Dirk Maxeiner / 18.03.2020 / 06:01 / Foto: DonkeyHotey / 172 / Seite ausdrucken

Das Märchen vom bösen Trump und dem Impfstoff-Klau

Wenn man von eigenem Fehlverhalten oder Missetaten ablenken will, empfiehlt sich stets der Ruf: „Haltet den Dieb, da läuft er“. Dieses Spiel ließ sich dieser Tage in geradezu destillierter Form beobachten. Deutsche Medien und Politiker, die angesichts der Corona-Krise eigentlich genug Anlass hätten, sich selbst an die Nase zu fassen, bringen ihren Lieblingsdieb zur Strecke: Donald Trump, wen sonst.

Trump hat für die USA zwar bereits vor über sechs Wochen die Einreise aus China für Nicht-Staatsbürger unterbunden, während hierzulande weiterhin munter Passagiere von dort bei uns landen und  unkontrolliert einreisen. Das hindert beispielsweise die Süddeutsche Zeitung nicht daran, Trump "Versagen" in der Corona-Krise vorzuwerfen. Überschrift: "Virus trifft Inkompetenz". Sie meinen, wie gesagt, die USA, nicht Deutschland. Hier ist offenbar alles paletti. Oder, noch besser, DIE WELT: "Trumps Attacke auf Deutschland kaschiert Amerikas Angst vor dem Chaos". 

Man kann das freilich auch anders herum sehen: "Deutschlands Attacke auf Trump kaschiert Deutschlands Angst vor dem Chaos". Diese Version ist erheblich plausibler. Die Mischung aus Dummheit, Arroganz und provinzieller Selbst-Überschätzung lässt sich an folgender kleinen Episode geradezu beispielhaft beschreiben.

„Der unverschämte Angriff auf CureVac ist ein Weckruf für Deutschland“, schreibt Die Welt und setzt damit eine Kampagne fort, die von der Welt am Sonntag losgetreten wurde. „Donald Trump greift nach deutscher Impfstoff-Firma“ hatte die berichtet, „die Tübinger Firma CureVac forscht unter Hochdruck an einem Corona-Impfstoff. Nach Welt am Sonntag-Informationen will sich die US-Regierung die Rechte daran exklusiv sichern. Die deutsche Regierung versucht, das zu verhindern“. 

Es ginge um die Firma CureVac, die mit dem bundeseigenen Paul-Ehrlich-Institut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel an der Herstellung eines Impfstoffs gegen das Virus Sars-CoV-2 arbeite. Daniel Menichella, bis vergangenen Mittwoch Chef der Firma, habe Anfang März an einem Treffen von Pharmamanagern mit Präsident Trump im Weißen Haus teilgenommen. Und dort sei ihm ein unsittliches Angebot gemacht worden.

Wer sich den Informationsstand inzwischen anschaut, kann nur feststellen, dass es sich um einen Sturm im Wasserglas handelt, bei dem die Methode „Haltet den Dieb“ auf einen latenten Anti-Amerikanismus traf und sich in der Parole „Haltet den Trump“ verbreitete wie ein Lauffeuer. Inzwischen gehört das Narrativ zum festen Anekdoten-Stamm deutscher Trump- und Amerikahasser. Deshalb hier ein paar Informationen zum Sachstand.

Die stille Post von Berlin

Der Kern des „Skandals“ und „unverschämten Angriffs“ steht seit dem 3. März auf der Webseite von CureVac: Donald Trump hatte den Vorstandsvorsitzenden der Firma für den 2. März in Weiße Haus eingeladen, um den Stand der Forschung zu erörtern: „CureVac-CEO Daniel Menichella berät mit US-Präsident Donald Trump und Mitgliedern der Corona Task Force Entwicklungsmöglichkeiten eines Coronavirus-Impfstoffes“. Das zeigt zunächst einmal, dass die amerikanische Regierung offenbar viel tut, um sich zu informieren und so den Schutz der Bürger ihres Landes vor dem Virus möglichst wirksam zu gestalten.

Es hätte deutschen Politikern oder der Europäischen Union sicherlich auch gut angestanden, Vertreter von Forschungseinrichtungen und Pharmafirmen zu Fachgesprächen einzuladen, um den eigenen Kenntnisstand zu befördern. Davon ist allerdings nichts bekannt. Dafür stimmten sie, allen voran Heiko Maas und Peter Altmaier, in das Wehklagen vom unsolidarischen Verhalten der Amerikaner ein.

