: Die öffentlichen Finanzen sind völlig aus der Kontrolle geraten. Mit fast 6 Prozent Defizit bei erlaubten 2 Prozent ist Frankreich in Punkto öffentliche Finanzwirtschaft der kranke Mann Europas.

Dummerweise gibt es hierfür keine Entschuldigungen mehr, denn seit mehr als 7 Jahren ist Macron für die Haushaltswirtschaft in Frankreich verantwortlich und hat diese dem literarisch bewanderten Bruno Lemaire übertragen. Es sind also die alten französischen Vorstellungen von mehr Geld für Europa (für französische Projekte), Beschränkung des freien Warenverkehrs durch Verpflichtung der öffentlichen Auftraggeber, europäisch zu kaufen und natürlich Ausbau der Europäischen Union zu einer Verteidigungsgemeinschaft. Gemeint ist eine Gegenveranstaltung zur Nato. 

Innenpolitische Misere

All dies wird es mit den europäischen Partnern sobald nicht geben und diese Vorschläge sollen wohl ablenken von der innenpolitischen Misere, der sich Macron mit sinkenden Zustimmungswerten und einer erodierenden Legitimität seines Regimes gegenübersieht. Dass ein französischer Staatschef dennoch Lektionen an seine europäischen Partnerländer erteilt, ist für sich genommen sehr typisch für französische Politik und belegt den Anachronismus ihres Auftritts. 

Während Deutschland ca. 8 Milliarden Euro aufwendet, um der Ukraine mit Waffenlieferungen zur Seite zu stehen, spendiert Frankreich nur 2 Milliarden und darin sind die Wertansätze für uralte Panzer (AMX) aus den 70er Jahren enthalten, die die französische Armee schon längst verschrotten wollte. Die NZZ titelt daher zutreffend bei ihrem Bericht über die 2. Sorbonne-Rede :„Die Zukunft Europas ist französisch“. 

Dies wäre allerdings eine Schreckensvision. Frage ist nur, wie lange sich die großen europäischen Mitgliedsländer, aber noch mehr die Staaten mittlerer Größe wie Finnland, Schweden, Österreich, Tschechien diese hochtrabenden Lektionen eines Pariser Autokraten gefallen lassen. Vor diesem Hintergrund dürfte es wünschenswert sein, dass sich Frankreich so schnell wie möglich Macron zu befreit. Andernfalls müsste man beim Andauern seines Regimes die Frage stellen: Europa ohne Frankreich?

Dr. jur. Markus C. Kerber ist Professor für Finanzwissenschaft und Wirtschaftspolitik an der Technischen Universität Berlin, Gründer von http://www.europolis-online.org

Foto: Claude Truong-Ngoc CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Werner Arning / 10.05.2024

Keiner nimmt Frankreich mehr so richtig ernst. Deutschland allerdings auch nicht. Irgendwie hat man das Gefühl, dass beide so ziemlich fertig haben. Da nützen auch keine französischen Bodentruppen. Oder deutsche Moralpredigten. „Isch over“ möchte man beiden zurufen. Zwei Ohnmächtige machen den Dicken.

sybille eden / 10.05.2024

Eine Zukunft für Europa wird es nur ohne die imperialistische EU geben ! Für eine freie Vereinigung europäischer Staaten, wie wir es in der EG schon einmal hatten ! Mit dem größenwahnsinnigen Brüsseler Hofstaat wird es keine Zukunft geben. NIEDER MIT DER EU ! Es lebe eine Gemeinschaft unabhängiger europäischer Staaten ! Weg mit den Polit- Bürokraten der EU !

Gerard Doering / 10.05.2024

Ja hat denn Macron endlich genügend Moslems in seinem Land um diese an die Front zu schicken damit die einen Kampf gegen orthodoxe russische Christen führen? Noch sitzen die lieber beim Friseur oder in den Kaffees. Das ergibt alles keinen Sinn.Ich glaube Macron will nur ablenken und riskiert verbrannte Erde. Oder hat diesem kleinen Mann etwa irgendjemand einen Floh ins Ohr gesetzt?

