Peter Grimm / 06.01.2024 / 12:00 / Foto: Pixabay / 111 / Seite ausdrucken

Der Schock des Präsidenten

Grünen-Minister Robert Habeck wurde von protestierenden Bauern am Heimweg gehindert, und aus den Regierungsparteien und den ihnen nahestehenden Medien, wie auch vom Bundespräsidenten, hören die Bürger, wie erschrocken und schockiert das dortige Personal ob dieser versuchten Einschüchterung ist. Das mag so sein, aber so sensibel ist die deutsche Obrigkeit in Sachen Einschüchterung sonst nicht.

Protestierende Bauern haben – das konnte jeder Medienkonsument ja nun wirklich überall lesen, hören und sehen – den grünen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit einer Blockade an einem Fährhafen daran gehindert, an Land zu gehen und nach Hause zu fahren. Mit der Gewalt einer Blockade am Heimweg gehindert zu werden, ist im Normalfall nicht akzeptabel. Ärger und Empörung darüber sind daher nur zu verständlich. Das haben in den letzten Jahren auch viele Bürger in deutschen Ballungsräumen erfahren, wenn selbsternannte Klimaretter stundenlang Straßen blockierten. Gegen die Gesetzesverstöße der Letzteren gingen die Staatsorgane aber nur äußerst zurückhaltend vor, was damit begründet wurde, dass es sich hierbei um verständlichen Protest handle. Manche Stimmen aus Politik und Medien hielten es sogar für legitim, angesichts des wichtigen Anliegens, an dieser Stelle gegen Gesetze zu verstoßen.

Was vielen Bürgern in den letzten Jahren zugemutet wurde, das musste nun auch Robert Habeck erfahren. Auch hier ging es um Protest, allerdings – anders als bei den Klimaklebern im Berufsverkehr – traf dieser ganz konkret einen politischen Verantwortungsträger. Und für den war es sicherlich äußerst unangenehm, so direkt und ungefiltert auf Menschen zu treffen, die die Politik seiner Regierung in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht. Auch wenn es, nach allem, was man hört, sieht und liest, zu keinerlei gewalttätigen Angriffen gekommen ist, kann man sich dennoch vorstellen, dass es für einen Minister furchteinflößend ist, dem Volkszorn so nahe zu kommen.

Nach diesem Schreck konnte sich Robert Habeck der Solidarität und des Mitgefühls seiner Kollegen sicher sein. Ministerkollegen und der Kanzler gaben Erklärungen gegen das unerhörte Treiben dieser radikalen Bauern ab. Da durfte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier natürlich nicht fehlen. „Zu sehen, wie ein Minister auf einer privaten Reise von einer aggressiven Menschenmenge eingeschüchtert wird und sich nach Bedrohungen in Sicherheit begeben musste, hat viele in unserem Land schockiert, auch mich. Das dürfen wir nicht hinnehmen“, wurde Steinmeier u.a. in der Welt zitiert.

Schockiert ist er, der Genosse Bundespräsident. Wegen der Bedrohung und Einschüchterung im öffentlichen Raum oder weil es jetzt einmal einen Minister getroffen hat? Offenbar Letzteres, denn was Bedrohung und Einschüchterung unterhalb des Ministerranges bzw. außerhalb des eigenen Weltanschauungssoziotops angeht, ist Frank-Walter Steinmeier bekanntlich deutlich weniger sensibel. 

Wirkungsvolle Drohungen

In der Bundesrepublik haben es gewaltbereite, extremistische Gruppen in den letzten Jahren beispielsweise mehrfach geschafft, durch einschüchternde Gewalt die Durchführung von Parteitagen der AfD zu verhindern. Ganz offen wurden Vermieter von Räumlichkeiten bedroht, damit sie die Mietverträge kündigten. Dass es sich nicht um leere Drohungen handelt, haben schon etliche Gastwirte und Saal-Vermieter erfahren müssen, denen bei gezielten Angriffen Interieur und Fenster zerschlagen wurden. Als Anlass dafür, wie auch für Buttersäure-Anschläge, musste es nicht einmal AfD-Parteiveranstaltungen gegeben haben. Auch andere Treffen, die Linksextremisten für zu rechts hielten, musste manch ein Gastwirt mit der Zerstörung seiner Gastwirtschaft bezahlen.

