Rainer Bonhorst / 07.06.2021 / 07:28 / Foto: Martin Rulsch / 48 / Seite ausdrucken

Das andere Kopf-an-Kopf-Rennen

Es war, wie von vielen Medien vorhergesagt, ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen. Na ja, nicht ganz wie vorhergesagt. Das heraufbeschworene Foto-Finish zwischen CDU und AfD fand nicht stand. Die CDU hat mit ihren über fünfunddreißig Prozent die AfD mit ihren gut zwanzig Prozent deutlich abgehängt. Dafür aber gab es in Sachsen-Anhalt ein vielsagendes Kopf-an-Kopf-Rennen der Zwerge. Grüne, SPD und FDP teilen sich nun nahezu gleichauf die Plätze in der Liga der Einstelligkeit. 

Und die Linke? Sie möchte sich im Osten ja als Heimatpartei, um nicht zu sagen als Partei der alten Heimat fühlen. Nun muss sie, von akuter Abstiegsgefahr in den traurigen Klub der Einstelligen bedroht, voller Neid zuschauen, wie sich ihr Gottseibeiuns, die AfD, als Nummer zwei an die Grenze zur Volkspartei heranrobbt. 

Und die arme Kanzlerkandidatin der Grünen. Sie wurde brutal daran erinnert, wie klein man selbst heute noch als Weltverbesserer sein kann. Annalena Baerbock dürfte das ungute Gefühl beschlichen haben, dass ihr Platz im Kanzleramt noch keineswegs gesichert ist. Ein einstelliges Wahlergebnis, auch wenn es nur in der klimapolitischen Diaspora des Ostens ist, verträgt sich nicht mit dem ganz großen Ehrgeiz.

Und dann die Nostalgiker. Christian Lindner musste sich mit der bescheidenen Freude begnügen, dass die FDP im Geburtsland des großen alten Liberalen Hans-Dietrich Genscher nach zehn Jahren in der Wüste wieder ins Landesparlament hineingeschlüpft ist. Anlässe für rauschende Feste sehen anders aus.

Hilfreiches mediales Angst-Szenario

Und, ach, die SPD. Die hat ja nach der Wende mal gehofft, im Osten ganz große Blumentöpfe zu gewinnen. Diese Hoffnung ist schon lange verdorrt. Aber acht Prozent? Für die Partei von Willy Brandt, der einstmals in der DDR als „Willy, Willy“ gefeiert wurde? Kein Wunder, dass die hundsgemeine Fernseh-Frage, ob es noch Spaß macht, in der SPD zu sein, keine wirklich überzeugende Antwort erzeugt hat. 

Aber die CDU! Die darf sich von Herzen freuen. Vor allem für den Fall, dass sie die Berichte über ein drohendes Kopf-an-Kopf-Rennen mit der AfD selber geglaubt haben sollte. Was aber unwahrscheinlich ist. Die waren wohl nur als hilfreiches mediales Angst-Szenario willkommen. Der Tropfen Leitungswasser im Champagner: Die Leute vor Ort sagten den Meinungsforschern, dass der Erfolg der CDU so gut wie gar nichts mit dem Kanzlerkandidaten zu tun hatte. 

Mit einem eklatanten Mangel an Begeisterungsstürmen muss Armin Laschet schon seit langem leben. Vielleicht hilft ihm im September ja eine Neuauflage der Foto-Finish-Angstmache. Natürlich dann nicht mit der AfD, sondern mit den Grünen. Also: Laschet oder Baerbock, wer wird die Nasenspitze vorn haben? Ja, da kann einem schon ein bisschen seltsam zumute werden.

Vor allem aber kann sich die CDU erst einmal freuen, dass sie vorerst offenbar eine Art Volkspartei bleibt. Und dass sie nicht, wie von Bertolt Brecht empfohlen, das Volk auflösen und ein anderes wählen muss, weil sich das vorhandene ihr Vertrauen verscherzt hat. Nein, sie sind ja noch da, die treuen Wähler. Und wenn sie so brav bleiben wie in Sachsen-Anhalt und wie man dies in Berlin erhofft, dann kann demnächst in Deutschland das schwarzgrüne Paradies ausbrechen. Und diesmal vielleicht ein bisschen Lindner dazu? Oder wird es doch ein grünschwarzer Garten Eden? Mit eingepreister Vertreibung zurück in die bittere Realität? 

