Vera Lengsfeld / 02.01.2021 / 11:00 / Foto: Gloria / 113 / Seite ausdrucken

Neujahrsansprache einer Bürgerin an die Kanzlerin

Angela Merkel hat eine Neujahrsansprache gehalten, die nicht nur die alljährlich wiederkehrenden Neujahrsansprachen-Textbausteine enthielt. Das war – mitten im Ausnahmezustand – zu erwarten. Doch was sie den Bürgern mit beschränkten Bürgerrechten sagte, konnte man als geradezu niederschmetternde Botschaft verstehen. Deshalb antwortete Vera Langsfeld zu Neujahr mit einer Neujahransprache einer Bürgerin an die Bundeskanzlerin. Wenn Sie Zweifel haben sollten, ob der Ton angemessen ist, sollten Sie sich zur besseren Einordnung hier (noch einmal oder erstmals) die Neujahrsansprache von Angela Merkel anschauen. 

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

Ihre Neujahrsansprache an die Bürger Ihres Landes war eine Zumutung. Aber eine lehrreiche. Wie in dem Land, aus dem Sie und ich kommen, muss man zwischen den Zeilen lesen, um zu erfahren, was die eigentliche Botschaft ist.

Ihre Redenschreiber haben sich bemüht, Ihnen ein warmherziges, fürsorgliches Image zu verpassen. Leider stehen Ihre kalten Augen und Ihre unbeweglichen Gesichtszüge in scharfem Kontrast zu den Worten. Nicht nur das. Fast alle von Ihnen benutzten Sprachbilder sind falsch. Gleich am Anfang sagten Sie „ein bis dahin unbekanntes Virus“ sei in unsere Körper und in unsere Leben eingedrungen. Dabei gibt es Corona-Viren seit langem, nicht erst seit Covid 19. Das Virus hätte uns dort getroffen, wo wir am „allermenschlichsten“ seien, in der Umarmung, beim Gespräch, beim Feiern. Auch das ist keineswegs neu. Fast alle ansteckenden Krankheiten übertragen sich durch persönliche Kontakte, das ist kein Alleinstellungsmerkmal von Covid 19. Normales Verhalten sei deshalb ein Risiko geworden und ganz ungewohnte Schutzmaßnahmen „normal“.

Diese Schutzmaßnahmen sind alles andere als normal, sondern äußerst diskussionswürdig. Die Erfahrung des letzten Jahres zeigt ganz klar: Je strenger die von der Politik diktierten Maßnahmen waren, desto höher stieg die Infektions- und Todesrate. Für jeden verantwortungsvollen Politiker sollte allein das Anlass sein, über die Wirksamkeit der Verordnungen nachzudenken. Sie haben aber längst aufgegeben, diese Überprüfung, die Sie selbst am Anfang des ersten Lockdowns versprochen haben, tatsächlich zu veranlassen. Stattdessen sollen wir alle politischen Einfälle unhinterfragt als „normal“ akzeptieren.

Das Jahr 2020 sei eins des Lernens gewesen. Am Beginn hätte niemand wissen können, ob sich die getroffenen Maßnahmen als richtig erweisen würden. Das wirft Ihnen und Ihren Politikerkollegen niemand vor. Aber dass Sie eben nicht gelernt und Fehler korrigiert haben, das ist der eigentliche Makel Ihrer Politik.

Ihr Gesundheitsminister hat geäußert, dass mit den späteren Erkenntnissen (er sagte, „dem heutigen Wissen“) die Schließungen von Geschäften, Friseuren, Gaststätten, Hotels im ersten Lockdown nicht nötig gewesen wären. Bald darauf wurde auf Ihr Drängen der zweite und dritte Lockdown verhängt, letzterer sogar viel härter als der erste es gewesen war. Wo ist das Wissen hin? Warum wurde eben nicht aus Fehlern gelernt, sondern sie in verschärfter Form wiederholt?