Ralf Pöhling / 10.05.2024

Wenn ich den Artikel und so einige Kommentare hier lese, geht mir durch den Kopf: Gestrig, abenteuerlich und völlig falsch. Die Idee für das, was Macron da gerade fordert, insbesondere die Europäische Verteidigung nebst europäischer Rüstung kommt nämlich zu einem erheblichen Teil gar nicht aus Frankreich, sondern aus Deutschland bzw. teils sogar aus einem deutschen Provinzkaff. Es gibt da eine blau-rote Partei in Deutschland, die 2017 mit der Forderung nach einem Europa der Vaterländer nach de Gaulle in den Bundestag eingezogen ist und das immer noch fordert. Was es dafür aber unbedingt braucht, ist eine gemeinsame Verteidigung, damit diese Vaterländer auch zusammenhalten. Da die Deutschen es mit Atomkraft ja nicht mehr so haben und wir noch nie eigene Atomwaffen hatten, die Codes für die US Raketen hier bei uns haben nur die Amerikaner, braucht es natürlich eine europäische atomare Bewaffnung, wenn die Amis demnächst unter Trump ihr Engagement in Europa zurückfahren. Wir können das nicht füllen. Die Franzosen bzw. Briten, falls die sich dann wieder beteiligen wollen, schon. Mal abgesehen davon wäre es natürlich schön, wenn die Force de Frappe endlich mal auf echte Feinde und nicht auf Deutschland gerichtet wäre, denn die alte Feindschaft zwischen den Franzosen und Deutschen findet sich nur noch in den Geschichtsbüchern. In der Praxis ist da kein Groll mehr. Aber wir haben die selben neuen Feinde. Der Ruf nach europäischer Rüstung ist ebenso richtig, denn wer Rüstungsgüter nur aus dem Ausland bezieht, ist von deren Zulieferung abhängig und damit nicht selbstständig. Die deutsche militärische Stärke liegt zudem beim Heer. Wir sind Weltmeister bei den Spezialeinheiten und Weltmeister bei der Rekrutierung und Ausbildung uns wohl gesinnter Kräfte. Die Franzosen haben hingegen die Raketen, die wir auf absehbare Zeit nicht haben werden. Das muss man nur zusammenbringen. Der deutsch-französische Motor der EU muss dafür nur etwas anders justiert werden. Geht alles. :-)

Bärbel Witzel / 10.05.2024

Am 28./29. August 1991 wurde das Weimarer Dreieck - Frankreich, Deutschland und Polen gegründet. Teilt sich die Europäische Union, das 2. Römische Reich,  nun in ein Nord- und Südreich? Ist das Weimarer Dreieck eine dunkle Triade? Olaf Scholz hielt am 24.02.2022 eine Zeitenwende-Rede. Wie Afrika wird Europa ebenfalls arm regiert. Die EU-Kommission drückte den Griechen schon vor einigen Jahren ein rigides Sparpaket auf. Moldavien und Georgien sind ebenfalls arme Länder. Im Judentum ist ja das Jubel- oder Jobeljahr bekannt, das nach sieben Sabbatjahren (49 Jahren) in jedem 50. Jahr begangen wurde. Es war verbunden mit einem allgemeinen Schuldenerlass, der Freilassung aller Sklaven und Rückgabe vom verkauften Land. Lt. Vatikan News werbe Papst Franziskus u. a. angesichts von Kriegen und Ungerechtigkeit in der Welt für Zeichen der Hoffnung - dies sei seine zentrale Botschaft für das bevorstehende Heilige Jahr 2025, das am 24. Dezember startet und am 06.02.2026 endet. In der Verkündigungsbulle „Spes non confundit“ mahne er Frieden, einen Schuldenerlass für arme Länder, eine Kultur des Lebens, Solidarität mit Migranten und Menschen am Rande an.

Helmut Driesel / 10.05.2024

  Wie ist das eigentlich: Wenn der digitale Euro eingeführt wird, dann könnte man doch daneben auch die digitale D-Mark einführen? Warum sprechen die Finanzexperten nicht über die Vorteile dieses Verfahrens?

Gregor Waldersee / 10.05.2024

Der Typ ist größenwahnsinnig, ein neuer Westentaschen Napoleon. Der franz. Präsident hat imho generell zu viel Macht. Man sollte das zumindest mal gesehen haben.  “Das Geheimnis um Brigitte Macron | Hintergründe zum Präsidentenpaar Frankreichs.”

Jürgen Fischer / 10.05.2024

Um solche größenwahnsinnigen Pfeifen zu sehen, müssen wir nicht über eine Grenze schauen. Wir haben genau das gleiche im eigenen Land. Und in der EU(-Kommission).

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