Die unglaubliche Geschichte der Boeing-Max–Katastrophe

Wenn der Direktor eines Unternehmens mit 100 Milliarden Umsatz seinen Job verliert, dann schlägt das Wellen, auch über die Branche hinaus. Der CEO von Boeing, Dennis Muilenburg, hat das von der Boeing 737 Max verursachte Desaster letztlich selbst nicht überlebt. Er musste einen Tag vor Weihnachten seinen Platz räumen. Lassen Sie uns die Hintergründe der menschlichen, technologischen und wirtschaftlichen Tragödie um dieses Flugzeug beleuchten.

Die Max ist ein Verkehrsflugzeug mit 200 Sitzen und 6.000 Kilometern Reichweite, das ab März 2017 von Airlines eingesetzt wurde. Einige hundert Maschinen dieses Typs waren im Verkehr, als am 13. März 2019 Flugverbot erteilt wurde, nachdem bei zwei fürchterlichen Crashs fast 400 Menschen ums Leben gekommen waren. Da beide Abstürze ähnlich abliefen, lag es nahe, die Ursache beim Flugzeug zu suchen. Weil aber die betroffenen Airlines in Schwellenländern angesiedelt sind – Indonesien und Äthiopien – wurden auch Stimmen laut, Mängel bei Wartung oder Ausbildung könnten eine Rolle gespielt haben. Immerhin, der Flugzeugtyp war ja im Rest der Welt zwei Jahre lang unfallfrei unterwegs gewesen; 500.000 Flüge waren problemlos verlaufen. Was war geschehen?

Ein Vergleich soll das erläutern. Nehmen wir an, Ihr Auto wäre ein sehr bewährtes Modell, seit Jahren mit nur kleinen Änderungen immer wieder neu aufgelegt. Die letzte Neuheit ist ein umweltfreundlicher, aber stärkerer Motor, maßgeschneidert nach den Wünschen von Fahrer und Gesetzgeber. Der neue Antrieb bringt es jedoch mit sich, dass das Fahrzeug beim Beschleunigen nach rechts tendiert. Das ist nicht akzeptabel, aber Zeit für ein Re-Design von Fahrgestell und Antrieb fehlt. So sucht man in der relativ neuen Kiste mit der Aufschrift „Künstliche Intelligenz“ nach einer Lösung, und findet auch eine.

„Kein Problem Alter, war gestern im Fitnessstudio"

Und die funktioniert so: Das Auto hat einen zentralen Computer, dem Daten wie Geschwindigkeit, Temperatur oder Beschleunigung durch Sensoren gemeldet werden und der dann passende Reaktionen auslöst. In der beschriebenen Situation würde folgende Kommunikation zwischen den Komponenten des Systems ablaufen:

Sensor des Gaspedals (SEN) an Computer (COM): „Hey Mann, schläfst du noch?“

COM an SEN: „Was hast du denn, läuft doch alles wie am Schnürchen!“

SEN an COM: „Sieht so aus, als sitzt die junge Dame am Steuer – hab gerade einen mörderischen Tritt aufs Gaspedal registriert.“

COM an SEN: „Ich kümmer’ mich drum.“

COM an Servolenkung (SER): „Hallo Junge, Arbeit für dich. Gaspedal wurde gerade zum Anschlag getreten, mach dich auf ’ne ordentliche Beschleunigung nach rechts gefasst. Du musst nach links gegenlenken, was das Zeug hält!“

SER an COM: „Kein Problem, Alter, war gestern im Fitnessstudio, Muskeln sind in Topform.“

COM an SER: „OK; ich geb‘ dir dann Bescheid, wenn du loslassen kannst.“

Diese Gespräche laufen natürlich in Millisekunden ab. Sofort greift SER in die Lenkung ein, das Fahrzeug rollt trotz Beschleunigung und starker rechter Tendenz wunderbar geradeaus, und die Fahrerin bekommt von all dem nichts mit, sie telefoniert gerade mit ihrer besten Freundin.

Nun stellen Sie sich vor, der Sensor hat einen schlechten Tag. Ohne dass jemand aufs Gaspedal tritt, gibt er beim Computer Alarm. Alles läuft ab wie zuvor, wieder steuert die Servolenkung voll nach links. Die Fahrerin bekommt einen mörderischen Schreck, lässt ihr Telefon fallen und lenkt geistesgegenwärtig mit aller Kraft dagegen. Gut, dass sie so schnell reagiert hat, sie hätte gegen einen Baum fahren können.

