Dirk Maxeiner / 04.08.2019 / 06:25 / Foto: Anders Hellberg / 87 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Komm gesund zurück, Greta!

Greta Thunberg segelt nach Amerika. Und wissen Sie was: Ich finde das eine durch und durch gute Idee. Nein, ich meine nicht den Propaganda-Part des Turns, bei dem sich einige sehr reiche Leute mit Hilfe des jungen Mädchens als Klimaretter in Szene setzen. Aber auch die haben das Recht auf ein bisschen Heuchelei. Karbon-Rennyachten wie die „Malizia 2“ sind Spielzeuge für Multimillionäre und Millardäre und bestehen, wie der Name schon sagt, fast komplett aus Kohle(!)-Faser-Werkstoffen, die schon bei ihrer Herstellung den ökologischen Fußabdruck einer Mammut-Herde hinterlassen. Man braucht also gleich in zweifacher Hinsicht Kohle für diese Art der Mobilität. Das ist aber immerhin noch glaubwürdiger als die Protz-Motoryachten und Privatjets, mit der sich die Klima-Snobiety vergangene Woche auf Sizilien zu einer Google-Privatparty traf, um die Welt zu retten. Aber darum geht’s heute nicht (Haue gibt’s ab Montag wieder). Es geht um was anderes.

Ich fände es toll, wenn all die jungen Leute, die sich da bei Fridays for Future engagieren, auch über den Atlantik segeln könnten. Nicht, damit wir sie gut los sind, sondern damit sie erwachsener zurückkommen. Greta segelt mit ihrem Papa, einem Kameramann und einem Skipper, noch besser wäre es ohne Papa und Kameramann. Die ganz harte Nummer brachte beispielsweise Laura Decker, die 2012 mit gerade mal 16 Jahren als jüngste Seglerin aller Zeiten solo die Welt umsegelte. Sie sagt:  „Eltern wollen ihre Kinder in jeder Lebenslage und am liebsten für immer beschützen. Aber jeder Mensch will und muss irgendwann sein eigenes Leben leben. Und wer bis dahin noch keine eigenen Erfahrungen gemacht hat, ist aufgeschmissen“, Eltern sollten ihre Kinder Außergewöhnliches erleben lassen. „Jeder muss lernen, sich zu trauen und auch mal zu scheitern.“

Ein schöner und wahrer Spruch heißt: „Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand“. Da draußen ist der Mensch auf sich selbst zurückgeworfen und lernt eine gewisse Demut vor den Kräften der Natur. Sturm und Wind, Wellen und Gezeiten, der Anblick der Gestirne über den endlosen Weiten der Meere, all das ist geeignet, die eigene Bedeutung ein wenig zurückhaltender einzuschätzen.

„Da sind mächtigere Kräfte im Spiel“ 

Der Mensch ist noch nicht sehr lange an Bord des Raumschiffs Erde, das seine Bahn um die wärmende Sonne zieht – und mit ihr gemeinsam durch die Galaxie reist. Die Erde dreht sich mit einer Geschwindigkeit von 1.600 km/h wie ein Kreisel um die eigene Achse und zieht mit 100.000 km/h ihre jährliche Ellipse um ihre weiß glühende Zentralheizung. Im Verlauf der letzten 500 Millionen Jahre haben sich dabei sogar die Reisezeiten geändert: Das Jahr hat sich von über 400 Tagen auf 365 Tage verkürzt,  die Tageslänge ist von 20 auf 24 Stunden angestiegen. Wir sind Teil einer ziemlich dynamischen Reisegruppe, denn im Laufe der Zeit schwankt nicht nur die Aktivität der Sonne, auch der Neigungswinkel der Erdachse ändert sich, der Planet wackelt und trudelt. All dies verändert die Wärmeeinstrahlung auf den Planeten und damit das Klima. 