Maas, so die Funke-Mediengruppe, habe das Vorhaben der USA „scharf kritisiert“ und gleich auch noch die Kollegen in Kanada, Südkorea, Brasilien und Australien alarmiert: „Dieses Virus werden wir nur gemeinsam besiegen, nicht gegeneinander". Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier lobte die CureVac im "Bericht aus Berlin" dafür, dass sie für die US-Avancen "nicht zur Verfügung" stünde: "Das ist eine großartige Entscheidung und eine großartige Position." Auch Innenminister Horst Seehofer wusste vom Hörensagen Bescheid. Am vergangenen Sonntag wurde er auf einer Pressekonferenz von einer Journalistin der New York Times danach gefragt, ob die Nachricht über ein CureVac-Übernahmeangebot zuträfe. Er antwortete, mehrere Kabinettskollegen hätten ihm gesagt, es träfe zu. Vielleicht hätte er besser bei CureVac nachgefragt, statt sich auf die Stille Post in Berlin zu verlassen.

Im Hause Curevac ist nämlich nichts davon bekannt, dass Donald Trump versucht habe, ihr Wissen und ihre Expertise irgendwie wegzukaufen. Auf Twitter gibt CureVac bekannt:

„Um es noch einmal klar zu sagen: CureVac hat von der US-Regierung oder angegliederten Institutionen vor, während oder nach dem Task Force-Meeting im Weißen Haus am 2.März kein Angebot erhalten. CureVac weist alle Anschuldigungen der Presse zurück.”

Auf Englisch:

“To make it clear again on coronavirus: CureVac has not received from the US government or related entities an offer before, during and since the Task Force meeting in the White House on March 2. CureVac rejects all allegations from press”.

Auch Bill & Melinda Gates sind Anteilseigner

In der Firma, die in deutschen Medien wie eine urschwäbische Angelegenheit aufscheint, wird überhaupt sehr gut englisch gesprochen. Das mag daran liegen, dass das biopharmazeutische Forschungsunternehmen nicht nur in Tübingen, sondern auch im nordamerikanischen Boston einen Sitz unterhält. Überambitionierten Journalisten und Politikern sei deshalb ein schlichter Besuch auf Wikipedia empfohlen:

„Curevac wurde von 2006 bis 2014 alleinig von der dievini Hopp BioTech holding, einer Biotech-Venture Capital-Gesellschaft von SAP-Gründer Dietmar Hopp, finanziert. Hopp gehören 80 Prozent der Anteile, im Februar 2015 wurde zusätzlich die Bill & Melinda Gates Foundation als neuer Investor gewonnen und im Oktober 2015 wurde ein Private Placement mit fünf weiteren Investoren (Baillie Gifford, Chartwave Ltd., Coppel Familie, Northview und Sigma Group) und einem Volumen von 98,7 Mio. EUR durchgeführt." Wie bei solchen Firmen üblich, handelt es sich um ein international vernetztes und global agierendes Unternehmen und nicht wie man meinen könnte, um eine genialische schwäbische Apotheke.

Auf Wikipedia kann man auch erfahren, dass im Februar 2019 zwischen der internationalen Impfstoffallianz CEPI und Curevac eine Vereinbarung in Höhe von 34 Millionen USD zur weiteren Entwicklung von Curevacs Vakzinierungsplattform bekanntgegeben wurde. Die Plattform soll eine schnelle Versorgung mit Vakzinen gegen bekannte Erkrankungen wie Lassafieber, Gelbfieber und Tollwut ermöglichen. Ende Januar 2020 erhielt Curevac von CEPI eine weitere Förderung in Höhe von bis zu 8,3 Mio. EUR für die beschleunigte Impfstoffentwicklung und -herstellung sowie für klinische Studien gegen das kurz zuvor erstmals aufgetretene Coronavirus SARS-CoV-2. 

Hanebüchen und provinziell

All das zeigt, wie hanebüchen und provinziell es ist, aus dem amerikanischen Interesse an der Arbeit dieser Forscher eine deutsch-amerikanische Wirtschafts-Konfrontation konstruieren zu wollen. Ferner wird hier sehr anschaulich vorgeführt, dass deutsche Politiker sich offenbar erst dann für Spitzenforschung in diesem Lande interessieren, wenn Amerikaner sie für sich entdecken. Ansonsten tun sie im Verein mit der Brüsseler Nomen-Klatura alles, um Spitzenforschern im medizinischen Bereich das Leben schwer zu machen. Beispielsweise, indem sie oft notwendige Tierversuche kriminalisieren. Auch das lässt sich an einem Beispiel aus Tübingen zeigen.