Es ist nicht schön und sehr gefährlich, wenn uns jemand so mutwillig in die Lenkung greift. 

Attitude – Überleben mit der richtigen Haltung

Ein Auto kann so langsam fahren wie es will – oder wie es muss. Beim Flugzeug ist das anders: Es braucht immer eine minimale Geschwindigkeit, um zu fliegen. Wird es langsamer, dann hört es auf, ein Flugzeug zu sein und hat dann hoffentlich gerade die Landebahn unter den Rädern. 

Aber Speed ist nicht das Einzige, was den Flieger in der Luft hält, der Pilot muss die Nase (des Flugzeugs) in einem bestimmten Winkel zur Horizontalen halten, er muss dem Flugzeug die richtige „Attitude“ geben. Zu tief führt zum Sturzflug, zu hoch führt dazu, dass die Luft nicht mehr so wie gewollt um die Flügel strömt und damit ihre tragende Wirkung verliert. Diese Situation heißt „Stall“ (reimt sich auf „Mall“ wie in „Shopping Mall“), und jedem Flugschüler wird, bevor er das erste Mal seine Cessna anfassen darf, eingebläut, dass er so etwas vermeiden muss wie der Teufel das Weihwasser.

Dass dieses Thema mehr ist als eine rhetorische Warnung für neue Piloten, das zeigte sich auf tragische Weise im Juni 2009. Ein Airbus 330 der Air France geriet auf seinem Flug von Rio nach Paris in einen Stall, und die Piloten waren nicht in der Lage, die Nase des Fliegers nach unten zu drücken. So fiel die Maschine minutenlang aus über zehn Kilometern Höhe in den Atlantik, und alle an Bord kamen ums Leben.

Bei der Entwicklung der Boeing Max schenkte man der Verhinderung von Stalls besondere Aufmerksamkeit, und das aus gutem Grund. Die Max gehört zur Spezies der Boeing 737, die vor mehr als einem halben Jahrhundert entwickelt wurde, als man noch mit Zeichenbrettern und Rechenschiebern arbeitete. Das Design war ein genialer Wurf, es war nicht zu verbessern und mehr als 10.000 Exemplare wurden bis heute gebaut. Was in der Zeit aber durchaus weiterentwickelt wurde, waren Elektronik und Triebwerke. Es gab jetzt Turbofans, die weniger Sprit verbrauchten und leiser waren.

So gab man der 737 neue Triebwerke und nannte sie Max. Die Airlines rissen Boeing die neue Maschine mit dem extrem niedrigen Verbrauch und der vergrößerten Reichweite aus der Hand. Die Sache hatte aber einen Haken: Die neuen Turbofan-Motoren hatten einen größeren Durchmesser und passten nicht mehr unter die Tragflächen der 737. Schon die alten, schlankeren Triebwerke hingen verdammt knapp über dem Boden; für die neuen musste man sich etwas einfallen lassen. Und dem Vogel längere Beine geben, das hätte fast bedeutet, ein ganz neues Flugzeug zu bauen.

So konstruierte man Halterungen, dank derer die Triebwerke jetzt weiter vor die Tragfläche und höher positioniert wurden. Das hatte aber Folgen für die Aerodynamik. Das Flugzeug war ja jetzt mit voluminöseren Triebwerken unterwegs, sozusagen mit Körbchengröße C und nicht mehr mit A, so wie früher. Die Angriffsfläche für den Fahrtwind wurde deutlich größer und nach vorne verschoben. Auch der Kraftvektor der Motoren hatte sich geändert. Das hatte zur Folge, dass insbesondere im Steigflug die Nase des Fliegers stark nach oben gedrückt wurde. Dem aufmerksamen Leser kommt jetzt sofort das Thema Stall in den Sinn, aber auch die Ingenieure von Boeing dachten daran.

