Wolfram Weimer / 11.02.2020 / 06:24 / Foto: Pixabay / 71 / Seite ausdrucken

Corona-Virus schnürt Weltwirtschaft die Luft ab

370 Milliarden Dollar an einem einzigen Tag verloren: Chinas Börsen haben am Montag vor einer Woche nach Berechnungen der Nachrichtenagentur Reuters eine der größten Kapitalvernichtungen aller Zeiten erlitten. Die großen Aktienindizes in Shanghai und Shenzhen sackten um 7 bis 10 Prozent ein, der Handel musste vorzeitig beendet werden, nachdem sich die Verluste des Shanghai-Composite auf sieben Prozent aufgetürmt hatten. Diese Notbremse, ein automatischer Stopp-Mechanismus, ist erst zu Jahresbeginn in Kraft getreten, um massenhafte Panikverkäufe zu verhindern. Auch Leerverkäufe wurden untersagt. Doch Asiens Anleger erwarten inzwischen einen ökonomischen Großcrash Chinas und wollen nur noch raus aus ihren Investments.

Die chinesische Notenbank versucht verzweifelt, der Panik mit einer gigantischen Geldspritze gegenzusteuern. Die Zentralbank stellte den Geschäftsbanken am Montag 1,2 Billionen Yuan (rund 156 Milliarden Euro) Liquidität zur Verfügung. Nach einer Sondersitzung unter dem Vorsitz des Gouverneurs Yi Gang gelobte die Notenbank, “jede Finanzkrise” zu verhindern. Yi Gang hatte bereits in den vergangenen Monaten, als Chinas Konjunktur infolge des Handelskrieges mit den USA lahmte, die Kreditvergabe angekurbelt und ihre Vorgaben fünf Mal gelockert. Doch das alles reicht nun nicht mehr. Es dürfte weitere Billionen brauchen, denn die Nervosität an den Märkten ist gewaltig. Die US-amerikanische Großbank Morgan-Stanley warnt davor, dass die Panikverkäufe noch zunehmen dürften.

Die offizielle Erklärung der Zentralbank, dass die verfügbaren Mittel des Bankensystems damit um 900 Milliarden Yuan über dem Vergleichswert vom Vorjahr lägen, wird als demonstrativer Beruhigungsversuch interpretiert. Wenn aber eine so mächtige Zentralbank es überhaupt nötig hat, auf die Liquiditätsversorgung von Banken hinzuweisen, dann drohe eine gewaltige Schieflage. Die Standard Chartered Bank in Singapur resümiert. “Niemand weiß derzeit, wie viel schlimmer das noch werden wird.”

Auch der Konsum bricht weiträumig ein 

Die Sorge der Kapitalmärkte beruht auf den dramatischen Nachrichten infolge der Coronavirus-Epidemie. Immer mehr Konzerne – auch die großen Autobauer und Elektronikhersteller – stellen ihre Produktion völlig ein. Honda Motor, das in der Krisenstadt Wuhan drei Fabriken hat und dort rund 750.000 Fahrzeuge im Jahr produziert, hat diese geschlossen. Toyota Motor kündigte ebenfalls an, seine vier Auto-Werke und acht Fahrzeugteile-Werke in China dichtzumachen. Auch BMW hat die Werksferien in Shenyang um eine Woche bis zum 9. Februar verlängert. Rund 18.000 Mitarbeiter fertigen dort jährlich eine halbe Million Autos sowie Motoren. “Die Gesundheit und Sicherheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat oberste Priorität”, teilte der Konzern mit.

