René Zeyer, Gastautor / 05.02.2020 / 06:15 / Foto: Mary / 76 / Seite ausdrucken

Die neuen “Spiegel-Standards”: Die Maus hat einen Berg geboren

Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Komplizierteste im ganzen Land? Eine "Spiegel-Werkstatt" hat festgelegt, wie Artikel zu schreiben sind. Auf 74 Seiten. Kein Witz, keine Fake News.

Man sollte Schmerzensgeld verlangen dürfen. Dafür, dass man sich von der Präambel bis zum Epilog durch alle verbindlichen Ratschläge kämpft, die Der Spiegel ein Jahr nach Relotius seinen eigenen Redakteuren mit auf den Weg gibt. Die kurze Zusammenfassung: Wer das alles beherzigen will, muss scheitern. Würde scheitern, denn es käme nie zu einem fertiggestellten Artikel.

Zunächst einmal scheitert Der Spiegel an einem kleinen erkenntnistheoretischen Problem. Genauso wenig, wie man sagen kann, "was ist", kann man diesem hehren Grundsatz nachleben:

"Die Geschichte muss stimmen. Verantwortlich dafür ist die Redaktion. Stimmen heißt nicht nur, dass die Fakten richtig sind, dass es die Personen gibt, dass die Orte authentisch sind. Stimmen heißt, dass der Text in seiner Dramaturgie und seinem Ablauf die Wirklichkeit wiedergibt. Folgt die Recherche einer These, ist nicht nur nach Belegen für, sondern auch nach Belegen gegen diese These zu suchen. Jede Recherche erfolgt ergebnisoffen."

Leider warten wir aber bislang vergeblich auf eine ergebnisoffene Recherche über wirtschaftspolitische Entscheidungen von Trump, Johnson oder Putin. Oder über das Thema Klimawandel. Das ist aber sozusagen nur die Spitze des Eisbergs, den diese Werkstatt über die armen Redakteure wuchtet: "Ein SPIEGEL-Text muss eine Idee und eine These haben, aber er darf keinen Spin haben, dem die Argumentation untergeordnet wird. Wir müssen Einwände zulassen, dürfen Störendes nicht weglassen, müssen gegenläufige Argumentationen anführen." Das nennt man die eierlegende Wollmilchsau. Denn wenn man dem Spiegel etwas nicht vorwerfen kann, dann das Scheitern an der Unmöglichkeit, die hier beschrieben wird.

Nehmen wir nur diesen Text hier als Beispiel. Hat der eine These? Aber hallo, und wie. Hat er einen Spin? Aber hoffentlich. Werden Einwände zugelassen? Nein, wozu auch? Wem’s nicht passt, der muss ja nicht weiterlesen. Tut er es doch und grantelt weiter, dann kann er doch einen Kommentar schreiben. Soll ich nun wirklich nach Belegen gegen meine These suchen, dass dieses Manual bescheuert ist? Ich bin doch nicht bescheuert. Und soll ich schließlich "ergebnisoffen" erst mal so tun, als könne man diesen Haufen sortierte Buchstaben so oder so sehen, als Wurf oder als Schrott? Wozu denn das?

Eine besondere Rolle spielen bei Spiegel-Storys natürlich Menschen, die Protagonisten. Auch dazu gibt es eine Regieanweisung: "Steht eine Person für eine bestimmte Sache, ein größeres Thema, sollte sie möglichst repräsentativ sein, also typisch für dieses Thema. Wir machen deutlich, wie groß die Gruppe ungefähr ist, für die diese Person steht. Da die Auswahl der Protagonisten häufig praktischen Zwängen unterliegt – Zeitdruck, Verfügbarkeit, Aussagefreudigkeit –, können wir nicht immer repräsentative Personen finden. Dann machen wir auch das deutlich."

Wie viele Engel wohl auf einer Nadelspitze Platz hätten

Ein letztes Müsterchen: "Der SPIEGEL zahlt grundsätzlich keine Informationshonorare. Ausnahmen müssen von Chefredaktion und Geschäftsführung genehmigt werden." Ein Grundsatz mit Ausnahmen. Für diese Formulierung hätten mittelalterliche Sophisten, die sich den Kopf darüber zerbrachen, wie viele Engel wohl auf einer Nadelspitze Platz hätten, ein anerkennendes Lächeln übrig gehabt. Genau wie für die Regeln bei der Auswahl von Protagonisten. Die sollen typisch sein, sind es aber häufig nicht.

