Boris Reitschuster, Gastautor / 22.02.2020 / 10:00 / 87 / Seite ausdrucken

Der neue “Antifaschistische Schutzwall”

Von Boris Reitschuster.

Die historische Erinnerung ist leider kurz. Es ist faszinierend, wie es den SED-Erben in der "Linken" mit tatkräftiger Unterstützung von Politikern anderer Parteien und linken Journalisten gelungen ist, den Begriff "Antifaschismus" reinzuwaschen von seiner schmutzigen Vergangenheit und ihn wieder positiv zu besetzen.

"Antifaschismus" war "in den dreißiger Jahren durchaus den Bemühungen um eine tragfähige politische Strategie zur Selbstbefreiung der Deutschen geschuldet", wie die Leipziger Historiker Wilfried Schubarth, Ronald Pschierer und Thomas Schmidt ausführten. In den vierziger und fünfziger Jahren kam es dann jedoch zu einer politischen Funktionalisierung des Begriffes für die machtpolitischen Ziele der SED. Im Hintergrund gab kein anderer als der Massenmörder Stalin den Ton an. Es ging Moskau und Ostberlin auch darum, davon abzulenken, dass Hitlers Partei "Arbeiter" und "Sozialismus" im Namen hatte.

Auch wenn der Nationalsozialismus in Deutschland wesentlich heftiger gewütet hat als der internationale Sozialismus und es absurd wäre, die DDR-Diktatur mit dem Dritten Reich gleichzusetzen, muss man sich vergegenwärtigen, dass der Sozialismus in unserem Land nur ein Wurmfortsatz des sowjetischen war, der unsägliches Elend mit Terror, Willkür, Gräueln und Abermillionen Toten über das Land und die Welt gebracht hat, und an dessen Gift noch heute die Gesellschaften in zahlreichen Ländern massiv leiden.

In Namen des "Antifaschismus" verübte die SED, die unter der Ägide des Massenmörders Stalin gegründet wurde und mit der die heutige Linke nach eigenem Bekenntnis rechtsidentisch ist, massivste Verbrechen. Die Berliner Mauer, an der viele Menschen ihren Tod fanden und die unendliches Leid anrichtete, wurde in der DDR "antifaschistischer Schutzwall" genannt und mit dem angeblichen Kampf gegen den Faschismus (der Bundesrepublik) gerechtfertigt. Ebenfalls damit wurde auch die blutige Niederschlagung des Arbeiteraufstandes am 17. Juni 1953 gegen das DDR-Regime begründet, die zum Tod von rund 50 Menschen und zur Festnahme von 13.000 führte. Die DDR-Führung und ihre Propaganda bezeichneten den Aufstand als "westlichen faschistischen Putschversuch."

Morde und Festnahmen im Namen eines vermeintlichen „Antifaschismus“

Auch der Prager Frühling 1968 und der Ungarn-Aufstand 1956 wurden als faschistische Umsturzversuche diffamiert. Ihre blutige Niederschlagung, all die Morde, Festnahmen – sie geschahen im Namen eines vermeintlichen "Antifaschismus". Wer in den kommunistischen Regimen gegen die Unterdrückung aufstand, wurde als Faschist verunglimpft (siehe auch meinen Beitrag "Der ,Kampf gegen rechts‘ von KGB und Stasi"). 

Man sollte annehmen, dass dieser jahrzehntelange, blutige Missbrauch des Begriffs "Antifaschismus" dazu geführt haben müsste, dass er als ein Mittel aus der totalitären Giftküche der Geschichte erkannt und abgelegt wurde. Zumal mit "Bekämpfung von Nationalsozialismus" oder "Rechtsextremismus" geeignete, historisch nicht belastete Begriffe zur Verfügung stehen. 

Die Väter des Grundgesetzes hatten einen antitotalitären Grundkonsens als eine der wichtigsten Lehren aus dem Nationalsozialismus und eine der tragenden Säulen fest im Fundament der Bundesrepublik verankert. An diesem Grundpfeiler wird seit vielen Jahren massiv gesägt, von Politikern und Medien. Jetzt gelingt der Durchbruch. Die CDU schickt sich an, in Thüringen ohne jede echte Not ihren eigenen Parteitagsbeschluss zu verletzen und mit den SED-Erben von der Linken zu kooperieren.

