Peter Grimm / 02.10.2023 / 16:00 / Foto: Tsui / 54 / Seite ausdrucken

Die Böhmermann-Transparenz

Jan Böhmermann reagiert auf die Veröffentlichung seines Mega-Gehalts mit einem kurzen Satz und sagt damit mehr über den Zustand der Staatsvertrags-Sender, als ihm und den Seinen wahrscheinlich lieb ist.

Zuerst hatte die Welt am Sonntag unter Bezug auf eine Vereinbarung, die das ZDF und Böhmermann Ende 2022 getroffen haben sollen, berichtet, dass der Moderator dieses Jahr stattliche 651.000 Euro plus Mehrwertsteuer vom Gebühren-Sender bekommt. Im Jahr 2024 sollte sein Gehalt demnach sogar noch einmal um 31.000 Euro angehoben werden. Im Jahr 2025 solle Böhmermann dann nach einer weiteren Erhöhung unterm Strich 713.000 Euro erhalten. Das wären über 59.000 Euro im Monat – so viel wie eine durchschnittliche Familie in Deutschland im ganzen Jahr zur Verfügung hat, meldet rp-online.de und berichtet, dass sich Böhmermann offenbar selbst dazu geäußert hat. Und gab es ein Dementi? Muss Böhmermann vielleicht doch mit ähnlich kargen Honoraren auskommen wie die allermeisten freien Mitarbeiter, die das Programm der Gebührensender praktisch am Laufen halten? Bestimmt nicht. Auf X (Twitter) habe er geschrieben: „Diese von der Springerpresse herbeispekulierten, kolportierten Honorare sind komplett falsch und haben absolut nichts mit der Realität zu tun! Würden diese Zahlen stimmen, wäre ich längst wütend zum Privatfernsehen gewechselt!“

Was will er damit sagen? Dass er sich mit den erwähnten Honorarhöhen noch unterbezahlt fühlen würde? Es mag ja sein, dass die Honorarhöhe, von der die Welt berichtet, nicht auf den Cent genau stimmt. Aber dieses Statement liest sich dennoch wie ein billiges Schein-Dementi. Vielleicht hofft er ja, dass sein Satz in der ihm gewogenen Presse ironisch gedeutet wird, aber wenn etwas anderes herauskommt, hat er immerhin nicht gelogen. 

Man wird sehen, ob die Springer-Kollegen dranbleiben, so wie seinerzeit die Rechercheure vom Business Insider an der gierigen RBB-Intendantin Patricia Schlesinger. Es ist zu hoffen, denn diejenigen, die zur Beitragszahlung für die Staatsvertrags-Sender gezwungen sind, sollten wissen, was mit dem ihnen abgepressten Geld geschieht. Ebenso sollten es die vielen schlechter bezahlten Mitarbeiter der Sender wissen und die Auftragsproduzenten, die um jeden Euro mit den Anstalten feilschen müssen.

Böhmermann hat also mit einem Satz reagiert, mit dem er nichts gesagt hat. Nein, das stimmt nicht. Er hat seine Verachtung gegenüber den Gebührenzahlern gezeigt, die ihn finanzieren müssen, ob sie wollen oder nicht. Die haben zu zahlen, nicht zu fragen. Es ist wohl nicht ernsthaft zu erwarten, dass Jan Böhmermann ihnen, also der Öffentlichkeit, die vielbeschworene Transparenz zuteil werden lässt und sein Einkommen aus Gebührengeld offenlegt.

Das System der Staatsvertragssender verlangt ja gerade mehr Geld und beweist zeitgleich wieder, dass es damit offenbar nicht sachgerecht umgehen kann. Was sind all die schönen Transparenz-Töne wert, mit denen der Unmut der Gebührenzahler nach der Schlesinger-Affäre besänftigt werden sollte? Nichts. In seiner gegenwärtigen Verfasstheit zeigt sich das System der Staatsvertragssender immer wieder als nicht reformierbar. Das wird sich nicht ändern, solange diejenigen, die zahlen müssen, gegenüber den Zahlungsempfängern rechtlos sind. Die Gebührenzahler brauchen klare Mitbestimmungrechte und / oder das Recht, die Gebührenzahlung einzustellen. Alles andere ist einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft unwürdig.

 

Peter Grimm ist Journalist, Autor von Texten, TV-Dokumentationen und Dokumentarfilmen und Redakteur bei achgut.com

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Leserpost

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Werner Arning / 02.10.2023

Der Herr ist jeden Pfennig wert, Ich würde sogar vermuten, er ist unterbezahlt. Man weiß genau, warum man wen gut bezahlt. Und dass da nicht mehr fließt, wundert mich.

