Darf man über Corona lachen?

Von Aljoscha Harmsen

Über Corona macht niemand Witze. Umso wichtiger wäre es jetzt, Corona mit Humor zu nehmen. Humor zu verstehen, gelingt dem, der versteht, dass er grundverschieden von Witz ist. Er ist eine freudvolle Gelassenheit gegen das Leben. Das Leben ist ein Risiko, und dafür braucht man Mut. Wer vernünftig mit Corona leben möchte, muss es als Lebensrisiko akzeptieren. 

Wie gefährlich Humor für ein angstbestimmtes Leben sein kann, zeigt der Roman „Der Name der Rose“. Es ist die Theorie der Komödie, die im Roman unveröffentlicht im Raum steht und als gefährlich angesehen wird. Das Lachen und das Verlachen sind dem damaligen Christentum fremd. Teuflisch geradezu. Wir sollten diesem Vorbild aber nicht folgen, sondern uns darauf besinnen, genau diese aristotelische, nicht erhaltene Komödientheorie und das Verlachen des Schreckens wiederzufinden. 

Corona steht im Raum als Bedrohung. Ganz wörtlich unfassbar, wie ein infernaler Antipode. Wir fürchten, was wir nicht begreifen können. Aber soll das das Ergebnis von Jahrhunderten der Aufklärung sein? Wir fürchten, was wir nicht verstehen? Das war genau der Leitsatz, den die Aufklärung sich zur Aufgabe des Ausgangs aus der Unmündigkeit gemacht hat. Heute stehen wir vor einem ungreifbaren Übel und lassen uns in Panik versetzen. Ein Mensch, der Angst hat, kann zum Mut finden. Wer Panik hat, kann nicht mehr klar denken. 

Corona ist weder irreal, noch das Ende der Welt. Es ist, das belegen die Zahlen der WHO, ein eher mittelmäßiges Lebensrisiko. An diesem Beispiel zeigt sich die ins Extreme übersteigerte Unfähigkeit einiger Menschen, die Welt ohne Hilfe eines anderen Menschen zu ertragen, der sie einem erklärt. Wir sind nicht einmal mehr an dem Punkt, wo der Verstand ohne Anleitung in der Kritik steht. Wir sind an dem Punkt, an dem Menschen ihre eigenen Emotionen nicht mehr aus eigener Kraft beherrschen, sondern jemanden dafür brauchen. Ein Lebensrisiko lässt sich mehr oder weniger gut ertragen, aber darüber panisch zu werden, ist infantil.

Die kleine Schule des Humors

Wenn Irrsinn um sich greift und kein Gott in Sicht ist, was bleibt? Die kleine Schule des Humors. Humor lebt davon, sich über unbeherrschbare Verhältnisse mit persönlicher Größe zu erheben. Die finden wir nicht bei denjenigen, die in der Pandemie als Krisenmanager machtpolitischen Argumenten den Vorzug vor wissenschaftlichen geben. Sie ziehen Nutzen aus der öffentlichen Erregung, der sie eigentlich entgegenwirken müssten. 

Wer sich über Missstände erregt, der sollte damit nicht stehenbleiben, sondern als Beispiel vorangehen. Es sind nicht die Anderen Schuld und das System böse. Es mangelt an Gelassenheit gegen das Leben und an Ruhe in sich selbst. Kein politisches System kann den Menschen so einschränken wie er sich selbst. Darin sind die Deutschen Meister. Meister der Extreme. Die ausgewogene Mitte ist eine Position, die im Diskurs als erstes verloren geht. 

Wer etwas gegen diese abgehobene Erregung tun möchte, muss ihr mit Humor begegnen und sie durch das Verlachen wieder auf den Boden zurückholen. Corona zu einem allgemeinen Lebensrisiko zu zählen, mag einem Gegenwind bescheren. Aber dieser Mut tut not. Denn eine Gesellschaft, die nur noch von einem Erregungszustand zum nächsten eilt, verliert ihre Integrität. Es dauert Generationen, eine würdevolle, robuste, geistreiche Kultur zu erschaffen. Der erste Weg, sie in nur einer einzigen Generation zu verlieren, ist es, sämtliche Kulturtechniken zu vergessen, wenn es ernst wird. Davon ist Humor eine der wertvollsten.

Wie gefährlich er für Panikmacher ist, zeigt sich schon daran, dass er das erste Opfer von Totalitarismus ist. Vom Klimawandel bis zu Corona ist das gesellschaftliche Leben letzthin eine vergleichsweise humorlose Veranstaltung geworden. Dagegen sollten wir noch heute ein kleines Apfelbäumchen pflanzen. 