Sie erklären die Bekämpfung des Virus zu einer „politischen, sozialen und ökonomischen „Jahrhundertaufgabe“. Wir haben gerade das erste Fünftel dieses Jahrhunderts hinter uns. Wir wissen nicht, was kommt, können aber aus den Flammenzeichen an der Wand ersehen, dass die ökonomischen Folgen der Corona-Politik verheerend sein werden. Die Politik erlegt freihändig der Bevölkerung einen „historischen Kraftakt“ auf, unbekümmert um die Konsequenzen. Das erinnert an die „Schlafwandler“, die Staatsoberhäupter, die am Ende einer längeren Friedens- und Wohlstandsperiode ihre Völker in den Ersten Weltkrieg getrieben haben, der zum schrecklichen Urknall wurde und den Totalitarismus des 20. Jahrhunderts hervorgebracht hat.

Sie könnten den Schmerz, der durch Corona hervorgerufen wird, nicht lindern, aber sie würden an die Leidenden denken. Das ist ehrenwert, aber als Politikerin sollten Sie vor allem an die Folgen denken, die Ihre Entscheidungen für die Gegenwart und Zukunft des Landes haben, von dem Schaden abzuwenden, Sie in Ihrem Amtseid geschworen haben. Wenn Sie bedauern, dass viele Menschen in Alters- und Pflegeheimen allein, getrennt von ihren Angehörigen sterben mussten, dann erwarte ich von Ihnen die Einsicht, dass es eine politische Entscheidung war, die diese Menschen von ihren Familien isoliert hat. Wenigstens das ist teilweise korrigiert worden, aber nur auf Druck der Öffentlichkeit.

Hier komme ich zum perfidesten Teil Ihrer Rede. Sie instrumentalisieren das Leid der Kranken und Sterbenden, um Ihre Kritiker zu diskreditieren. Sie nennen die Kritiker Ihrer Politik „Unverbesserliche“, die „das Virus bestritten und geleugnet“ hätten. Ich kenne niemanden, der die Existenz dieses Virus leugnen würde, aber Hunderttausende die berechtigte Fragen an die Politik haben und von ihrem Recht Gebrauch machen, dies öffentlich deutlich zu artikulieren. Es ist keine Verschwörungstheorie anzunehmen, dass die Corona-Krise instrumentalisiert werden soll, um die so genannte „Große Transformation“, Englisch „The Great Reset“, in Gang zu setzen. Das haben nicht nur Klaus Schwab und Prince Charles auf dem Weltwirtschaftsforum geäußert, von der angeblichen Notwendigkeit einer solchen Transformation haben auch Sie schon häufiger in Ihren Reden gesprochen. Sie findet sich auch verdeckt in ihrer aktuellen Neujahrsansprache. Am Ende betonen Sie die angebliche Notwendigkeit „unser Wirtschaften, Mobilität und unser Leben klimaschonend“ zu gestalten, um „gleichartige Lebensverhältnisse“ zu erreichen. Im letzten Jahrhundert hat das gesellschaftliche Experiment, „gleichartige Lebensverhältnisse“ zu schaffen in Terror, Verelendung, Tod und ökologischer Katastrophe geendet. Das ist eine Erfahrung, die zum Wohle der Menschheit nicht wiederholt werden darf.

All jene, die Möchtegern-Transformatoren stoppen wollen, gefährlich, grausam und zynisch zu nennen, ist der Gipfel der Demagogie. Grausam ist, grundstürzende Veränderungen von oben oktroyieren zu wollen und zynisch, für dieses Ziel das Leiden und Sterben von Menschen „an und mit Corona“ zu instrumentalisieren.

Sie formulieren ganz klar ihre Erwartungen, dass sich freie Bürger zu Untertanen wandeln sollen: Wir sollen diszipliniert Maske tragen, die uns vor dem Virus schützt, wie der Maschendrahtzaun vor Mücken. Wir sollen Abstand halten, uns in die soziale Isolation begeben und vor allem keine kritischen Fragen stellen. Das ist für Sie eine „menschenfreundliche Gesellschaft“, für mich das Gegenteil.

Am Schluss will ich nur noch zwei zweifelhafte Beispiele in Ihrer Botschaft herausgreifen.