Siegfried Etzkorn / 02.10.2023

Lieber Christoph Schrief, was genau finden Sie an Kritik an den mutmaßlichen Honoraren von Herrn Böhmermann aus Rundfunkbeiträgen entmenschlicht? Ich sehe schon, dass die Kunst im Auge des Betrachters liegen mag. Allerdings hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk einen bestimmten Auftrag und eine Verantwortung für die Verwendung öffentlicher - sprich der Bürger - Mittel, um diesem nachzukommen. Dazu gehört es sicher nicht, einen Comedian um jeden Preis zu halten oder zu pampern. Und: Böhmermann ist nicht Harald Schmidt. Und wenn er es doch meint, dann möge er sein Glück bei den Privaten versuchen.

MarcusCato / 02.10.2023

Das löst sich von selbst, wenn niemand mehr von Halbaffen gemachte Sendungen aufdreht.

Rainer Hanisch / 02.10.2023

@Dirk Jungnickel / 02.10.2023: DIE EINZIGE DEMOKRATISCHE ALTERNATIVE : NEUWAHLEN - JETZT ! —Na, Herr Jungnickel, träumen Sie weiter! Auch “Neuwahlen” ändern nicht das Geringste am Zustand in Doofland. Es kommen nur die nächsten Vollidioten an die Macht.

Volker Altenähr / 02.10.2023

Für diesen Schmutzfinken ist schon ein sehr geringes Honorar zuviel

Paul Ehrlich / 02.10.2023

Erst wenn der Kühlschrank wichtiger als der Fernseher ist,, dann ändert sich hier was.

Christoph Schrief / 02.10.2023

Geht’s noch schlimmer hier? Wie entmenschlicht sind hier die Leserkommentarschreiber eigentlich inzwischen? Liest denn niemand mehr die Kommentare im voraus? Oberpeinlich. Nebenbei: Harald Schmidt wäre für die paar Kröten nicht vor die Kamera getreten.

Siegfried Etzkorn / 02.10.2023

Wenn die Zahlen halbwegs stimmen, ist es ein Skandal. Böhmermann hat durchaus seine witzigen Momente gehabt, aber so wenig ich Wert darauf lege, Nachrichten unbedingt von Claus Kleber oder Marietta Slomka höchstpersönlich vorgelesen zu bekommen, so wenig lege ich darauf, dass ausgerechnet er im TV irgendwelche Witze quält. Zumal die Witzigkeit nachgelassen und die politische Agitation zugenommen hat. Gerade neulich hat er geradezu larmoyant moniert, wie hart doch das Leben als “Satiriker” sei und dass er immer von allen auf die Nuss bekomme, denen seine Beiträge nicht passen. Vielleicht war das in seinen Augen auch wieder “Satire” oder vielleicht sogar “Meta-Satire”. Es ist auch nicht so, dass Satiriker mehr dürften als andere Menschen. Einen derben Scherz dürfen wir alle machen, ohne einem bestimmten Beruf anzuhängen. Die gesetzlichen Grenzen, bei denen es in Straftaten wie Beleidigung oder Volksverhetzung ausartet, sind für alle gleich. Es gibt insoweit kein Privileg für Medienschaffende. Die zweite Seite ist das ZDF: Warum bieten sie B. mehr Gehalt? Hat er neue Aufgaben übernommen? Wollte er weg? Was wäre an Letzterem schlimm für die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Rundfunkauftrags? Von EUR 651k im Jahr kann man schon knapp eine Familie ernähren. Warum also auf EUR 713k aufstocken statt ihn brausen zu schicken? Und das, während eigentlich Kosteneffizienz gefragt wäre. Ich neide grundsätzlich niemandem sein Gehalt und interessiere mich grundsätzlich auch nicht dafür. Nur wenn viel Geld der Bürger dafür ausgegeben wird, würde ich vom Sender eine Stellungnahme erwarten, die das Vertrauen herstellt, dass dies von vernünftigen Gründen getragen ist (die auch heißen mag, dass B. Quote bringe und unverzichtbar sei). Nur ist dies im Moment im System der Beitragsermittlung: Bedarfsanmeldung durch die Sender, deren faktisches Abnicken durch die KEF und dann nur begrenzte Möglichkeit der Länderparlamente, diesen Bedarf zu hinterfragen, nicht angelegt.

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