Auch der Konsum bricht weiträumig ein. Kaufhäuser schließen reihenweise, McDonald’s und Starbucks haben mehr als 2000 Filialen und Ikea die Hälfte seiner 30 Filialen mit insgesamt knapp 14.000 Mitarbeitern vorerst geschlossen. Selbst Google schließt alle Büros in China, Hongkong und Taiwan. Viele Airlines wie auch die Lufthansa haben ihre Flüge nach China für Wochen ausgesetzt. Die Abriegelung ganzer Ballungsräume dürfte Chinas Konjunktur schlagartig einbrechen lassen – und damit die Weltwirtschaft mit nach unten reißen. Alleine die vier großen deutschen Autobauer Audi, VW, Daimler und BMW erzielen mehr als ein Drittel ihrer Gewinne in China. Ganze Lieferketten wichtiger Industrien brechen nun zusammen.

Ein Indikator macht Konjunkturexperten und Börsianern besonders Angst: der Baltic Dry Index. Er misst die Frachtraten für Transporte auf See und gilt als guter Maßstab der weltweiten Handels- und Wirtschaftsaktivität, weil mehr als 90 Prozent des Welthandels auf dem Wasserweg abgewickelt werden. “Er zeigt ein Massaker an”, warnt ein Londoner Analyst. So ist der Index für besonders große Schiffe (Capesize), der im September noch bei 5000 Punkten lag, nunmehr bei 20 Punkten angelangt.

Das bedeutet, dass es derzeit so gut wie keine Nachfrage mehr nach großen Schiffstransporten (insbesondere von Rohstoffen) gibt. Die Reeder verchartern die Schiffe lieber zum Nulltarif, als selbst die Betriebskosten während der Liegezeit zu bezahlen. Doch auch der breitere Baltic Dry Index, der im Oktober noch bei 2000 Punkten lag, ist nunmehr auf unter 500 Punkte abgesackt. Das heißt: Die internationalen Frachtraten befinden sich im freien Fall und deuten einen schweren Einbruch der Weltwirtschaft an. Der Index ist seit Jahrzehnten ein zuverlässiger Indikator für die globale Konjunktur.

Schlagartig rückläufige Nachfrage nach Rohöl

Die weitreichende Isolation Chinas bedeutet für die globalisierte Wirtschaft einen historischen Schock, weil die Massenherstellung vieler Produkte davon abhängig ist, dass Lieferketten stabil sind. Doch derzeit brechen sogar die Rohstofflieferungen ein. Die schlagartig rückläufige Nachfrage nach Rohöl hat dessen Preis allein am Montag um 6 Prozent fallen lassen. Seit Jahresbeginn hat sich der Ölpreis um 15 Prozent verbilligt. Die Opec plant bereits eine Dringlichkeitssitzung. Aber auch andere Rohstoffe signalisieren einen Einbruch der Industrienachfrage. Kupfer kostete zu Silvester noch 6000 Euro die Tonne, jetzt nurmehr 5000 Euro. Die Tonne Nickel kostete im Herbst noch mehr als 16.000 Euro, heute kann man sie schon für 10.000 haben.

Nicht einmal Gold strahlt in dieser Krise. Mit der Angst vor dem globalen Crash müsste normalerweise der Goldpreis als Krisensicherheit steigen. Doch Chinesen gehören zu den weltweit größten Nachfragern nach physischem Gold und wenn die ausfallen, dann kann der Preis kaum dauerhaft steigen. Der World Gold Council meldet aus China in den beiden Marktsegmenten “Schmuck” sowie “Barren & Münzen” einen regelrechten Nachfrageeinbruch.

In Hongkong ist das besonders stark spürbar geworden. Hongkong rutschte im Schlussquartal 2019 noch tiefer in die Rezession. Saisonal bereinigt schrumpfte die Wirtschaftskraft in den Monaten Oktober bis Dezember im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,9 Prozent. Im Vorquartal betrug das Minus nach aktualisierten Zahlen 2,8 Prozent. Im gesamten vergangenen Jahr verringerte sich das reale Bruttoinlandsprodukt um 1,2 Prozent – das erste jährliche Minus seit der globalen Finanzkrise von 2008/9. Wer gute Nachrichten aus China sucht, der braucht derzeit gewaltige Teleskope.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf The European

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Leserpost

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Günter Schlag / 11.02.2020

Was ist eigentlich mit den chinesischen Fabriken, die unsere Medikamente herstellen? Sind die auch geschlossen? Und wenn ja, wie lange?

