Dirk Maxeiner / 30.08.2020 / 06:25 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 65 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Die Macht-Besoffenen

Neulich, auf dem Weg von meinem Mütterchen in der Eifel nach Augsburg, zappe ich mich durch die Regionalsender und lande bei einer Radiostation in der Pfalz. Das Verwaltungsgericht in Neustadt, so hieß es in den örtlichen Nachrichten, habe in einem Urteil entschieden, dass ein Mann aus Landau kein Fahrrad mehr fahren darf. Die Stadt hatte das Fahrverbot erlassen, weil der 66-Jährige alkoholisiert auf dem Rad unterwegs war. Die Polizei hatte den Mann angehalten, als er sein Fahrrad durch Landau schob. Bei dem 66-Jährigen wurde ein Wert von 2,2 Promille Alkohol im Blut festgestellt.  

Beim raschen Überschlagen meiner Biografie kam ich zu dem Schluss: Das hätte mir im Laufe meines Lebens auch schon passieren können. Ich bin allerdings sicher, dass ich das Fahrrad nicht geschoben, sondern gefahren hätte. Ist alles eine Frage der Routine. Ich will das Urteil jetzt gar nicht bewerten, weil ich die näheren Umstände nicht kenne. Die Begründung des Gerichtes lautet: Auch wenn der Mann nur einmal alkoholisiert auf dem Rad unterwegs war und obwohl er das Rad für den Alltag braucht, habe die Allgemeinheit ein Interesse an genügend Sicherheit im Straßenverkehr, und die sei bei Fahrradfahren unter Alkoholeinfluss gefährdet.

Komisch, ich musste dabei spontan an den vergangenen EU-Komissionspräsidenten Jean-Claude Junker denken, der zwar kein Fahrrad durch Landau geschoben hat, aber beim NATO-Gipfel 2018 am Umkippen gehindert wurde. Nicht nur Fahrradfahren, sondern auch Politik birgt bekanntlich ein Risiko für die Allgemeinheit. Wobei ich strikt gegen ein Alkoholverbot für Staatslenker bin, beschert der Suff dem gemeinen Volk doch ab und zu durchaus menschliche Momentaufnahmen. Etwa hier, als der französische Ex-Präsident Sarkozy gemeinsam mit Putin ins Glas geschaut hatte und anschließend vor die Presse trat.  

Das Politische hat ja durchaus Sinn für Ironie 

Ab und zu ein Gläschen scheint mir jedenfalls die deutlich bessere Option als Machtbesoffenheit. Wenn es dafür einen Promillewert gäbe, müsste derzeit einer ganzen Riege von Politikern das Fahrradfahren verboten werden. Ein sehr anschauliches Beispiel dafür liefert an diesem Wochenende die Gleichzeitigkeit von zwei Ereignissen, das Politische hat ja durchaus Sinn für Ironie. 

So ermahnte der deutsche Botschafter die herrschenden Kreise in Simbawe (!): „Covid-19 darf nicht als Ausrede benutzt werden, um die fundamentalen Freiheiten der Bürger einzuschränken.“ Ein Ratschlag vom hohen Ross derer, die gerade im eigenen Land „die Zügel anziehen“ und Grundrechte mit dem Vorwand Corona reihenweise außer Kraft setzen. In ihrer Machtbesoffenheit merken sie aber nicht einmal, wie sie mit Schlagseite durch die Fußgängerzone radeln. Ich hoffe sehr, dass die Gerichte ihnen auch das Fahrrad wegnehmen.

 

Von Dirk Maxeiner ist in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er). Portofrei zu beziehen hier.

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Leserpost

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Peter Reindl / 30.08.2020

Recht herzlichen Dank für diesen Einstieg in den Sonntag. Für mich ist es zu spät, ich bin zu alt, um mich von minderintelligenten Politikern hinter die Fichte führen zu lassen. Es wird demonstriert; für unser GG, für meine Kinder und Enkel. Ob bei den Demos Rechtsradikale und Spinner dabei sind? Egal. Lässt sich eh nicht verhindern. Da bleibt uns nur die Ignoranz gegenüber solchen Idioten. 1989 waren es, aus Sicht der damaligen Staatsführung, ja auch rechte Konterrevolutionäre. Lasst uns einfach 1989 wiederholen.