Nikos Logothetis hat die Hirnforschung entscheidend vorangebracht, er ist eine Koryphäe seines Faches. Der 70-Jährige war wegen Versuchen an Affen schon vor Jahren kriminalisiert, bedroht und angezeigt worden. Er musste sogar Personenschutz in Anspruch nehmen. Das juristische Verfahren gegen ihn wurde eingestellt, der Forscher aber mürbe gemacht. „Meine Forschung wurde zerstört, mit starken Effekten auf meine Gesundheit,“ sagte er den Badischen Neuesten Nachrichten, er halte die Max-Planck-Gesellschaft (MPG), Träger des Instituts, für eine „einzigartige Institution mit einer faszinierenden Vision“. Doch sieht er aber mangelnde Rückendeckung seitens des Präsidiums der MPG. „Dessen Verhalten hat mich anfänglich völlig überrascht und hatte und hat desaströse Folgen für mich.“

Nun verlässt der Direktor des Tübinger Max-Planck-Instituts für biologische Kybernetik Deutschland in Richtung China, wo man diesem „Leuchtturm seines Faches“ den roten Teppich ausrollt. Es ist nicht bekannt, dass Heiko Maas, Peter Altmaier oder Horst Seehofer dazu ihr Bedauern ausgedrückt hätten. 

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

E. Kurz / 18.03.2020

Das Treffen von CureVac CEO Daniel Menichella mit US-Präsident Trump fand am 2. März statt. Kurz darauf, am 11. März, wurde Menichella von CureVac Gründer Ingmar Hoerr abgelöst. Herr Maxeiner, warum beleuchten Sie diesen Vorfall nicht näher ?

Andreas Müller / 18.03.2020

Vielen Dank für diesen Beitrag, der einem verdeutlicht, was qualifizierter Journalismus leisten kann. Neben Trump sind es ja auch Johnson und Kurz, die skandalisiert werden von Leuten, die vor der eigenen Türe nicht hinschauen.

Christoph Horst / 18.03.2020

Sehr geehrter Herr Maxeiner, danke für die Klarstellung. Wie ein anderer Kommentator schrieb: Hinterfragen ist wichtig. Aber die derzeit wichtigste Frage stellen leider auch Sie nicht. Sie lautet:: Was würden wir in dieser Grippesaison feststellen, wenn es die neu entwickeltenTests auf COVID-19 nicht gäbe? Die Antwort hierauf gibt uns die Mortalitätsrate, also die Anzahl derer, die täglich versterben, aus welchen Gründen auch immer. Wenn in der Bevölkerung plötzlich ein beispiellos gefährliches Killerkommando sein Unwesen treibt, muss es ja viel mehr Tote geben als sonst. Das ist aber nicht der Fall, wie für Europa am europääschen Mortalitätsmonitor (euromomo.eu) abzulesen ist. Auch schon vor diesen orwellschen Gegenmaßnahmen, die jetzt überall ergriffen werden. Die Antwort auf meine Eingangsfrage lautet also: Nichts Besonderes, wir würden nichts Auffälliges feststellen. Es sterben nicht mehr Menschen als in den entsprechenden Wochen der Vorjahre, eher weniger. Wir haben es mit einer relativ milden Grippesaison zu tun. Dafür werden ganze Völker in Panik versetzt und in Geiselhaft genommen. Es gibt einsame Rufer in der Wüste, vor allem Dr. Wolfgang Wodarg, dem ich an dieser Stelle für sein Engagement ganz herzlich danken möchte. Herr Maxeiner, vielleicht lesen Sie sich einmal durch, was er auf seiner Website wodarg.com zu sagen hat. Und der Mann ist kein verschrobener Spinner, wie Sie seiner Vita entnehmen können. Mittlerweile hat sich auch eine renommierte Virologin, Dr. Karin Mölling,  zu Wort gemeldet: In einem Interview mit radioeins wies sie darauf hin, dass die gemeldeten Fall- und Todeszahlen im Bereich des Üblichen liegen und derart drakonische Maßnahmen keinesfalls rechtfertigen.