Software statt Aerodynamik

Ein Pilot, der von der alten 737 auf die neue Max umsteigt, könnte beim Start sein blaues Wunder erleben. Um etwas Derartiges zu vermeiden, müssen Piloten prinzipiell auf jeden Typ neu eingeschult werden und ein entsprechendes „Type Rating“ erwerben. Genau das aber wollten die Airlines vermeiden, denn das kostet Geld und hält die Piloten wochenlang von der Arbeit ab. Boeing musste eine Max liefern „die sich genauso flog wie die klassische 737“, so dass kein extra Type Rating nötig wäre. Und man griff auch hier in die Kiste mit der Aufschrift „Künstliche Intelligenz“.

Man installierte eine Software im zentralen Computer, welche dafür sorgt, dass die Nase des Fliegers nach unten gedrückt wird, sobald der Anstellwinkel über eine kritische Höhe ansteigt. Diese Software, genannt MCAS (Maneuvering Characteristics Augmentation System), sorgt dafür, dass das Steuer nach vorne gedrückt und die Trimmung auf „Nase runter“ gestellt wird. Das Signal für diese Aktion erhält der Computer von einem Sensor, der kontinuierlich den Anstellwinkel misst. Das ist so eine Art verchromtes Windfähnchen, das außen am Flugzeug angebracht ist, etwa auf Höhe der Füße der Piloten.

Wenn also beim Start die Nase droht, zu hoch zu gehen, dann kommt es zu einem Dialog zwischen Computer, Sensor und Autopiloten, ähnlich wie im Beispiel mit dem Auto, und der Pilot im Cockpit sagt zum Co: „Die fliegt ja genauso wie die Alte, probier du mal.“ So geschah es in tausenden von Fällen in hunderten von Maxen im Verlauf zweier Jahre dank der installierten MCAS-Software.

Anders jedoch lief es in den beiden erwähnten fatalen Flügen ab. So wie beim geschilderten hypothetischen Störfall im Auto gab der Sensor (tatsächlich einer der beiden Sensoren) kurz nach dem Start in geringer Höhe falsches Signal. Der Computer verstand „Nase ist zu hoch“ und gab den Befehl zum Gegensteuern, obwohl das Flugzeug richtig flog. Die Piloten erkannten natürlich sofort, dass die Maschine in einen bedrohlichen Sinkflug gedrückt wurde, und kämpften dagegen an. Aber ein ums andere Mal griff der Computer ein, bis die Maschinen dann am Boden beziehungsweise im Meer zerschellten. Was für ein schreckliches Ende für die Crew und die Passagiere. Ein defektes Windfähnchen am Flugzeugrumpf fällte das Urteil über hunderte von Menschenleben.

Macht eure Hausaufgaben

Ein Flugzeug fliegt nicht dank Software, sondern dank Luftströmung um die Tragflächen. Schwächen in der Aerodynamik können nicht durch Computer-Tricks korrigiert werden. Das ist Pfusch, und ich bin sicher, dass die Boeing-Ingenieure das wesentlich besser wissen als ich. (Es gibt Fighter, die aerodynamisch instabil sind und nur dank Computer in der Luft bleiben. Aber das ist eine andere Sache, das ist Absicht).

Aber Airbus hatte mit seiner A320neo Boeing gewaltig unter Druck gesetzt. Boeing hatte verschlafen, rechtzeitig mit der Entwicklung eines Nachfolgers der 737 zu beginnen. So hat man dieses alte Design dann bis zum letzten Tropfen ausgequetscht. Man hat ihm längere Flügel verpasst und Winglets, hat den Rumpf wieder und wieder verlängert und schließlich die beschriebenen Triebwerke installiert.

Schon die Verlängerung des Rumpfes aber hatte das „Ende der Fahnenstange“ klar angezeigt, denn es kam jetzt vermehrt zu „Tailstrikes“. Der lange Rumpf und die kurzen Beine passten nicht zusammen und so schrammte bei der „Rotation“ das Heck am Boden, also dann, wenn das Flugzeug – mit dem Gewicht noch auf den Rädern – die Nase zum Abheben etwas zu hoch nahm. Und auch das sollte durch Software korrigiert werden.

Dass Boeing kein ganz gutes Gewissen hatte, erkennt man auch daran, dass die Piloten der Airlines nicht über die Existenz von MCAS informiert wurden. Nun gibt es jede Menge anderer Software im Flieger, über die der Pilot nichts weiß und auch gar nichts wissen will. Die soll ihre Arbeit im Hintergrund erledigen und das Cockpit in Ruhe lassen. Immer mehr Aufgaben wurden im Lauf der Zeit an Computer delegiert, und die statistisch hohe Sicherheit der Airliner zeigt, dass das so auch gut ist. Aber MCAS war des Guten zu viel. Das letzte, was man dem Piloten aus der Hand nehmen darf, ist seine Autorität über das Höhenruder, wenn der Flieger nur ein paar Meter über dem Boden ist.