Vor diesem Hintergrund wirkte fast jede Antifa-Drohung an Vermieter. Der AfD-Landesverband Berlin konnte deshalb vor einigen Jahren monatelang keinen Parteitag abhalten. Zu diesem war er aber nach Parteiengesetz verpflichtet, wie u.a. die Welt im Januar 2020 berichtete:

„Die AfD wird an der Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten gehindert. Der Berliner Landesverband hat derzeit keine Möglichkeit, in der Hauptstadt einen Parteitag abzuhalten, um die seit Monaten erforderliche, von AfD-Satzung und Gesetz vorgeschriebene Neuwahl des Landesvorstands vorzunehmen. Ein für dieses Wochenende geplanter Parteitag fällt aus. Grund sind Drohungen von außen.

Ersichtlich wird dies aus einem Urteil des Berliner Landgerichts, das von der AfD angerufen worden war. Sie beantragte vorläufigen Rechtsschutz gegen die Vermieterin eines Saals, den die AfD am 20. Dezember vertraglich für den Parteitag gebucht hatte. Doch am 6. Januar erklärte die Vermieterin den Rücktritt von dem Vertrag, weil sie und ein Mitarbeiter bedroht worden seien. Die AfD nun wollte vor Gericht erwirken, dass die Vermieterin den Saal zur Verfügung stellen müsse. Das Gericht aber lehnte ab. Denn die Vermieterin habe „glaubhaft gemacht, dass ein Mitarbeiter wegen der geplanten Veranstaltung bedroht worden sei“.

Hierdurch sei für die Vermieterin eine neue Lage entstanden. Nämlich ein Risiko, das „weit über die vertraglich übernommene Verpflichtung zur Bereitstellung von Veranstaltungsräumen hinaus“ gehe, befand das Gericht. Die Vermieterin dürfe selbst entscheiden, ob sie das Risiko tragen oder diese zusätzliche Last verweigern wolle."

Gute Blockaden, schlechte Blockaden?

Es mag menschlich sein, dass es einen nicht so sehr stört, wenn die politische Konkurrenz, und konkret jene Partei, die man gern hinter Brandmauern verbannen würde, Ziel von gewalttätiger Einschüchterung ist. Aber wenn eine legale Parlamentspartei durch Gewaltdrohungen daran gehindert wurde, jene demokratischen Pflichten zu erfüllen, die das Parteiengesetz jeder Partei auferlegt, die zu Wahlen antreten möchte, ist das ein Skandal. Doch der trieb den Bundespräsidenten oder Regierungsmitglieder nicht so sehr um, als dass sie sich seinerzeit ebenso klar zu Wort gemeldet hätten. 

Auch wenn die meisten Parteitage der AfD letztlich stattfinden konnten, so gab es auch fürderhin immer wieder die Versuche, sie mittels Gewaltdrohungen, Gegendemonstrationen und Blockaden zu verhindern. Eine schockierte Aufforderung des Bundespräsidenten, die in der deutschen Parteiendemokratie gesetzlich vorgesehenen Abläufe nicht mittels Einschüchterung und Nötigung zu stören, gab es nach meiner Erinnerung nicht. Aber da war auch kein Minister betroffen.

