Felix Perrefort / 08.02.2019 / 16:00 / Foto: achgut.com / 33 / Seite ausdrucken

Ist Euch denn gar nichts mehr peinlich?

Verzicht, Jugendbegeisterung, Abhärtung von Kindern, Kollektivismus – wer noch glaubt, die Nationalsozialisten hätten diese Tugenden für sich gepachtet, dem empfiehlt sich ein kursorischer Blick auf die aktuelle Ökologiebewegung.

„Aufmüpfige“ Schüler vertreiben sich gerade ihre Zeit nicht etwa in der Raucherecke oder mit heimlichen Kinobesuchen, sondern indem sie sich als Subjekt eines klimapolitischen „Streiks“ aufspielen, dessen dem Fußballspektakel entlehnte Sprechchöre vor allem Aufforderung zum besinnungslosen Mittun sind: „Wer nicht hüpft, der ist für Kohle, hey, hey“, ruft eine gründeutsche Jugend, der – nicht zuletzt dank Vorbildern wie Claudia Roth oder Anton Hofreiter – offenbar gar nichts mehr peinlich ist.

Verwundern können diese Kids nur den, der die Elterngeneration nicht kennt. An einer Düsseldorfer Grundschule wollen klimabewegte Deutsche, die sich irrtümlicherweise für verantwortungsvolle Erwachsene halten, ihren Schützlingen mit einem „Warmer-Pulli-Tag“ die Härten der Zivilisationslosigkeit aufzwingen – Wehrmachtsopa wäre stolz. Erschallt wohl noch heute die Durchhalteparole „Was uns nicht umbringt, macht uns nur noch härter“ in so mancher Bundeswehr-Kaserne, ruft die „Crossmedia-Redakteurin“ Helene Pawlitzki in die Klassenzimmer ihre soldatisch-ökologische Botschaft: „Kein Kind erfriert, wenn mal die Heizung runtergedreht wird“.

„Wir wollen ohne Gasmaske zu Ende leben.“

Dabei findet die Autorin laut Umfrage unter ihrem Artikel sogar die Unterstützung sehr vieler Eltern. Wahrscheinlich sind das diejenigen, die fürs Schulschwänzen mit ihrem Nachwuchs mitunter Slogans ersinnen, in denen sich German Angst vor dem kapitalistischen Gastod Bahn bricht. So heißt es auf einem dieser Schilder, dessen Träger gerade gegen Kohle hüpft: „Wir wollen ohne Gasmaske zu Ende leben.“

Das panisch-apokalyptische, auf den Tod gerichtete Innenleben von Menschen, deren Leben so richtig noch gar nicht begonnen hat, wird nun von Linksintellektuellen nicht etwa als besorgniserregendes Symptom ihrer psychischen Konstitution gedeutet. Vielmehr würden die „SchülerInnen“ den „transgenerationalen Klassenkampf“, so Blogbetreiber und Jungle World-Autor Felix Riedel, völlig unvermittelt „erkennen“: ein intellektuelles Armutszeugnis, das man den Greta-Thunberg-Enthusiasten insgesamt ausstellen darf. Auf den Gedanken, dass Thunbergs Reduzierung von Nahrung auf „Treibstoff“, die vollständige Ausrichtung ihres zwischenmenschlichen Lebens auf die „Klimakrise“ und der Umstand, dass allein ihre politische Rebellion ihr individuell Sinn zu stiften scheint, auf ein tiefes, nicht zuletzt gesellschaftlich bedingtes Leiden am Leben verweisen, kommen sie nicht. 

Auch Martin Heidegger, philosophischer Nazi und ideengeschichtlich kaum zu überschätzender Wegbereiter postmodern-linker Philosophie, hätte erbauliche Worte für die ökologischen Zivilisationsfeinde gefunden. Insbesondere hätte ihn obiger Jargon des „Zu-Ende-Lebens“ erfreut, bestimmte er doch das „Sein zum Tode“ als Grundstruktur der menschlichen Existenz – worin ihm nicht nur die Klimaapokalyptiker bewusstlos zu folgen scheinen. 

Hannahs Utopia

Gefallen gefunden hätte er zudem an „Hannahs ergreifender Rede“, die nicht nur besagter Riedel besser hätte rezipieren sollen, bevor er diesen Jugendlichen eine den Namen verdienende Kapitalismuskritik bescheinigt. Denn Hannahs Utopia beginnt, nachdem die „Geier“, diese „hässlichen Vögel“, diese „grausamen Wesen“, die dem Geld hinterherfliegen und denen „überall die Zerstörung folgt“, beseitigt worden sind. Es sind erwartungsgemäß die „Reichsten dieser Welt“, „die Konzerne“, „RWE“, „Nestlé“ und „die deutsche Autoindustrie“, die mit dieser genuin faschistischen Metaphorik gemeint sind.

