Dirk Maxeiner / 05.08.2018 / 06:25 / Foto: RIA Novosti / 23 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Karussell mit Hendrika

Haben Sie schon mal einen Reisebus eingeparkt? Ich auch nicht. Aber so was ähnliches. Nur deutlich größer. 17 Meter lang. So schwer wie ein Leopard-Panzer. Ist aber zuverlässiger als die Bundeswehr. Und das seit über 100 Jahren. Ich will den Leser nicht allzu sehr auf die Folter spannen und verrate schon mal: Man kann damit segeln. Nein, es ist keine Transall-Maschine der Luftwaffe, die haben erst rund 60 Jahre auf dem Buckel. Die bekannteste heißt übrigens Else und flog bisweilen die Ursula durch die große, weite Welt. Jetzt wird die treue Maschine nach 12.872 Flugstunden und 14.121 Landungen ausgeschlachtet. Schnief. Ob es eine Luftwaffe nach Else gibt, gilt unter Fachleuten als unwahrscheinlich.

Das Gerät, um das es hier geht, heißt jedoch nicht Else sondern Hendrika. Es kann auch nicht fliegen, dafür aber schwimmen. Es handelt sich um eine Tjalk und ist ein historischer holländischer Wattensegler für flache Küsten- und Binnengewässer. Es wurde für Transporte aller Art eingesetzt und befördert heute Achse-Autor Manfred Haferburg, der seine Affäre mit Hendrika auf Achgut.com bereits ausführlich beschrieb.

Da Achgut.com die Vorherrschaft auf sämtlichen Weltmeeren anstrebt, übt Haferburg schon mal auf dem Sneekmeer. Also begaben sich die Generalinspekteure Broder und Maxeiner zu einem Truppenbesuch nach Friesland. Manfred Haferburg trat vollzählig an und beförderte uns in einen winzigen Hafen mit angeschlossener Kneipe. 

Dort mussten wir parken oder besser: Anlegen. Dazu muss man wissen: Hendrika in ihrem Lauf, hält weder Ochs noch Esel auf. Deshalb bedarf es seherischer Fähigkeiten und einer gewissen Vorahnung für den Kurs, den Hendrika einzuschlagen gedenkt. Hilfreich sein können auch sogenannte „präkognitive Träume“. Allerdings meint Wikipedia: „Ein Problem von präkognitiven Träumen ist, dass sie in der Regel erst im Nachhinein als solche erkannt werden und somit nicht als Voraussagen angesehen werden können“.

Mit Hilfe engagierter Niederländer, die Taue an Land auffingen, gelang es der Mannschaft schließlich, das Schiff fest auf der rechten Seite des Hafens zu vertäuen. Wer ein solches Landemanöver mit einer Mannschaft namens Broder und Maxeiner überstanden hat, wird übrigens schlagartig zum Anhänger von Law and Order. 

Karussells drehen meist links herum

Hendrika erschüttert das alles nicht, sie war auch in ihrem ursprünglichen Leben ein Vergnügungsdampfer. Auf Ihrem Deck thronte ein Kinderkarussell, mit dem der Eigner über die friesischen Kanäle von Dorf zu Dorf tingelte. Da fliegen dem Passagier die Assoziationen gleichsam mit dem Wind zu. Jedenfalls schaute ständig die Politik durch die Luke. 

Der früheste Bericht über Karussells stammt aus dem ehemaligen Osmanischen Reich. Später im Mittelalter wurden damit auch Ritter trainiert. Sie nahmen außen auf dem Karussell Platz und mussten versuchen, die um das Karussell angeordneten Ringe mit ihrer Lanze zu durchstechen. Da die meisten Menschen Rechtshänder sind und deshalb die Lanze in die rechte Hand nahmen, drehten sich diese Karussells entsprechend stets gegen den Uhrzeigersinn. Auch heute noch drehen die meisten Karussells links herum.