Sie behaupten, es gäbe „Gesichter der Hoffnung“. Das wären die Geimpften. Dann erklären Sie, auch Sie würden sich impfen lassen. „wenn ich an der Reihe bin“. Sie gehören zu den Risikogruppen, haben die verantwortlichste Position in Deutschland. Sie haben ununterbrochen berufliche Kontakte, bei denen sich der notwendige Abstand nicht einhalten lässt. Sie hätten allen Grund, sich als Erste impfen zu lassen. Warum tun Sie das nicht? Sie sind ja voll des Lobes für den in Deutschland entwickelten Impfstoff, der laut Ihnen auch noch ein Symbol für die „Kraft der Vielfalt“, die „den Fortschritt bringt“ sein soll. Warum gehen Sie nicht mit gutem Beispiel voran, was nebenbei bemerkt der wirksamste Schachzug gegen alle „Impfgegner“ wäre? Warum wollen Sie warten? Was befürchten Sie? Dass ein Impfstoff, der in nur zehn Monaten, statt in den üblichen zehn Jahren entwickelt wurde, nicht sicher sein könnte? Das jedenfalls befürchten alle „Impfgegner“, die meist gar keine sind, sondern berechtigte Fragen haben.

Es soll Ihre letzte Ansprache gewesen sein, weil Sie nicht mehr kandidieren wollen, teilen Sie uns am Ende persönlich mit. Warum dann das „aller Voraussicht nach“? Sie machen uns „große Hoffnungen“ für das neue Jahr.

Ich jedenfalls hoffe, dass Sie schnell abtreten, je schneller, desto besser.

Diese Neujahransprache erschien auch hier auf vera-lengsfeld.de

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Karola Sunck / 02.01.2021

Volle Zustimmung und vielen Dank für Ihren Beitrag und Ihre Ansprache in Richtung der Autokratin. Ich stehe in all den Dingen, die Sie angesprochen haben, voll hinter Ihnen. Aber es ist ja nicht nur diese Kanzlerin, die zu kritisieren ist, sondern auch alle ihre Helferlein, ohne die sie es nicht geschafft hätte, dieses einst so schöne Land zu ruinieren und die Bevölkerung extrem zu spalten. Und eine Institution hat sich diesem Ziel und Merkel extrem untergeordnet. Das ist eine Partei und sie heißt CDU. Diese Partei ist mittlerweile nicht besser als Merkel selbst und hat sich von der freiheitlichen Grundordnung der Demokratie und dem Grundgesetz verabschiedet. Da hätte ich eine Frage an Sie. Warum tuen Sie es sich an und bleiben Mitglied in dieser mittlerweile verachtenswerten Partei der Schleimer, Arschkriecher und Duckmäuser, die nichts mehr mit der Unions-Partei von früher, vor Merkel gemein hat. Ich denke, wenn man mit einer Institution nichts mehr gemein hat, sollte man die Konsequenzen ziehen. Zumal, wenn es eine Alternative dazu gibt!  Schöne Neujahrsgrüße an alle hier.  K. Sunck

Michael Hinz / 02.01.2021

@Margot Helmers - Ganz wichtig: Sie haben Horst Köhler vergessen, ein Bundespräsident, der Unterschriften verweigert hatte. Ein souveräner Mann.

Uwe Samsel / 02.01.2021

Vera Lengsfeld bleibt ungehört. Der Großteil der Bevölkerung lebt nach wie vor in Angst und Schrecken vor dem unheimlichen “Killervirus”, was nichts anderes heißt, als dass dieser Großteil der Bevölkerung an den Lippen der ehemaligen FDJ-Seketärin hängt und ihr undden anderen Geisterfahrern in den Regierungen ihr Vertrauen entgegenbringt. Nur die Wachen, also die, die sich die Zahlen anschauen, mathematisches Verständnis haben und keine ökonomischen Analphabeten sind, ahnen, dass hier jemand zu ihnen spricht, der sie eigentlich ins Verderben stürzt.

