Josef Hueber, Gastautor / 23.04.2021 / 10:30 / Foto: Imago / 45 / Seite ausdrucken

Merkel daddelt

„Alle, Kunst und Wissenschaft, Sitte, Familie, Kirche, Schule und Hochschule empfangen die gleiche Kriegsinstruktion: jeder Auseinandersetzung ausweichen, den Gegner nicht angehen, sondern in weitem Bogen umgehen, niemals sich in wirkliche Diskussion einlassen. Niemals mit Argumenten kämpfen, nur mit Schweigen, immer nur boykottieren und ignorieren“ (Stefan Zweig zu Sigmund Freud) 

Ich dachte an Deutschland, in einer kontaktlosen Nacht ab 21 Uhr, und es fiel mir eine Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten ein. Da waren, das beherrscht sein Redenschreiber, bildgeschmückte Phrasen vom Miteinander-Diskutieren, von Einander-Zuhören (wenn es um andere Meinungen geht), von Überwindung der Spaltung durch Dunkeldenker, von für die Demokratie unverzichtbarem Zu- und Aufeinanderhören ... 

Wenn es einen Ort gibt, wo man die Umsetzung dieser prätentiösen Weisheiten des politisch Allerhöchsten in diesem unserem Lande verfolgen kann, so ist der wohl nicht eine Gartenparty in Schloss Bellevue, sondern der Bundestag. Die demokratische, zivilisierte Kultur der Gesprächsführung, weil medial national übertragen, wird dort besonders verantwortungsvoll gepflegt. 

Oder etwa nicht? 

Man könnte, sobald es um die Präsentation regierungsaverser Meinungen geht, von einer „Brüllaffen“-Methode der Diskussionen in diesem Hohen Hause sprechen. Brüllaffen, so lesen wir „haben ihren Namen vom lauten Brüllen der Tiere, das beide Geschlechter ausstoßen. Das Gebrüll dient vor allem der Kommunikation verschiedener Gruppen untereinander.“ (Wikipedia)

Wer sich gelegentlich Leute wie den Grünen Hofreiter ansieht, weiß, welche Kraft dezibelstarke Argumente in seiner Diskussionskultur entfalten können.

Merkel ist jedoch kein Hofreiter, und schon gar kein mutierter Herbert Wehner der SPD, der einst  keiferndes Schlangengift dem Redner entgegenspritzte, wenn er anderer Meinung war.  Wehner, das war sein Pro, hörte genau zu, bevor er schmerzlich – bisweilen unter der Gürtellinie und taktlos- zubiss.

Und Merkel? 

Mancher mag sich gefragt haben, wie sie eigentlich zu dem zärtlichen Titel „Mutti“ kam. Vielleicht, weil sie sich nicht aus der Ruhe bringen lässt, wie das eine gute Mutti aus Liebe zum Kind auch tut? 

Verdient hat sie das nicht. Denn ihre Ruhe ist das Menschen verachtende Ignorieren des politisch Andersdenkenden, nach der Methode, wie das Sigmund Freud analysiert hat (siehe oben). Ignorieren ist ihre Methode der politischen Kriegsführung, fernab einer streitbaren Auseinandersetzung mit Argumenten. Siehe hier ab Minute 1:30 und 2:40

Die Rednerin der größten Oppositionspartei im Bundestag wirft Schwerst-Gewichtiges zur Politik der Kanzlerin in den Ring. Merkel, so das Resümee, treibe mit ihrer Politik Deutschland in Richtung Failed State. Ein Land rast gegen die Wand, am Steuer sitzt die Kanzlerin. Für kurze Momente gestattet es die Regie der Kamera, die Pokerface-Kanzlerin zu zeigen, wie sie in Dokumenten blättert beziehungsweise mit dem Smartphone Wichtigeres verrichtet, als sich mit Argumenten zu beschäftigen, die verdeutlichen, dass sie Deutschland und dessen Zukunft verantwortet.

Merkel zeigt sich in den Aufnahmen  – wie immer gegenüber Kritik – von arroganter Souveränität. In der Konfrontation mit vernichtenden Argumenten blättert sie gleichmütig in Papieren oder ist digital beschäftigt. Was der Zuschauer sieht, ist Verachtung demokratischer Diskussionskultur. 

