Peter Grimm / 24.04.2021 / 11:00 / Foto: Niklas Bildhauer / 59 / Seite ausdrucken

Jubelperser und Zahlendeuter für die neue Kanzlerin

Viele deutsche Journalisten jubelten bekanntlich, nachdem die Grünen Annalena Baerbock am Montag zu ihrer Kanzlerkandidatin ausgerufen hatten. Mochten sie sich bei CDU und CSU nach dem Ende der dortigen Kandidatenkür noch darüber streiten, ob nun der gescheiterte oder der tatsächliche Kanzlerkandidat auch den Titel „Kandidat der Herzen“ verdient – wer die Kandidatin der Herzen einer Mehrheit deutscher Medienwerktätiger ist, sollte unstrittig sein. Ein Blick in die Werke vieler Kollegen zu diesem Thema lässt da keinen Zweifel. Die einen finden blumige Worte und andere sind verschwenderisch großzügig in der Interpretation von Umfrage-Zahlen.

Beispielsweise der Leiter des Hauptstadtbüros der WirtschaftsWoche, Max Haerder.

Mit der Schlagzeile „Bundestagswahl 2021: Deutschlands Führungskräfte für Baerbock als Kanzlerin“ hatte er seinen kurzen Bericht zu einer „Exklusiv-Umfrage“ versehen. Das ließ bestimmt manchen Leser aufmerken. Zwar hatte man sich in den vergangenen Jahren schon oft gewundert, wie teilweise selbstzerstörerisch die eine oder andere wichtige deutsche Führungskraft den Entscheidungen einer Kanzlerin mit bekenntnishafter Zustimmung versah. Aber sollten die Führungskräfte jetzt wirklich mehrheitlich die nächste Kanzlerin herbeisehnen?

Erfolgreiche Umdeutung?

Im Text hieß es dann:

„Das neueste WirtschaftsWoche-Entscheiderpanel offenbart, wem Führungskräfte das Land nach Angela Merkel anvertrauen wollen: der grünen Kanzlerkandidatin. Für Armin Laschet hingegen sind die Umfrageergebnisse ein weiterer Tiefschlag.

Als Annalena Baerbock am Montag ihre Antrittsrede als Kanzlerkandidatin der Grünen hielt, griff sie eine mögliche Schwäche direkt selbst auf: ihre fehlende Regierungserfahrung. „Ja, ich war noch nie Kanzlerin, noch nie Ministerin“, sagte sie. Um sofort eine andere, ihre Interpretation anzubieten: „Ich trete an für Erneuerung. Für den Status Quo stehen andere.“

Bei Deutschlands Führungskräften aus Wirtschaft und Verwaltung scheint die Umdeutung zu verfangen. Sie sind offenbar überzeugt davon, dass Baerbocks vermeintliche Schwäche eine Stärke ist; dass sie halten kann, was sie verspricht: einen neuen Spirit ins Kanzleramt zu bringen. Und sie werten diese Ambitionen höher als Expertise im Regieren. Jedenfalls ist das die Botschaft des neuen WirtschaftsWoche-Entscheiderpanels: 26,5 Prozent der deutschen Entscheider würden sich für die Grüne entscheiden, wenn sie die Kanzlerin oder den Kanzler direkt wählen könnten. Damit schafft sie es auf Platz 1.“

Also mochte doch nur ein gutes Viertel von Deutschlands Entscheidern von Annalena als neuer Kanzlerin regiert werden. Dass sich noch weniger Entscheider hinter einem der anderen Kandidaten versammeln mochten, ist für diese sicher ein Armutszeugnis, aber kein Votum für Annalena. Für Armin Laschet ist es allerdings wirklich eine Schmach, dass er mit 14,3 Prozent Zustimmung bei den Entscheidern noch hinter Christian Lindner (16,2 Prozent) landet.

Doch Annalena, so errechnet Kollege Haerder sie zur Kanzlerin der Entscheiderherzen, ist – wie gesagt – mit ihren 26,5 Prozent immerhin auf Platz eins gelandet. Das stimmt zwar irgendwie, aber so richtig dann doch nicht. Freundlicherweise liefert die Wirtschaftswoche die Ergebnisgrafik der Umfrage mit und da landet bei der Frage, wen die Entscheidungsträger ins Kanzleramt wählen würden, die Antwortoption „weiß nicht“ mit 32,4 Prozent noch vor Annalena Baerbock. Bis vielleicht wirklich eine Mehrheit eine Kanzlerin Baerbock will, müssen Haerder und Kollegen wohl noch viel Gutes über die Kanzlerkandidatin ihrer Herzen schreiben und senden.

Foto: Niklas Bildhauer CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Karsten Dörre / 24.04.2021

Salomonisch betrachtet ist jeder Kanzler, der/die nicht Angela Merkel heisst, willkommen. Und schaut man sich die Übersicht der Möglichkeiten an - Baerbock, Laschet, Scholz - kann man sich schon mal festlegen.

