Gastautor / 25.04.2019 / 06:15 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 43 / Seite ausdrucken

Opfer-Liga: Meisterschaft, Abstieg, Tabelle

Von Gerd Behrens.

Ich weiß nicht, wie es ihnen geht, aber ich lese heutzutage soviel von Privilegierten und Benachteiligten, dass ich mir schon lange wünsche, jemand würde mal eine Opferskala aufstellen. Von den schlimmsten Bösewichten bis zu den ärmsten Opfern. Von denen, die sich schämen sollten, bis zu jenen, die Mitgefühl und Unterstützung verdienen. Jetzt hat die Saratoga Springs High School in New York genau das getan. Die Schüler füllen eine Privilege Reflection Form aus und bekommen je nach Rasse, Geschlecht, Religion, Herkunftsland und so weiter Plus- beziehungsweise Minuspunkte. Ziel des Spiels ist es, möglichst viele Minuspunkte zu sammeln. 

Ein weißer (+25), heterosexueller (+20), männlicher (+25), jüdischer (+25) Schwede (sehr reiches Land, +25) kriegt die rote Laterne ab. Wer schwarz (-100), Moslem (-50), weiblich (-50) , schwul (-150) oder gar transsexuell (-500) ist und aus Afrika (-400) oder dem Nahen Osten (-600) kommt, der spielt ganz vorne mit. Ich würde sagen, mit minus 800 hat man eine gute Chance, die Opfer-Liga zu gewinnen. Theoretisch ist natürlich auch eine vierstellige Punktzahl drin, aber ich schätze mal, dass nicht viele Nahöstler "schwul" ankreuzen. Und dass die Transsexuellen in Afrika nicht das ganz große Thema sind. Wahrscheinlich geht es da mehr um die Frage, wo das nächste warme Essen herkommt.

Der Fragebogen lehrt uns aber nicht nur, wer Tabellenführer und wer Schlusslicht ist, er bringt uns auch was übers Mittelfeld bei. Hätten Sie z.B. gewusst, dass Schwarze (-100) grössere Opfer sind als Frauen (-50), dass sie sich aber ihrerseits Schwulen (-150) beugen müssen? Privilegien haben natürlich auch mit Erscheinungsbild und Beruf – bei Schülern dem Beruf der Eltern – zu tun. Dicke, Kleine und Feuerwehrmänner sacken je 10 Minuspunkte ein. Große, Gutaussehende und Ingenieure werden mit jeweils +10 abgestraft. Das verstehe ich ja alles noch, aber wieso bitte bekommt der Bisexuelle 10 Pluspunkte aufgebrummt, während sich der Wissenschaftler mit minus 15 im Opferlicht sonnen darf?

Aus Neugier habe ich mal meine Punkte zusammengezählt. Am Anfang sah es gar nicht gut aus mit weiß und Mann und Christ (naja) und so. Da habe ich mir 105 Pluspunkte eingehandelt. Dann kam jedoch der Herkunftsort. Afrika. Minus 400. Macht insgesamt satte minus 295. Damit lasse ich jede schwarze Muslima aus Schweden hinter mir.

Gerd Behrens ist ein beach bum aus Kapstadt.