Foto: Imago

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S.Müller-Marek / 23.04.2021

Ob ein großer Sack Kartoffeln im Bundestag steht oder Merkel auf ihrem Stuhl sitzt: EGAAAAAL. Beiden ist völlig wurscht, was gerade abgeht, Respekt und Emotionen zeigen beide nicht, Regungen sind nicht vorhanden, wenn sie umfallen sind beide nur schwer wieder hochzuwuchten. Dennoch sind mir die Kartoffeln sympathischer, denn sie sind unterm Strich für vieles zu gebrauchen und weitaus nützlicher! Schönes Wochenende :-)

Matthias Fischer / 23.04.2021

Zu Kaisers Zeiten hieß das Parlament im Volksmund “teuerster Gesangsvwerein Deutschlands”, weil zu Beginn der Sitzungen die Nationalhymne gesungen wurde. Entscheidungen überließ man aber lieber anderen, z.B. dem Kaiser. Nun, heute können sie nicht mal mehr singen, die Nationalhymne schon gar nicht (ist ja rechts). Im Übrigen glaube ich, dass die Entscheidungen des Kaiser besser waren, als diejenigen von Frau Merkel und auf ein Scheinstaatsoberhaupt a la Steinmeier konnte man damals genausogut wie eigentlich auch heute verzichten.

Wolfgang Nirada / 23.04.2021

@Andreas Block: Kurz knackig und absolut richtig!

Matthias Fischer / 23.04.2021

Als ich 1988/89 für einige Monate in Polen gelebt und gearbeitet habe, kam ich mit einer älteren Dame ins Gespräch, die zur Geschichte Polens - Stand damals - sinngemäß sagte: “Hitler hat uns nur 6 Jahre unterdrückt. Die Russen sind jetzt schon 40 Jahre hier ...” Nun, Frau Merkel wird die 40 Jahre wohl nicht schaffen, 16 Jahre reichen aber komplett und sind immer noch mehr, als 6 oder auch 12 Jahre. Und es sind 16 Jahre zuviel. Man kann ihr allerdings zugute halten, dass sie gewählt wurde, auch, als ihre Alternativlos-Masche schon bekannt gewesen ist. Wer sie gewählt hat, na ja…

Kostas Aslanidis / 23.04.2021

@Torsten Hopp. Lakonisch und treffend. Und 16 Jahre nur fatale Entscheidungen getroffen. Diese Frau ist Respektlos.

g.schilling / 23.04.2021

Wie der Herr, so das Gescherr. Falls überhaupt einer der hochbezahlten Abgeordneten am Sitzungstag den Weg in den Plenarsaal findet, hängt er gelangweilt im Abgeordnetensessel und macht über sein Mobiltelefon kleine Provisionsgeschäfte mit Lobbyisten oder kümmert sich um eine spätere Verwendung in der Wirtschaft. Wenn es zur Abstimmung geht, fragt er häh, wie, was? Murxel oder Brinkhaus sagen ihm dann wie er gefälligst abzustimmen hat. So geht Demokratie heute. Und nach dem 26.9.21 wird es nicht besser.

Kostas Aslanidis / 23.04.2021

Das was Merkel veranstaltet, waehrend andere Reden halten mit dem Handy spielen, ist an Respektlosigkeit nicht zu ueberbieten. Sie hoert nie zu, aber ihre nichtssagenden reden sollen die anderen beachten. Das ist das Demokratie verstaendnis von Merkel. Sie hat es halt im Kommunismus gelernt. Seit Merkel geht es kontinuierlich bergab, bald wird es wasserfallmaessig nach unten fliessen.

Kerstin Behrens / 23.04.2021

So gar nicht, unter “arroganter Souveränität” verstehe ich Eisbrecher, die mindestens 8 Stunden am “Stehtisch” unterwegs sind und nicht mit samt ihrem “Papierkram” im sogenannten “deutschen Bundestag” in den Sesseln abhängen! Man kann diesem verkommenem bis in die Fußspitzen korrupten devoten Personal gerne ausgewiesene “Fachkräften” empfehlen. Man kann Leute wie Merkel dezent auf ihre Verwahrlosung von Kindesbeinen an aufmerksam machen. Man kann es auch lassen und sich aktiv am Widerstand beteiligen.

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