Wie soll man sich also einen entsprechenden Spiegel-Einstieg vorstellen? So vielleicht: "Petra Meier rührt fahrig in ihrem dünnen Kaffee. Er ist kalt; mal wieder Strom und Gas nicht bezahlt. Sie hartzt schon ihr ganzes Leben lang. Bald wird sie sich in die Rente verabschieden. Damit ist sie aber überhaupt nicht repräsentativ für weibliche Hartz-IV-Empfänger. Wir haben nur leider auf die Schnelle keine typische Protagonistin für den Artikel über weibliche Hartz-IV-Empfänger gefunden, die schon mit 60 in Rente gehen." 

Damit sind wir bei Punkt 2.3.3 und auf Seite 23 angelangt. Es fehlen noch rund 50 Seiten, aber obwohl das sicherlich nicht den Spiegel-Standards entspricht, gestehe ich: Hier habe ich aufgegeben und nur noch überflogen. Ich gehe mal davon aus, dass der Leser diesen Entschluss begrüßt. Falls nicht, kann er sich gerne hier das Gesamtwerk zu Gemüte führen. Ich lehne aber ausdrücklich jede Verantwortung dafür ab.

Rund 50 "Kolleginnen und Kollegen" hätten in drei Arbeitsgruppen diese Standards erarbeitet, vermeldet der Chefredakteur stolz, "sie schaffen Klarheit und helfen dabei, unser Qualitätsversprechen einzulösen". Echt jetzt? Die einzige Frage, die sich hier stellt, ist doch: Was soll der Scheiß? Es kann doch niemand im Ernst annehmen, dass sich ein Spiegel-Kollege im rasanten Rennen um Online-News oder auch im etwas gemütlicheren Schreiben für die Print-Ausgabe an das in vier Hauptgruppen und in 22 Unterpunkten von "Unsere Haltung" bis "Trennungsgebot" aufgefächerte Dickicht von Vorschriften hält.

Was soll’s also? Ganz einfach. Wie in jedem absurd-absolutistischen System soll dieses Werk als Allzweckwaffe dienen, um im internen Intrigenkampf, bei Beckmessereien den Gegner fertigmachen zu können. Was ist schon ein schlappes "irgendwie finde ich dein Manuskript nicht so toll" gegen "ich befürchte, du müsstest bei den Standards 2.2.1, 3.4., 5.6.3 nacharbeiten, zudem vermisse ich die Berücksichtigung des ganzen Epilogs"?

Hindernisse auf dem Weg ins irdische Paradies

Alleine schon die Überprüfung, ob ein Artikel all diesen Standards genügt, würde den Spiegel zur Zweimonatszeitschrift machen, wenn nicht zum Halbjahresorgan. Was zeigt uns also dieses Machwerk? Abgesehen davon, dass es Anlass zu genügend Spott und Häme bietet, zeigt es etwas Fatales: Zumindest die Verfasser sind der Überzeugung, dass man die "Wirklichkeit" richtig (und somit eben auch falsch) publizistisch abbilden könne.

Diese Behauptung wurde schon von den ersten Zeitungen im 17. Jahrhundert aufgestellt, auch das Neue Deutschland hat sich ihr verschrieben, die Prawda trägt den Ansatz sogar im Namen, sie sagt die Wahrheit, und nichts als die Wahrheit. Sicherlich, aus der proletarischen Klassenperspektive. Aber dennoch bildet sie natürlich die "Wirklichkeit" ab.

Umgekehrt wird leider ein Schuh draus. Wer behauptet, die richtige "Haltung" zu haben und nur und ausschließlich zu sagen, "was ist", gar "die Wirklichkeit" wiederzugeben, der ist potenziell gefährlich. So gefährlich wie jede Religion, die meint, im Besitz der einzig richtigen und guten Wahrheit zu sein. So gefährlich wie jedes absolutistische Regime, das im Namen des Fortschritts, des Guten und Besseren alle Hindernisse auf dem Weg ins irdische Paradies wegräumen muss und darf.

