Annette Heinisch / 10.05.2024 / 14:00 / Foto: Pixabay / 97 / Seite ausdrucken

Die Notwendigkeit einer freiheitlichen Partei

Seit längerem treibt mich ein Thema um: Wie lässt sich der politische Wahnsinn in Deutschland stoppen und – weil das allein nicht reicht – wie kann ein Neustart überhaupt gelingen?

Es ist leicht, die Krise des Landes am grünen Tisch zu debattieren, im fernen Berlin in Plenarsälen oder Redaktionsräumen – aber es ist etwas völlig anderes, wenn man direkt mit den Betroffenen zu tun hat, sie kennt. Wenn man mitkämpft in einem Kampf, der jeden Tag schwerer wird und fürchtet, ihn zu verlieren. Liest man dann vom Luxusleben der Politiker, z.B. Südamerikareisen für 80.000 €, wird einem nur noch schlecht. Mir ist es mittlerweile egal, wenn man mich wegen meiner Kritik beschimpft, und ich vermute, dass es vielen genauso geht. All das ändert nämlich nichts daran, dass der Wahnsinn aufhören muss. Dies gilt nicht nur für die wirtschaftliche Situation, sondern schließt auch die Auflösung unseres Wertefundaments und die Verkehrung von richtig und falsch ein. Der ins Kraut schießende Antisemitismus ist nur ein – wenngleich fatales – Beispiel dafür.

 Julian Reichelt schildert die deutsche Situation bei Nius live so: „Millionen Bürger haben über Jahrzehnte CDU gewählt. Einige haben sich der AfD zugewendet, andere sind ins Nichtwähler-Lager gegangen. Bei vielen der vergangenen Wahlen war die stärkste Partei die der Nichtwähler. Da sitzen all die Bürger, die mal CDU und vielleicht auch SPD gewählt haben. Und die stellen sich nur eine Frage: Geht dieser Wahnsinn weiter? Man kann nicht glaubwürdig sagen: ‚Wir hegen die Grünen ein.‘ Das wird nicht funktionieren! Die Rhetorik ‚Wir kriegen die Grünen schon unter Kontrolle‘ wird nicht klappen. Kein Mensch im Land glaubt das noch.“

Wie dringend die politische Wende ist, wurde ebenfalls in dieser Sendung deutlich. Zuschauer und Zuhörer wurden gefragt, wie es ihnen finanziell geht, wo und wie sie sparen müssen. Unter allen, die antworten, wird ein Einkaufsgutschein in Höhe von 200 Euro verlost, der „Goldene Einkaufswagen“. Die zahlreichen Antworten machen betroffen, ein Rentner sagte, wenn er gewänne, müsse er einen Monat lang keine Pfandflaschen mehr sammeln.

Das ist die harte Realität, die Folge der katastrophalen Politik. Wer das hautnah erlebt, ist nur noch wütend. Und es wird eher noch schlimmer werden. Am Vortag schrieb mir ein Mandant, Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens: „Um uns herum nur noch Insolvenzen und Negativmeldungen. Wenn die Rahmenbedingungen durch die Politik nicht schnellstens verändert werden, dann sieht es düster für den Standort (Deutschland) aus. Und drei Einbrüche in zwei Wochen.“ Ob sein Unternehmen dieses Jahr überleben wird, ist mehr als offen – und das heißt, die Mitarbeiter (oft arbeitet dort die ganze Familie) werden arbeitslos.

Aber wie soll sich das ändern? Viele hoffen auf eine erneuerte Union, aber die gibt es nicht. Ja, sie hat sich unter Friedrich Merz auf den Weg gemacht, wieder eine konservative Kraft zu werden. Anders als der Labour-Vorsitzende Keir Starmer im Vereinigten Königreich hat Merz seine Widersacher aber nicht kaltgestellt. Starmer hat sich der Antisemiten und radikalen Linken in seiner Partei entledigt und fährt nun einen sehr moderaten Kurs der Mitte und wirtschaftlichen Vernunft. Damit scheint er – wie einst Tony Blair – sehr erfolgreich zu sein. Außen- und sicherheitspolitisch gibt es kaum Unterschiede zwischen Labour und Tories, im Vereinigten Königreich erkennt man äußere Feinde und bekämpft sie gemeinsam über Parteigrenzen hinweg.

„Alter Wein in neuen Schläuchen“

Anders Friedrich Merz, er hat seine Widersacher noch alle in der Partei, viele von ihnen sogar in maßgeblichen Funktionen. Manche halten dies für klug und meinen, dass Parteien verschiedene Flügel bräuchten. Dabei schwingt die Idee mit, dass diese Flügel sie in ungeahnte Höhen tragen würden. Tatsächlich sind sie eher geeignet, zu Bruchlandungen oder bei kleineren Parteien zum Flug aus dem Bundestag zu führen. Die Idee von Flügeln funktioniert nur, wenn man in dieselbe Richtung fliegt. Sonst zerreißt es einen und führt zum totalen Strömungsabriss. Dies ist heute die größere Gefahr – die bereits erfolgten Abspaltungen belegen dies. Teile der Union lieben die Grünen. Mit denen wird es jedoch nichts werden, für die Union wäre eine Koalition der politische Selbstmord. Selbst wenn es keine Koalition mit den Grünen geben sollte, was folgt dann?