Boris Kotchoubey / 30.08.2020

Erstaunlich, aber in psychiatrischen Lehrbüchern findet man überraschend wenig über diese gefährlichste der Geisteskrankhaiten, den Machtwahn mit dessen Hauptsymptom Verbotsbesessenheit. Das ist, obwohl Psychiater anscheinend eine ausreichende Erfahrung mit dieser Krankheit haben sollten. So wurde dem großen russischen Psychiater Bechterew, nachdem er Stalin untersucht hatte, nachgeholfen, vom Balkon seiner Wohnung runterzufallen. Es bleibt zu hoffen, dass die zur Zeit in vollen Touren laufende Gesichtsmaskenproduktion schnell auf die Herstellung von Zwangsjacken umgestellt werden kann, denn der Bedarf daran ist hoch, eine Impfung gegen Machtwahnsinn ist nicht in Sicht, und das stärkste Medikament, von einem französischen Arzt im Oktober 1789 vorgeschlagen und seitdem mehrmals erfolgreich verwendet, bleibt nur als allerletzte Option.

Heinrich Moser / 30.08.2020

Danke für den Link auf YouTube. Ich habe dadurch (zufällig) 2 Videos von Victor Borge gesehen und mich köstlich amüsiert.

Sam Lowry / 30.08.2020

Eine Parabel: Letztes Wochenende schob ich betrunken mein Fahrrad und fiel so unglücklich auf den Lenker des umgestürzten Fahrrades, dass eine Rippe unter der rechten Achsel noch heute schmerzt, da gebrochen. Egal. Als ich damals betrunken fuhr und stürzte, brachen die Rippen etwas tiefer. Da dachte ich mir, geh zum Arzt und lass mal röntgen, ob die wieder heile sind. Da sprach der Arzt: “Die Rippen sehen ganz gut aus, aber sie haben eine Lungenentzündung komplett rechts und halb links.” 1 Woche Antibiotika und gut war. Betrunken Fahrradfahren kann einem auch das Leben retten, sozusagen. Man weiß nie, wofür etwas gut ist. Immer erst viel später; oder gar nicht.

Karsten Dörre / 30.08.2020

Wer angetrunken oder betrunken bei Grün die Straße überquert oder von einer nüchternen oder angetrunkenen Person geschoben wird, gefährdet den Straßenverkehr. Ebenso gilt dies für die schiebende Person. Kinderwagen schiebende Eltern werden seit 1949 regelmäßig im Straßenverkehr überprüft. Die sich schieben lassenden Kinder werden bald auch nichts mehr zu lachen haben: Auch Ihr seid bald fällig!

Christian Noha / 30.08.2020

Solange sich der polit-mediale Komplex in dieser Republik, bestehend aus Altparteien-Politikern, die alle problemlos miteinander koalieren können, und ÖR-Hofberichterstattern, nicht ändert, bleibt alles gleich. Siehe Berichterstattung zu den Corona-Demos vom 29.08.2020. Jetzt wird nur noch versucht, die „Reichtagserstürmung“, die eher ein „sit-in“ davor war, medial zu skandalisieren und in einer Endlosschleife zu bringen, um die Demos an sich zu verteufeln. Und ich glaube, die Tagesschau-Heute-FAZ-taz-SZ-Stern-Focus-Bild-Leser glauben wieder alles ohne Zweifel oder eigenes Nachdenken und Nachrecherchieren. Ex-SED-Mann und Ex-Fernmeldetechniker Geisel (früher Stasi?!) hat seine Mission erfüllt. Maximale Provokation und Hetze vor den Demos, ein ungerechtfertigtes Verbot durch die gerichtlich geschlagene Polizei während der Demo. Würde der Mann mal beim Görlitzer Park, bei illegalen Autorennen, in Flüchtlingsheimen bei Messerstechereien oder in der Rigaer Strasse so durchgreifen, hätten wir mehr Menschen übers Jahr gerettet als durch die covidiotischen Verordnungen. Es bleibt am Ende alles gleich. Die Staats-Medien hetzen alles wieder zurecht.

Carsten Bertram / 30.08.2020

Viele Richter wären dann aber auch Fußgänger Herr Maxeiner.

Kostas Aslanidis / 30.08.2020

Gegen Rentner, Frauen, Kinder, unbescholtene Buerger, spielt der Staat den Helden. Gegen Islamisten, Linksradikalen, Clans, illegale Migranten, ist der Staat blind. Aufwachen werden die willigen Helfer, sehr bald. Zu spaet

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