Was war der größte Durchbruch in der Medizin seit 1840? Das wollte das in eben jenem Jahr gegründete British Medical Journal von seinen Lesern wissen. Die Ergebnisse dieser Umfrage liegen nun vor. Zur Wahl standen am Ende unter anderem die Entdeckung der DNA-Struktur, der Computer, Antibiotika, die Pille, Impfungen und Anästhesie. Doch so bedeutend diese Fortschritte für die Medizin sicherlich waren, der Gewinner der Umfrage hieß schlichtweg “sanitäre Einrichtungen”.
Sauberes Wasser und die Entsorgung von Abwasser waren für die insgesamt 11.000 Teilnehmer an der Umfrage der größte medizinische Durchbruch der vergangenen 166 Jahre. Durch den Zugang zu sauberem Wasser und die Verbesserung der Kanalisation konnten in den heute hoch entwickelten Ländern der Welt Krankheiten wie Cholera und Durchfallerkrankungen drastisch reduziert werden.
Leider liegt bei der Wasserversorgung und der Abwasserbehandlung in ärmeren Regionen noch vieles im Argen, so dass dort Schätzungen zufolge jährlich 1,5 Millionen Menschen allein an Durchfall sterben. Ihnen fehlt genau das, was wir in den Industrieländern heute für selbstverständlich halten.
Vielleicht ist das Umfrageergebnis des British Medical Journal ein guter Anlass, einmal unsere Prioritäten zu überdenken - etwa im Sinne des von Bjørn Lomborg initiierten “Copenhagen Consensus”. Dort belegen Hygiene- und Wasserprojekte in einer Liste wünschenswerter Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen auf der Welt stets die vorderen Plätze - ganz im Gegensatz zur öffentlichen Wahrnehmung. Die hypothetische Rettung des zukünftigen Weltklimas hat eben einen ungleich besseren medialen Appeal als etwa der Bau von Brunnen und Latrinen in Malawi.
Doch bevor wir überlegen, was wir für die Generationen der Zukunft tun sollten, könnten wir uns fragen, ob man nicht zuerst heute lebende Menschen an den medizinischen Segnungen des letzten und vorletzten Jahrhunderts teilhaben lassen sollte.