Nicht zu vergessen wäre, dass vom Wahn befallene Deutsche, die sich in katastrophischer Endzeitstimmung in ein gastod-, also ausschwitzähnliches Ende einfühlen, wenn sie zwecks „Widerstand“ nicht gleich zur Jagd auf die letztlich als jüdisch assozierte Geldelite trommeln, nicht im smogbelasteten Peking, sondern in einem Land leben, wo die „Belastung der Luft mit Schadstoffen“ laut Umweltbundesamt „in den vergangenen 25 Jahren deutlich ab[nahm].“ Statt auch erfreuliche Tendenzen zur Kenntnis zu nehmen und trotzdem eine rational-ökologische, also zivilisationsfreundliche Politik zu fordern, betreibt der völlig zu Recht von der herrschenden Moral geschätzte Öko-Aktivismus lieber Klassenkampf von oben, indem er parallel zur Abwicklung des Sozialstaats verordnet, die Gürtel nun aber wirklich enger zu schnallen.

In diesem Sinne zukunftsweisend klingt dann auch die Rechtfertigung der Schulleiterin Linda Hennemann, aus deren Machtsphäre die noch arg schutzbedürftigen kleinen Menschenwesen schleunigst zu retten wären: „Der Lerneffekt soll sein: Es muss nicht so warm in unseren Räumen sein, damit wir uns wohlfühlen.“ Die Sehnsucht nach dem schönen Leben ist deutschen Ideologen, ob grün oder braun, noch fremder als dem Donald Trump die globale Erderwärmung.

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P.Steigert / 08.02.2019

Die harten Zeiten, die sich die Krieger der Klimagerechtigkeit wünschen, kommen bestimmt. Was dann aus denen wird, ist mir egal. Wer die Grundlagen des eigenen Wohlstandes und gesellschaftlicher Stabilität verachtet, darf gerne auf die harte Tour dazulernen.

Roland Stolla-Besta / 08.02.2019

Das Gegen-die-Kohle-Hüpfen der PISA-Generation wird spätestens dann abrupt ein Ende haben, wenn den verzogenen Gschrappn der Strom für ihre Smartphones ausbleibt. Und die Kohle ihrer Helikopter-Eltern. „Und ich freue mich schon darauf“ (nach Frau Göring von den Grünlichen).

toni Keller / 08.02.2019

Werte Tina genauso war es und ich war eigentlich froh, als ich merkte, so etwa ab dem Jahr 2000, dass da eine Generation herangewachsen war,. die einfach das Leben genossen hat, die unbeleckt von dem schlechten Gewissen der Nachkriegsgeneration, das Sie so schön schildern, aufgewachsen war. Eine Generation die herzhaft über den Satz “Kinder machen das Leben hell, sie lassen überall das Licht brennen” lachen konnte und selber überall das Licht brennen lies, ohne dumme Ermahnungen, Eine Generation die ohne schreckliche Geschichten über Flucht und Vertreibung anhören zu müssen, ihre Erbsen auf dem Teller liegen lassen konnte. Warum nur konnte es nicht dabei bleiben?

Marc Blenk / 08.02.2019

Lieber Herr Perrefort, Ökofaschismus ist kein ganz neuer Vorwurf. Schon in den Anfängen der Grünen gab es vor allem viele Sozialdemokraten, die den Grünen genau dies vorwarfen: Dass sie grün angemalte Faschisten seien. Und damit hatten sie, jedenfalls teilweise Recht. Das einzige was damals dagegen sprach, war die eine Zeitlang propagierte und praktizierte Basisdemokratie. Da denkt man nun wirklich nicht an Faschisten. Aber mit dem Kapitel haben die Grünen ja längst abgeschlossen. Geblieben ist neben der allgemeinen undemokratischen Neigung zur Volkserziehung, die in Wahrheit keine Neigung ist, sondern für die grüne Ideologie konstitutives Element, der Hang, Kinder zu instrumentalisieren, wie sie das ja früher schon einmal treffend erklärt haben. Früher sexuell, heute politaktivistisch. Eine grüne Form von Sublimierung pederastischer Neigungen. So sind auch Greta und all die Narrenschar vor allem eines: Geistig missbrauchte Teenager.

Mathias Pauls / 08.02.2019

Liebe Leserbrief Schreiber, mässigt Euch, ich finde sie Idee gut. Ich möchte Claudia Roth hüpfen sehen, in Endlosschleife. Oder ist die Idee doch nicht so gut? Was sagt das seismologische Institut auf Hawai dazu?

Peter Rosé / 08.02.2019

Sehr geehrter Herr Decke, Herr Perrefort hat auch Artikel auf der Seite “kritiknetz” (Hg. H. Gess) veröffentlicht. Die Leser der von Ihnen genannten Pressestücke dürften aber von den dortigen Artikeln meist intellektuell überfordert sein, und die wenigen, die es nicht sind, lehnen sicher viele der dort (hin und wieder in etwas verschrobenen “Frankfurter” Dialektik) entwickelten Gedanken vehement ab (die Seite als “rechts” zu bezeichnen wie Achgut (= Broder, “umgeben von seinen gnatzigen Getreuen” [R. Volkmann bei den Salonkolumnisten], dürfte man indes wohl nicht so einfach wagen).

Lars Schweitzer / 08.02.2019

Diese Freude am eigenen Untergang, wie ist es möglich, sie immer wieder auszulösen? Die aktuelle Massenpsychose macht mir inzwischen wirklich Angst.

Alexander Mazurek / 08.02.2019

Die Grünen sind die wahren Enkel der braunen Opas, braun=rot+grün (so in etwa, ich bin farbschwach), darüber hinaus ist grün die Farbe des “Propheten”, Fortschritt, Feinste Sahne Fischfilet!

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