Enrique Mechau / 02.01.2021

Die kommunistisch kadereschulte Muddi hat uns vorhergesagt, dass Demokratie und Meinungs- Reise- Berufs- Versammlungsfreiheit etc. zu Ende sind. Die DDR 2.0 ist bereits Realität und die schwerstbewaffneten Büttel der Obrigkeit sorgen unter Strafandrohung/Verhängung für die Einhaltung der Transformationsregeln. Nach der nächsten Wahl, wenn die unheiligen Gesellen Habeck, Baerbock, Kühnert und wie sie alle heißen zur Obrigkeit gehören (Frau Staatsratsvorsitzende und der Mini-Diktator aus Bayern haben schon die ersten Liebeserklärungen abgegeben) dann wird es richtig Lustig. Es wird Verbote hageln, dass die Schwarte kracht und Deutschland wird endlich zu dem, was schon Herr Morgenthau wollte. Und alle werden dabei das Wort (und nur dieses) “DEMOKRATIE” wie eine Monstranz vor sich hertragen und der mittlerweile geistig zurückgebliebene “deutsche Michel” wird wie immer die Hände an die Hosennaht legen und der brave “Untertan” sein! Bravo, Deutschland hat es seit ‘49 weit gebracht und es wundert nicht, dass es in der Länderliste der Demokratien; zumindest unter den ersten zehn; nicht vorkommt.

Ilona Grimm / 02.01.2021

Lassen Sie sich bitte auch die Neujahrsansprache von Boris Reitschuster an die Kanzlerin nicht entgehen! Sehr mutig, sehr klar und wahr.

R. Schäfer / 02.01.2021

Ein paar Anmerkungen, erstens: Lernen bedeutet, sein Verhalten anzupassen. Das ist nicht passiert. Zweitens: Merkels Regierung sorgt nicht dafür, daß die “Gesichter der Hoffnung” mehr werden. Die Kritik am knauserigen Kauf von Impfstoffen ist ja sogar in “normalen” Medien zu vernehmen. Drittens: eine Regierung sollte nicht an Leidende denken, sondern so regieren, daß Leid und Schaden kleinstmöglich bleiben. Viertens: eigentlich wünschte ich Merkel, daß sie den Scherbenhaufen wieder aufräumt. Dazu war auch kein Wort zu hören. Aber der Scherbenhaufen ist ja auch gewollt und sie kann nur kaputtmachen. Fazit: Merkels Rede und Verhalten ist für eine Demokratie unwürdig. Ein “Gesicht der Hoffnung” habe ich beim Vortrag nicht gesehen (nicht nur wegen mangelnder Impfung), sondern gar keins.

S.Niemeyer / 02.01.2021

Vielen Dank, sehr verehrte Frau Lengsfeld, für Ihre deutlichen Klarstellungen! Das Projekt, “gleichartige Lebensverhältnisse” zu schaffen, ist in vollem Gange. Lockdown-Politik ist der Volltreffer gegen den Mittelstand und lässt gleichartige Lebensverhältnisse auf tiefem Niveau expandieren. Die Mobilität ist ebenfalls abgewürgt, passt doch! Reisen erst verbieten, dann dafür sorgen, dass für Reisen das Geld fehlt. Von allem nicht betroffen sind selbstverständlich diejenigen, die es oktroyieren, nebst ihren Knallchargen. Zur Bundestagswahl September 2021: Wahlverschiebung denkbar, falls Merkel nicht den Absprung Richtung UN schafft, denkbar aber auch, dass nach der Wahl langwierige Koalitionsverhandlungen zur Regierungsbildung die Legislatur der jetzigen Regierung verlängern - wie bei der letzten Wahl 6 Monate. Diese Variante halte ich für wahrscheinlicher, denn Merkel wird sich nicht der verbrannten Erde aussetzen wollen, die sie hinterlässt.

M.-A. Schneider / 02.01.2021

Danke, liebe Frau Lengsfeld, für diesen Brief, wenn nicht Sie, wer sonst könnte ihn so treffend formulieren!

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