Eventuell wird die SPD so stark, dass es zu einer Koalition mit der Union reicht. Man könnte sagen, es wäre eine Neuauflage der großen Koalition, nur dass die SPD nicht mehr groß ist. Aber selbst dann wird die Union die Politik nicht gravierend verändern können. Die Scholzens, Faesers, Eskens, Tschentschers, Kühnerts und Co. sind voll verantwortlich für die derzeitige Misere. Mit ihnen wird nichts besser werden. Stellt man sich die Union mit ihren Flügeln wie einen Domino-Stein mit zwei unterschiedlichen Hälften vor, wird deutlich, dass die Hälfte, die an dem anderen „Stein“ andockt, den weiteren Weg bestimmt. Das wird nach derzeitigem Stand der rot-grüne Flügel der Union sein, nicht der konservative. Es gibt dann nur eine Neuauflage von schlecht. Etwas anders schlecht als jetzt, aber immer noch sehr schlecht. Mit der AfD wird die Union nicht paktieren (können), auch weitere konservative Gruppierungen sind eher schwierig, weil direkte Konkurrenz.

Um eine wirkliche Änderung herbeizuführen, die auch glaubwürdig ist, wäre eine freiheitliche Partei nötig, die neben wirtschaftlicher Vernunft und Pragmatismus über eine Vorstellung davon verfügt, wie man die Bürger (und nicht den Staat) stärkt. Theoretisch gibt es eine liberale Partei, praktisch jedoch hat sie sich als unfähig erwiesen, den Bürger vor Wahnsinn und Willkür zu schützen. Diese Partei mit ihrem erkennbar inkompetenten Personal kann weg. Dies ist die entscheidende Leerstelle in unserer politischen Landschaft. Gäbe es eine solche Partei, könnte die Union mit der anderen, von vielen als richtig angesehenen Seite ihres Domino-Steins an eine Partei andocken. Dann und nur dann gibt es wirklich eine Chance für eine Politikwende. Alles andere ist „alter Wein in neuen Schläuchen“ und zwar solch ein Wein, von dem wir mittlerweile wissen, dass er nichts anderes als Essig ist.

So leid es mir tut, aber die Hoffnung, dass es mit der nächsten Bundestagswahl besser wird, ist derzeit völlig illusorisch.

Annette Heinisch, Studium der Rechtswissenschaften in Hamburg, Schwerpunkt: Internationales Bank- und Währungsrecht und Finanzverfassungsrecht. Seit 1991 als Rechtsanwältin sowie als Beraterin von Entscheidungsträgern vornehmlich im Bereich der KMU tätig.

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Hans-Peter Dollhopf / 10.05.2024

Alle politischen Parteien müssen terminiert werden. Es darf nur noch individuelle Auftragsmandate in der Gesetzgebung geben, die direkt an den Willen ihrer Beauftragenden in den Regionen gebunden sind. Die Lösung ist die kurze Leine, die der wahre Souverän in der Hand hat!

Dr. Konrad Voge / 10.05.2024

Frau Heinisch, die Partei, die Sie fordern, heißt AfD. Ansonsten haben laut GG Parteien nur an der Willensbildung des Volkes mitzuwirken.  Es ie da keine Rede davon, dass sie ein Parlament bilden müssen.

S. Wietzke / 10.05.2024

“Ja, sie hat sich unter Friedrich Merz auf den Weg gemacht, wieder eine konservative Kraft zu werden.” Alleine dieser Satz zeigt schon das die Autorin Teil des Problems, aber mit Sicherheit nicht der Lösung ist. Womit sich die Eingangsfragen des Artikels zwanglos beantworten lassen. Die Antwort ist “gar nicht”. Der Drops ist gelutscht.

Daniel Rödding / 10.05.2024

Im Prinzip könnte die CDU durchaus mit der AfD zusammen in eine Koalition gehen. Programmatisch sind beide Parteien in vielen Bereichen eigentlich ziemlich beieinander. Dass die CDU sich einem solchen Zusammengehen aber hart verweigert, zeigt letztlich auf, dass die CDU-Führung keinerlei Interesse hat, eine Politik zu gestalten, welches ihrem eigenen Parteiprogramm entspricht. Überhaupt sieht es danach aus, dass das während der Merkel-Zeit entstandene Blockparteiensystem eher so eine Art Zwischending zwischen einer “DDR 2.0” und einem Machtkartell, bei dem es überhaupt nicht mehr um Ausrichtung, Programmatik etc. geht, sondern schlicht nur darum, dass keine weiteren politischen Akteure an die Futtertröge kommen. Die CDU mag sich als “bürgerlich” sehen bzw. darstellen, aber man darf nicht den gedanklichen Fehler machen, “bürgerlich” mit “konservativ” zu verwechseln. Auch Hochschullehrer der Frankfurter Schule, rein exemparisch, werden sich zur “bürgerlichen” Schicht zählen. Aber die beispielsweise werden sich ganz sicher nicht als “konservativ” sehen… Auf der rechten/konservativen Seite des politischen Spektrums gibt es faktisch derzeit außer der AfD kein Angebot für die Wähler. D. h. wer von dem ganzen Linkstum mit seinen Irrungen, Irrungen und Wolkenkucksheimen die Nase voll hat, hat keine Wahl, als die AfD zu wählen. Und notfalls wird es halt noch ein, zwei Legislaturperioden dauern, bis so viele Wähler vom politischen Linkstum geheilt sind, dass es dann in Richtung einer AfD-Alleinregierung läuft. Denn der ganze links-grüne Irrsinn wird in sehr endlicher Zeit final an der Realität (vefügbares Geld, Naturgesetze, Innere Sicherheit usw.) scheitern.