C. Döring / 18.03.2020

Das Ganze erinnert an das Thema „Hetzjagden“ und „Chemnitz“ - gleiche Ursache - gleiche fatale Wirkung. Ursache: Mangel an methodischer Kompetenz bei der Recherche von Fakten und deren Auswertung gepaart mit einer von moralischer Gesinnung, Vorurteilen und fachlichem Unvermögen geprägten Grundeinstellung / Denkstruktur. Wirkung: Diese werden hier in diesem Blog ja schon zur Genüge beschrieben. Schlussfolgerung: „Der größte Feind des Wissens ist nicht Unwissenheit, sondern die Illusion, wissend zu sein.“ (S. Hawking)

Burkhard Mundt / 18.03.2020

Schlimmer noch als die Verleumdung der USA und Trump ist für mich deren Verbreitung im Zuge einer konzertierten Aktion von Politik und Presse. Wem oder Was kann der Bürger für seine politische Willensbildung denn überhaupt noch glauben? Gut, dass es achgut, TE, Lengsfeld, scienes files u.a. Wahrheitssucher und -verbreiter gibt. Es verwundert nicht, das achgut und TE bestimmten Kreisen verhasst sind und als ” Stichwortgeber und neurechte Plattformen, deren Geschäftsmodell auf Hetze und Falschbehauptungen beruht” (C. Roth) ebenfalls verleumdet werden. Getroffene Hunde bellen.

Kopp, Harald / 18.03.2020

Im Kampf gegen DINGSBUMS ist alles erlaubt. Kampf gegen RECHTS = Kampf gegen CORONA. Die Leute bevorzugen immer mehr Vorgekautes und schlucken alles, obwohl sie ihre Zähne zeigen müssten. Mit Notstandsgesetzen wird bald jegliche konstruktive, aber auch kontroverse Kritik als Fake News und Hate Speech gnadenlos von Algorithmen gelöscht. Was die dann wohl mit uns Staatsfeinden machen?

Detlef Fiedler / 18.03.2020

Hallo lieber Herr Maxeiner, vielen Dank! Selbst Frank-Spalter, der Weisse, konnte sich in seiner Kurzpredigt vor zwei Tagen nicht zurückhalten und musste in dieser Sache gegen den Hassprediger austeilen. Er kam in seinem Gesülze nicht nur zu der wahrhaft fundamentalen Erkenntnis, dass Viren keine Staatsangehörigkeit haben. Er schlussfolgerte daraus auch noch, dass das Gegenmittel keine Staatsangehörigkeit haben wird. Mich hingegen treibt nunmehr eher die Frage um, ob totale Verblödung vielleicht eine bevorzugte Staatsangehörigkeit haben könnte.

E. Müsch / 18.03.2020

Es wird gelogen das sich die Balken biegen. Trumph wurde vor ein paar Tagen ja auch scharf kritisiert weil er das Land für EU Bürger dicht gemacht hat. Insbesondere das Hofblatt für Merkel “Die Welt”  fiel hier und in der Vergangenheit mit dem faktenfreien Trumph bashing auf (Trump lässt Nutten in Moskau in das Bett von Obama pissen). Da z.Z. in Europa der Schwerpunkt der Erkrankungswelle liegt gilt die Reglung der USA,  die zuvor schon für China galt, auch für die EU.  Gestern beschloss die Eu ebenfalls Einreisen von außerhalb der Eu zu stoppen. Wenn das die “Guten” machen sind die Propaganda Medien sind voll des Lobes (In der Krise zeigt Merkel ihre ware stärke, etc.).  Das faktenfreie Bashing trifft aber nicht nur Trump sondern alle die aus welchen Gründen auch immer in Ungnade gefallen sind, so der als Populisten geschmähten und damit gebranntmarkte B. Johnson. Der versagt nach Meinung der Lückenpresse gerade ebenfalls total. GB fährt tatsächlich eine andere Strategie, sie wollen mit einer schnelle Durchseuchung,  eine “Herdenimunität erreichen und schotten nur die Riskogruppen ab. Die Zukunft wird erst erweisen welche Strategie die bessere war, aber die deutschen Medien wisse es jetzt schon. Es ist alles so krotesk und irre. Mal davon abgesehen waren zu jeder Grippewelle die mit Vorerkrankungen Geschwächten und Alten besonders gefährdet, das hat nie für Aufheben gesorgt. Warum jetzt das ganze Theater?

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com