Kleine grüne Männchen außerhalb unseres Sonnensystems könnten außerdem Folgendes beobachten: Die Sonne kreist schneller um das Zentrum der Milchstraße als der gleißende Strudel ihrer Spiralarme. Deshalb durchquert sie immer wieder diese vier hell leuchtenden Spiralarme – in einem Rhythmus von etwa 135 Millionen Jahren. Wenn da draußen beschlossen wird, dem Planeten eine Eiszeit oder eine Superwarmzeit zu bescheren, dann werden wir leider nur zuschauen können. Kary Mullis, Nobelpreisträger für Chemie, und wissenschaftliches Enfant terrible, hat das einmal so formuliert: „Hey, sind zum Ende der letzten Eiszeit die Gletscher geschmolzen, weil die Leute zu viele Lagerfeuer angezündet haben? Nein, und auch die nächste Eiszeit werden nicht wir Menschen verursachen. Da sind mächtigere Kräfte im Spiel.“ 

Man kommt arg ins Grübeln auf hoher See. Welches ist denn eigentlich das richtige Klima? Das vor 135 Millionen Jahren? Das vor 12.000 Jahren? Oder das vor 8.000 Jahren? Oder das von 1931 bis 1960, das die Welt-Meteorologen-Organisation (WMO) zur „Klimanormalperiode“ erklärt hat?

Unser heutiges Klima ist letztendlich ein winziger Punkt auf dem Zeitpfeil der Erdgeschichte und der Evolution, der vor etwa vier Milliarden Jahren beginnt. Dem Stand der Dinge nach wird er sich noch eine Weile fortsetzen, bis die Sonne sich eines Tages zu einem roten Riesen aufbläht um danach zu verlöschen. Vielleicht kollidiert unsere Milchstraße aber vorher auch mit der Andromeda-Galaxie. Zum Trost: Das wird vermutlich noch ein paar Milliarden Jahren dauern. Zu allen Zeiten haben Seeleute vor den Urgewalten gedanklich Bilanz gezogen und endeten in Demut gegenüber einer Natur, die auf einer gigantischen Skala operiert. Das heißt nicht, dass man sie nicht schützen sollte, die Plastikteppiche auf den Weltmeeren sind ja ein sichtbar menschengemachtes Problem. Sie holen den Seefahrer gewissermaßen zurück in den Mikrokosmos.

Verlernt, sich mit etwas Abstand von außen zu sehen 

Wer nicht das Privileg hat, eine so wunderbare Reise wie Greta zu machen, kann aber zumindest einmal einen Globus zur Hand nehmen und sich ein paar Relationen zurück ins Gedächtnis rufen. Deutschland ist ein winziger Fleck in Europa, der Vergleich zu Afrika ist wie der zwischen einer Fliege und einem Elefanten. Nach Fläche rangieren wir an 62. Stelle der Länder, nach Größe der Bevölkerung auf Platz 19. Der Gedanke, das  dieses Inselchen Afrika, die Welt oder gar das Klima retten könnte, zeugt davon, dass man offensichtlich verlernt hat, sich selbst mit etwas Abstand von außen zu betrachten. 

Auch wenn die Position auf hoher See heute nicht mehr von einem Sextanten über den Stand der Gestirne, sondern mit einem Satelliten per GPS ermittelt wird, so begreift der Seereisende doch sofort: Du bist nicht der Mittelpunkt des Universums. Auch wegen dieser Erkenntnis wünsche ich jedem jungen Menschen die Gelegenheit zu einem ausgedehnten Segelturn. Gute Reise Greta, und komm gesund zurück.

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

Foto: Anders Hellberg CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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Georg Caltern / 04.08.2019

Ich finde, dass das Boot nicht den idealen Namen trägt. „Die Böse“ ist nicht ganz falsch, aber „Insania“ oder „Cerritia“ würden es deutlich besser treffen. Zur Not ginge „Dementia“ auch noch.