Nun hat der Spiegel nicht die gleiche Macht wie der Papst, wie Robespierre oder Stalin selig, auch nicht wie Kim Jong-un oder wie jeder Potentat, der meint, er sehe die "Wirklichkeit", und wer die nicht so wie er sieht, liegt falsch, ist böse, behindert Erkenntnis. Das ist auch gut so. In einem einzigen Punkt ist der Präambel dieses Vorschriftendschungels zuzustimmen: "In einer Zeit, in der die Wahrhaftigkeit der Medien in Zweifel gezogen wird, ist das wichtig, um den Qualitätsjournalismus zu verteidigen."

Ist was wichtig? Ein unhandliches Kompendium zu verfassen, bei dem man sich wirklich und ernsthaft fragen muss, wieso keiner der vielen Beteiligten nicht rechtzeitig sagte: Sind wir hier eigentlich alle voll bescheuert? Nein, wichtig ist, wichtig wäre, sich auf ein paar ganz einfache Prinzipien des Journalismus zu besinnen. Die sind nicht neu, eher banal und haben auf einem Post-it-Zettel Platz, wenn sie der Journalist nicht sowieso verinnerlicht hat.

  1. Für Reportagen, die zwangsläufig Beschreibungen und Begegnungen beinhalten, die nicht nachprüfbar oder verifizierbar sind, gilt, dass der Reporter das Vertrauen des Lesers nicht missbrauchen darf. Das kann man nicht erzwingen, das ist eine Haltung. Und wie bei Anstand gilt: Man hat sie, oder man hat sie nicht.
  2. Kein Artikel darf den Anspruch erheben, die Wirklichkeit abzubilden, die objektive Wahrheit zu beinhalten. Es ist immer eine Interpretation, eine Zusammenfassung, eine Gewichtung, eine Einordnung, eine Analyse. Wer das verschleiert, darf sich nicht Journalist nennen.
  3. Es ist unmöglich, "ergebnisoffen" zu recherchieren, zu schreiben. Jeder hat eine Haltung, ein Koordinatensystem, mit dem er die Wirklichkeit kartographiert, vielleicht sogar eine Ideologie, mit der er filtert. Nur wer das dem Leser offen darlegt, nimmt ihn ernst.
  4. Die drei vorangehenden Vorschriften kann man vergessen, wenn man das tut, was die Essenz des Journalismus ist: Mit Neugier in die Welt hinausgehen und bereichert zurückkommen. Entweder, indem man die Erkenntnis gewonnen hat, dass die eigene Haltung, die These, die Ansicht von der erfahrenen Wirklichkeit gestützt wird. Oder aber, die Wirklichkeit hat einem gezeigt, dass man völlig falsch lag. Auch das ist bereichernd. Wer das dem Leser serviert, verdient den Namen Journalist.

Eine tatsächlich bedeutende menschliche Eigenschaft

Alles andere, so einfach ist das nun mal, ist Abfall. Wortmüll. Mehr oder minder gelungenes Sortieren von Buchstaben. Ohne tieferen Sinn oder Zweck. Statt sich aufs Neue daran abzuarbeiten, was eigentlich die Wirklichkeit ist und wie man sie darstellen, interpretieren, verändern könnte – eine Frage, an der sich die Erkenntnistheorie seit Jahrtausenden abmüht –, wäre es viel sinnvoller, auf eine tatsächlich bedeutende menschliche Eigenschaft zu rekurrieren: die Selbstreflexion.

Wir sind, soweit bekannt, das einzige Lebewesen, das in der Lage ist, sich selbst wahrzunehmen, zu beurteilen, eben das Selbstbewusstsein. Damit verbunden ist eine gewisse Lernfähigkeit, auch die Fähigkeit, eigene Fehler zu bemerken. Nun sind Journalisten extreme Mimosen. Eigentlich keine andere Berufsgattung reagiert dermassen pikiert auf selbst kleinste Kritik. Deshalb ist wohl zu viel verlangt, die rund 50 Kollegen, sämtliche Spiegel-Journalisten zu bitten: Haltet ein. Kehrt um. Mit diesen Standards pflastert Ihr den Weg in den Untergang, in die Bedeutungslosigkeit, die durch Vorhersagbarkeit entsteht.