Seit ich mit dem Kinderkarussell links herum gefahren bin, weiß ich, dass alles außerhalb dieses Kreises rechts liegt. So läuft das seit Jahrzehnten in der deutschen Politik. Es dreht sich ein Karussell aus Lichterketten, Peace-Fahnen, Palästinensertüchern und Willkommens-Bärchen links herum im Kreise. Wer da nicht aufspringt, so viel ist sonnenklar, muss zwangsläufig rechts stehen. Das Karussell ist prima besetzt. Politiker, Medien, Gewerkschaften, Verbände, Kirchen und Nicht-Regierungsorganisationen klammern sich an den besten Plätzen fest. Besonders beliebt ist die rote Feuerwehr, die sich bimmelnd im Kreis dreht und deren Besatzung ständig ruft: Gefahr von rechts, Gefahr von rechts! Denn rechts, da lauern die Brandstifter. 

Der Unisex-Feuerwehrschwan

Als Kind bin ich auch immer gerne mit der Feuerwehr gefahren. Oder dem Polizeiauto. Wahlweise auch mal Hubschrauber oder Sputnik geflogen. Pferde und Schwäne mochte ich nicht, da saßen die Mädchen drauf. Das sortierte sich sozusagen von selbst.  Heute würde man sagen: Fehlgeleitete Eltern oktroyierten ihrer Brut vorgefasste Karussell-Rollenbilder auf. Der Unisex-Feuerwehrschwan wird ein kleiner Schritt für das Schaustellergewerbe sein und ein großer für die Menschheit. 

Ich erinnere mich auch noch daran, wie konzentriert ich das Lenkrad des Feuerwehrautos bewegte. Ich wusste ja nicht, dass es dem Karussell völlig wurscht war, in welche Richtung ich lenkte. Das war gewissermaßen eine frühe politische Erfahrung. Ist seitdem nicht besser geworden. Egal was ich wähle, das Karussell dreht sich ungerührt weiter links herum. 

Tröstlich, dass es den 709 Bundestagsabgeordneten offenbar nicht viel besser ergeht. Und nicht nur denen, sondern der ganzen Nomenklatura, die die linksdrehende Politiksäure anrührt. Die Herrschaften fahren nämlich Kettenkarussell, nur wissen sie es noch nicht.

Und zwar auf eine ganz besondere Weise. Als Sinnbild dafür wird gerne eine Episode zitiert, die sich auf einem Volksfest abgespielt haben soll. Eine Gruppe angeheiterter Besucher bestieg nach einer Zechtour zu mitternächtlicher Stunde ein verlassenes Kettenkarussell. Einer setzte das Fahrgeschäft mit einem Hebel in Bewegung und sprang als letzter auf. Juchzend drehte sich die Runde immer schneller im Kreise – bis ihnen klar wurde, dass sie das Karussell nicht mehr anhalten konnten. 

Der Schausteller fand die Besatzung am nächsten Morgen benommen kreisend vor. So setzt der Mensch immer wieder Bewegungen in Gang, die er nicht mehr zum Stillstand bringen kann. Das gilt offenbar für die Innen- und Zuwanderungspolitik genauso wie für die Eurorettung. Es ist ein gleichsam autokatalytischer Prozess in Gang gekommen, aus dem niemand aussteigen kann. Jemand der den Strom abschaltet, kann offenbar nur von außen kommen. Wäre ja nicht das erste Mal. 

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Wolfgang Kaufmann / 05.08.2018

„So setzt der Mensch immer wieder Bewegungen in Gang, die er nicht mehr zum Stillstand bringen kann.“ — Jene, die das Karussell am heftigsten antreiben, werden nachher am lautesten beteuern, dass sie ja von Anfang an dagegen waren. Aber bis dahin geben wir uns dem moralischen Geschwindigkeitsrausch hin. Und bitte keine bösen Wörter oder unschönen Bilder; wir wollen schließlich „pfleglich miteinander untergehen“.

Frank Holdergrün / 05.08.2018

Der Mensch lernt zuerst laufen und sprechen. Später erst lernt er stillsitzen und schweigen. Im Karussell studiert er beschwingte Gedankenlosigkeit und jene Massenschreie, die man z.B. bei der Kaisermania in Dresden sehen konnte (gestern Abend aus Versehen zum MDR geschaltet). Rotierend leeres Glücksdenken hat seine Berechtigung, nichts ist schöner als auch dem Geist eine Auszeit zu gönnen. Das linksdrehende Glücksmaschinenkarussell allerdings nimmt täglich mehr Fahrt auf und es wäre kein Wunder, wenn es sich selbst bald in den Orkus schleudert. Claudia Roth kommt mir bei jedem Interview so vor, als wäre sie soeben aus einem zu lange gelaufenen Karussell gefallen.