Wolf von Fichtenberg / 04.08.2019

Vielleicht “sieht” sie - bei der Atlantiküberquerung - neben dem CO² auch den Golfstrom. HEY: STROM! Ganz von alleine… Der ist einfach da, dieser Strom. Idee: Wir leiten diesen Strom um und das Strom/Energieproblem ist gelöst.. Nein, ich bin nicht bei den Grünen, obwohl diese Erkenntnis darauf hindeutet. Vielleicht findet Greta unterwegs ja auch den Klabautermann (gehört zur Gattung der Kobolde) . Ihn kann sie dann ja mal für die/den Grünenchef*in Analena fragen, wo sich denn das Element Kobold versteckt. Vielleicht im Netzspeicher…..?

Reinhold Mohr / 04.08.2019

Sehr geehrter Herr Dirkheimer, Sie haben je recht mit Ihrer beeindruckenden Schilderung der kosmischen Einflüsse auf das Erdklima. Gewiss hat es sich schon oft geändert, aber noch nie so schnell wie seit der Industrialisierung. Und das ist doch das Problem: Wir müssen nicht die Erde retten, wohl aber unsere Lebensmöglichkeiten auf ihr. Sonst bricht unsere gesamte Zivilisation zusammen. Es wird sich ein neues Gleichgewicht einstelle, bei dem Milliarden Menschen in den Tropen und Subtropen durch Dürre und Überschwemmungen ihre Existenz verlieren und fliehen müssen- wohin wohl?

Andreas Rochow / 04.08.2019

Panik-Greta ist eine zum Verzweifeln jämmerliche Version der “Pioniere des Wandels”, die uns mit ideologischem Treibstoff 7/24 einbleuen, dass die gepriesene “Große Transformation” nur undemokratisch, also per Bürgerkrieg zu haben ist. Sie wird in den Staaten auch auf jene Bürger/Demokraten treffen, die auf die VW-Werbung für “sauberen Diesel aus Deutschland” hereingefallen waren. - Persönlich wette ich um eine Tankfüllung Biodiesel, dass sie für die Rückreise nicht die Segelyacht wählen wird - die Termine! Allein die Absicht, den Atlantik zu überqueren, war PR vom Feinsten. Wir haben ja keine anderen Sorgen. Greta darf nicht im Sommerloch verschwinden.

Sanne Weisner / 04.08.2019

Nun ist die Krankheit halt da, also kann sie auch bleiben. Denn Geisteskrankheiten und Persönlichkeitsstörungen sind etwas hartnäckiger als Husten, Schnupfen oder Noroviren. Und Schiffreisen mit Geschäftemachern, Virtue Signalisierern und notgeilen Schnöseljuppis tragen weit weniger zur Heilung und Gesundung bei als z.B, ein Jahr Kühehüten auf einer Alpe.

Fanny Brömmer / 04.08.2019

Ich bin auch dafür, dass dumme Gretel allein auf den Atlantik zu schicken. Nein, nicht damit sie Demut lernt, dafür ist sie psychisch zu speziell. Nein, ich hab in einem Artikel der Heiligen Muttergottes, also der Mutti vom Gretel, gelesen, dass das Gretel zwar CO2 sehen, aber nicht allein essen kann. Wenn man der nicht jeden Krümel mit stundenlangem Betteln einzeln rein schwatzt, dann isst die nicht. Wie lange dauert so ein Segeltörn über den Großen Teich? Eben. Also lasst sie umwelt - und vor allem gesellschaftsverträglich allein segeln.

Sonja Bauch / 04.08.2019

Der Co-Skipper dieser Reise ist Pierre Casiraghi, der Sohn von Prinzessin Caroline von Monaco. Obwohl er unter besseren kliamtischen Bedingungen lebt, er muss nicht heizen, hat dieser junge Mann wahrscheinlich einen etwas größeren CO2 -Fußabdruck als Greta.

Paul Siemons / 04.08.2019

Ich bin erstaunt. Von der Heiligen Greta hätte ich erwartet, dass sie übers Wasser wandeln oder das Meer mit einer mächtigen Geste teilen kann. Gut, der Weg nach Amerika ist zu Fuß etwas weit, aber auch wieder nicht so weit wie die Rettung der Erde durch CO2 Einsparung und Dieselverbot in Deutschland.

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