Ich stelle mir das so vor: Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi liegt einsam auf einer Yacht herum, die nicht unbedingt seine sein muss, wozu hat man schließlich Amici. Die Mädels sind shoppen, der Präsident und Medienzar wartet besorgt auf die Abrechnungen und überlegt, wie sein traditionell klammes Land auf die Schnelle zu Geld kommen könnte. „Heureka!“ ruft da der griechische Chefsteward (Griechen haben, wie wir wissen, leider kein Geld mehr für eigenen Yachten, sie müssen sich in diesem Sommer als Personal verdingen, an Griechen sehen die weißen Uniformen aber besonders schick aus), denn er hat eine tolle Idee: „Verkauft doch Eure Berge!“ Die Griechen haben Erfahrung damit, als sie mitten in der Krise steckten, wollten sie unter anderem ein paar Inseln verhökern.
Die Italiener hingegen machen das nur prophylaktisch. Die Hälfte der Bürger hält derzeit nämlich eine Staatspleite für möglich, das Staatsdefizit des Landes liegt bei 1,81 Billionen Euro. Das ist fast so wie in meiner Kindheit, als Italien mein erklärtes Lieblingsurlaubsland war, denn erstens waren die Menschen dort so nett, zweitens gab es immer Eis, drittens war niemand ernsthaft böse, als ich im Leichtsinn eine Kinder-Autorennbahn demolierte (ich fuhr mit Vollgas an die Wand, die Bremsen und die Lenkung taugten nichts, aber das ist bei italienischen Autos ja angeblich üblich) und viertens war ich dort immer praktisch Millionärin, weil die Wechselkurse so günstig waren. Was will man mehr von einem Urlaubsparadies?
Zurück auf die Yacht. Berlusconi lächelt sein Lächeln und singt dem Griechen zur Belohnung ein schönes Lied vor, irgendwas mit Amore und Sonnenuntergang, schließlich war der Politiker in jungen Jahren Sänger auf Kreuzfahrtschiffen, er weiß also, wie man Menschen bei Laune hält, und dann geht alles ganz schnell: Er beauftragt die staatliche Agentur „Demiano“, denn den anderen kann man unmöglich trauen, mit dem Verkauf einiger wunderbarer Berge, darunter Gipfel der Tofana-Gruppe, Skihänge am Monte Cristallo, die Rotwand (Croda Rossa). Insgesamt will das römische Parlament Immobilien und unbebautes Land im Wert von 3,6 Milliarden Euro verhökern. Auch der Superga-Hügel über Turin ist im Angebot, darauf steht die berühmte Basilika des „Salvatore“. Wenn Gäste nicht immer so stören würden, machte ich sofort ein Luxushotel daraus.
Stattdessen kaufe ich mir halt ein paar Skihänge am Monte Cristallo. Das ist nie verkehrt, die angebotenen Grundstücke liegen in der Nähe des renommierten Skiortes Cortina d’Ampezzo. Herrliche Gegend. Ich habe dort einmal ein Dorf aufgesucht, das sozusagen das Herz der deutschen Eisproduktion ist. Im Winter sind alle zu Hause, im Sommer nur die Großeltern und die Kinder, die erwerbstätigen Erwachsenen sind in Deutschland, Eisdielen betreiben. Das Dorf ist nur auf den ersten Blick unscheinbar, es wird von einer scheußlichen Bundesstraße barbarisch in der Mitte geteilt, aber auf den Hängen, hinter den Wäldern! Herrliche Häuser, alle mit Gelati made in Germany fleißig erarbeitet.
Das Dorf kaufe ich gleich mit. Da ich Europa als Grundidee mag, dürfen die Italiener selbstverständlich ihre Flaggen behalten (über Berlusconi allerdings müssen wir in Ruhe sprechen, ich erwäge, die Präsidentschaft für mein Skihänge-Gelati-Holding-Land selbst zu übernehmen). Ich hisse allerdings meine Heimatfahne, die ist hübsch und rot-weiß-rot, einen Berliner Bären und ein Teil des Dorfes wird zu Indien erklärt. Ich finde, es war viel zu lange viel zu wenig los auf der europäischen Landkarte! Bei den Skihängen überlege ich noch. Vielleicht finde ich einen chinesischen Investor. Dann servieren wir Chinapfanne auf den Hütten. Die Köche lasse ich aus Berlin einwandern, denn hier hat man Erfahrung mit Chinapfannen.
Silvia Meixner ist Journalistin und Herausgeberin von http://www.good-stories.de