Die historische Fußnote: Geburtstag in Schwarz-Rot-Gold

Ein erster Anlauf, „schwarz, roth und golden“ als deutsche Flagge, als „Reichspanier“ festzulegen, war just heute vor 175 Jahren unternommen worden – am 9. März 1848 durch den Bundestag. Wobei dieser Bundestag nicht mit dem heutigen Parlament zu verwechseln ist. 

„Die Bundesflagge ist schwarz-rot-gold“. So steht es im Artikel 22 des Grundgesetzes. Im Unterschied zu anderen Teilen des – in der 1948 konzipierten und 1949 verabschiedeten Form hervorragenden – deutschen Verfassungswerkes unterliegt diese Festlegung bislang keiner situationsbedingten Interpretationsbedürftigkeit durch die uns (alle) Schützenden.

Allerdings hat es mit der Bestimmung der Farben im Grundgesetz auch sein Bewenden. Ein erster Anlauf, „schwarz, roth und golden“ als deutsche Flagge, als „Reichspanier“ festzulegen, war just heute vor 175 Jahren unternommen worden – am 9. März 1848 durch den Bundestag. Wobei dieser Bundestag nicht mit dem heutigen Parlament zu verwechseln ist. Dieser bestand aus Vertretern der einzelnen Staaten des damaligen Deutschen Bundes, die nicht durch abgefragten Volkswillen legitimiert waren.

Mit der flächendeckenden Begeisterung für Schwarz-Rot-Gold war und ist das so eine Sache. Zu den „Deutschen Erinnerungsorten“ werden die Farben trotz steter, wenn auch wechselvoller, aber immerhin über zweihundertjähriger Präsenz als politisches Symbol nicht gezählt.

Im allgemeinen Konsens der Geschichtskundigen gilt das Jahr 1815 als Merkzahl für den erstmals gesicherten Zusammenhang von Schwarz-Rot-Gold und der Idee der deutschen Einheit, auf die Urburschenschaft, also Studenten geht dies zurück. Nachträgliche Verschiebungen der Farbsymbolik bis tief ins Mittelalter hinein krampfen etwas. Ob die Uniformfarben des Lützowschen Freikorps – im Kampf gegen die Fremdherrschaft Napoleons nicht wirklich schlagkräftig, dafür opferbereit und populär – tatsächlich Pate standen, wird nicht mehr zu ermitteln sein. Aber ein netter Ausgangspunkt wären sie schon, die „schwarzen Jäger“ mit ihren roten Borten und den goldglänzenden Knöpfen. Mindestens ebenso nett wie die in Varianten immer wieder anzutreffende Deutung, dass Schwarz das unschöne Ursprüngliche oder Gegenwärtige symbolisiere, Rot (der Blutbezug ist naheliegend) den notwendigen Kampf und Gold die erstrebenswerte Zukunft.

Auf Festen und im Pulverdampf

Weitere gern unterstrichene Merkzahlen für den Weg der Flagge wären 1817, hier wurde die Fahne beim studentischen Wartburgfest gezeigt, und 1832, das Hambacher Fest, auf dem sich die Einheitswilligen versammelten. Die nicht ganz so erfolgreiche 1848er Revolution wird mit Schwarz-Rot-Gold verbunden, wobei die Entscheidung des Bundestages vor 175 Jahren für die Farben des „Reichspaniers“ aus Sicht der Fortschrittlichen eher ein Unfall gewesen sein dürfte, waren doch die Institutionen des Deutschen Bundes der Hort der Reaktion schlechthin. Daher wird im Geschichtsbuch auch eher selten auf dieses Datum verwiesen, sondern lieber auf die beflaggte Paulskirche als Tagungsort der Nationalversammlung respektive die eine oder andere Barrikade, auf der das angesengte Schwarz-Rot-Gold im Pulverdampf weht. Immerhin sahen sich im März 1848 sowohl der preußische König Friedrich Wilhelm IV. als auch der österreichische Kaiser Ferdinand I. (der allerdings wenig später in den Vorruhestand trat) genötigt, Schwarz-Rot-Gold als Symbol der Revolution widerwillig ihre Reverenz zu erweisen.

Die Sache mit dem „Reichspanier“ hatte sich dann tatsächlich bereits wenige Jahre später erledigt, bis hin zu Verboten der Flaggenfarben. Nichtsdestotrotz erfreute sich Schwarz-Rot-Gold verschiedentlich großer Beliebtheit, zum Beispiel bei jenen, die damals großdeutschen Vorstellungen anhingen. (Für die, die jetzt zusammengezuckt sind: Großdeutsch meint hier die Bildung des Nationalstaates incl. Österreichs – eine Lösung, der ein Herr Bismarck, der in diesen Fragen über einen gewissen Einfluss verfügte, nichts abgewinnen konnte.)

