Chaim Noll / 01.02.2019 / 11:00 / Foto: Freud / 66 / Seite ausdrucken

Durfte Broder sich umarmen lassen?

Nie wieder! Dieser drohende Aufruf ist Grundgesetz deutscher Nachkriegspolitik. Es gilt um jeden Preis, die Muster gestrigen Scheiterns zu vermeiden. Und um gestrige Katastrophen zu vermeiden, begibt man sich in neue.

Dass nichts in der Geschichte sich genau so wiederholt, wie schon einmal geschehen, weiß jeder einigermaßen historisch gebildete Mensch. Ja, manche Völker zeigen gewisse Neigungen, die sie offenbar nicht überwinden können, es gibt Rückfälle, manches ähnelt Früherem. Dennoch: die deutsche Partei Alternative für Deutschland ist nicht die „neue NSDAP“. Trotz einiger dummer Äußerungen von führenden Mitgliedern droht keine Wiederholung der nazistischen Machtergreifung, auch kein neuer Holocaust in Europa. Es wird Zeit, zu Verstand zu kommen. Durchzuatmen, genau hinzusehen, mit klarem Blick. Zu sehen, welche Gefahren uns wirklich drohen. Und woher sie diesmal kommen.

Dass sich europäische Juden weitgehend widerstandslos in KZs deportieren lassen, wird es so nie wieder geben, auch wenn der Judenhass von rechts und links, von Muslimen, von Christen mit Replacement-Syndrom, von Jungen und Alten nach wie vor spürbar, selbst wenn er in Zunahme begriffen ist. Auch nicht, dass sie um Visa für ferne Länder betteln müssen, dass man die Schiffe versenkt, auf denen sie sich in Sicherheit bringen wollen. Die Juden haben heute einen Staat, in den sie jederzeit emigrieren können, einen Staat, der sich seit sieben Jahrzehnten gegen judenfeindliche Nachbarn behauptet und dabei immer stärker wird, dessen Luftwaffe den Mittleren Osten kontrolliert, dessen Wissenschaftler und Erfinder die Menschheit mit ihren Geistesblitzen erhellen, ob es der USB-Stick ist oder eine erfolgreiche Krebs-Therapie. Dieser Staat gibt allen Juden Rückhalt, wo immer sie leben.

Heute bedroht uns nicht die SS, sondern die Hamas

Bedroht sind Juden trotzdem, in ihrem Land und außerhalb. Die Gefahr droht heute weniger von „rechts-populistischen“ Parteien in Europa, als von islamistischen im Nahen Osten. Hamas und Hisbullah bedrohen jüdisches Leben real, nicht nur durch Erinnerung an eine böse Vergangenheit. Um es klar zu sagen: Heute bedroht uns nicht die SS, sondern die Hamas. Und ob jemand als Freund der Juden gilt, wird weniger daran gemessen, ob er unablässig schwört, die Wiederauferstehung der SS zu verhindern, sondern ob er die Stärkung der Hamas und der Hisbollah verhindert. Oder das Gegenteil tut. Und dabei unablässig schwört: Nie wieder!

Deutsche Politiker der herrschenden Parteien sind wie niemand sonst bemüht, das Mullah-Regime im Iran zu stärken, das Israels Liquidierung vorbereitet und die Vernichtung und Vertreibung der dort lebenden Juden. „Nie wieder!“, rufen sie, sitzen mit betroffenen Mienen in Feierstunden, haben ein Showbusiness von Gedenkstätten und Jüdischen Museen geschaffen, von Mahnmalen und früheren Folterkammern, an denen Foto-Ops gegeben werden. Die gleichen Politiker sorgen dafür, dass unablässig Gelder fließen an die Mullahs, an Terroristen im Nahen Osten, an Organisationen, die Israel boykottieren. Es ist eine Heuchelei, die sprachlos macht. Sie hat sich längst eingebürgert, ist „normal“ geworden wie damals, da das Leben in deutschen Städten „normal“ weiterging, als man die Juden deportierte.

Wenn es drauf ankam, den Juden beizustehen, in ihrem Land oder außerhalb, in Kriegen, die man Israel aufgezwungen hatte, oder bei Bedrohung in deutschen Städten, haben deutsche Politiker – von seltenen Ausnahmen abgesehen – grundsätzlich versagt. Die Partei Alternative für Deutschland war die einzige, die im Deutschen Bundestag einen Umzug der deutschen Botschaft nach Jerusalem forderte. Die Botschafts-Verlegung in eine Stadt, die de facto Israels Hauptstadt ist, wäre eine Selbstverständlichkeit. Alle anderen Parteien haben finstere Gründe, dagegen zu sein.

Sie sind nicht unsere Freunde, sie verraten uns

Nie wieder? Man tut es längst wieder, auf andere Weise. Für Juden, ob in Deutschland oder Israel, gibt es keinen Grund, diesen Politikern entgegenzukommen. Sie sind nicht unsere Freunde, sie verraten uns bei jeder Gelegenheit. Es gibt keinen Grund, ihre Ratschläge zu befolgen oder sich von ihnen instrumentalisieren zu lassen. Sie mögen die Alternative für Deutschland als Teufel an die Wand malen, für uns ist das kein Grund, es nicht mit einem Gespräch zu versuchen. Israel-feindlicher als die anderen deutschen Parteien kann die AfD kaum sein.