maciste rufus / 10.05.2024

maciste grüßt euch. bürgerliches lament am problem vorbei, denn es braucht nicht mehr, sondern weniger parteien. battle on.

Michael Anton / 10.05.2024

Pegida war “die Schande für Deutschland” ( Maas), das Pack (Gabriel), Mischpoche (Cem) oder Chaoten (Gauck). Ausnahme war Geißler, der eine Furcht vor exzessiver Erscheinungsformen des Islams für berechtigt hielt. Sämtliche Forderungen Pegidas wurden als haltlos, in Anführungszeichen gesetzt, als geistige Brandstiftung und als aus der Luft gegriffen dargestellt. Pegida gelang es, die Kräfte zu überrumpeln, die sonst regelmäßig Bomber Harris Dresdner Heldenleistungen deklamierten. Man trat etwa zeitgleich mit der AfD auf und hat das Establishment aufgeschreckt. Wie gleich- oder gegenläufig diese Entwicklungen auch waren- das Tragische ist, daß Gauck, der später Ungeimpfte, Bekloppte nannte, ab hier den Dialogfaden zerrissen und Allen ein einfältiges manichäisches Hell-Dunkel Deutschland übergestülpt hat. Haldenwang hat den Grünen Rückendeckung und Luftunterstützung gegeben, indem er die Identitären komplett kriminalisiert hat. Sie kopieren Methoden, die der Politrocker Joschka Fischer für sich reklamiert hat. Wo kommen wir denn da hin? Linke werden sauer, wenn man Ihre Methoden kopiert, Dinge, die von Greenpeace praktiziert werden dürfen, aber keinesfalls von einem Sellner. Auch das Zurückweichen vor organisierter Gewalt werden wir in den nächsten Wochen an den Unis erleben dürfen, wenn Faeser alles bloß schwer erträglich findet. Ohne die Positionen der Identitären zu teilen: Gauck ist als Freiheitapostel falsch abgebogen, gerade weil er keinen Dialog mehr angeboten hat, verbal schikaniert und zuletzt in die Enge treibt. Obgleich Alles unternommen wurde, den Leuten das Rauchen auszutreiben, tun es noch 25%. Man darf als Motiv den Trotz nicht unterschätzen, er ist ein starker Antrieb zu Rückschlägen, aber auch Erhebungen, auf die weder Thron noch Altar gefaßt waren.

Peter Faethe / 10.05.2024

Ich bekenne mein Unwissen.  Das Fazit der Summe der Beiträge scheint m.E. zu sein, dass unser (bzw. das “westliche”) Parteiensystem durch seine Bestimmungen automatisch zur Entartung führt.

Talman Rahmenschneider / 10.05.2024

Übrigens kann ein Neustart nur gelingen, wenn ein großer Chefredakteur aufsteht und hinwirft, dabei seine Meinung sagend, und einige ihm folgen. Erst wenn wieder eine Debattenkultur entsteht, die der mittlere Bürger, auch gern Michel oder Schlafschaf genannt, mitbekommt, kann sich etwas ändern. Vielleicht war Schirrmacher auf diesem Weg, aber er kam uns ja dann abhanden. Der erste Schritt wäre natürlich, der AfD und dem BSW Gelegenheiten zu geben, dabei zu sein, immer. Ich will das nicht Gleichschaltung nennen, was passiert ist, weil diese Vergleiche nicht passen und verharmlosen, was damals war. Nennen wir es gravierende, einschläfernde Einseitigkeit und Eintönigkeit mit Prügeln von anderen Meinungsträgern, es ist nicht NS, aber dennoch grausam und quälend, es anzusehen inkl dem primitiven Canceln. Irgendwie wirken dabei einige wie Gefangene, auch einige Politiker. Va pensiero, sull’ ali dorate - Flieg, Gedanke, auf goldenen Schwingen…....Aber wer ist Nebukadnezar? Einfach nur ein galoppierender Wahn? Man kann da raus. Hitchcock hat gezeigt, wie es geht: Aufstehen und Gehen (Die Vögel, Notorious)

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