Es heißt, dass ein Crash selten ein singuläres Ereignis ist, sondern meist das Resultat einer Kettenreaktion vorheriger Fehlentscheidungen. Diese können nur Minuten zurückliegen oder aber auch Jahre. Letzteres war der Fall bei der Max. Der primäre Fehler war die Missachtung der goldenen Eishockey-Regel: „Skate to where the puck is going, not where it has been – Fahr da hin, wohin die Scheibe läuft, nicht wo sie gewesen ist.“ Die Scheibe lief hin zu den sparsameren Turbofan-Triebwerken, die das Flugzeug nicht nur durch Rückstoß anschieben, sondern durch große Mengen an Luft, die von einem „Ventilator (Fan)“ nach hinten gepustet wird. So ein Ventilator aber hat einen großen Durchmesser, und dafür muss Platz sein.

Beim Jumbo, bei der 777 und dem Dreamliner war der nötige Platz unter der Tragfläche vorhanden, nicht aber bei der 737. Die aber ist Boeings einziger Kandidat für die Kurz- und Mittelstrecke, dem profitabelsten Geschäftsfeld in der Fliegerei! Man hatte verschlafen, war jetzt in die Ecke gedrängt, hat in die Trickkiste gefasst und auch mal die Fünf gerade sein lassen.

Bleibt noch eine andere Frage zu beantworten: Könnte es auch ein Pilotenfehler gewesen sein? Es gab Kommentare, die Piloten hätten die „Trim Cutout Switches“ nicht betätigt, also die Schalter, mit denen man dem unheilvollen Mechanismus einfach den Strom gekappt hätte. Hatten vielleicht auch Lion Air und Ethiopian ihre Hausaufgaben nicht gemacht? Eine halbe Million problemloser Flüge der Max im Rest der Welt sind immerhin ein starkes Argument. Allerdings ist dieses Thema eine heikle Angelegenheit. Wenn aus den USA mit dem Finger auf Unzulänglichkeiten in der dritten Welt gezeigt wird, dann riecht das nach „White Supremacy“. Daher wurde dieses Thema nie laut diskutiert.

Wie geht es jetzt weiter? Die Entlassung von Dennis Muilenburg war ein Paukenschlag, hat aber kein Problem gelöst. Hunderte von Max stehen derzeit herum, einige nagelneu, andere schon mit Flugerfahrung, und warten auf grünes Licht. Das müsste von der FAA (Federal Aviation Administration) kommen, die bei der ganzen Misere nicht unschuldig ist. Sie hatte beim Zertifizierungsprozess der Max zu viel Verantwortung an Boeing übertragen und lässt nun, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist, extreme Vorsicht walten.

Mein Tipp an FAA und Boeing: Schmeißt das ganze MCAS raus und verlangt für die Max ein Type Certificate von den Piloten. Das wäre eine saubere Lösung.

 

Hans Hofmann-Reinecke lebt in Kapstadt. Er studierte Physik in München und arbeitete danach 15 Jahre in kernphysikalischer Forschung. Er ist selbst Pilot. In den 1980er Jahren war er für die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien als Safeguards Inspektor tätig. Später war er als freier Berater für das Management industrieller technisch-wissenschaftlicher Projekte tätig. Dieser Beitrag erscheint auch auf seinem Blog www.think-again.org.

Foto: Pixabay

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Dietmar Herrmann / 24.12.2019

Sehr wahre Worte. Bei allem Digitalfanatismus sollte ein solide konstruiertes System immer einen Bedienervorrang eingebaut haben, sei es ein Küchengerät oder ein Flugzeug. Niemals darf der ach so tolle, in Wirklichkeit dämliche Rechner dominieren. Im normalen Leben ist so etwas ärgerlich , in der Fliegerei tödlich, zumal wenn die Piloten nichts vom eingebauten Kobold wissen und noch nicht einmal eine Chance auf Gegenreaktionen haben. Im speziellen Fall der 737 ist das technische Konzept überreizt worden, ausgereizt war es schon in den Achtzigern , als die ursprünlichen Triebzwerge durch die erste Turbofangeneration CFM 56 ersetzt wurden. Damals galt noch der Grundsatz, daß aerdynamisch instabile Konstruktionen in der Zivilfliegerei verboten sind, ebenso wie fahrdynamisch instabile Autos im Straßenverkehr. Aber dann hat Daimler auch die Krücke “A-Klasse” produziert, deren verkorkstes Fahrwerk durch ESP domestiziert werden mußte.

