Volker Seitz / 12.02.2024 / 16:00 / Foto: Pexels/Pepe Caspers / 13 / Seite ausdrucken

Remigration in Afrika

Die konzertierte Aufregung über das Thema "Remigration" ist hierzulande groß. Doch werden Rücksiedlungen auch andernorts diskutiert, etwa in Afrika. Aktuell will etwa Tansania Menschen nach Burundi zurückschicken.

Mein Interesse gilt Afrika und wie die Regierungen dort unerwünschte Ausländer rückführen. Dazu passt eine Meldung von Radio France International vom 24.01.2023 :
Die tansanische Präsidentin Samia Suluhu kündigte am Montag, den 22. Januar, an, dass sie die mehr als 250.000 Flüchtlinge überwiegend aus Burundi, die sich auf tansanischem Boden befinden, in ihre Heimatländer zurückschicken wolle. Obwohl diese Flüchtlinge offiziell freiwillig ausreisen sollen, wird der Druck auf sie immer größer. Nachdem die Werbung für eine freiwillige Rückkehr die Flüchtlinge, insbesondere die Burundier, nicht davon überzeugen konnte, zurückzukehren, gab es harsche Druckmittel : Verlassen der Flüchtlingslager und der Anbau von Feldfrüchten wurden verboten, Schulen geschlossen, Kleinhandel verboten oder der Besitz eines Fahrrads oder Motorrads untersagt. Aufgrund der Repressionen sind bereits bis November 2023 Flüchtlinge aus Burundi  in ihr Heimatland zurückgekehrt.

Tansania war immer wieder Aufnahmeland für Flüchtlinge aus den Nachbarländern  (die Burunder 1972 und 1993, die Ruander 1994 oder die Kongolesen seit Anfang der 1960er Jahre), sieht heute  die Flüchtlinge als wirtschaftliche Belastung und  als potenzielle Sicherheitsbedrohung. Daher sollen sie das Land verlassen. Auch wenn ihre Zahl im Laufe der Jahre stark zurückgegangen ist. Von mehreren Millionen in den 1990er Jahren beherbergte das Land im Juni 2023 nach Angaben des UN-Hochkommissariats für Migranten (UNHCR) mehr als 250.000 Flüchtlinge, von denen zwei Drittel nach der Krise von 2015 aus Burundi geflohen waren. Das Land gilt mittlerweile als friedlich. Der Rest besteht hauptsächlich aus kongolesischen Flüchtlingen aus dem Osten der Demokratischen Republik Kongo, in dem es immer wieder zu bewaffneter Gewalt kommt.  Erfreulicherweise ist es noch nicht zu Rassenspannungen zwischen Einheimischen und Flüchtlingen bzw. eingewanderten Afrikanern gekommen wie 2019 in Südafrika. 

Rassismus unter Afrikanern

Der Afrika- Korrespondent des Handelsblatts, Wolfgang Drechsler schrieb am 26. September 2019 in der Weltwoche: „Brutal wenden sich Arme am Kap nun gegen Zuwanderer aus dem übrigen Kontinent. Befeuert von einer entgleisten Politik wächst der Hass auf die Brüder und Schwestern aus Afrika.“ – „Die Gewaltausbrüche sind auf den ersten Blick schwer zu verstehen, weil Nelson Mandela, der große Versöhner des Landes, zeitlebens Farbenblindheit und ein friedliches Miteinander postuliert hatte, um den am Kap lange auch gesetzlich verankerten Rassismus zu überwinden. Spätestens mit den Pogromen im Mai 2008 wurde jedoch deutlich, dass die jahrelang vom Westen gepriesene Rassenharmonie am Kap wenig mehr als trügerischer Versöhnungskitsch war – und sehr stark mit der Ausnahmegestalt Mandela zu tun hatte.“ – „Rassismus unter Afrikanern? Das ist für viele Europäer schwer vorstellbar. Schwarze werden dort bis heute gewohnheitsbedingt ausschließlich als Opfer und Statisten gesehen.“ 

Bei den letzten Unruhen in Südafrika wurden auch nigerianische Geschäfte geplündert, was zur Folge hatte, dass Nigerianer zum einen beschuldigt wurden, Südafrikanern Arbeitsplätze und Geschäftsmöglichkeiten wegzunehmen, zum anderen Südafrikaner „übers Ohr zu hauen“.

Nicht vergessen habe ich im Oktober 2018 die brutale staatliche Vertreibung – innerhalb weniger Stunden – von rund 200.000 illegal ins Land gekommene Migranten aus dem Nachbarland Kongo. Einige wurden mit wenigen Habseligkeiten direkt von Angolas Armee auf Lastwagen an die Grenze gefahren. In Deutschland kann ich mir mit meinem republikanischen Selbstvertrauen nichts Vergleichbares vorstellen.

 

Volker Seitz, Botschafter a.D. und Autor des Bestsellers „Afrika wird armregiert“, dtv, 11. Auflage (2021). Hier bestellbar.

Foto: Pexels/Pepe Casperrs

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Klaus Keller / 12.02.2024

Rassismus ist gar nicht so einfach. “Von 1884 bis 1916 war Ruanda als Teil Deutsch-Ostafrikas eine deutsche Kolonie. Nach dem Ersten Weltkrieg 1919 wurde Ruanda belgisches Völkerbundsmandat bzw. nach 1945 UN-Treuhandsgebiet…” schreibt Wikipedia. Die Belgier waren es glaube ich, die in Ruanda auf die Idee gekommen sind die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe in den Pass zu schreiben. Sie hatten zu den Tutsi, welche die kleinere Gruppe waren, eine besseres Verhältnis als zu den Hutu. Lautmalerisch kann man von den Namen auf die Körpergröße schließen und damit auf die Haupttätergruppe denn tatsächlich waren die Tutsi im Durchschnitt größer. Im Bürgerkrieg führte das dazu das die Hutu deren Körperlänge anpassten in dem sie den anderen die Füße abhackten. Die Unterscheidung war aber nicht immer so einfach. Im Zweifel schauten die Hutu im Pass nach um zu wissen ob sie ihre Machete nun einsetzen müssen oder nicht. Die Machete war auch bei den Tötungen wichtigste Tatwaffe. Den Export von Gartengeräten hat die Bundesregierung in Folge dessen aber nicht untersagt.

