Mit ihrem klaren Votum gegen das geplante Kohleheizkraftwerk gefährdet die Mainzer CDU nach Ansicht der Betriebsräte von Stadtwerken, Verkehrsgesellschaft und Kraftwerken bis zu 1600 Arbeitsplätze bei den drei kommunalen Unternehmen. „Wer kein Kohlekraftwerk auf der Ingelheimer Aue will, der nimmt das Ende der Kraftwerke Mainz-Wiesbaden AG mit allen Folgen für die beiden anderen Unternehmen billigend in Kauf“, äußerten die Betriebsratsvorsitzenden Hermann Kohler, Helmut Petri und Hans-Joachim Heidecker in einer gemeinsamen Stellungnahme zur CDU-Ankündigung, sich fortan ausschließlich für ein Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk einsetzen zu wollen.
Der KMW-Vorstand sprach von einem „nicht nachvollziehbaren Anti-Kohle-Schwenk“ der Union, die dem 1,2 Milliarden Euro teuren Projekt im Februar 2008 im Bauausschuss noch zugestimmt habe. Erst danach sei die im Juli 2007 erfolgte Bestellung der 823-Megawatt-Anlage bei dem Generalunternehmen Siemens vom Kraftwerke-Aufsichtsrat bestätigt worden.
Bisher sei die CDU den Nachweis für ihre Behauptung schuldig geblieben, dass man auf der Ingelheimer Aue zusammen mit einem anderen Unternehmen ein Gaskraftwerk bauen und wirtschaftlich betreiben könne. Nach Ansicht des KMW-Vorstands ist es völlig unverständlich, „warum die CDU aufgrund eines unverbindlichen Besuchs der Parteispitze bei einem Energieerzeuger in Düsseldorf alle vorherigen Beschlüsse über den Haufen werfen will“. Nach Sondierungsgesprächen mit dem norwegischen Staatsunternehmen Statkraft hatten sich die CDU-Mitglieder bei einem Sonderparteitag einstimmig dafür ausgesprochen, einen Wechsel von Kohle auf Gas noch einmal ernsthaft und vorurteilsfrei prüfen zu lassen.
Den überraschenden Kurswechsel der Mainzer Union bezeichnete der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) laut Südwestrundfunk „als verheerendes Signal für die Region“. Die Sozialdemokraten bewerteten es als „einen populistischen Paukenschlag“, der einzig mit der Kommunalwahl im Juni 2009 zu erklären sei. Grüne und ÖDP/Freie Wähler sehen die Chance, nun im Stadtrat zusammen mit der CDU „Nägel mit Köpfen“ zu machen und das von vielen Bürgern links und rechts des Rheins abgelehnte Projekt noch zu stoppen. Die FDP will morgen ihre Position zum Thema „Kohlekraftwerk“ erläutern. Die SPD hält dagegen unverändert an der Linie fest, wonach bis 2012 ein Kohleheizkraftwerk mit hohem Wirkungsgrad und Fernwärmeauskopplung gebaut werden soll.