Gabriele H. Schulze / 24.12.2019

@Frieda Wagner: das erste Mal heute herzhaft gelacht! Zum Artikel: Wieder Lob an achgut für die Akquisition kundiger Autoren.

Wolfram Schmidt / 24.12.2019

@Michael Sachs: Sie haben vergessen, es dem Klimawandel zuzuschreiben, was die Konstrukteure vergessen haben zu berücksichtigen.

J. Duhme / 24.12.2019

Der „ Final Report „  ( offizieller Abschluss / Untersuchungsbericht ) für die Lion Air 610 ( Jakarta, Indonesien, Oktober 2018 ) steht seit geraumer Zeit im Internet zur Verfügung. Bezüglich der Ethiopian Air 302 ( Addis, Äthiopien, März 2019 ) existiert noch nichts Endgültiges. Bei der Air France 447 ( Atlantik ) kann der Unfallbericht ebenfalls von jedermann eingesehen werden. Mit Grundkenntnissen im Englischen kann man den Berichten einige äußerst interessante Dinge entnehmen. Letztlich waren es bei allen drei vermeidbaren Tragödien Crew / Pilotenfehler. Das stellt von meiner Seite keine Bewertung oder Verurteilung dar, sondern ergibt sich aus den Untersuchungsergebnissen. Auch in absehbarer Zukunft werden sich keinerlei Fluggeräte auf dem Markt tummeln, welche unzureichendes Training, Übermüdung oder sogar nachlässige Piloten kompensieren können.

Wolfram Schmidt / 24.12.2019

@J.G.R. Benthin Sie haben so recht. Ich bin ja Informatiker und kann bestimmte Dinge recht gut einschätzen, was Digitalisierung angeht. Mich deprimiert beispielsweise die Simulationsgläubigkeit, die ich hier und da erlebe. Wir vergeben einen Simulationsauftrag an einen Dienstleister, der Prämissen annimmt, die gar nicht eingehalten werden können. Es wird dann stur daran festgehalten. Ich will dem Simulationsmenschen in der Fremdfirma kein Unrecht tun, aber seine Motivation ist vielleicht auch eine andere. Ich hingegen muss ein leistungsfähiges und robustes Verfahren auf die Beine stellen. Der Simulationsmensch hat konzeptionell vielleicht drei Stunden in Aspekt A versenkt, ich hingegen eine Woche.  Umso unerträglicher ist dann das Gebahren der Entscheider, die sich an ihre Simulation klammern. Mich erinnert das an meine Schulzeit, als ich Rechenergebnisse des Taschenrechners nicht mehr hinterfragte und als Lösung aufs Papier brachte. Natürlich war’s falsch, aber ich habe gelernt, dass ich mich natürlich auch vertippen kann oder der Rechenweg komplett falsch sein kann. Man muss doch reflektieren, was man da macht. Ich bin glücklicherweise lange über diese Phase der Naivität hinaus, aber wenn wenn ich mir das so anschaue, was im Beruf erlebe, dann scheinen einige das Grundproblem nicht verstanden zu haben und es herrscht eine Gläubigkeit vor, die mich verzweifeln lässt. An meinen Herrn Vater erinnert mich das auch, als ich mal mit Klassenarbeit in Mathematik zurückkam, wo mir ein Fehler angestrichen wurde, der keiner war. Meine Mutter stimmt mir zu. Mein Vater hingegen: “Ist ja angestrichen, also ein Fehler.” - Der hat das Urteil des Mathematiklehrers für gottgegeben hingenommen. Der Mathematiklehrer hat die Fehleranstreichung natürlich als falsch zugegeben; er ist ja auch nur ein Mensch. Ich sprang eine Note höher. Aber es fehlt immer mehr die Bereitschaft, sich seine Gedanken zu machen und seinen Standpunkt zu vertreten.