 

Aljoscha Harmsen studierte Geschichte, Sprach- und Literaturwissenschaften und arbeitet als Redakteur und als freier Autor u.a. für die Neue Zürcher Zeitung. 

Foto: Bundeskanzlerin.de/ photothek/Thomas Imo

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Claudius Pappe / 20.10.2020

„Wir müssen reden, im Familienkreis, im Freundeskreis, mit Kolleginnen und Kollegen, in den Kitas, in den Schulen, in den Alten- und Pflegeheimen, in der Nachbarschaft, in den religiösen Gemeinden, im Fußballverein oder im Chor. Wir müssen reden, erklären, wir müssen vermitteln – an öffentlichen Orten, natürlich zuvörderst hier im Parlament, in den Kommunen, in den sozialen Medien – mit Worten, die möglichst viele erreichen. Dazu bitte ich um Ihre Mithilfe. Wir alle müssen die Gefahren erklären, und wir müssen damit ein Bewusstsein schaffen…  Ich bin sicher, dass wir durch diese historische Erfahrung als Gemeinschaft wachsen und dass sie uns bei allem, was schwer und belastend ist, enger miteinander verbindet.“ wuff, das Pastorentöchterchen hat gesprochen.

Wolfgang Nirada / 20.10.2020

Apropos Klopapier: das wirklich Beste was ich zu diesem Thema bisher gehört habe ist eine Sequenz aus “die Echse erklärt Corona” (UNBEDINGT ansehen auf YouTube solange es die linksgrüne Internet-Gestapo noch nicht GELÖSCHT hat!!!) - und die geht so: die Merkel-Ente sagt “ich hab kein Klopapier mehr” darauf eine andere Ente “nimm doch solange das Grundgesetz!!” SO GENIAL!!! Beste Grüße an Herrn Giesemann… Sie sind auch oft genial… Virus Virus gib mir meine Freiheit wieder z. B. - Danke dafür!

Claudius Pappe / 20.10.2020

Ich kann den ganzen Wahnsinn nur mit Sarkasmus ertragen. Bitte kein Bild mehr mit der Zerstörerin Deutschlands.

Jürgen Fischer / 20.10.2020

Über Corona - die Krankheit - gibt’s eigentlich, wie bei jeder anderen Krankheit auch, nichts zu lachen. Aber das Drumherum, der ganze Zirkus, der ganze Affentanz, das nimmt mitunter solche Züge an, dass man gar nicht anders kann als darüber zu lachen. Das hängt aber sehr von der Situation ab. Wie überall sonst auch. Somit ist das Ganze “nur” eine verschärfte Version des ganz normalen Wahnsinns.

E. Grüning / 20.10.2020

Anfrage an Radio Jerewan: „Darf man über „Corona“ lachen?“ Antwort: „Wenn Lachen eine Meinung ist, natürlich! Auch in Deutschland herrscht Meinungsfreiheit, weil es im Grundgesetz so steht! Allerdings beinhaltet die Gewährleistung keinen Nulltarif, wie wir aus sicherer Quelle erfuhren!“

Joey Jünger / 20.10.2020

Es ist lustig wenn sie von Massen der Toten in Altersheime berichten. Ja, hier in Amerika wird der durchschnittlicher Mensch im Altersheim sechs bis acht Monaten leben, bevor sie sterben. Das war vor Corona. Es ist nicht nur die Abwesenheit des Humors, sondern auch die Unfähigkeit mit dem Tot auseinanderzusetzen. In der Vergangenheit war es notwendig und unvermeidbar, weil Muttis ihre Kinder verloren hatten, oder sie sind in Entbindung gestorben. Nach Toten aber vor Beerdigungen sind Leichen zu Hause für einen paar Tagen geblieben (manchmal weil die Families auf ein Arzt von der Stadt warten müssten). Die Angst/Panik vor Corona hat weniger zu tun mit Angst vor Tot von Corona als Angst vor Tot allgemein, glaube ich. Wir sind ermuntert die Realität zu vermeiden (durch Technologie und Selbstwertschätzungskultur, u.s.w) so natürlich fliegen wir alle von dem Tot, denn es ist die ultimative Realität.

Paul Siemons / 20.10.2020

“Im Berchtesgadener Land sind Gottesdienste die einzigen Veranstaltungen, die noch stattfinden dürfen.” Ich liebe religiöse Witze! lujah sog i.

Jan Sobieski / 20.10.2020

Es ist erstaunlich wieviele Donald Ducks , Mickey Mäuse, Kater Karlos und sonstige Comic/ Heldenfiguren seit der Registrierungspflicht in Gaststätten und öffentlichen Einrichtungen unterwegs sind. Auch Bill Gates wurde des öfteren gesichtet. Das sollte unseren Humor unterstützen.

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com