Manfred Dr. Kölsch, Gastautor / 07.05.2024 / 14:00 / Foto: BK59 / 45 / Seite ausdrucken

Kirchen-Brandmauer gegen die AfD – Doppelmoral ohne Grenzen

Um die Brandmauer zur AfD aufrechtzuerhalten, ist der katholischen und der evangelischen Kirche jedes Mittel recht – selbst, wenn die AfD christliche Positionen vertritt.

Für Aufregung sorgt die Abstimmung des Dresdener Stadtrates über die Einführung einer Bezahlkarte. Dem diesbezüglichen Antrag der AfD haben die CDU-Ratsmitglieder durch ihre Zustimmung zum Erfolg verholfen. Der Bundesvorsitzende der CDU, Friedrich Merz, meint dazu: „in der Sache richtig“, aber „im Verfahren inakzeptabel“. Wie werden die CDU-Ratsmitglieder auf Friedrich Merz reagieren, wenn er ihnen den Beschluss der CDU vorhält, mit der AfD dürfe es keine Zusammenarbeit geben? „Wie kommt es denn“, – so könnten die Ratsmitglieder zurückfragen – „dass das von der AfD Gewollte und auch von der CDU als richtig Erkannte vergiftet ist, nur weil es von der AfD initiiert wurde?“ Zumal der gegen die AfD gerichtete demokratiewidrige pauschale Verdacht, rechtsextrem zu sein, nicht in allen Fällen den „kollektivpsychischen Apparat wie durch Osmose“ (so Geyer-Hindemith, FAZ, 26.07.23) durchdringt.

Dies betrifft z.B. die Entscheidung von 27 Mitgliedern des Europäischen Rats und 27 Mitgliedern des Europaparlaments, die zusammen mit der knappen Mehrheit von 28 Stimmen Frankfurt zum Sitz der neuen EU-Anti-Geldwäsche-Behörde gewählt haben. Da, nach allem was man weiß, die eine zur Mehrheit führende Stimme diejenige eines AfD-Europaabgeordneten war, hätte gegen die Bestimmung von Frankfurt als Sitz der neuen EU-Behörde ein Aufschrei durch die Republik gehen müssen. Alles blieb jedoch ruhig. Alle Akteure, die Profiteure sowieso, waren im Gegenteil, trotz AfD-Geburtshilfe, von der Entscheidung begeistert.

Friedrich Merz wird es auch schwer haben, zu erklären, was der Unterschied sei, ob die AfD einem Antrag der CDU zustimmt oder die CDU einem Antrag der AfD. Die Doppelmoral kennt keine Grenzen. Wer kümmert sich um den Schulterschluss der SPD mit der AfD gegen eine Taurus-Lieferung an die Ukraine? Wer regt sich auf über grüne oder linke Komplizenschaft mit der AfD in Kommunen? Die sich im Vertuschen und Heimlichtun in der Debatte um den von Priestern verübten Kindesmissbrauch auszeichnende katholische Kirche sorgt jetzt für klare Verhältnisse in Bezug auf die AfD.

Die deutschen katholischen Bischöfe haben das drei Jahrzehnte geltende Tabu, keine Wahlempfehlung zu geben, gebrochen. So hat die Bischofskonferenz in der Woche vom 15. bis 21. Februar 2024 ausdrücklich erklärt, die AfD sei für Christen nicht wählbar. Bedenken, diese Erklärung könne als Bevormundung verstanden werden, oder die Anregung, Gespräche mit gemäßigten Anhängern der Partei zu führen, blieben ungehört, hatte man doch gerade von der von „Correctiv“ herbeigelogenen zweiten Wannseekonferenz erfahren. Bedenken mussten hinter der Gefahr von Rechts zurücktreten.

