Drogen-Bello und die Corona-Statistik

Churchill wird das Bonmot zugeschrieben: „Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast!“ Wer auch immer das gesagt hat, es ist bestimmt ein kluger Ratschlag und er ist aktueller denn je. Seit Monaten werden wir ja mit alarmierenden Statistiken in Sachen Corona konfrontiert. Wie glaubhaft sind die? Dazu ein Fallbeispiel aus einem anderen Metier.

Darf man sagen, dass es eine Rasse gibt, deren Angehörige hinsichtlich Anmut und Intelligenz dem Rest der Spezies überlegen sind? Wenn es so offensichtlich ist wie in diesem Fall, dann muss das erlaubt sein. Die Rede ist vom Beagle, dem sympathischen Vierbeiner mit den Schlappohren.

Man trifft ihn ja nicht nur beim Spaziergang im Park, sondern auch an Flughäfen, wo er in wichtiger Mission unterwegs ist: im Kampf gegen Drogen. Oft trägt er dann eine Uniformjacke, die deutlich macht, dass es sich hier nicht um einen streunenden Straßenhund handelt, sondern um eine Amtsperson.

Sein Job ist es, ankommende Gepäckstücke auf verbotene Substanzen zu überprüfen und seinen Befund dann einem Assistenten zu diktieren, den er an der Leine mit sich führt. Dabei ist er äußerst treffsicher, aber unfehlbar ist auch er nicht. Es kann vorkommen, dass er einen harmlosen Kinderrucksack massiv anbellt, eine Sporttasche voller Hasch aber "übersieht".

Nicht unfehlbar

Den ersten Typ Fehler nennen wir „falsch positiv = FP", also wenn ein sauberes Gepäckstück fälschlich als Drogenkoffer identifiziert wird. Der andere Fehler ist „falsch negativ = FN", d.h., wenn er Gepäck mit Drogen als sauber durchwinkt.

Während seiner Ausbildung konnte unser Beagle – nennen wir ihn Bello – seine Fehlerquote drastisch reduzieren. Trotzdem passieren im Arbeitsalltag noch Patzer, und zwar durchschnittlich 20 Prozent vom Typ FN und 5 Prozent vom Typ FP. Welche Folgen hat das?

Nehmen wir an, die Zollbehörden wollen heute einfach mal Überblick über die statistische Häufigkeit von Drogenschmuggel gewinnen. Man will niemanden verhaften, aber eine Idee bekommen, wie ernst das Problem ist. Dazu lässt man Bello eine Ladung von 200 Koffern aus Gran Canaria untersuchen. Das Resultat: 15-mal schlägt er Alarm!

Was bedeutet das nun? Seine FN Quote ist ja 20%. Hat er bei 200 Koffern also 40 übersehen, die positiv sind? Und die 5% FP – hat er da 10 mal falsch gebellt, bei völlig harmlosen Taschen? Das muss man doch wissen, um eine seriöse Statistik aufstellen zu können.

Nichts einfacher als eine falsche Statistik

Bello hat bei den 200 Koffern also 15-mal gebellt. Ich habe für Sie ausgerechnet, was das bedeutet: Es sind vermutlich 6 Koffer mit Drogen dabei.

Mit seinen 20 Prozent FN hat er von den 6 Drogenkoffern einen übersehen; fünfmal aber hat er richtig gebellt. Und bei den verbleibenden 194 sauberen Koffern hat er versehentlich 10 mal gebellt, wegen seiner 5 Prozent FP.

Fünfmal richtig gebellt plus zehnmal falsch positiv gebellt, ergibt insgesamt die erwähnten 15.

Das Ergebnis 6 ist aber dennoch äußerst unsicher, es ist keineswegs in Stein gemeißelt, es ist nur der wahrscheinlichste Wert. Auch 3 oder 10 wären durchaus möglich, wenn auch weniger wahrscheinlich als die 6.

Das ist natürlich furchtbar ungenau, und Sie fordern vielleicht, Bello solle in Rente gehen, wenn seine Nase nichts taugt. Aber Halt! Ihr Urteil ist nur gerechtfertigt, wenn wir Bello für statistische Untersuchungen einsetzen. Für Einzelfälle ist sein Dienst Gold wert. Da würden jetzt nämlich die Besitzer der fünf positiven Koffer, die Bello richtig identifiziert hat, plus diejenigen der zehn sauberen Koffer, bei denen Bello sich irrte, zum Zoll gerufen, wo man deren Gepäck dann intensiver untersucht.

Die zehn sauberen Passagiere könnten ihre Reise nun unbehelligt fortsetzen, die fünf Ganoven aber würden die nächsten Tage und Nächte recht ungemütlich verbringen. Ja, und einer von ihnen, der wäre den Zöllnern durch die Lappen gegangen.

