Ich habe immer mehr das Gefühl, dass die Jahre der Freiheit, des Aufbruchs und Wohlstands von immer mehr Westdeutschen als Irrtum der Geschichte betrachtet werden. Anders kann man sich dieses Festhalten an einer Kanzlerin, die im Spiegel Interview doch ganz klar ihre Liebe zum wahren Sozialismus erkennbar macht, nicht erklären.
Zum Überleben des Holocaust fällt mir vor allem ein Zeitzeuge ein, dessen genaue Schilderung ich zur Lektüre empfehlen möchte : Roman Frister, Die Mütze. Was die Zeitzeugen der Menschenzerstörung in der DDR betrifft: Die Schriftsteller und Künstler sind fast alle tot ,die anderen werden langsam alt, viele können oder wollen nicht mehr schildern, was sie erlitten haben, - da wächst also der Spielraum fürs Umdichten und die Chance für eine neue ” Märchentheorie der DDR ” mächtig an. Und in weiser Voraussicht wird jetzt schon mal ganz praktisch damit begonnen. Gelegenheit macht Diebe. Der eine sitzt im Haus und zählt sein Geld, die anderen sitzen vor der Tür und beraten sich, wie man das Haus kriegt. Und bevor der eine mit dem Zählen durch ist, hat das Haus den Besitzer gewechselt. Das ist meine Prognose. - Am 9.11. 2019. Es ist ein Wettlauf, den der “Westen"verliert . Der Hase ist schneller als der Igel ! Es wär ein Wunder, wenn’s anders kommen würde.
Leider hatte man 1989/1990 die SED nicht wie nach 1945 die NSDAP zur verbrecherischen Organisation erklärt und verboten. Jetzt sitzen diese Politganoven in vielen Parlamenten und manchen Landesregierungen und machen sich auf Steuerzahlers Kosten nen schlanken Fuss.
So ist es, lieber Herr Quencher, und ich gehe noch einen Schritt weiter: Erinnerung? Die gibt es im Grunde gar nicht - alles nur Konstrukt, alles nur abgespeicherte Wunschvorsvorstellung und/oder deren Rückseite, die Alltagsängste. Mithin Hirngespinste, und damit eine Glaubwürdig- und Verläßlichkeit, die gegen Null strebt. Hinzu kommt, daß die Gedächtnisforschung jede Menge Flankenschutz bietet oder aber zu bieten scheint. Man kann sich bedienen. Was hilft? Hier auf der Achse wird, nur als kleines Beispiel und sehr subjektiv, gar nicht, oder aber zu wenig, auf die Seite von Vera Lengsfeld verwiesen (sorry, wenn ich da Entscheidendes übersehen habe), wenn sie auch in der Autorenliste auftaucht und dankenswerterweise immer mal wieder ihre Beiträge hier plaziert, resp. plazieren kann. [vera-lengsfeld.de]
Die für mich schlimmste Facette dieser Neuerzählung ist die von DDR-Verharmlosern wie Gysi konstruierte Verbindung zwischen dem Begriff Unrechtsstaat und einer angeblichen Missachtung der Lebensleistung jener, die in der DDR gelebt haben. Die Instrumentalisierung des Unmuts vieler Ostdeutschen über die Entwertung großer Teile ihres Lebens zur Rechtfertigung der DDR-Diktatur und zur fortschreitenden Erlangung der Salonfähigkeit der organisationsidentischen Nachfolger der SED ist ein sehr geschickter, auf der anderen Seite durchschaubarer und frecher Schachzug der daran interessierten Kreise. Ich glaube, es wird vielen an der friedlichen Revolution 1989 aktiv beteiligten Menschen heute ähnlich gehen wie mir: Meinen bescheidenen Anteil an der Beseitigung dieses Unrechtsstaats sehe ich als einen der wesentlichsten und wertvollsten Bestandteile meiner Lebensleistung., auch wenn uns das von den „besseren“ Teilen der westdeutschen Linksintellektualista von ganzem Herzen übel genommen wird. Danke für diesen klaren und eindringlichen Artikel.
Da haben Sie recht. Peter Michael Diestel (DSU/ CDU) – letzter Innenminister der letzten DDR Regierung stellte neulich im Fernsehen fest, das er in der DDR eine glücklich Kindheit und Jugend verlebt hat. Sein Bruder, Andreas Diestel (CDU ), Ortsvorsteher in Leipzig Wiederitzsch, verteidigt im privaten Gespräch die Umweltangst als dringend notwendig. Hier wächst etwas zusammen, das so nicht zusammen gehört, nämlich bürgerlich konservativ mit links – grün, hysterisch. Man bricht auf zu neuen Ufern, da die alten Ufer nicht mehr erreicht werden können. Im Scheitern zeigt sich das wahre Gesicht.
Danke für den Text! Mir fällt nämlich jetzt eine ähnliche Erfahrung ein: Als die SPD in Hessen flächendeckend Gesamtschulen einführen wollte, sorgte sie auch für wissenschaftliche Begleitung. Meine Schule wurde von Wissenschaftlern aufgesucht: Interviews, Fragebögen usw. Ich freute mich, hoffte ich doch, dass die Schwächen des SPD-Gesamtschulmodells erkannt würden. Als ich die Studie las, erkannte ich meine Schule nicht mehr.
Wie das eben so ist mit den verschiedenen Blickwinkeln - die Weihnachtsgänse sehen das anders als der Metzger und der wieder anders als die weihnachtlich gestimmte Familie zu Weihnachten. Und doch ergibt sich ein Bild des Ganzen sowie einen Bewertung. Diese zu verwischen, wagt sich die vormalige SED und ihr Dunstkreis wieder aus den Löchern und lähmt uns mit ihren windigen Sophismen.
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