Und was hat der Bundespräsident zu den Blockaden der „Letzten Generation" gesagt, die viele Bürger betrafen? Hieß es da auch: „Das dürfen wir nicht hinnehmen"? Nein. Vor einem halben Jahr hieß es vom Genossen Steinmeier stattdessen: „Ich glaube, es hilft uns nicht weiter, wenn wir Bewegungen wie diese kriminalisieren." Das wäre doch jetzt eigentlich der geeignete Präsidialsatz, während manche Politiker und Kommentatoren vor der kommenden Protestwoche versuchen, die Habeck-Blockade dazu zu benutzen, die Bauern in die rechtsradikale Ecke zu stellen. Das ist nicht mehr nur wirkungslos. Das hat schon Wirkung, aber durch die Überdosis nicht mehr die, dass der Bauernprotest dämonisiert wird. Stattdessen wird Rechtsradikalismus und -extremismus auf diese Weise banalisiert.

 

Peter Grimm ist Journalist, Autor von Texten, TV-Dokumentationen und Dokumentarfilmen und Redakteur bei Achgut.com. 

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Gabriele Klein / 06.01.2024

Na ja, zumindest befinden sich die protestierenden Bauern in allerbester Gesellschaft, vielleicht zeitlich um ein paar Monate oder bis zu 2-3 Jahre verschoben finden sich die gleichen oder ganz ähnliche Proteste europaweit gegen Maßnahmen im Agrarbereich fürs Klima die, sogar, wenn ichs richtig las noch viel weiter gehen. In Holland lese ich von   Enteignung mit od. ggf. sogar ohne Entschädigung.. Die Farmen in Holland (ein Haupt Nahrungsieferant weltweit sollen anscheinend um 30 % reduziert werden bis zum magischen Jahr 2030 siehe die brisanten Details hierzu in Children’s Health Defense 7.7.22 ” Dutch Farmers Protest Climate Policies. Dabei wird das mit d. 30% nur v.d. Ministerin “erwartet”  ohne dass man erfährt wer genau es explizit will. .Ähnliche Schlagzeile fand ich in d. Financial Times in Bezug auf Irland wo anscheinend 200.000 Kühe getötet werden sollen. Auch hier wer wills?. Grund.: sie produzieren Stickstoff . Tja, u. jetzt frag ich mich nur: warum beginnt man bei der Planetensäuberung v. Stickstoff mit den Kühen und nicht mit den Pferden?  Liegs vielleicht am Geldbeutel d. Reiter die drauf sitzen? Ich entnahm Google dass sich mehr Stickstoff in so einem Rossäpfelchen fände als in einem Kuhfladen…Und was ist mit d. Urin und der Kacke der vielen Hunde, Mehrschweinchen etc.  ? Mensch… und der Mensch der pinkelt u. ...“macht”.doch auch?(selbst in Brüssel macht er) Und die vielen Wölfe? alles kein Problem?  Angesichts dieser Dinge frage ich mich echt was ist hier los? Könnts vielleicht um was ganz andres gehen ,als Stickstoff der ja obendrein noch chemisch erzeugt wird.  Es kommt mir das mit d.  Ukraine in den Sinn. Kam da jetzt Stalin zu spät mit seiner v. langer Hand geplanten “Lösung” oder, trat diese hinter d. Säuberung d.(“sozialen”) Klimas d. Ukraine zurück? Was auch immer, man nannte es am Ende Holodomor (MORD durch Hunger) und das Land war zur “Neubesiedelung” von “Aussen” 1933 dann bereit.

Franklin Meissner / 06.01.2024

Wer hat diesen Antifascho gewählt? -Jedenfalls kein Mehrwerterschaffender! Diese Altlast von der Trojanischen SED-Stute kann weg! Dieser Zwangsfeminisierte Minister auch! Diese “Unsere Demokratiiie”-Bschwörungen kenn ich noch aus den 80ern drüben in der Zone! Am Schluss hiess es dann; “..ich liebe doch.. ich liebe doch alle Menschen”! Es gibt nichts dümmeres als die Hand zu beißen, die einem füttert und nichts edleres als ein Feld zu bestellen, damit man was zu beißen auf dem Tisch hat!