Karl Emagne / 12.02.2024

Es gibt zu viele Menschen auf der Welt, auch wenn gerade die Kirchen dies genauso energisch bestreiten, wie sie wegen der anderswo herrschenden Überfüllung für “Seenotrettung” eintreten, auf dass von unserem leerstehenden Wohnraum und übervollen Sozialkassen angemessen Gebrauch gemacht werde.

gerhard giesemann / 12.02.2024

Burundi: Einwohnerzahl 11,5 Mio. (Schätzung 2020 UN) Bevölkerungsdichte 435 Einwohner pro km² Bevölkerungs­entwicklung +3,0 % (Schätzung für das Jahr 2021)[1] Zum Vergleich Tansania: Einwohnerzahl 61.741.120 (Volkszählung 2022) Bevölkerungsdichte 64[2] Einwohner pro km² Bevölkerungs­entwicklung + 2,9 % (Schätzung für das Jahr DE: Einwohnerzahl 84.358.845 (31. Dezember 2022)[2] Bevölkerungsdichte 236 (41.) Einwohner pro km² Bevölkerungs­entwicklung ▲ +1,3 % (2022)[2] pro Jahr It’s the demography, stupid. Gucksdu wiki, auch für die Nachbarländer. Ruanda hat einen zünftigen Völkermord hinter sich, das war 1995

Wolfgang Kolb / 12.02.2024

Lieber Herr Seitz, Vielen Dank fuer Ihren Artikel in der Achse! Da meine Frau aus Nigeria kommt, habe ich etwas Einsicht in die Strukturen Afrikas. Sie haben vollkommen Recht mit Ihrer Beschreibung Afrikas und wie innerhalb Afrikas abgeschoben wird. Ghanaer wurden im Zuge der Order von 1983 aus Nigeria ausgewiesen, einer Zeit, als es Nigeria noch wirtschaftlich gut ging, und Ghana’s Wirtschaft dahin duempelte. Als dann in den 2010’s der Ghanaischen Wirtschaft relativ gut ging, aber Nigeria schwankte, wurden Nigerianer ausgewiesen. Jede Nation, jede Ethnie in Afrika ist sich erst mal selbst am Naechsten.

Karsten Dörre / 12.02.2024

Was andere tun, ist kein Maßstab. Russland überfällt ein anderes Land und überzieht es mit Krieg. Ein ehemaliger amerikanischer Präsident verkauft die NATO. Deutschland sollte selbständig agieren und handeln. Was Tansania macht oder die Mongolei nicht tut, ist mir als deutscher Staatsbürger so was von Latte. Dass sich Bürger über Begriffe, aber nicht um inhaltliche Probleme beschäftigen, zeigt das Deutschland eine entbildete Gesellschaft ist/wird.

Fred Burig / 12.02.2024

@Ralf Pöhling:”... Das Wort Abschiebung kommt in der Konsequenz viel härter daher, denn es impliziert die Abwesenheit jeglicher Freiwilligkeit.” ... Und so sollte es bei denen, die zu den Verbrechern gehören, auch sein! MfG

Jörg Themlitz / 12.02.2024

Remigration? Wenn jemand illegal in ein Land eindringt und in sein Vaterland zurückgeschickt wird, spricht man eigentlich von Repatriierung. Deportation ist wohl eher dem Quell corretiver Unwissenheit und Unkenntnis der Wortbedeutung entsprungen. Obwohl, wenn man bei den regierungstreuen Mitmarschierern so quer liest, die Wortwahl “Deportation und Wannseekonferenz” hat bei denen gefruchtet und sie noch enger zusammengeschweißt. Jedes große Verbrechen wird im Kollektiv vollbracht. Damit das Kollektiv mitmacht, bedarf es einer Ideologie für das Kollektiv. Sonst wird das Verbrechen nicht groß.

Jörg Themlitz / 12.02.2024

„Rassismus unter Afrikanern? Das ist für viele Europäer schwer vorstellbar.”; Franzosen und Deutsche haben sich jahrhundertelang die Köpfe eingeschlagen. Rassismus unter Europäern? Der Schwarze der in den Dschungel geht, Schwarze fängt und diese an die am Strand wartenden Sklavenhändler gegen Gewehre und Messer tauscht. Ein Rassist? Der arabische Sklavenhändler der hauptsächlich weiße Menschen handelt, weil die mehr einbringen. Ein Rassist? Dieser “Rassismus” ist eine gut und in jede Richtung handhabbare Keule, um eigene Interessen durchzusetzen. Und wie Sie, Herr Seitz, es so klar in Ihrem Buch beschreiben, ist dieser “Rassismus” nötig, damit die Großkopferten viele Spendengelder generieren können, um diese Spendengelder im Blitzlichtgewitter nach Afrika zu anderen Großkopferten transferieren zu können. Während bei den kleinen Vorort tätigen Organisationen oder Projekte die von Afrikanern selbst angeschoben wurden, am Ende des Geldes sehr viel Monat übrig ist. Schlußendlich wird mit dieser “Rassismus” Interpretation der echte Rassismus entwertet und missbraucht.

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