Gunnar Heinsohn / 14.12.2016 / 10:00 / Foto: Neoanarchy / 9 / Seite ausdrucken

McDonalds: Tschüss Luxemburg, Welcome in London

Nach dem Brexit glaubte man Händereibend , eine Atommacht demütigen und ein Land mit Sitz im UNO-Sicherheitsrat ruinieren zu können. Flüchten aus London würden die Weltfirmen, zuerst die Großbanken und danach die Sahnestücke aus Pharmazie und Hochtechnologie. Bluten lassen werde man Albion. Bereuen würden die Engländer ihre Trennung von Martin Schulz und Angela Merkel. .Herumstoßen werde man die Insel, obwohl dort immer noch die schnellsten Interventionsstreitkräfte bereit stehen. Zum Frühstück verspeisen werde man das Mutterland der Weltsprache, deren Geheimdienste mit Neuseeland, Australien, Kanada und den USA zu den „Fünf Augen“ (Five Eyes) verbunden sind. Die gewährten Berlin nicht einmal dann Zutritt zu ihrem exklusiven Klub, als die Kanzlerin sich das als Entschädigung für ihr abgehörtes Handy ausbedingen wollte.

Irland dagegen zittert von Beginn an vor dem Brexit, weil es die Attraktivität eines befreiten Königreiches für seine amerikanischen Weltfirmen umgehend versteht. Wann immer die Brüsseler Nomenklatura Dublin für seine günstigen Firmensteuern kujonieren will, hält London seine schützende Hand über den Nachbarn. Der EU-Kontinent fußt auf Solidarität und der Umverteilung deutscher Gelder, während die Anglo-Nationen die globale Konkurrenz im Auge haben.

Am 23. Juni 2016 erfolgt der Brexit und schon am 30. August 2016 fordert Margrethe Vestager 13 Milliarden von Apple, um deren Zahlung es sich im irischen Steuerparadies gedrückt habe. „Ja, so geht Europa“, strahlt daraufhin Sven Giegold, begnadeter Ökologe und Attac-Anführer der deutschen Grünen im Europa-Parlament. Als „EU-Kommissarin für Wettbewerb“ fungiert die Politikern Margrethe Vestager der dänischen Radikale Venstre. Ihre nobelste Aufgabe sieht sie in der Unterbindung von Wettbewerb zwischen den EU-Staaten. Wo käme man hin, wenn die sich wie Schweizer Kantone oder US-Bundesstaaten einfallsreich um Firmen bemühen müssten?

Dass Apple gegen die Entscheidung klagt, versteht sich von selbst. Für die Republik Irland jedoch wird der juristische Widerstand zur Überlebensfrage, denn andere Firmen auf ihrem Territorium beobachten das Schicksal des Elektronik-Giganten genau. Mit allem Recht, denn am 15. September verkündet Frau Vestager, dass Sie mit McDonald und Amazon zwei neue Opfer verfolgt. Die von McDonald zwischen 2011 und 2015 gezahlten 2,5 Milliarden Euro reichen ihr nicht. Doch die Big Mac-Herren sind vorbereitet. Am 10. Dezember melden sie die Übersiedlung ihres Europa-Hauptquartiers von Luxemburg nach London. Gegen das anglophone Irland hätten sie an sich nichts gehabt, aber sie denken nicht daran, in der Apple-Falle zu landen.

Berlins Softpower ist gut, Atom-Uboote sind besser

Parallel zu diesem Seitenwechsel der weltgrößten Restaurantkette stationiert London eine Spezialeinheit an der polnisch-russischen Grenze bei Königsberg. Theresa May besucht am 28. November mit der polnischen Premierministerin Beata Szydło das Polish War Memorial in RAF Northolt, wo polnische Gefallene aus dem gemeinsamen Kampf gegen Hitler-Deutschland geehrt werden. Auch in einer ungewissen Zukunft mit womöglich weiterem Abbröckeln der EU werde man zusammenhalten.

Warschau versteht, dass es durch eine Beteiligung an Berliner Brexit-Knebelverträgen gegen England nichts gewinnen kann. Die Verantwortlichen der Wirtschaft nehmen erleichtert zur Kenntnis, dass die meisten EU-Mitglieder für eine Bestrafung Englands nicht zu haben sind, wenn sie Berlins Softpower mit den britischen Atom-Ubooten vergleichen, deren Modernisierung Theresa Mays oberste Maxime ist. 

Werden – all dieses bedenkend – die Londoner Banken wirklich in Frau Vestagers Arme drängen? Oder wird McDonalds Schritt nur der Auftakt für eine herzliche, aber ungeschminkte ökonomische Rivalität? Wie wäre es nach weiterem Absenken der britischen Unternehmenssteuern zum Beispiel mit der Wiederherstellung des Bankgeheimnisses? Warum sollte nicht auch dabei Konkurrenz das Geschäft beleben? Wer seine Konten jederzeit offenlegen möchte, unterhält sie bei Banken auf dem Kontinent. Wer Diskretion bevorzugt, bringt seine Ersparnisse auf den Inseln in Sicherheit oder findet sogar eine Alternative in einer wieder selbstbewusst auftretenden Schweiz. Und warum nicht die Bank von England zur Emission von 500-Pfund-Noten ermutigen? Wer jederzeit kontrolliert leben will, wird bargeldlos zwischen Berlin und Luxemburg glücklich. Wer die Freiheit des Bürgers bevorzugt, aber sucht nach einer Währung, deren Banken ihre Kunden niemals mit dem Umzug nach Paris oder Frankfurt bedrohen. Wer dort noch Gelder hält, mag damit fortfahren oder halt den Umzug erwägen. Die Kommissarin könnte dabei immerhin erahnen, was man bei Ernstnehmen ihrer Berufsbezeichnung so alles anstellen kann.

Foto: Neoanarchy wikimedia

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Wilfried Cremer / 14.12.2016

Der Weltfinanzplatz Nr. 1 war eigentlich immer London, weil die Commonwealth-Länder ihr Geld dort sicher sahen und im Gefolge dieser Länder viele andere. Das sind sozusagen die Fettreserven des Kolonialismus. Das ist wahr, ob auch schön, spielt keine Rolle. Man kann nur hoffen, dass jetzt die Banken wieder anfangen, ihr ureigenstes und ehrliches Geschäft zu betreiben, nämlich Geld mit Geld, d.h. anständigen Zinsen, zu verdienen, anstatt weiter Spekulanten-Harakiri zu veranstalten. Den Ruch des Unmoralischen an Zinsen haben unsere Linken aus heimlichem Neid destilliert und unserer Gesellschaft diktatorisch aufgezwungen.

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