Deshalb: Ja, Henryk Broder hatte das Recht, zur Bundestagsfraktion einer demokratisch gewählten Partei zu sprechen. Er durfte sich dort auch von einer Politikerin spontan umarmen lassen, denn auch die Freiheit der Umarmung muss garantiert sein.

Man weise mir nach, dass Alice Weidel etwas zur Unterstützung der Hamas getan hat, und ich werde meine Meinung ändern.

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Gottfried Solwig / 01.02.2019

Sehr traurig die Entwicklungen der letzten 20 Jahren, von denen leider auch die Juden wieder betroffen sind.Im heutigen Rumänien ist es genau die Organisation der Juden, die sich mit der deutschen Minderheit solidarisiert.Dort hat die rumänische Regierung vor 1 Monat die Organisation der deutschen Minderheit wegen ihrer deutschenHerkunft als Nachfolgeorganisation der Nazis beschimpft. Das alles ist den Tagesthemen keine Nachricht wert. Auch hier erfolgt der Druck nur aus der AfD wo es bereits einen Verband der Vertriebenen, Aussiedler und deutsche Minderheiten gibt, da der Bund der Vertrieben seit 20 Jahren nur noch eine Scheinorganisation geworden ist, die einzig dazu dient Aussiedler, als Wähler der Union bei Laune zu halten.

Jürgen K. Hultenreich / 01.02.2019

Lieber Chaim Noll. Ich freue mich, in Ihren Beiträgen immer wieder den Kämpfer zu entdecken, als den ich Sie einst bei einer gemeinsamen Lesung kennenlernen durfte.

Herbert Dietl / 01.02.2019

Herr Noll, ich habe einen Freund, der betreibt ein kleines Hotel in Bulgarien am Rande des Balkan Gebirges. Letztens, bei einem Besuch erzählte er mir von einer israelischen Gastfamilie, Vater, Mutter, Kind. Der Kleine fragte besorgt gleich bei seiner Ankunft, ob dieses Haus auch einen Keller   besitze. Mein Freund verstand zuerst die Frage nicht, dann wurde ihm klar - was der Grund dieser Frage war. Er war zuerst belustigt über die Frage, doch dann begriff er,  wovor der Kleine Angst hatte, noch 2000 km von zu Hause entfernt.

Dr. Günter Crecelius / 01.02.2019

Nach meiner Meinung zeigt nichts die Einstellung unserer ‘Volksvertreter’ zu dem gesamten Themenbereich Juden, wenigsten der getöteten, besser als die Handhabung der Gedenkstunde an die Befreiung Auschwitz’. Da der Gedenktag auf einen Sonntag fiel, wurde die Gedenkveranstaltung auf einen folgenden Werktag verlegt. So sehr lag den quasi beamteten Moralisten das Gedenken am Herzen. Für 16000€ (plus 22000 für Mitarbeiter) im Monat wollten die Herrschaften nicht auf einen freien Sonntag verzichten. Für mich gibt es dazu nur ein ‘pfui Teufel’.

Thomas Holzer, Österreich / 01.02.2019

Chapeau, so ist es! Man “bedenke” auch, daß es in Österreich und Deutschland anscheinend polizeilich (ergo politisch= unerwünscht ist, in der Öffentlichkeit eine Israelische Fahne zu zeigen (siehe Artikel in der Jüdischen Allgemeinen und ein Fall vergangenes Jahr in Wien) Alleine das auch von Deutschlands Politikern forcierte Umgehungskonstrukt, um weiterhin ungestört dem Handel zwischen EU und Iran frönen zu können, zeigt, wes Geistes Kind all diese Gedenkenträger und “Nie wieder” Rufer sind.

Viktor Wallenstein / 01.02.2019

Im Bezug auf ihre Fragestellung wäre es sicher angemessener über die Frage zu diskutieren, “Wie blöd ist Deutschland?” und/oder “Ist dieser Status der Verblödung noch zu übertreffen?”. Broder wird als Teil des Mainstreams betrachtet, Persönlichkeit mit Reichweite, also hat er sich gefälligst der Sekte der Verächtlichmachung der AfD anzuschließen oder wird selbst Teil der Verachtung. Deutschland ist ein Irrenhaus und offensichtlich auch nicht mehr an Genesung interessiert.

Uta-Marie Assmann / 01.02.2019

Ganz hervorragend - man kann jede Aussage unterschreiben ! Ausgerechnet Deutschland tut sich besonders hervor, das Regime in Iran zu stützen - wohl wissend, was dessen unverhohlene Intention ist. Aber wer von einem dt. Außenminister unterstützt wird, der wegen Auschwitz in die Politik ging, und von einer Kanzlerin, die bei jeder Gelegenheit (verbal !) die Existenz Israels zur Staatsraison erhebt, der ist ja sicherheitspolitisch aus dem Schneider!! Aussage eine führenden israelischen Ex-Militärs: “So wie es in der Bundeswehr aussieht, müssen eher WIR in einem Konfliktfall Deutschland militärisch zu Hilfe eilen als umgekehrt.”

Patrick Kaufhold / 01.02.2019

Vielen Dank, dass Sie die Verlogenheit der etablierten Parteien so klar ansprechen!

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