So richtig Nationalflagge wurde das Ganze erst 1919, Artikel 3 der Verfassung der sogenannten Weimarer Republik legte fest: „Die Reichsfarben sind schwarz-rot-gold.“

Nicht nur die Freunde der kurz zuvor versunkenen Monarchie (genauer: Monarchien, davon gab es in Deutschland bis 1918 mehrere) wurden nicht so recht warm mit dem zwar nicht neuen, aber nunmehr offiziellen Symbol. Im letzten, derzeit anhaltenden Anlauf wurde Schwarz-Rot-Gold dreißig Jahre später noch einmal zur deutschen Nationalflagge erklärt.

So ganz angekommen ist Schwarz-Rot-Gold allerdings nie, auch nicht mit und nach der Einheit des Jahres 1990. Für ein großflächiges Fahnenmeer mit allgemein gebilligtem guten Gewissen bedurfte es einer mit dem albernen Wohlfühletikett „Sommermärchen“ versehenen Fußballweltmeisterschaft im eigenen Land. Aber auch das Vehikel Fußball dürfte ausgedient haben, hier setzt man, sofern nicht gerade am Persischen Golf gespielt wird, mittlerweile lieber auf eine größere Farbvielfalt.

Dass ein Regierungschef seinen Ekel gegenüber der eigenen Fahne demonstrativ zum Ausdruck bringt, millionenfach via Fernsehen nachverfolgt, und dann noch weitere acht Jahre im Amt ist, dürfte ohne Beispiel sein. In Deutschland, wo so vieles und immer mehr möglich ist, wurde es im September 2013 durch eine gerade wiedergewählte Frau unter dem feixenden Beifall von CDU-Granden praktiziert.

"Genau hier"

Inzwischen erklärt auch der Bundespräsident manche Liebhaber der Farben für suspekt. Der charismatische Herr Steinmeier führte im November 2020 aus: „Schwarz-Rot-Gold, das sind die Farben unserer demokratischen Geschichte, die Farben von Einigkeit und Recht und Freiheit. Wir dürfen nicht zulassen, dass sie von denen vereinnahmt und missbraucht werden, die neuen nationalistischen Hass entfachen wollen. Wer die parlamentarische Demokratie und die Menschenrechte verachtet, der hat kein Recht, sich auf diese Farben zu berufen!“ Vulgo: Leute, lasst die Finger davon!

Da fällt es kaum noch ins Gewicht, wenn sich eine frisch in den Bundestag (gemeint ist jetzt das derzeitige Parlament) eingezogene Abgeordnete ein Jahr später über schwarz-rot-gold als „hässlichstes Festivalbändchen aller Zeiten“ erbricht.

Um die Schlaglichter zum 175. Schwarz-Rot-Gold-Jahrestag positiv zu beschließen: Es gab auch andere Äußerungen, die noch gar nicht so weit zurück liegen. Pfarrer Gauck schreibt in seinen Erinnerungen (die er allerdings verfasste, bevor er ins höchste Staatsamt gespült wurde, von wo aus er „Dunkeldeutschland“ ausmachte, hernach den Verweigerern von medizinischen Selbstversuchen den Status von „Bekloppten“ zuerkannte und auf seine alten Tage seine wehrfreudige Natur entdeckte), über einen Tag im Mai des Jahres 2010, den Tag der Wiederwahl Horst Köhlers zum Bundespräsidenten: „Ich setzte mich auf die Mauer vor dem Reichstag, hinter mir weht die schwarzrotgoldene Fahne. ‚Komm‘, sage ich zu meiner Begleiterin, ‚nimm den Fotoapparat und fotografiere mich.‘ Die Frau ist intelligent und aus dem Westen, sie sagt: ‚Aber doch nicht hier, vor dieser Fahne!‘ ‚Doch‘, sage ich, ‚genau hier!‘“ Man liest und staunt.

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Sabine Heinrich / 09.03.2023

Und wieder muss ich an den Auftritt des kommunistischen “Liedermachers” Konstantin Wecker beim Tanz- und Folkfest (TFF) 2006 in Rudolstadt (längst modisch umbenannt in Rudolstadt-Festival) denken. Damals hatte die Euphorie wegen der bei uns ausgetragenen Fußball-WM das ganze Land erfasst - überall fröhliche , offene Menschen - und Deutschlandfahnen und -farben wirklich allüberall. Darüber klagte nörgelnd der rote Herr Wecker. Damals erhielt er nur gebremsten Applaus - wie wäre es wohl heute, wo die Musikszene und ihre Liebhaber mehr und mehr (so scheint es mir) von Linken dominiert wird? - Heute? Regenbogenfahne - Hui! Deutschlandfahne - Pfui! Diese Entwicklung schreitet m.E. leider voran.