Sabine Heinrich / 24.04.2021

@Uta Buhr: DANKE! Sie haben dafür gesorgt, dass ich nach 2 frustreichen Tagen - hatte etwas mit den C-Maßnahmen zu tun - wieder lachen konnte! Und zwar SEHR laut! “Fette Zonenwachtel”. Herrlich! Hatte glücklicherweise mein Getränk nicht in der Hand! Wirklich klasse! Ich hoffe nur sehr, dass wir uns - wenn überhaupt einmal - nicht ausgerechnet in Hohenschönhausen oder im Gelben Elend in Bautzen treffen! - Ich möchte die FZ aber nicht auf dumme Gedanken bringen! Wer weiß, wie Ihre und meine Akte sowie die anderer Kommentatoren inzwischen angeschwollen ist…

Werner Arning / 24.04.2021

Jetzt wird Annalena ins Kanzleramt berichterstattet. Mal sehen, welche Performance die Medien nun an den Tag legen werden. Wie immer hängt davon viel bis alles ab. Wir werden einem Paradebeispiel von TV-Propaganda beiwohnen. Wem es zu viel wird, sollte stattdessen beispielsweise die Achse lesen.

Heinrich hein / 24.04.2021

Ich frage mich ohnehin, wen diese propagandistische Scheisse der Mainstreammedien noch interessiert. Der ganze Dreck muss konserviert werden, um denen nach einem hoffentlich erfolgenden Wechsel zur Vernunft ihre Existenz zu nehmen. Wer einmal einen solchen Stuss fabriziert muss vom Markt verschwinden.

dr. michael kubina / 24.04.2021

Das ist ja wirklich Propaganda der perfidesten Art. Ich bin auch über diese Schlagzeile der Wirtschaftswoche gestolpert, habe den Artikel aber gar nicht erst gelesen, dachte nur: Die haben jetzt offenbar fast alle einen Dachschaden. Insofern bin ich jetzt etwas beruhigt. Mit Journalismus hat soetwas aber wirklich fast nichts mehr zu tun, unterirdisch…

Ilona Grimm / 24.04.2021

26,5% der Führungskräfte der deutschen Wirtschaft wünschen sich eine Kanzlerin Baerbock. Immerhin 26,5 Prozent! Baerbocks Sprachdefizite prädestinieren sie für den Job, also ist alles gut, weil wir das schon von Merkel kennen und lieben. 26,5% der Führungskräfte sind einverstanden, dass die Wirtschaft in diesem Land endgültig über die Klippe gefahren wird: Windmühlen und Solarpaneele statt Kernkraft und Braunkohle zur Energieerzeugung; E-Autos, für die der Strom nicht reicht, statt der seit über 100 Jahren bewährten Verbrennungsmotoren; Energiekosten, die für jedes deutsche Unternehmen vernichtende Wettbewerbsnachteile bedeuten; Regularien und Auflagen, die nicht erfüllbar sind, weil sie nicht mit den physikalischen Gesetzen in Einklang zu bringen sind .... und und und. Ja, so tolle Wirtschaftsführer haben wir! Macht ja auch nichts, wenn die Unternehmen reihenweise abgewickelt werden. Die goldenen Fallschirme für die Führungskräfte liefert China, wohin die Unternehmen abwandern. Blöd nur, dass für Michel und Micheline keine goldenen Fallschirme vorgesehen sind.

Wolfgang Lang / 24.04.2021

Baerbock hat als Qualifikation die Mitgliedschaft in Klaus Schwabs Young Leader Programm vorzuweisen. Außerdem wird sie sicher zur nächsten Bilderberger-Konferenz eingeladen. Danach ist ihre Wahl, oder vielleicht wird sie auch einfach inthronisiert, wie zuletzt Ursula von der Leyen, gesichert . Die UvdL hat zwar, alles was sie in die Finger bekam, herunterwirtschaftet, dafür aber durfte sie immer höher hinauffallen. Warum wohl?

Norbert Reuther / 24.04.2021

Man hört es nicht gern, nicht mal hier auf der Achse, aber das Experiment Frauen die vollkommene und gleichberechtigte Teilhabe am öffentlichen Leben zu garantieren läuft in der Praxis grade mal ein halbes Jahrhundert. Das ist für evolutionäre Veränderungen wie diese sehr kurz, und hat darüber hinaus wenig mit einem heldenhaften geführten Freiheitskampf der Feministinnen, dafür viel mit der Erfindung sicherer Kontrazeptiva und Hygieneartikel zu tun. Leider wurde aus der von Gesetzgeber geforderten “Gleichberechtigung” eine “Gleichstellung”  (an appaling doctrin/J.B. Peterson), d.h. eine Gleichberechtigung fand nicht statt, da Frauen ihre mit allerlei Privilegien verbundene Sonderstellung als vermeintlich vulnerable Gruppe beibehielten. Der sichererste Griff zur Macht ist heute die Inszenierung von Machtlosigkeit, die von Frauen gegen Männer (aber nicht nur, es geht auch Migrant gegen “Kartoffel” u.v.a.m.) mit etwa 100%iger Erfolgsquote angewandt wird (Habeck hatte nie eine Chance).  Für die inszenierte Machtlosigkeit ist alles männliche , also Entschlossenheit, Stärke, Leistungswille, Opferbereitschaft und Aneignung von Kompetenz “toxisch” und daher kategorisch abzulehnen. - Kann es da verwundern, dass 26,5 % der “Entscheider” Ihre Entscheidungen nicht mehr in der Realität abholen? Ihre Position nicht ihrer Kompetenz sondern Privilegien, Herkunft und Geschlecht verdanken? Männer und Männlichkeit sind grade komplett überflüssig, natürlich nur bis die Trümmerspur die Merkel, von der Leyen, Baerbock, etc. durch die Geschichte ziehen beseitigt werden muss!

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