Schmeißt das Ding weg, löscht es, verbrennt es, schnetzelt es, schiebt es in den Reißwolf. Befreit Euch davon. Lasst Luft rein. Freiheit verunsichert, aber das haltet Ihr aus. Und besinnt Euch wieder auf die Basics: hingucken, hingehen, aufschreiben und den Leser dabei nicht vergessen. Dann klappt das schon. Wirklich. Mein Wort drauf.

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Leserpost

netiquette:

Fritz Fuchs / 05.02.2020

>> ( ... ) mittelalterliche Sophisten, die sich den Kopf darüber zerbrachen, wie viele Engel wohl auf einer Nadelspitze Platz hätten, ( ... ). <<  Niemand musste und muss sich darob den Kopf zerbrechen, denn die Antwort auf die Fang- oder vielleicht auch nur Scherzfrage lautet schlicht: “Unendlich viele” - Engel sind, wie man weiß, ohne jede Physis, so dass sie (auch zum Tanzen, wie es in der Originalfrage heißt) keinerlei Platz benötigen.

Bernhard Moos / 05.02.2020

Werte Frau Anke Zimmermann, Ihr Kommentar ist ein Meisterwerk. Sollten Sie Lust und Zeit haben, das politische Geschehen ab und an mit Ihren Worten zu kommentieren, möchte ich Sie ermuntern: Schreiben Sie und bieten es der Achse an. Man ist hier ein hohes Niveau gewöhnt, aber Sie haben es nochmal ein Stückchen emporgehoben. In Ihrem exzellent formulierten und witzigen Beitrag passt jedes Wort exakt in den Kontext, gratuliere. P.S. Hier ist keinerlei Ironie versteckt.

Andreas Rochow / 05.02.2020

Das Arbeitspapier aus der Hand der 50-köpfigen “Spiegelwerkstatt” ruft nur indirekt die dringliche Notwenigkeit eines ergebnisoffenen Nachdenkens über Journalismus in Erinnerung. Sie ist der aufwändige Beweis dieses Nachdenkens. Waren etwa altbewährte journalistische Standards in Vergessenheit geraten? Waren Journalisten zu Märchenerzählern von heute, schlagseitigen Kommentatoren, Tatsachenverdrehern, selektiven Informationsfiltrierern und Haltungsheroen und Meinungsammen mutiert? War vielleicht die ganze Mannschaft im Gesinnungsbunker an der Relotiusspitze im Kampf für das Bessergutewahre vom Sturmgeschütz zum Abführmittel der Demokratie abgeglitten? Gar ein linksgrünes Propaganda- und politische korrektes Hetzperiodikum gegen alles Deutsche und alles Nichtlinke geworden? - Ach bewahre! Dieses Papier demonstriert aus gegebenem Anlass und in der gebotenen Ausführlichkeit, wofür der Spiegel WIRKLICH steht. Als ob das irgendjemand ernsthaft bezweifelt hätte!

Gudrun Meyer / 05.02.2020

Was erwarten Sie denn von der Qualitätspresse? Etwa, dass Journalisten die jeweiligen Fakten so genau und vollständig wie möglich darstellen und einen davon abtrennbaren Kommentar dazuschreiben?