Immerhin: Die Winzigkeiten in Sachsen-Anhalt, die rote, die dunkelrote und die grüne Winzigkeit, geben Anlass zur Hoffnung, dass uns die grünrotrote Wiederbelebung eines ökologisch umgebürsteten Arbeiter- und Bauernhimmels erspart bleibt. Auch wenn Annalena Baerbock noch mit dem Gedanken spielt.

War noch was? Ja, die AfD. Die sollte in Sachsen-Anhalt ausgiebig ihre Volksnähe genießen, von der sie im Bund nur träumen kann. Oder sollte sich ihr Traum von einer gesamtdeutschen Volksnähe im Herbst doch als realitätsnah erweisen? Dann würden uns interessante Bilder vom bösen Erwachen der großen, amtierenden Konkurrenz erwarten. Und angesichts des – diesmal nicht coronabedingten – Notstandes vielleicht doch die Auflösung des undankbaren Volkes und die regierungsamtliche Neuwahl eines anderen. 

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Leserpost

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Alexander Schilling / 07.06.2021

Das “andere Kopf-an-Kopf-Rennen” verdankt sich m.E. zu einem Gutteil einer Desinformations-Kampagne—lanciert durch den Konsens von “Meinungsforschungs” (wohl eher: “Meinungsmache”)-Instituten; klassisch am Nasenring durch die Manege geführt wurde dabei die AfD. Quer durch den Querschnitt aller gesellschaftlichen Kräfte dürften die Gutmenschen unter den Gutmenschen sich motiviert gefühlt haben, dem (für Insider bereits feststehenden) offiziellen Wahlsieger, gewissermaßen also dem Kopf des einen Kopf-an-Kopf-Rennens gegenüber, entsagungsreich Wahlhilfe zu leisten; bleibt zu klären, wessen sinistre Gefolgschaft des anderen Kopf-an-Kopf-Rennens die größte Opferbereitschaft mitgebracht hat: Linke oder SPD?——Der heimliche Wahlsieger stand von vorneherein fest: die mit Abstand stärkste Fraktion der Nichtwähler.

Sascha Hill / 07.06.2021

Im Nachhinein bleibt die erfreuliche Erkenntnis, das Sachsen-Anhalt eine bürgliche Rechtsliberale Regierung wünscht. Auch wenn die Medien alles daran setzen, die grüne Klatsche kleinzureden und einen verdienten Unions Sieg über die AFD feiern. Fakt ist, Sachsen-Anhalt hat konservativ gewählt! Leider werden nur die falschen Schlüsse gezogen… meiner Meinung nach, wäre Bahamas daa beste für Bundesland und Land.

George Samsonis / 07.06.2021

Nachgeschrieben: Der sog. “Ostbeauftragte” der Bundesregierung, M. Wanderwitz, meint zu dem guten Abschneiden der AfD gerade bei jungen Wählern, dass “mehr politische Bildung nötig sei.” Denkt er auch daran, den jungen Wählern zu verdeutlichen, welches große Unheil durch eine LinksGrüne Parlamentsmehrheit über das Land käme und wie sich dieses Unheil negativ auf die Zukunft der jungen Wähler auswirken würde?!