Dr. Gerhard Giesemann / 24.12.2019

Als alter Kamikazeflieger weiß ich: Kannst du das Ding nicht abfangen beim Geier-Sturzflug, dann war das dein letzter. Mir die Hand vom Knüppel nehmen ging deshalb gar nicht. Mein Geier hieß “Ka 6”, ein einsitziges Segelflugzeug aus den 60er Jahren, wird schon lange nicht mehr gebaut, hängt heute im Deutschen Museum an der Decke. Ich verstehe die Firma nicht, verstehe die Piloten nicht, weiß gar nicht, was das alles soll. Ein Blick auf die Triebwerke hätte jedem Piloten sagen müssen: Das Ding geht steil bei Vollgas. Und nicht zu wissen oder wissen zu wollen, wie das geregelt wird, was MCAS sein soll - das ist fahrlässig. Die Air France über dem Atlantic: Das war ein Pilotenfehler, die haben noch gezogen, als das Gerät schon im Steigflug war, über die Reiseflughöhe hinaus. Eine Wasserwaage links am Fenster des Piloten in Richtung Längsachse hätte dem gezeigt: Du hast die Nase nach oben, egal was der Fahrtmesser sagt, weil er verstopft ist durch eine Vogelnestchen. Hatten die keinen künstlichen Horizont, waren die zu dumm, den zu lesen? Oder ging der auch nicht? Als der Pilot ins Cockpit kam, war die Maschine schon derart im Absturz, womöglich Steiltrudeln, dass ein Abfangen nicht mehr möglich war - zumindest nicht, ohne das Ding schon in der Luft ab zu montieren. Ist ja kein Segler wie meine Ka 6. Außerdem war es Nacht, die mussten wenigstens nicht sehenden Auges in den Abgrund schauen, wie die mit der 737 Max beim Breitsegeln. Porca miseria.

Wolfram Schmidt / 24.12.2019

Es ist organisatorisches Versagen, wie ich es auch aus meinem aktuellen Unternehmen her kenne. Ich entwickle Software für logistische Anlagen und plage mich dann mit seltsamen Designs, die der Kunde weder braucht noch haben will, nur um drei Mark fuffzig zu sparen. Auf den oberen Etagen herrscht dann auch noch eine Simulationsgläubigkeitsmentalität. Ein Kollege von mir konnte rechnerisch und mit Logik aufzeigen (Zeitaufwand, ca. 1 h), dass A nicht funktioniert. Zählte nicht. Er musste noch einmal zwei Wochen investieren, um mit einer ereignisorientierten Simulation nachzuweisen, dass A nicht funktioniert. Dabei können die Entscheider gar nicht einschätzen, wie gut die Simulation die Realität abbildet. (Mich erinnert das an das Klimagedöns.) Aber auch der umgekehrte Fall: Wenn Simulation gezeigt hat, B funktioniere, dann wird das geglaubt und notfalls wird das Projekt die Grütze geritten. Ich hatte erst kürzlich Ärger, weil ich eine Simulation mit ihrem vorgestellten Verfahren als mangelhaft ansehe, dieses begründen kann. Der größte Malus: Es wurden keine Konkurrenzverfahren vorgestellt, d.h. es wurde nicht aufgezeigt, ob es noch bessere Verfahren gibt. Natürlich gibt es bessere Verfahren, aber dazu muss man den Mut haben, sich des eigenen Verstandes zu bedienen, und nicht darauf hoffen, dass eine Simulation ausreicht.

Michael Sachs / 24.12.2019

Ach was das ist doch alles Quatsch das sind keine menschlichen Fehler, die Konstrukteure sind o.k. es sind die widrigen Naturzustände außerhalb des Flugzeugs die ans Flugzeug angepaßt werden müßen ganz einfach. Frau Baerbock macht das schon, da fehlt einfach etwas Kobold an den Tragflächen die Messgeräte müßen etwas öfter geschmiert werden damit der Wind besser durchflutscht, es ist doch kein Wunder wenn die Dinger abstürzen, außerdem sitzen da häufig wie erwähnt, white Supremacy Leute drinnen, um die ist eh nicht schade von grüner Seite aus, alte weiße Männer igitt.

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