Klaus Maver / 05.08.2018

@Leo Hohensee ,die Bewegung ist relativ : nur in bestimmten Grenzen, unter bestimmten Gesichtspunkten, von einem bestimmten Standpunkt aus zutreffend und daher in seiner Gültigkeit, in seinem Wert o. Ä. eingeschränkt.

HaJo Wolf / 05.08.2018

In den 1960er Jahren, glaube ich, war es, da standen an Autobahnrändern häufig Schilder mit zwei gezeichneten Fahrspuren, einem Auto auf der rechten und einem, das gerade wohl überholt hatte und vor dem anderen wieder auf die rechte Spur zurück fuhr. Die Überschrift dazu lautete: rechts ist richtig. Das war noch völlig unpolitisch gemeint und sollte an das Rechtsfahrgebot erinnern (wäre auch heute wirklich sehr nötig, wie jeder weiß, der häufiger auf deutschen Autobahnen unterwegs ist). Warum ein Karussell meist links dreht, hat der Autor erklärt. Wirklich sehr hilfreich fand ich allerdings den Vergleich der 709 Abgeordneten mit den offenbar betrunkenen Deppen, die das Karussell nicht mehr anhalten konnten. Hier scheint mir der Kern des Pudels begraben zu sein. Die durchschnittliche Intelligenz linksgrünschwarzer Abgeordneter liegt merklich unterhalb der eines Karussellbremsers. Bedauerlicherweise muss man aus den Ergebnissen der letzten Bundestagswahl schließen, dass auch der durchschnittliche Wähler - oder zumindest die rund 75%, die schwarz, gelb, grün, rot gewählt haben - einen IQ knapp unterhalb der Raumtemperatur besitzt. Was mich zu dem Schluss führt, dass die Deutschen zu einem Volk von arg minderbemittelten Karussellbremsern mutiert sind - q.e.d.

Alexander Brandenburg / 05.08.2018

Ein wunderschöner Artikel mit viel Aufklärung im Text. Was will der Leser mehr? Hier eine kleine Anmerkung: Ja - es gibt doch eine prästabilierte Welt, in der die Linken immer auf der richtigen Seite sind und die Rechten immer auf der falschen Seite. Aufgeklärt, wie wir nun einmal sind, finden wir den Grund dafür nicht in den übernatürlichen Kräften und dem lieben Gott oder der lieben Göttin (man weiß ja nie) und auch nicht in der Drehrichtung des Karussells, sondern in der globalen Wirtschaft. Sie braucht die linken Utopisten, um die Märkte zu vergrößern und den Konsum zu stärken und die Demokratie abzuschaffen und sich als neue Polit- Elite zu etablieren. Hat nicht der Marxismus auch das kommende Paradies von der stufenweise vollzogenen Entfaltung des Kapitalismus abhängig gemacht? Das linke Rad dreht immer nach der Melodie des “fortgeschrittensten” Kapitalismus? Globale Einheitswelt ja, verschiedene Welten nein.

Leo Hohensee / 05.08.2018

Ist klar, die linksdrehenden sind aktiv und in Bewegung - die rechts sind, stehen nur rum und warten und schauen so was und wer vorbei kommt (????) - und wer noch so aufsteigt / einsteigt.

Archi W. Bechlenberg / 05.08.2018

Feuerwehr und Polizeiauto waren auch meine bevorzugten Gefährte. Erstere hatten meist eine kleine Glocke, mit der man tüchtig Lärm machen konnte. Und die grüne Minna ein Ehrfurcht gebietendes Blaulicht. Gerne saß ich auch, falls vorhanden, auf einem Motorrad und stellte mir vor, vom Polizeiauto gejagt zu werden. P. S. Beim Lesen meines heutigen Antidepressivums hatte ich die Vision eines Karussels, bei dem man nicht auf Autos, Pferden oder “ab und zu ein weißer Elefant” sitzt, sondern in Treppenliften.

Richard Kaufmann / 05.08.2018

Hätte auch eine Fabel von Lafontaine sein können. Nicht Oskar - der andere.

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