Mit ihrem untrüglichen Gespür für den technischen Fortschritt gelingt es den Grünen immer wieder, bedeutende Innovationen mit hoher Treffsicherheit vorherzusehen. Einen legendären Beleg für diese These stellt ihr Bundestagswahlprogramm von 1987 dar. Bekennen sie sich doch in diesem zum Widerstand gegen „IuK-Technologien“ und bekräftigen ihre Ablehnung der „Digitalisierung des Fernsprechnetzes“, der Glasfaserverkabelung und des Satellitenfernsehens. Ihr Aufruf, den World-Wide-Web-Vorläufer Bildschirmtext zu boykottieren, belegt zudem ein instinktives Verständnis für die spätere Wirkmacht der damals noch in den Kinderschuhen steckenden Online-Kommunikation.
Auch in anderen Sektoren irren die Umweltbewegten selten. Von der Kernenergie über die Gentechnik bis hin zur hydraulischen Stimulation (vulgo „Fracking“), vom Kreuzfahrtschiff bis hin zum SUV: Was immer sie an größeren oder kleineren Themen ins Visier nehmen, wird früher oder später auf irgendeine Weise zu Gold. Meistens früher im Rest der Welt und später in Deutschland.
Das gilt natürlich auch für den von den Klimaschützern aktuell attackierten Linienflugverkehr auf kürzeren, innerdeutschen Strecken. Denn Investoren und Unternehmern bietet gerade dieser Verkehrssektor erhebliche Chancen.
Schnelles Reisen für viele Menschen bezahlbar
Geschwindigkeit ist das offensichtliche Alleinstellungsmerkmal des Fliegens. Zwar sind Rad-Schiene- oder Rad-Straße-Systeme in dieser Hinsicht physikalisch ebenfalls nicht limitiert, stoßen aber ökonomisch schnell an ihre Grenzen. Jenseits einer niedrigen dreistelligen Stundenkilometerzahl kostet die zur Überwindung des Luftwiderstandes erforderliche Vortriebskraft einfach zu viel Energie. Flugzeuge hingegen bewegen sich in großen Höhen bei erheblich geringerer Luftdichte. Das gestattet ihnen, schnelles Reisen zu Preisen anzubieten, die für viele Menschen und nicht nur für die besonders Wohlhabenden unter uns bezahlbar sind. Wie teuer wäre wohl der Betrieb eines Zuges, der tausend Kilometer in der Stunde zurücklegt? Genau in diesem Bereich spielt das Flugzeug seinen enormen Effizienzvorteil aus. Menschen fliegen, weil Mobilität für sie „ankommen“ bedeutet und nicht „unterwegs sein“.
Der für die Infrastruktur erforderliche Kapitaleinsatz ist vergleichsweise gering. Luftstraßen werden nicht gebaut, sondern programmiert. Die Start- und Landemöglichkeiten sind schon da. Zwei Dutzend gut ausgebaute internationale und regionale Flughäfen in Deutschland sind mit weniger als 50.000 Flugbewegungen im Jahr derzeit nicht ausgelastet. Da fragt man sich, warum nicht noch mehr Leute auf der Kurzstrecke fliegen als bislang schon. Zumal das Geschäftsmodell der Fluglinien, beruhend auf der Subventionierung der Economy-Sitze durch die höheren Klassen, auf ausgereiften Big-Data-Analysen des Buchungsverhaltens und auf dem Auffüllen von Zubringerflügen, manchmal sogar Tickets ermöglicht, die weniger als eine Bahnfahrkarte kosten.
Das Problem ist das Betriebssystem in allen seinen Aspekten. Die Linienfliegerei auf der kurzen Strecke wird selbst von ihren Anbietern vernachlässigt. Die eingesetzten Flugzeuge sind zu groß, zu schwer und zu laut. Kleine Maschinen mit dreißig bis fünfzig Sitzen in einer lärmreduzierenden aerodynamischen Konfiguration und mit Hochauftriebsfähigkeiten, die auch die Verwendung kürzerer Start- und Landebahnen ermöglichen, würden die Zahl der nutzbaren Flugplätze deutlich erhöhen. Es sind sogar neue Flugfelder in größerer Nähe zu den Innenstädten denkbar.
Luft ICEs für die deutsche Bahn!
Zumal gerade in dieser Flugzeugklasse der Einsatz alternativer Antriebssysteme und Treibstoffe technisch in Reichweite ist. Man stelle sich einen leisen, lokal emissionsfreien, elektrisch landenden und startenden Flieger vor, der erst in größerer Höhe die Turbinen anwirft und mit diesen auch seine Akkumulatoren wieder auflädt. Die Reise selbst erfolgt hochautomatisiert. Im Cockpit sitzt betriebskostensparend nur mehr ein Pilot, dessen wesentliche Tätigkeit in der Überwachung der Systeme besteht. Auch alle anderen vor- und nachgelagerten Prozesse, von der Reiseplanung über den Ticketkauf bis hin zur An- und Abreise an den Flughafen, der Gepäckabfertigung und der Sicherheitskontrolle könnten effizienter und effektiver gestaltet werden als heute. Wäre die Deutsche Bahn kein staatlich kontrollierter Konzern, würde sie solche Luft-ICEs wahrscheinlich selbst betreiben, in Ergänzung zu ihren überlasteten und fehleranfälligen Hochgeschwindigkeitszügen.