Für individuelle Untersuchungen also taugt Bello durchaus, nicht aber für statistische Aussagen. Die wären nur möglich, wenn der Prozentsatz der falsch positiven Befunde wesentlich kleiner wäre als der Prozentsatz der Drogendealer unter den Passagieren. Das aber ist nicht der Fall.

Es könnte nun sein, dass die Zöllner die Drogensituation dramatisieren wollen, um mehr Geld von der Regierung zu bekommen. Dazu lassen sie durch Bello und seine Kollegen von Tag zu Tag mehr Koffer untersuchen, um dann alarmierende Botschaften zu verbreiten: „Trauriger Rekord: Drogenhunde identifizieren über tausend Gepäckstücke mit Rauschgift an einem Tag.“

Irrtum im Reagenzglas

Mit der Geschichte von Bello versuche ich, Klarheit zur Interpretation der allgegenwärtigen Pandemie-Statistiken beizutragen, und zwar zu den rechnerisch-logischen Aspekten, nicht zu den klinischen.

Bei Corona gibt es ja ebenfalls das Problem der FP- und FN-Tests, welche die Untersuchungen verfälschen. Um das harmlos und unpolitisch darzustellen, habe ich die Problematik an einen anderen Schauplatz verlegt – die Mathematik bleibt die gleiche und lässt sich ohne medizinisches Fachwissen auf die Corona-Welt übertragen. Wenn uns mitgeteilt wird, dass wieder Tausende positiv getestet wurden, dann darf diese Zahl nicht in die Welt gesetzt werden, ohne im gleichen Atemzug die Gesamtzahl der Tests zu nennen und die vermutete FP Quote. Alles andere wäre Irreführung.

Gott sei Dank

Für den Einzelfall aber macht auch bei Corona ein unsicherer Test durchaus Sinn. Der falsch positive „Patient“ wird dann eben zum Arzt gehen und von diesem, nach eingehender Untersuchung, als gesund nach Hause geschickt. Der echt Positive wird vom Arzt entsprechend versorgt oder ins Krankenhaus überwiesen. Ja, und der falsch Negative wird ein paar Tage später auch zum Arzt gehen, wenn ihn die Symptome dahin treiben.

Eine statistische Aussage, oder gar ein Testen der gesamten Bevölkerung wäre jedoch nur sinnvoll, wenn der Prozentsatz der Infizierten deutlich über dem Prozentsatz der falsch positiven Tests läge. Und das ist nicht der Fall – Gott sei Dank.

Hier aber eine einfache Statistik, auf die man sich verlassen kann: die durchschnittliche Lebensdauer eines Menschen in unseren Breiten beträgt rund 80 Jahre, und das sind rund 1.000 Monate. Das ist eine gute Nachricht. Daraus folgt, dass jeden Monat durchschnittlich ein Tausendstel der Bevölkerung stirbt. Das ist die schlechte Nachricht.

Seit Anfang März, also seit rund 7,5 Monaten, sind in Deutschland demnach statistisch rund

7,5 x 83.000.000 / 1000 = 622.500 Personen verstorben.

Gemäß Wikipedia sind im gleichen Zeitraum 9.599 Menschen an Corona gestorben, rund ein Sechzigstel der oben erwähnten Zahl. Es war also über sechzigmal so wahrscheinlich, an etwas anderem zu sterben als an Corona.

Aktuell ist die Gefahr, durch Corona das Leben zu verlieren, noch niedriger, denn die meisten Corona-Toten waren im April und Mai zu beklagen. Wenn Sie gestern im Supermarkt also gerade mal Ihre Maske vergessen hatten, dann muss das nicht Ihr letzter Einkauf gewesen sein, zumindest nicht aus gesundheitlichen Gründen.

Dieser Artikel erschien zuerst im Blog des Autors Think-Again. Sein Bestseller „Grün und Dumm“ ist bei Amazon erhältlich.

Foto: Harland Quarrington/MOD OGL via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Boris Kotchoubey / 13.10.2020

Manchmal denke ich, dieses Land hätte die Hälfte seiner Probleme erledigt, wenn Menschen im Fach Mathe nicht gepennt hätten und mindestens Grundrechnen beherrschen würden. Besonders katastrophal ist die mathematisch-statistische Ausbildung bei den Halbgöttern im Weiß. Ich habe 25 Jahre parallel mit Medizin- und Psychologiestudenten gearbeitet, und der Unterschied in Bezug auf Rechenkunst ist gewaltig. Deshalb, wenn ein Virologe über Epidemiologie redet, sollte man die Ohren zumachen. Das sind zwei Fachbereiche, die voneinander so weit entfernt sind, wie etwa die Kynologie vom Kinotheater. Dies erklärt (teilweise) das Phänomen Drosten.