Petra Wilhelmi / 07.06.2021

Das Wahlvolk hat gesprochen. Der linksgrüne Kurs wird fortgesetzt. Das linksgrüne Blockparteienlager, da kann man erzählen, was man will, ist in der Mehrheit. Dass ein Herr Haseloff vor der Wahl von konservativer Politik gesprochen hat, war Wahltaktik in etwa so: Was schert mich mein Geschwätz von gestern. Er kann nichts gegen den linksgrünen Block im Lande durchsetzen. Er hat keine Macht. Die Länder wurden - ich benutze mal ein von mir verhasstes Wort - nachhaltig in ihre Schranken verwiesen und haben nur noch einen Platz am Katzentisch. Außerdem, das sollte man nicht vergessen, hat sich Haseloff nicht für seine Region stark gemacht, als es um die unsinnige Abschaltung von Kraftwerken ging, die die Grundlast bereitstellen. In SA gibt es viel Kohle. Nun werden viele Sachsenanhaltiner arbeitslos. Wahrscheinlich gefällt es den Wähler dort, mehrheitlich eine Partei zu wählen, die grünlinks ist, obwohl sie es nicht gesagt hat. Haseloff hat vor der Wahl die Zusammenarbeit mit der AfD abgelehnt. Das wäre die Möglichkeit gewesen, konservative Politik zu machen und eine Speerspitze gegen Berlin aufzubauen.  Die Dummheit des Wahlvolkes muss bestraft werden und wird zukünftig auch bestraft werden, wenn die in alle Welt verschleuderten Milliarden des Merkelregimes eingetrieben werden müssen und der Einzelne dann kaum noch Geld für Energie, Miete, Kleidung und Ernährung u.ä. aufbringen kann.

Heide Junge / 07.06.2021

Kopf an Kopf Rennen soll das gewesen sein ???? für mich nicht , wie weit man Meinungsumfragen vorher trauen kann sieht man hier wiedermal. Hat ja bestens geklappt die Panikmache beim Wähler Herr Haselhoff ? Dieser twittert am Wahlabend per Videobotschaft vorher noch an seine ” Untertanen” rettet Sachsen Anhalt , wählt bloß nicht die AfD . Am Ende hat er sich damit wohl nur selbst retten wollen.  Es wurde ein Kopf an Kopf Rennen in den Medien zwischen CDU und AfD herbei beschworen am Ende mache aber die CDU wieder das Rennen. Schön ist das die GRÜNEN so abgelooooost haben. Was sich aber Herr Hasselhoff , die Merkel CDU und Mainstream Medien auf den Wahlsieg einbilden können bei nur 60,3 % Wahlbeteiligung und 20,8 %  für die AfD entzieht sich meinem Verständnis.  Fast 40 % Nichtwähler die allesamt die Nase voll haben von dieser Politik und nicht wählen gehen, weil am Ende doch wieder nur die alte CDU/SPD Koalition Grütze GROKO rauskommt? Und von den 60,3 % Prozent die wählen gehen noch 20,8 %  die AfD wählen, dessen stimmen aber ignoriert werden, ja das ist Volkes Wille .

Fred Burig / 07.06.2021

Wahlen unter diesen “Voraussetzungen” lösen keine Probleme oder ändern Missstände - weil sie nicht wirklich demokratisch sind. Deshalb ist bei gleichem Vorgehen (eigeschränkte Versammlungsfreiheit/ Wahlkampfmöglichkeiten, hoher Anteil von Briefwählern u.s.w.) auch im September zur Bundestagswahl keine wesentliche Verbesserung der Zustände in D. zu erwarten. Hier braucht es wohl eher “gewaltigere” Argumente, um in dem “Saustall Deutschland” aufzuräumen und zur Demokratie zurück zu kehren. MfG

Heribert Glumener / 07.06.2021

Desolate Fehlanalyse, Bonhorst! Hier kommt die richtige Analyse: “Die Grünen sind mit Wahlgewinner am heutigen Abend” (Originalzitat Wiebke Binder von ARD-MDR gestern im Staatsfernsehen). Bitte glauben Sie nur den Meldungen im Staatsfernsehen, im Staatsfunk und in den anerkannten Qualitätsmedien!

Wiebke Jung / 07.06.2021

Die Union hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht. 36% CDU, 20% AFD, 6% FDP. 62 % haben konservative oder eine liberale Partei gewählt, wenn die CDU das doch endlich begreifen würde. Eine ordentliche Strompolitik mit Kernkraft, keine Klimahysterie, endlich eine akzeptable Migrationspolitik, wir müssen wirklich nicht jeden hier aufnehmen, schon wäre die AFD überflüssig.

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