Manfred Haferburg / 12.04.2024 / 11:00 / Foto: Pixabay / 23 / Seite ausdrucken

Erstochen wegen Biertrinkens in Bordeaux?

Ein junger Afghane sticht auf zwei Männer ein und tötet einen von ihnen. Der vermutliche Grund: Sie tranken Bier, und das zum Ende des Ramadan.

Es ist Mittwochabend, der 10. April 2024 gegen 19:00 Uhr, schönes Wetter an der Uferpromenade der Garonne in Bordeaux. Viele Leute nutzen das schöne Wetter und promenieren am Fluss. Einige Leute sitzen im Gras, ein Paar knabbert Aperohäppchen und trinkt dabei ein Gläschen Rosé. Ein orientalisch gekleideter junger Mann mit Turban beschimpft sie im Vorbeigehen, wohl weil sie am Ende des Ramadan Alkohol trinken, zum Glück verstehen sie seine Sprache nicht. Nicht weit davon sitzen zwei Obdachlose auf der Wiese und trinken Bier aus Dosen. Der eine ist um die Dreißig, der andere Mitte zwanzig. 

Der aggressive junge Mann hat sein Gesicht inzwischen mit seiner Kopfbekleidung verhüllt und beschimpft die Biertrinker auf Arabisch. Sie antworten auf Arabisch. Der Aggressor traktiert sie daraufhin mit Faustschlägen, und sie werfen ihre Bierdosen nach ihm. Plötzlich zückt der junge Mann ein großes Jagdmesser und sticht hemmungslos auf die beiden Obdachlosen ein. Der Ältere, ein Algerier, stirbt sofort an neun tödlichen Messerstichen, der andere wird mit drei Messerstichen aufs Schwerste verletzt.

Der Täter flüchtet in Richtung Brücke, wo er nach wenigen Minuten auf eine der bewaffneten Polizeistreifen trifft – in Frankreich seit den Attentaten am Bataclan bekannt als die sogenannten „Vigipiraten“. Diese martialisch uniformierten Zweimann-Streifen der Nationalpolizei sind ausgerüstet mit Pistolen, und einer davon trägt stets eine Langwaffe, eine Maschinenpistole. 

Gefunden in der Europäischen Flüchtlingsdatenbank

Der Messerstecher hat das blutige Messer noch in der Hand. Die Polizisten fordern ihn auf, das Messer wegzuwerfen. Er dreht sich zu ihnen um und läuft mit ausgestrecktem Arm, das Messer in der Hand auf die Polizisten zu. Drei Schüsse fallen. Der Messerstecher erliegt sieben Minuten nach seiner Tat den Schussverletzungen, die Sanitäter können ihn nicht wiederbeleben. 

Der Täter war der Staatsanwaltschaft nicht bekannt, er hat keine Papiere und kein Telefon bei sich. Er wird mit Hilfe der Europäischen Flüchtlingsdatenbank als 25-jähriger Afghane identifiziert. Die Tat wird offiziell bislang nicht als Terrorakt bewertet. Es wurden zwei Ermittlungsverfahren eröffnet. Eines wegen des tödlichen Messerangriffs und eines wegen der Selbstverteidigung der Polizisten. Die haben sich augenscheinlich korrekt verhalten. Es gibt mehrere Augenzeugen und auch Aufnahmen von Kameras. 

Die Diskussion um die Einordnung des gestrigen furchtbaren Ereignisses ist in Frankreich voll entbrannt, auch unter dem Gesichtspunkt der Zustimmung des Europäischen Parlamentes zu den verschärften EU-Asylregeln. Die eine Seite sieht sich bestätigt, und die andere Seite warnt vor Instrumentalisierung. So weit, so normal. Anders als in Deutschland jedoch, kommen beide Seiten in den Mediendebatten ausgewogen zu Wort. 

 

Manfred Haferburg wurde 1948 in Querfurt geboren. Er studierte an der TU Dresden Kernenergetik und machte eine Blitzkarriere im damalig größten AKW der DDR in Greifswald. Wegen des frechen Absingens von Biermannliedern sowie einiger unbedachter Äußerungen beim Karneval wurde er zum feindlich-negativen Element der DDR ernannt und verbrachte folgerichtig einige Zeit unter der Obhut der Stasi in Hohenschönhausen. Nach der Wende kümmerte er sich für eine internationale Organisation um die Sicherheitskultur von Atomkraftwerken weltweit und hat so viele AKWs von innen gesehen wie kaum ein anderer. Im KUUUK-Verlag veröffentlichte er seinen auf Tatsachen beruhenden Roman Wohn-Haft mit einem Vorwort von Wolf Biermann.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Christoph Schwiers / 12.04.2024

Ich denke, es wird kaum jemanden geben, der um den Täter trauert. Ehrlich gesagt empfinde ich Genugtuung. Europa sollte von diesen Messermännern befreit werden.

Helmut W. Hoffmann / 12.04.2024

@L. Luhmann: “Vielleicht wird die Entwicklung in etwa 10 Jahren dahin gelangen, dass dem Staat die Idee kommt, Waffen an Teile der Bevölkerung auszuhändigen…”- Zu spät, werter Herr Luhmann, die Waffen braucht die Bevölkerung j e t z t, nicht nur in Frankreich, auch in Deutschland !

Klaus Keller / 12.04.2024

An Anton Weigl - Wieso wollten die Sanitäter den wiederbeleben. - Es geht dabei auch immer auch um 2 Dinge: 1. Sie werden dafür bezahlt. 2. Das Leben als Übung.

Gerd Maar / 12.04.2024

In Frankreich:  Ein orientalisch gekleideter junger Mann mit Turban. In Deutschland: Einmann.

gerhard giesemann / 12.04.2024

In Frankreich säufst du Wein, une blonde ist zu etwas anderem da, d’accord?

janblank / 12.04.2024

Das sind sie streng, unsere “Neubürger”. Taten wie diese sind im Grunde nur die radikale, ungeschminkte und letzlich nur konsequente Ausformung dessen, was hier die verantwortliche Politik leugnet: Diese “Herren” von außerhalb mögen vielleicht unser Geld und unsere Autos. Aber mit uns und unseren Werten wollen sie nichts zu tun haben. Im Gegenteil: Wir sind kuffirs - Untermenschen-  die können weg.

finn waidjuk / 12.04.2024

“Gestern Abend schoß ich auf ein grobes Schwein, gestern Abend schoß ich auf `ne Sau. Gestern Abend traf ich den Keiler allein, gestern Abend zielt ich ganz genau. Halali.”  Wildsignal. Ist in Deutschland Bestandteil der Jagdausbildung, in Frankreich Teil der Ausbildung zum Polizisten.

L. Luhmann / 12.04.2024

@“Anton Weigl / 12.04.2024 Wieso wollten die Sanitäter den wiederbeleben.”—- Ich vermute, dass sie ihn einfach nur schnellstmöglich an Ort und Stelle leergepumpt haben ...

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