AfD gibt exakt die offizielle Lehre der katholischen Kirche wieder

Neben dem von der AfD inszenierten Aufschrei, wonach es sich um ein unzulässiges und unzutreffendes Pauschalurteil handele, es nur darum gehe, einen wachsenden Konkurrenten von der Machtausübung fernzuhalten, man auf dem linken Auge blind sei usw., ist bemerkenswert, dass sich die Abgeordnete der AfD, Frau von Storch, in der Debatte im Bundestag um die Neuregelung der geschäftsmäßigen Beihilfe zum Suizid, für ihre Argumentation ausdrücklich eine Position der katholischen Kirche zu eigen gemacht hat. Den Gesetzentwurf lehnte sie ab, indem sie demonstrativ erklärte: „Anfang und Ende des Lebens liegen allein in Gottes Hand“. Diese Position der Abgeordneten gibt exakt die offizielle Lehre der katholischen Kirche wieder. Das sog. Souveränitätsargument lautet: Gott ist der Herr über Leben und Tod; diese seien dem Menschen entzogen (Katechismus der katholischen Kirche, Nummer 2280).

Dürfen Gott und die katholische Kirche als der AfD Gleichgesinnte oder gar deren Unterstützer wahrgenommen werden? Soll hier ein neues Loch in die Brandmauer zur AfD geschlagen werden? Um dies effektiv zu verhindern, muss die Brandmauer bis ins Transzendente konstruiert werden. Dies ist jedenfalls die Auffassung der Professorinnen Kristina Kieslinger (Lehrstuhlinhaberin der Romano-Guardini-Professur für Ethik, Mainz) und Kerstin Schlögl-Flierl (Lehrstuhlinhaberin für Moraltheologie in Augsburg). Sie schreiben: „Es ist äußerst irritierend wahrzunehmen, dass scheinbar die einzige Partei, die theologische Deutungskategorien in der Debatte aufnimmt, die AfD ist“ (Christ in der Gegenwart, 75. Jahrgang, 16.07.2023, Seite 3). Warum das äußerst irritierend sein soll, wird nicht erörtert. Anerkannt wird jedoch: „Diese Argumentation (von Frau von Storch) findet sich eins zu eins in der offiziellen Position der katholischen Kirche zum Suizid wieder.“ Ihr Ziel umreißend ergänzen die Autorinnen: „Um sich als Katholische Kirche nicht mit rechtsradikalen Positionierungen zu „verschwistern“, sehen wir es als Aufgabe von Lehramt und Theologie an, einen seriösen Lebensschutz mit Gehalt zu füllen und eine klare Abgrenzung zur AfD vorzunehmen“ (ebenda).

Ein hoher Preis

Wollen die beiden Professorinnen zu verstehen geben, die bisherige Position der katholischen Kirche in Nr. 2280 ihres Katechismus könne als rechtsradikal wahrgenommen werden, nur weil die AfD sich darauf beruft? Infiziert allzu große Nähe zur AfD auch den kollektivpsychischen Apparat der katholischen Kirche wie Osmose („mit rechtsradikalen Positionierungen … verschwistern“)? Um die Brandmauer gegen die AfD undurchlässig zu halten, müsse Nr. 2280 des Katechismus ganz neu gedacht werden. Ohne diese Umkehr könne weder die gewünschte Distanz zur AfD gehalten noch ein „seriöser Lebensschutz“ erreicht werden. Dieses Ziel ist nur erreichbar, wenn die Brandmauer bis ins Transzendente verlängert wird.

Es ist erschreckend, dass sich, um der Aufrechterhaltung der Brandmauer zur AfD willen, zwei Professorinnen der Theologie anmaßen, es solle nicht mehr der Nr. 2280 des Katechismus angeblich zugrunde liegende Gott als der “souveräne Patriarch, der über Leben und Tod herrscht“, entscheidungserheblich sein. Für die Abgrenzung zur AfD favorisieren sie die „Vorstellung eines personalen Gottes, der mit Liebe im Dialog mit den Menschen ist“.

Um die Brandmauer gegen eine politische Partei bis ins Transzendente undurchlässig halten zu können, ist ein hoher Preis zu zahlen. In ihrer anthropomorphen Hoffart kommen die beiden Autorinnen nicht umhin, die von der katholischen Kirche sich selbst zugeschriebene Autorität, die allein autorisierte Interpretin von Gottes Willen zu sein, infrage zu stellen. Mit Nr. 2280 des Katechismus habe, wie die beiden Autorinnen meinen, die katholische Kirche keinen „seriösen Lebensschutz“ gewährleistet. Es handele sich bei Nr. 2280 um eine „autoritäre Norm“, die „abgelehnt werden“ müsse.