Die Christdemokraten, die jahrzehntelang ein Bollwerk gegen den Sozialismus waren (wie übrigens früher auch die SPD), wollen mit Bodo Ramelow einen Mann zum Regierungschef wählen, der vor gar nicht allzu langer Zeit noch vom Verfassungsschutz beobachtet wurde, sich freundlich über den "Genossen Stalin" äußerte und noch vor wenigen Tagen die Opfer des SED-Regimes verhöhnte (siehe hier). 

30 Jahre nach dem Mauerfall haben die SED-Erben damit ihr großes, strategisches Ziel erreicht. Sie haben das Grundgesetz umgedeutet und kommen damit durch. Mit Hilfe der CDU, wo eine frühere Sekretärin der SED-Nachfolgeorganisation das Sagen hat. Selbst wenn man ihr die Mitgliedschaft in dieser Organisation in aktiver Position und ihren merkwürdigen Umgang mit dieser Vergangenheit nachsehen möchte – eben deswegen müsste gerade sie auf eine besonders strikte Abgrenzung mit der SED-Nachfolgerin pochen. Sie tut das Gegenteil. Die Tochter des „roten Pastors" Horst Kasner, der mit der kommunistischen Führung kooperierte, hat die SED faktisch rehabilitiert. 

Linken-Chefin Kipping verkündete am Freitag triumphierend: „Die Verständigung in #Thüringen hat historísche Dimension: Damit ist die von CDU praktizierte Äquidistanz faktisch erledigt. Good-bye Hufeisentheorie. Dass CDU endlich die Ausgrenzung linker Ideen korrigiert, ist eine gute Nachricht für den antifaschistischen Konsens des Grundgesetzes."

Was für ein Etikettenschwindel im alten SED-Geist! Was für schwarze Tage in der Geschichte der Bundesrepublik. Was für schwarze Tage in der Geschichte der CDU. Konrad Adenauer, Ludwig Erhard und Helmut Kohl würden sich im Grabe umdrehen. 30 Jahre nach dem Ende der blutigen linken Diktatur in Deutschland, hat die Mauerschützenpartei erneut den Begriff "Antifaschismus" missbraucht, um demokratische Grundwerte mit Füßen zu treten und Macht zu erlangen. Und sie lügt wieder dreist, verdreht Begriffe, erfindet einen "antifaschistischen Konsens im Grundgesetz." Das ist genau der Zynismus, der einst für die kommunistischen Systeme typisch war. Einer der entscheidenden Dämme, den die Väter des Grundgesetzes gebaut haben, ist eingerissen, ja verhöhnt worden – im Windschatten einer grausamen Tat eines verwirrten Mannes, die ebenfalls in den Kontext des Faschismus ("rechter Terror") gestellt wurde. 

2020 ist wieder ein "antifaschistischer Schutzwall" errichtet worden. Am neuen wird zwar Gott sei Dank nicht geschossen. Aber auch er spaltet mit Hilfe des Missbrauchs von Begriffen ein Land. Auch er soll helfen, einer Partei, die offen den Sozialismus will, ihren Machtanspruch zu sichern und erweitern. Auch er soll helfen, eine lebensfremde Ideologie vor den logischen, negativen Folgen aus ihrem Scheitern in der Konfrontation mit der Realität zu schützen. 

Dieser Beitrag erschien zuerst auf reitschuster.de

Foto: Sandro Halank CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Gudrun Meyer / 22.02.2020

Die Revoluzza im Kanzleramt, die verantwortungslos wie fast alle Revolutionäre vorgeht, hat ihr Regime ab 2005 auf einem Feld kultiviert, das schon viel früher gepflügt worden ist. Kanzler Schröder wurde 1999 von seinen grünen Koalitionspartnern und Teilen der eigenen Partei dazu gezwungen, sich in den Balkankrieg einzumischen. Nach dem GG ging das nicht, denn es erlaubt der Bundeswehr ausschließlich die Verteidigung Deutschlands. Ok., Bündnisse verkomplizieren die Frage, wann D militärisch eingreifen muss, aber kein Nato-Mitglied war angegriffen worden. Die Nato-Partner standen hinter den Grünen und der SPD und natürlich war das ein wesentlicher Grund, aus dem der Realpolitiker Schröder nachgab. Die reale Situation in Jugoslawien war weit komplizierter, als sie in D dargestellt wurde, und es hatte zwar wirklich schreckliche Kriegsverbrechen gegeben, aber nicht nur von serbischer Seite aus, und der angebliche Völkermord zuerst an den Kroaten, später an den Bosniern war erfunden. Und der linke, ideologiegeleitete Angriffskrieg, an dem D unter linksgrünem Druck teilnahm, war zwar das blutigste, aber nicht das einzige Ereignis der Jahre vor Merkels Herrschaft, das die Verhältnisse von 2020 vorbereitete. Die Grünen und Linken waren damals kaum weniger radikal als heute. Was die Gegenwart betrifft, hat der CDU-Sozialflügel Glück: am 11.02. verlangte er den Rausschmiss der Werte-Union aus der links-vergrünisierten CDU, und am 19.02. hat ein rechtextrem beeinflusster Schizophrener ein Massaker an Migranten begangen. Ein Zufall, aber einer, der sich nutzen lässt. Nicht nur von der CDU, und nicht nur gegen AfD und Werte-Union!