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Wiebke Lenz / 25.04.2019

Bekomme ich als “Ossi” eigentlich Plus- oder Minuspunkte? Denn wahlweise bin ich ja ein bemitleidenswertes Geschöpf, ein menschenfressender Dunkeldeutscher oder auch einfach nur ein unbekanntes Wesen von einem anderen Stern. Und wird meine Behinderung (Epilepsie) anerkannt, für die ich keine Bescheinigung habe, da es mir schlicht zu blöd ist, mir diesen Ausweis (den ich ohne Probleme bekäme) zu holen? Ich will nämlich genauso viel oder wenig Vorteile genießen und Steuern zahlen wie jeder andere auch. Aber müsste bei den Minuspunkten eigentlich klappen - Vollbetreute dürfen nach Bundesverfassungsgericht ja auch wählen. Bei “deutsch” ist es klar, dass ich einen Haufen Pluspunkte einheimse … Oh Mann, wie ich diese “positive Diskriminierung” verabscheue. Ich persönlich will genauso behandelt werden wie jeder andere auch. So wie vor dem Gericht alle gleich sind (oder sein sollten), so halte ich es auch in meinem Leben. Es gibt niemanden, der “Gleicher” ist. Gleichberechtigung ist für mich, dass ich nicht besser oder schlechter gestellt bin. Alles andere ist eine Verdrehung der Machtverhältnisse, die dann eben nur andere Vorzeichen haben, aber den selben Effekt. (Spontan fällt mir jetzt der Film “American History X” ein, der dieses am Ende sehr gut zeigt.)

robert jankowski / 25.04.2019

Statistisch gesehen müsste einer von uns beiden eine Frau sein. Aber genial finde ich, dass ein Afrikaner schlechter gestellt wird, als Jemand aus dem Nahen Osten. Da hat Jemand in Sachen Opfer aber gute Lobbyarbeit geleistet! Wie steht dann eigentlich der schwule Jude aus Tel Aviv da? Zudem wird er ja in dem Teufelsstaat nicht mal verfolgt oder mus mit einem Todesurteil rechnen. (Grüße, Verständnis und Respekt in diesem Zusammenhang nach Brunei wo grade diese Strafe für Homosexuelle wieder eingeführt wurde) America the beautifull, but braindead. Ich mag die Amis, aber Bildung, die über die Grenzen hinausgeht wäre sinnvoll.

Martin Krieger, Frankfurt am Main / 25.04.2019

Satire? Hoffentlich!

Uwe Schäfer / 25.04.2019

Schmerzen und immer da oben! Für Gutmenschenwahn müsste es mindestens -10.000 geben, wa?

Sabine Lotus / 25.04.2019

Tja, so wird das, wenn man den Kurzfilm “Modern Educayshun” (youtube) als Anleitung anstelle von Satire auffasst. Diese kleine Mißverständnis ironisiert diesen Kurzfilm seltsam doppelt. Die dachten anscheinend, dieser Film kommt von Tante Annette und das muß jetzt so.

Tobias Meier / 25.04.2019

Dieser Punktebogen ist Vorurteilspflege und blanker Rassismus unter dem Deckmantel der PC. Hat das Abschneiden bei diesem “Test” denn irgendwelche Auswirkungen im realen Leben? Ich finde das besorgniserregend, um nicht zu sagen gruselig.

Werner Arning / 25.04.2019

Aus Afrika wird in diesem speziellen Fall allerdings relativiert werden müssen :  SÜDafrika und der Vorname Gerd werden doch auf der Punkteskala berücksichtigt, oder. Sonst hat das System Lücken. Dann kann man sich ja opfertechnisch hochmogeln. Oder runtermogeln, je nachdem, wie man es sieht ... Wenn man nun hoch angesehen sein möchte, in den Augen der Emanzipationsfanatiker und Gerechtigkeitsprediger, dann heißt es : Zumindest mal schwul tun. Da kann man ordentlich punkten. An dem Weiß ist ja nicht so viel auszurichten, da muss man durch. Was machen wir mit dem Gutaussehend? Vielleicht die Haare auf Punk färben und eine Ratte auf der Schulter. tragen. Und wieviel Punkte bringt eigentlich Dummheit in der Diskriminierungskommission? Dummheit müsste doch auch was wert sein. Zumindest so viel wie, na sagen wir, wie ... Na, ich sag es lieber nicht, will ja niemanden diskriminieren.

Oliver Brandt / 25.04.2019

Komisch, daß es so etwas noch nicht in Deutschalnd gibt. Betonung liegt auf “noch”, schließlich ist die Nachteilsmaximierung ein Kind aus Deutschland.

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