RMPetersen / 09.03.2023

Der Herr Bismarck hätte theoretisch durchaus eine großdeutsche Lösung mit Österreich akzeptiert, leider hingen an Östzerreich eine ganze Reihe von problematischen, nicht-deutschen Staaten. Ungarn und etliche Gebiete im heutigen Rumänien, der heutigen Ukraine - und zum Balkan hin wird es noch unübersichtllicher. Einen deutschen Staat hätte man damit nicht begründen können, das wusste nicht nur Bismarck, sondern auch Franz Joseph I.. Es wäre Mischung aus Imperium und Operettenstaat geworden, ein “Preussisch-Maghrebinien”.

Dirk Jungnickel / 09.03.2023

Hoffentlich gehe ich nicht “irrwitz-dacore” - aber angesichts dummlinksgrüner Deutschlandhasser, die sich in höchste Ämter hochgemogelt haben, erwarte ich mit Schaudern, dass Zeiten anbrechen, wo im Faeserschen Sinne Mitbürger wegen Rechtsextremismus angezeigt   werden, die tatsächlich ihren Garten noch mit einer Deutschlandfahne beflaggt haben.

Matthias Ditsche / 09.03.2023

Das Original der Jenaer Urburschenschaft hängt übrigens im Palas der Wartburg. Es ist sicher kein Zufall, daß die Farben in der Frankfurter Paulskirchenversammlung wieder aufkam, waren doch viele der daselbst zugegengewesenen Professoren und Gebildeten Teilnehmer im Kampf gegen Napoleon, des Wartburgfestes und auch des Hambacher Festes. Die Burschenschaften wurden damals wie heuer wieder unter Generalverdacht gestellt, nicht die richtige Gesinnung zu haben. Sie wollten nämlich ein vereintes Vaterland. Mich deucht, daß Schwarz Rot Gold hinfort ebenso verfemt sein wird, wie Bismarck oder das Kaiserreich. Das Wegwerfen deutscher Symbole konnte durch Merkel nicht schlimmer zelebriert werden, nicht einer der dumm rumstehenden CDU Lakeien hat auch nur gezuckt.

Helmut Driesel / 09.03.2023

  Na ja, Dunkeldeutschland, Rotdeutschland und Goldstück-Deutschland. Ich weiß jemanden, der hat die Ährenkränze, die 1990 aus dem Schwarz-Rot -Gold herausgeschnitten wurden, aufgehoben. Man weiß ja nie. Wie wäre es denn mit einer weißen Fahne? Das kommt immer gut an. Vielleicht mit einer grünen Gender-Erbse oben in der Ecke.

Rainer Irrwitz / 09.03.2023

Deutschland ist die Definition eines failed states und wir müssen es akzeptieren, Die wenigen Jahrzehnte in denen die Freiheit, das Recht und ein wenig auch die Einigkeit gediehen, sind vorbei und werden eine kuriose Randnotitz in unserer Geschichte bleiben. Mit wehenden Fahnen hinein in den nöchsten totalitären Faschismus, angeführt von Personen die zu dumm sind sich die Schuhe zu binden aber ideologisch, ja ideologisch macht denen keiner was vor. Die Zeit das Ruder herum zu reissen ist abgelaufen, und das hätte auch noch so etwas wie ein “deutsches Volk” mit gesunder demografischer Zusammensetzung vorausgesetzt. Den Prozess der Umvolkung macht niemand rückgängig, eigentlich ist es ja auch eher das Gegenteil einer ethnischen Säuberung, und die Alten die noch denken konnten haben jetzt Spikes im Herzen und im Hirn und verstehen gar nicht wie es vor lauter Bessermenschentum so weit kommen konnte!

Andreas Elmshorner / 09.03.2023

Wenn nicht gerade Regenbogen oder Blaugelb aufgepflanzt werden, dann EUblau mit Freimaurerkranz. Nein danke. Ich mag das Schwarz-Rot-Gold. Als ewiggestriger Monarchist hätte ich auch gegen Schwarz-Weiß-Rot der Kaiserzeit nichts einzuwenden, aber derzeitige Bundesfahne der Deutschen geht schon in Ordnung. Was den im Artikel erwähnten Herrn Bismarck betrifft, “der in diesen Fragen über einen gewissen Einfluss verfügte, nichts abgewinnen konnte”, hätte aber erläuternden Absatz verdient. Vielleicht wäre die “großdeutsche Lösung” tatsächlich besser gewesen als die “kleindeutsche”, aber mit K. u. K.  in einem Reich wären Dauerkonflikte bis hin zu Bürgerkriegen programmiert gewesen, das hatte der weise Fürst weitsichtig vermieden. Am besten gefällt mir zu Schwarz-Rot-Gold ohnehin die von @Clemens Orschel / 09.03.2023 zitierte Deutung Gunter Gabriels.

Dirk Göske / 09.03.2023

Dieses Symbol ist gründlich und auf ewig entweiht und beschmutzt nachdem die vaterlandslose Dauerleihgabe aus den Tiefen des Stalinismus sie mit ihren Klauen besudelt hat.

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