Peter Holschke / 05.02.2020

Als jemand mit ostdeutscher Herkunft betreibe ich Aufklärungsarbeit. DDR-Premium-Gazetten, ND, Horizont usw. erfüllten einen gesonderten Zweck. Nicht mal die Dunkelroten haben das 1:1 geglaubt. Es waren aber elementare Instrumente zur Selbstorganisation, abwärts in der Hierachien. So brauchte man nicht überall einen Kommissar hinstellen, weil die Parteikader ihr eigener Kommissar waren. Dazu diente die Vorgabe von Sprachregelungen und Denkschablonen eben durch solche Publikationen. Ich nehme an, der SPIEGEL erfüllt längst eine ähnliche Funktion. Man kann also behaupten, er zielt nicht auf Leser, sondern auf Kader, welche sich dort selbstbezüglich abgleichen und aktualisieren können. In gewissen Kreisen muss man das lesen, weil man sonst noch vom Krieg gegen Ostasien quatscht, während alle Genossen doch schon wissen, dass Ozeanien schon immer der Feind war. Der Einblick in meine Stasiakte bestätigt diese Sicht. Während meines Militärdienstes war ich Skandale verwickelt. Im Zuge kafkaresker Ereignisse kam es zum Zusammenbruch der Zeitungsversorgung in den Soldatenstuben, was niemanden dort interessierte, weil diese Zeitungen nicht mal zum Abwischen des Hintern angefaßt wurden. Die Welle die daraufhin los brach, stand in keinem Verhältnis zu den realen Umständen, hatte aber es war an einem Dogma gekratzt worden. Das hat einen Lebensnerv des Systems berührt und entsprechend waren die Reaktionen. Eine vordergründige Banalität erreichte die höchsten Ebenen. Damals erschien mir das als vollendetes Kasperletheater, aber das System war nicht so dumm wie man dachte. Ideologien zerfallen sehr schnell in Korruption. Parteizeitungen geben den Bereich vor, indem sich Kader dabei bewegen dürfen. Daher verbindet sich mit der Lektüre immer eine nacktes Eigeninteresse. Und kein Wunder das Systemzeitung in der “Großen Transformation” nach staatlicher Finanzierung gieren.

Ulla Kröger / 05.02.2020

Dieses grottenpeinliche Spiegel-Leitplanke bestärkt meine Meinung über dieses virtuelle Tollhaus: NAZIS auf der Jagd nach “NAZIS”.

Kostas Aslanidis / 05.02.2020

Deutschland verbloedet sich immer mehr und befasst sich mit belanglosem Zeug. Die Staatstreue erinnert an die frenetischen Juebler, als der Fuehrer vorbeifuhr. Es wird boese enden, aber wir konnten das nucht ahnen. Ein Wahnsinn was aus diesem ehemals schoenen Land geworden ist. Ein totalitaerer Staat, “Buecherverbrennungen”, nur die Staatsmeinung wird geduldet. Bald werden deutsche Fluechtinge in der Welt um Aufnahme bitten. Merkel hat das Land ruiniert

Detlef Jung / 05.02.2020

Lieber Herr Zeyer, vielen Dank für Ihren begründeten und inhaltlich votrefflichen Beitrag. Ja klar ist das “manual” Stuss hoch drei.  Das hat sicher mit der erkannten Ausweglosigkeit bei den Verantwortlichen beim “Spiegel” zu tun, aber meiner Ansicht nach nicht nur. Die Redaktionsstuben sind zum Rückzugsort von Sprachidioten, nichtüberdenTellerrandgucker, Fachideologisierten und den ChefsindenAllerwertestensauger verkommen. Sie spiegeln sich nur selbst. Sie empfinden Fachwissen ebenso störend wie Kompromisse mit Menschen außerhalb ihres Habitats. Wie Sie schreiben, es fehlt frische Luft und die reibungsintensive Berührung mit dem realen Leben. Als Autotester im letzten Jahrtausend habe ich von den Kollegen verschmähte Fahrzeuge besonders gern selbst gefahren, denn ich war neugierig, ob es außer fehlendem Prestige (oft gehört: ohwei, hoffentlich sieht mich niemand im Hyundai Pony) echte Schwächen nachzuweisen gäbe. Und ja, falsche Außen- oder Innenraumfarbe konnten bereits den Ausschlag geben. Die Leutz werden leider schnell überheblich und distanzlos, wenn man sie mit Lob und materiellem Blingbling zuschei..t. Zudem scheint der Medienmensch immer hofiert und bewundert werden zu wollen - und da setzt dann die speziell in dieser Tätigkeit zwingend notwendige Selbstreflektion aus. Die Zustände sind so neu nicht, die Qualität vieler Medienschaffenden als auch die der Produktkomsumierenden hat sich allerdings ins intellektuelle Prekariat verschlimmbessert. Für das ” in charge” befindliche Fachpersonal mit qualifiziertem Abschluss? wird die von Ihnen thematisierte Bedienungsanleitung zum Schreiben eines “Spiegel”-Artikels keinen für unsereins messbaren Nutzen erwirtschaften. Wo nix ist, kann auch nix wachsen.

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