Stefan Riedel / 06.01.2024

Wo sind die Reichsbürger? Die Reichsbürger auf Traktoren? Rechte Unterwanderung? Verschwörungstheorie? Heute auf tagesschau.de: “Die FDP hadert mit der Ampel: Beim Dreikönigstreffen verteidigt Parteichef Lindner die Arbeit der Koalition gegen die Kritik aus der Basis - und meidet Spitzen in Richtung Grüne und SPD. Scharfe Worte richtet er an die Landwirte.” Ich rede mir den Mund fusselig. Wozu Bauern? Leute fresst…

Gus Schiller / 06.01.2024

Mimimi - Robert wird “bedroht”. Der Bundesuhu ist entsetzt! Na sowas. Seit Jahren werden im Land Menschen überfallen, bedroht, verletzt und gar getötet. (Kürzlich Krankenhauspersonal) aber das interessiert die Politiker nicht, da es nur den Mob betrifft. Die Empfehlung von Frau Reker lautet: eine Armlänge Abstand halten, dann wird alles gut.      

A. Nölle / 06.01.2024

Die Reaktionen der Bundesregierung der gewaltigen Schar ihrer medialen Mitleidsheulbojen waren zu erwarten und sind gleichwohl entlarvend. Wie Polypenarme reichen die ausgesprochenen oder nur erwarteten Gedanken der Berliner Politik bis in Lokalredaktionen hinein; im Unterschied zum antifaschistischen Schutzwall der DDR ist diese Mauer nur in den Köpfen von Menschen gegenwärtig, die sich selbst nicht selten zur intellektuellen Elite dieses Landes rechnen. Nichts braucht dieses Land mehr als unabhängige Geister und mutige Journalisten, die sich trauen, den Sachverhalten selbst auf den Grund zu gehen und auch mit kleiner Reichweite die Dinge beim Namen nennen. Die Bauern in Schüttsiel wollten keinen Anschlag auf Robert Habeck verüben, sondern mit ihm reden. Und sie hätten sich gewünscht, dass er wenigstens so viel Rückgrat wie sein Parteifreund Cem Özdemir besessen hätte, der sich der Wut der Bauern immerhin persönlich gestellt hat. Welchen Hintergrund sollte die Aktion sonst gehabt haben? Ich mag mir schon gar nicht mehr durchlesen, was irgendein Ampelpolitiker zu irgendetwas meint oder denkt, weil da nur noch hinterfotzige manipulative Verdrehungen geäußert werden. Und was Herr Steinmeier mit der Würde seines Amtes für vereinbar hält, nun, da habe ich ihm wirklich nicht hineinzureden.

Markus Pietrek / 06.01.2024

Ich vermisse eine Wortmeldung vom Steinmeier zum Anschlag auf Chrupalla. Habe ich wahrscheinlich in der Masse nicht mitbekommen. Sowiel zur unparteiischen Amtsausübung.

F. Klein / 06.01.2024

Was soll man sich noch über die Unvernunft linksansässigen Politiker aufregen. Bei den Wahlumfragen zeigt sich längst die Quittung.

Thomin Weller / 06.01.2024

Ob die protestierenden Landwirte wissen das ihr Verband vom Graichen Clan und der grünen Pest unterwandert ist und zersetzt wird? “Agora Agrar”. Die grüne Politik treibt die Klein- vor allem Ökobauern in die Pleite damit das Landgrabbing in Deutschland weiter gehen kann. Die “Kornkammer Europas” wird ja gerade bombig aufgebaut. Aber dort soll nun auch schon paar Großkonzerne fast den gesamten Grund und Boden unter den Nagel gerissen haben, Selensky und Schergen in Feierlaune. Deutschland wird abgewickelt, die Totengräber sind sichtbar. Siehe TKP “Deutscher Bauernverband beschimpft unerwünschte Teilnehmer an geplanter Kundgebung rüde.” “Globaler Landraub und deutsche Bauernproteste, Von Hermann Ploppa”

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