Übrigens: Auch die evangelische Kirche beteiligt sich emsig an den Flickarbeiten zum Erhalt der Brandmauer. Sie hat soeben ihrem Pfarrer Martin Michaelis mitgeteilt: „Ihre Entscheidung und die darauf entstehenden Umstände bedeuten für die betreffenden Kirchengemeinden eine schwere Erschütterung. Um weiteren Schaden von den Gemeinden abzuwenden, ordne ich (Anmerkung: der zuständige Superintendent) hiermit nach § 58 Pfarrerdienstgesetz an, dass Sie ab heute keine dienstlichen Tätigkeiten mehr im Rahmen Ihrer Beauftragung für den Pfarrbereich Gatersleben wahrnehmen.“ Das „Vergehen“ von Martin Michaelis, das angeblich „eine schwere Erschütterung“ hervorgerufen haben soll: Er hat sich als Parteiloser zur Kommunalwahl in Quedlinburg am 09.06.2024 auf Platz drei der Liste der AfD aufstellen lassen.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei KRiStA.

Dr. Manfred Kölsch war 40 Jahre lang Richter und gab im Mai 2021 aus Protest gegen die Corona-Maßnahmen sein Bundesverdienstkreuz zurück.

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Leserpost

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A. Ostrovsky / 08.05.2024

Kann man bitte den Kirchen-Oberen nochmal entschieden die Frage stellen, wie das genau ist: Können Ungeimpfte in den Himmel kommen? Fragt sie doch. Jesus Christus hat die Händler aus dem Tempel VERTRIEBEN, nicht irrsinnige Verträge mit ihnen geschlossen und den Profit maximiert. Wer das glaubt, kennt Jesus nicht. Was will so einer dann in einer Kirche? Bilder ansehen?

A. Ostrovsky / 07.05.2024

Wer immer noch diese Kirchen finanziert, statt aus zu treten, ist nicht zu retten. Entweder diese Kirchen haben einen ganz anderen Gott, als wir bisher glaubten, oder es gibt keinen Gott. Was wollen Sie dann in so einer Kirche? Es ist doch offensichtlich Unsinn! Stellen Sie sich mal vor, es gibt doch einen Gott und der verzeiht Ihnen dann nicht, dass Sie den falschen Götzen anbeten… Jesus Christus IST KEIN KRIEGSTREIBER, Kein Sklave des Staates, kein Hetzer. Wie kann es sein, dass Menschen, die sich für Christen halten, so täuschen lassen. Mit Bomben und Granaten, Zersetzung, Menschenhass, Spitzelei und Korruption findet man nicht zum Gott der Christen. Was habt Ihr denn für eine Vorstellung? Und wer nicht den Weg zu Gott sucht, der braucht auch nicht zu beten. Das ist sinnlos.

Silas Loy / 07.05.2024

Bischof Bätzing und Herr Schuch sind erst glaubwürdig, wenn sie Zeugnis ablegen, Klöster und Gemeindezentren für ihre heissgeliebten Migrant*innen zu Verfügung stellen, für die Sicherheit garantieren und alles aus eigener Tasche bezahlen bis zum Sankt Nimmerleinstag. Auf Staatskosten Nächstenliebe betreiben kann schliesslich jeder, jede und jedes. Und auch dann können sie nicht Forderungen aufstellen, die nicht in ihren Beritt gehören, sondern in den des Souveräns. Ganz zu schweigen davon, dass sie auch die immer noch geltende Rechtslage immer noch nicht zu kennen scheinen.

Silas Loy / 07.05.2024

“Theologie ist ein hölzernes Eisen.” (Heidegger) In der Theologie laufen wie überall sonst an den Universitäten gerade heute viele Kreative herum, die nicht lehren, sondern meinen. Geschenkt. Geschenkt auch Verlautbarungen der Amtskirchenden jenseits der Dogmen und des Kathechismus, die sind so viel wert wie gewöhnliche Predigten. Der Katholik hat da Erfahrung. Und die evangelischen Glaubensgemeinschaften waren schon immer anfällig für Abseitigkeiten bis hin zur Gründung der “Deutschen Christen”. Nach dem Zweiten Weltkrieg ruderten sie dann grossartig zurück und hoben Leute wie den überaus respektablen Dietrich Bonhoeffer auf den Schild. Feigenblatt posthum. Michaelis könnte der nächste Kandidat sein. Und von Storch, die ist ja auch evangelisch.