Gegenseitig ersetzen können sich Bahn und Luftverkehr nämlich nicht. Die Vielfalt an verfügbaren Verkehrsmitteln spiegelt vielmehr die Vielfalt der unterschiedlichen individuellen Mobilitätsbedürfnisse. Ein ICE bringt Reisende nur zu einem Hauptbahnhof einer größeren Stadt. Dies dürfte für die meisten auch weiterhin ein klug gesetztes Zwischenziel entlang ihrer persönlichen Reisekette sein. Von dort in die Fläche zu kommen, erweist sich allerdings häufig als überaus aufwendig. Die neuen Luftbusse würden gerade die Räume fernab der ICE-Verbindungen mit Hochgeschwindigkeit bedienen. Was eben auch für viele Menschen nützlich ist.
Infrastrukturgebundene, zentralisierte Verkehrssysteme haben zudem eine geringe Fehlertoleranz. Ausfälle wichtiger Knotenpunkte oder Verbindungen pflanzen sich automatisch fort und können im Extremfall weite Bereiche des Systems lahmlegen. Beim Automobilverkehr fällt das nicht so sehr ins Gewicht, gibt es doch fast immer genug Ausweichmöglichkeiten. Bei der Bahn aber ist das nicht der Fall. Züge haben keine „nächste Ausfahrt“, an der sie ihre Trasse verlassen könnten. Luftbusse bieten eine höhere Störungsresilienz, denn ihnen ist das Ausweichen zum nächstgelegenen Flugplatz möglich. Der in einem künftigen, enger geknüpften Netz häufig nicht allzu weit vom eigentlichen Ziel entfernt sein wird.
Beweglichkeit durch Verbote einschränken heißt Wohlstandverlust
Noch im 18. Jahrhundert waren fast alle Menschen fast immer Fußgänger. Ihnen standen, wenn überhaupt, lediglich Pferdekutschen und Segelschiffe zur Verfügung. Heute nutzen wir eine unüberschaubare Vielzahl an Verkehrsmitteln in einer jeweils auf unsere persönlichen Umstände zugeschnittenen, am konkreten Anlass orientierten Kombination. Fahrräder und Kraftfahrzeuge, Straßenbahnen, Regional- und Fernverkehrszüge, Fähren und Flugzeuge haben alle ihre Berechtigung, sonst gäbe es sie nicht. In einer zunehmend flexibilisierten Welt voller Kommunikationsoptionen werden die Mobilitätsbedarfe beruflich wie privat steigen. Angesichts dessen unsere Beweglichkeit durch Verbote einzuschränken, stellt nicht nur einen Freiheitsverlust dar, sondern vermindert auch Möglichkeiten der Wohlstandsmehrung.
Insbesondere dann, wenn der entstehende Raum für neue Mobilitätsoptionen, die die bereits vorhandenen sinnvoll ergänzen, nicht gefüllt werden kann. Mit Fahrzeugen für die Mikromobilität beispielsweise, die den Fußgänger beschleunigen, mit Lufttaxis für den Transport von Menschen und Gütern in Metropolen, mit Flugautos für den Individualverkehr in der Luft auf mittleren Strecken und eben auch mit Luftbussen im Linienverkehr, die das Reisen an viele Orte innerhalb Deutschlands wie auch seiner Nachbarländer einfacher, komfortabler und schneller gestalten als bislang möglich.
Sollte sich also die Politik hierzulande weiterhin als Innovationsbremse betätigen, könnten deutsche Unternehmen die Systeme und Prozesse für die Linienluftbusse trotzdem entwickeln und ins Ausland verkaufen. Eine modernisierte Variante der guten alten Dornier 328 entsteht jedenfalls schon bald wieder in Deutschland. Vor dem Hyperloop als Wettbewerber muss man dabei übrigens keine Angst haben. Auch dieser wird, da an eine kostentreibende Infrastruktur gefesselt, dem Luftverkehr so bald keine Passagiere abjagen. Sondern eher auf kurzen Strecken wichtige Knotenpunkte miteinander verbinden. Wer Container aus dem Hamburger Hafen zu einem einige Kilometer entfernten Umschlagspunkt außerhalb des Stadtzentrums transportiert, kann auch Menschen zwischen Luftbusflughafen und Hauptbahnhof befördern.
Sie finden, das wäre jetzt zu viel zu optimistische Fiktion? Vertrauen Sie einfach den Grünen. Die adelten schon 1988 den Transrapid als umweltschädlich und „verkehrspolitischen Unfug“. Womit klar sein sollte: Der Magnetschwebetechnik gehört die Zukunft ebenso wie dem Flugzeug. Und in Kombination sind beide einfach unschlagbar. Denn der Fortschritt ist immer dort, wo die Grünen nicht hinwollen.