Sabine Lotus / 13.10.2020

@RMPetersen, vielen Dank für’s Blümchen. Gut zu wissen, daß der Quatsch seinen Zweck erfüllt. Ich habe ja immer noch das langfristige Ziel: “Laßt Brian frei.”

Sebastian Laubinger / 13.10.2020

@ J Flint Die Bundeswehr? Meinen Sie diese von UvdL und der neuesten Komikerin entmannte Truppe, gegendert bis zum Umfallen? Wen soll die schützen, und vor was? Vor allem: mit welchem Gerät denn bitte? Das ist doch die ideale Friedenstruppe! Ansonsten: Aufgrund meiner Arbeit muss ich den ganzen Tag Maske tragen (ich arbeite mit Kindern auf einer amerikanischen Einrichtung), aufgrund einer Dienstanweisung. Ich komme nach Hause und bin so fertig, dass ich ein Nickerchen machen MUSS. Geht nicht anders. War vor der Maskenpflicht anders, da war ich irgendwie frischer. Kann natürlich Einbildung sein. Mich nervt, dass diese Sau noch eine lange Zeit durchs Dorf getrieben und systematisch dazu benutzt werden wird, einen (weiteren) Keil in unsere Gesellschaft zu treiben.

Torsten Hopp / 13.10.2020

Es ist die x-te logische Erklärung für kompletten Schwachsinn. Und jeder weiß einen schlauen Kommentar. Am Samstag waren in Erfurt ca. 100-150 Menschen zur Demo. Lächerlich.

Dr. Martin Treiber / 13.10.2020

Ich denke, den meisten Achgut-Lesern ist die Sache mit den FP-Fehlern nun hinreichend geläufig. Was mir aber bisher keiner beantworten konnte: Wie hoch ist denn dieser FP-Fehler bei den gängigen Tests? Genauso wichtig: Werden Test-Positive, ebenso wie die verdächtigen Taschen am Flughafen, weitergehend untersucht, gleich in Quarantäne geschickt, mit einem anderen Test gegengecheckt oder von jedem etwas? Daraus ergibt sich ein, ich möchte es mal Testprotokoll-FP-Fehler beta nennen, der für die offizielle Statistik und weiterer Auswertungen, beispielsweise auf meiner Corona-Simulationsseite, relevant ist. In jedem Fall ist dieser Fehler beta kleiner oder gleich dem FP-Fehler des isolierten Tests und auch kleiner als 1%, denn im Sommer gab es über mehrere Monate Positivanteile unter 1%. Der Hund hätte also von 100 Taschen im Mittel weniger als eine angebellt und damit wäre bei beta=1% der wahrscheiclichste Anteil an echt Infizierten gleich null - falls keine A-Priori- Information vorliegt, was Sie aber der Einfachheit halber in Ihrer Rechnung unterschlagen haben.

Lutz Herzer / 13.10.2020

Nun kann man den Beagle leider nicht fragen, welches die Gründe sind, wenn er mal falsch-positiv bellt. Bestimmt kann er auch Gepäckstücke von Katzenhaltern erschnüffeln. Und vielleicht hegt er dann die Hoffnung, sie hinter Gitter zu bringen.

Wolfgang Kaufmann / 13.10.2020

Eine falsch-ängstliche Gruppe von „Rechtgläubigen“ leistet sich den Luxus, über eine richtig-positiv gestimmte Gruppe von „Sündern“ bestimmen zu wollen, koste es diese, was es wolle, Lebensfreude, seelische Gesundheit, egal. Puritanische Hygienefetischisten wollen uns einreden, ohne die Wollust der Sünder hätten wir einen staatlich garantierten Anspruch auf Unsterblichkeit. – Aber vor tausend Jahren glaubten auch alle mit Ausnahme von ein paar Höllenleugnern, ohne die inständigen Gebete der Priester wäre die Welt längst untergegangen. Man hatte ja sonst nichts; nicht mal Logik. Willkommen im Mittelalter. Fehlt nicht viel, dann werden Ketzer wieder verbrannt.

Rolf Lindner / 13.10.2020

Ins Groteske verschiebt sich die ganze Coronatesterei und -rechnerei, wenn man davon ausgeht, dass x-mal mehr symptomlose Infizierte herumlaufen als positiv Getestete. Über Männlein und Weiblein gemittelt soll die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland 81 Jahre und das durchschnittlich erreichte Alter an oder mit Corona Verstorbener 82 Jahre sein. Das heißt auf den ersten Blick, dass eine Coronerkrankung zu einer Lebensverlängerung von einem Jahr führt. So geht Statistik

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