Gabriele Klein / 07.05.2024

@Frau Antalic: Ja, aber d. Fisch stinkt am Kopf. Mir tun da nur jene leid die einst irgendwelche Gelübde, Eide abgaben bassierend auf angeblich “ewigen” Prämissen auf die sie sich verließen und die sich um 180 Grad gedreht haben .  Ich sehe hier grenzenlose Schuld, Betrug und Vertragsbruch mit schweren Konsequenzen sowie entsprechend gespaltener Kirche. (Ich las von einigen Bischöfen die sich abspalteten).Auch habe ich ein Problem, wenn z.B. Wanderer in einen “Radclub” eintreten um dort als langsamere “Wanderer"a)  nicht diskriminiert zu werden und b) den Vorsitz zu übernehmen mit dem Ergebnis dass aus dem Radler- ein Wanderclub in ihrem Sinne wird. Einst war es so dass man in solchem Falle,  den eigenen “Club” schuf was jedem dank dem Grundrecht auf Vereinsfreiheit unbenommen war.  Und bei Kirchen seh ich das ähnlich. Wer z.B. eine Kirche wünscht die das eigne konkrete Verhalten für segensreich hält, gründe die eigne Kirche, die zu ihm passt aber lasse bitte die andern in Ruhe. Jedoch scheints eben die “Vielfalt” (d.h. ihre Heimat, die Familie,Verein, eigne Nation zu sein die letztlich stört, weshalb manch Machtgieriger diese Voraussetzung d. Vielfalt abschaffen will (natürlich um ihrer selbst willen, wie bei Hysterien üblich.) So ne Vorgehensweise erleichtert im eignen Interesse die Kontrolle von Vielfalt ungemein die man genau in dem Maße beschwört wie man ihre Unberechenbarkeit fürchtet.  Daher gilts, dasVielfältige vollständig unter der Einfalt zu subsumieren mit dem Ziel “Tod leben”. Ein Ziel ,das mir nicht ganz einfach scheint, mit und ohne lockdown, Medial könnte vielleicht ne “Dauerschlacht”  helfen, deren Tote jene die sie aus weiter Ferne fallen sehen, sich lebend wähnen lässt…....

PeterBernhardt / 07.05.2024

Fürst Pückler-Muskau einer der größten europäischen Gartenkünstler, Dandy, Frauenverehrer, erfolgreicher Reiseschriftsteller, Namensgeber des Pücklereises, Zögling der pietistischen Herrnhuter Brüdergemeine Der sarkastische Fürst sprach aus eigener btterer Erfahrung von der „herrnhutischen Heuchelanstalt“!  (Confirmare possum.) Die Heuchler und Schmeichler sind ärger als die Raben; diese stechen den Toten die Augen aus; die Heuchler und Fuchsschwänzer aber verblenden die Lebendigen, daß sie die Wahrheit nicht sehen können.  Sigismund von Luxemburg

Wolfgang Richter / 07.05.2024

Frage: Wo werden demnächst und ggf. unter wessen Geleit Verstorbene bestattet, die bekannt AfD-Mitglieder waren oder sich als AfD-Wähler bekannten? Mögen die zitierten Profixe oder sonstige Kirchenobere sich doch mal dazu äußern.

Wolfgang Richter / 07.05.2024

“ist der katholischen und der evangelischen Kirche jedes Mittel recht – selbst, wenn die AfD christliche Positionen vertritt.” - Ist denen aber wurscht in Zeiten, wo sie sich als linksgrüne NGO aufspielen und der christliche Glaube eher nachrangig ist. Sehr schön zu erleben in Corona-Zeiten, als die Kirchen geschlossen wurden, sodann mit dem politisch verordneten 2-G-Unsinn bestimmte Gläubige, also die “Unreinen”, ausgesperrt wurden. Ich kenne ein Beispiel, daß ein Kern von “Spritzegläubigen” Katholen gar ihren den Gentherapie ablehnenden Pfarrer ausgesperrt haben. Ein Wunder, daß dem Irrenhaus nicht noch mehr Leute abtrünnig werden.

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