Heike Richter / 22.02.2020

30 Jahre nach der wirtschaftliche, rechtlichen und monitären Einheit wird nun auch die Einheit im Geiste hergestellt. “Welch ein Erfolg”? Die Thüringer habe gewählt und bekommen, was sie wollten. Die anderen Bundesländer haben das Nachsehen oder können dem folgen. Ich hoffe nur, dass wenigstens die Sachsen dazu gelernt haben und standhaft bleiben.

Jürgen F. Matthes / 22.02.2020

Wenn die CDU wie in der DDR mit der LInken/SED wieder eine Nationale Front bildet, bleibt immer noch eine bürgerliche Alternative.

Dr. Phil Omanski / 22.02.2020

Wer glaubt, der NS hätte “WESENTLICH heftiger gewütet ” als der Sowjetkommunismus, sollte sich ein wenig bilden, Bücher über die Verbrechen der Sozialisten lesen. Zudem gibt es gute Dokumentationen über z.B. GULags und den Holodomor.

Claudius Pappe / 22.02.2020

Und sie werden wieder gewählt: die widerlichen Blockparteien. Am Sonntag in Hamburg und im April in Thüringen werden mind. 87% meiner “Landsleute” die rot-grün-schwarze Brut wieder wählen. Geschichte wiederholt sich-nur in anderen Farben…..rot-grün-schwarz -gemischt ? ….ist das nicht dunkelbraun ???

Peer Munk / 22.02.2020

Sehr guter Artikel. Ich muss gestehen, dass ich, Anfang 50, aufgewachsen in einem eher linken Akademikerhaushalt, diese Entwicklung im Traum nicht für möglich gehalten hätte. Es ist Wahnsinn.

Ulrich Jäger / 22.02.2020

„Die CDU pulverisiert!“ Ein frommer Wunsch, mehr nicht. Und der erst dann Realität wird, wenn Deutschland wirtschaftlich zusammengebrochen ist. Und das wird noch dauern, wobei kein wirtschaftlich prosperierender Nachbarstaat dann diesen Schutthaufen übernehmen wird und kann. Der weitere Weg (Geschichte der DDR nach 1952 - 2. Parteikonferenz der SED) ist vorgezeichnet. Wenn es den etablierten Parteien nicht gelingt, die AfD unter fadenscheinigen Gründen zu verbieten, schließen sie sich gemeinsam mit den NGOs (Gewerkschaften, Antifa, FfF, ...), im Block der Nationalen Front Deutschlands zusammen und hebeln so den Willen eines Teils der Wählerschaft aus. Getreu Ulbrichts Motto, dass es ausreicht, wenn es nach Demokratie ausseht. Ich bin aufgewachsen in einem Staat, in dem die Diktatur des Proletariats (sprich: Politbüro der SED) die Vollendung der Demokratie war. Wer auf eine Pulverisierung der CDU hofft, glaubt auch, dass Wählen etwas verändern würden.

Dr. Freund / 22.02.2020

Läuft. Logischer Zusammenschluss zur SED,nur unter anderem Namen. Die Strasse des 17. Juni wir bald umbenannt, Baader-Meinhof-Allee könnte passen. Ein Denkmal zu Ehren der RAF,den “Helden des Antifaschismus”  kommt auch noch. Unsinn? Wollen sie wetten? Wer vor 10 Jahren behauptet hätte, was heute abläuft, dem hätte man den Vogel gezeigt, also Vorsicht, wir schaffen das!

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com