Brunner: Jetzt könnte man eigentlich sagen, eben, es ist nicht erstaunlich, dass ausgerechnet ein solcher Präsident auf den so viele Hoffnungen fokussiert waren, der selber aus einer Bevölkerungsgruppe kommt die unterdrückt war, lange Zeit auch in den USA – seine Frau, die von Sklaven abstammt – ausgerechnet ein solcher Präsident, der erste afroamerikanische Präsident der USA, kommt mit absolut leeren Händen nach Israel, nachdem er doch eigentlich eine vielversprechende Rede hielt in Kairo, die er als neuen Anfang der Beziehungen gerade auf zu arabischen Welt bezeichnete.
Lüders: Ja, das ist eine ganz entscheidende Frage, die Sie da stellen, und aus genau diesem Grund, dem Hintergrund nämlich von Barack Obama, der aufgrund seiner eigenen Biographie und der seiner Frau eigentlich wissen müsste, was es bedeutet unter Bedingungen von Unterdrückung zu leben, von ihm hätte man sich mehr erwartet, als etwa von seinem Vorgänger G. W. Bush, von dem man ungefähr wusste, wo er stand, aber er nun ist ja eine Symbol-Figur, «Yes, we can», und das hat man auch in der arabischen Welt gehofft und deswegen ist die Enttäuschung über Obama so unendlich gross, in der arabischen Welt und auch unter den Palästinensern. Um das zu verstehen, muss man sich vor den Augen führen, dass in der amerikanischen Innenpolitik der Einfluss einer pro-israelischen Lobby nicht zu unterschätzen ist. Diese pro-israelische Lobby gehört zu den wichtigsten Machtfaktoren in Washington. Darüber hinaus gibt es einen sehr einflussreichen christlichen Fundamentalismus, der vor allem in der Partei der Republikaner seinen Niederschlag findet und diese christlichen Fundamentalisten sehen Israel als ein Land indem der Messias einst wiederkommen würde, und die Palästinensern haben aus dieser Perspektive hier nichts verloren. Sie stören nur auf dem Weg des Wiedererscheinens von Jesus Christus. Das alles ist sehr irrational, aber wenn man sich vor den Augen führt, dass rund 70 % den Kongressabgeordneten in den USA die Politik jeder israelischen Regierung für gut und richtig befinden, dann kann man sich ungefähr vorstellen, dass das schwierig ist für Obama hier ein Spielraum für Manöver zu finden. Die Öffentlichkeit in den USA ist sehr zu Gunsten Israels orientiert und da hat ein Ansatz, ein politischer Ansatz, der in Richtung Palästinenser sich orientiert oder in Richtung der arabischen Welt, gegenüber dem Iran gar, sehr schwierige Voraussetzungen. Es gibt sozusagen kein Gleichgewicht in der öffentlichen Wahrnehmung in den USA, was Israel und was Palästinensern betrifft. http://etwasanderekritik.wordpress.com/2013/03/25/michael-luders-phantastische-erzahlungen-am-schweizer-radio/