Verzicht, Jugendbegeisterung, Abhärtung von Kindern, Kollektivismus – wer noch glaubt, die Nationalsozialisten hätten diese Tugenden für sich gepachtet, dem empfiehlt sich ein kursorischer Blick auf die aktuelle Ökologiebewegung.
„Aufmüpfige“ Schüler vertreiben sich gerade ihre Zeit nicht etwa in der Raucherecke oder mit heimlichen Kinobesuchen, sondern indem sie sich als Subjekt eines klimapolitischen „Streiks“ aufspielen, dessen dem Fußballspektakel entlehnte Sprechchöre vor allem Aufforderung zum besinnungslosen Mittun sind: „Wer nicht hüpft, der ist für Kohle, hey, hey“, ruft eine gründeutsche Jugend, der – nicht zuletzt dank Vorbildern wie Claudia Roth oder Anton Hofreiter – offenbar gar nichts mehr peinlich ist.
Verwundern können diese Kids nur den, der die Elterngeneration nicht kennt. An einer Düsseldorfer Grundschule wollen klimabewegte Deutsche, die sich irrtümlicherweise für verantwortungsvolle Erwachsene halten, ihren Schützlingen mit einem „Warmer-Pulli-Tag“ die Härten der Zivilisationslosigkeit aufzwingen – Wehrmachtsopa wäre stolz. Erschallt wohl noch heute die Durchhalteparole „Was uns nicht umbringt, macht uns nur noch härter“ in so mancher Bundeswehr-Kaserne, ruft die „Crossmedia-Redakteurin“ Helene Pawlitzki in die Klassenzimmer ihre soldatisch-ökologische Botschaft: „Kein Kind erfriert, wenn mal die Heizung runtergedreht wird“.
„Wir wollen ohne Gasmaske zu Ende leben.“
Dabei findet die Autorin laut Umfrage unter ihrem Artikel sogar die Unterstützung sehr vieler Eltern. Wahrscheinlich sind das diejenigen, die fürs Schulschwänzen mit ihrem Nachwuchs mitunter Slogans ersinnen, in denen sich German Angst vor dem kapitalistischen Gastod Bahn bricht. So heißt es auf einem dieser Schilder, dessen Träger gerade gegen Kohle hüpft: „Wir wollen ohne Gasmaske zu Ende leben.“
Das panisch-apokalyptische, auf den Tod gerichtete Innenleben von Menschen, deren Leben so richtig noch gar nicht begonnen hat, wird nun von Linksintellektuellen nicht etwa als besorgniserregendes Symptom ihrer psychischen Konstitution gedeutet. Vielmehr würden die „SchülerInnen“ den „transgenerationalen Klassenkampf“, so Blogbetreiber und Jungle World-Autor Felix Riedel, völlig unvermittelt „erkennen“: ein intellektuelles Armutszeugnis, das man den Greta-Thunberg-Enthusiasten insgesamt ausstellen darf. Auf den Gedanken, dass Thunbergs Reduzierung von Nahrung auf „Treibstoff“, die vollständige Ausrichtung ihres zwischenmenschlichen Lebens auf die „Klimakrise“ und der Umstand, dass allein ihre politische Rebellion ihr individuell Sinn zu stiften scheint, auf ein tiefes, nicht zuletzt gesellschaftlich bedingtes Leiden am Leben verweisen, kommen sie nicht.
Auch Martin Heidegger, philosophischer Nazi und ideengeschichtlich kaum zu überschätzender Wegbereiter postmodern-linker Philosophie, hätte erbauliche Worte für die ökologischen Zivilisationsfeinde gefunden. Insbesondere hätte ihn obiger Jargon des „Zu-Ende-Lebens“ erfreut, bestimmte er doch das „Sein zum Tode“ als Grundstruktur der menschlichen Existenz – worin ihm nicht nur die Klimaapokalyptiker bewusstlos zu folgen scheinen.
Hannahs Utopia
Gefallen gefunden hätte er zudem an „Hannahs ergreifender Rede“, die nicht nur besagter Riedel besser hätte rezipieren sollen, bevor er diesen Jugendlichen eine den Namen verdienende Kapitalismuskritik bescheinigt. Denn Hannahs Utopia beginnt, nachdem die „Geier“, diese „hässlichen Vögel“, diese „grausamen Wesen“, die dem Geld hinterherfliegen und denen „überall die Zerstörung folgt“, beseitigt worden sind. Es sind erwartungsgemäß die „Reichsten dieser Welt“, „die Konzerne“, „RWE“, „Nestlé“ und „die deutsche Autoindustrie“, die mit dieser genuin faschistischen Metaphorik gemeint sind.
Nicht zu vergessen wäre, dass vom Wahn befallene Deutsche, die sich in katastrophischer Endzeitstimmung in ein gastod-, also ausschwitzähnliches Ende einfühlen, wenn sie zwecks „Widerstand“ nicht gleich zur Jagd auf die letztlich als jüdisch assozierte Geldelite trommeln, nicht im smogbelasteten Peking, sondern in einem Land leben, wo die „Belastung der Luft mit Schadstoffen“ laut Umweltbundesamt „in den vergangenen 25 Jahren deutlich ab[nahm].“ Statt auch erfreuliche Tendenzen zur Kenntnis zu nehmen und trotzdem eine rational-ökologische, also zivilisationsfreundliche Politik zu fordern, betreibt der völlig zu Recht von der herrschenden Moral geschätzte Öko-Aktivismus lieber Klassenkampf von oben, indem er parallel zur Abwicklung des Sozialstaats verordnet, die Gürtel nun aber wirklich enger zu schnallen.
In diesem Sinne zukunftsweisend klingt dann auch die Rechtfertigung der Schulleiterin Linda Hennemann, aus deren Machtsphäre die noch arg schutzbedürftigen kleinen Menschenwesen schleunigst zu retten wären: „Der Lerneffekt soll sein: Es muss nicht so warm in unseren Räumen sein, damit wir uns wohlfühlen.“ Die Sehnsucht nach dem schönen Leben ist deutschen Ideologen, ob grün oder braun, noch fremder als dem Donald Trump die globale Erderwärmung.