Waltraud Köhler / 11.02.2020

in diesem Zusammenhang wäre es äußerst interessant zu erfahren, ob und wie die aktuellen “Urlauber” in China bezahlt werden. Wenn Firmen den Urlaub verlängern, vorläufig schließen, oder Geschäfte vorläufig schließen betrifft das ja nicht nur die Firma sondern auch die Mitarbeiter. Gut für einen verlängerten “Werksurlaub” werden halt Urlaubstage aufgebraucht, aber diese Urlaubstage stehen dann auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr zur Verfügung, somit werden innerhalb Chinas wohl etliche Urlaubsreisen nicht angetreten werden. Da wird somit eine Minderung des BIPs verschoben. Aber was ist bei all den anderen Schließungen? Ich glaube nicht, dass es in China etwas wie Kurzarbeitergeld gibt. Somit wäre es für die Arbeitnehmer wohl sehr oft ein unbezahlter Urlaub. Das wiederum wird langfristige Flgen haben, denn die laufenden Kosten wie Miete etc. müssen trotzdem bezahlt werden. Also werden diese Arbeitnehmer langfristig einen bedeutend geringeren Konsum haben. Mit anderen Worten, selbst wenn morgen die Quarantäne aufgehoben würde und alles wieder normal liefe würde langfristig trotz allem der Konsum in China niedriger sein. Abr ein Ende der Quarantäne ist nochlängst nicht abzusehen. Im Gegenteil, es ist zu erwarten, dass es bald auch in D und/oder anderen Ländern zu Kurzarbeit kommt, weil schlicht der Nachschub von Teilen fehlt. Kleines Beispiel gefällig: Wir fertigen Sä-Spritz- und Hackmaschinen für die Landwirtschaft. Diese sind meist mit Computern ausgerüstet um eben die Blattunterseiten zu bespritzen, oder die Saat ganz exakt zu verlegen, oder um das Unkraut und nicht die aufkeimende Saat wegzuhacken. Diese Computer kommen aus China und werden derzeit bereits nicht mehr geliefert. Da wir keinen Flughafen BER um die Ecke haben können wir diese Maschinen auch nicht auf Halde bauen. Es ist somit nur noch eine Frage der Zeit, Wie lange bei uns noch durchgehend gearbeitet wird.  So dürfte es in vielen Betrieben aussehen.

Sam Lowry / 11.02.2020

An alle, die mit Vergleichen zu Influenza- oder Verkehrstoten daherkommen: Wurden deswegen 400 Mio. Menschen unter Quarantäne gestellt oder zusätzliche Krankenhäuser gebaut? Wurde deswegen Gefahr gelaufen, seine eigene Wirtschaft und Börse gegen die Wand zu fahren?

Ilona Grimm / 11.02.2020

Laut Deutschland-Kurier vom 10.02.2020 warnt ein geheim gehaltener Bericht des Robert-Koch-Instituts vor der Gefahr, dass Migranten aus Afrika das Corona-Virus in Deutschland verbreiten und eine Epidemie auslösen könnten. In Afrika leben rund eine Million Chinesen und arbeiten als Gastarbeiter, Entwicklungshelfer und Wirtschaftsberater. Ferner studieren junge Afrikaner in China. Beide Gruppen eignen sich dazu, das Virus zu verbreiten. Zitat: » Nicht auszudenken, was passiert, wenn eintrifft, was in einem Geheimbericht des Ministeriums steht, den der Deutschland Kurier einsehen konnte: Im Mittelmeer »gerettete« Migranten schleppen die Krankheit massenhaft nach Deutschland ein, wo sich das Virus dann in den Unterkünften rasend schnell verbreitet – ein Szenario apokalyptischen Ausmaßes! Ein Regierungsbeamter, der dem Deutschland Kurier Einblick in den durchnummerierten und nur einer Handvoll Personen zugänglichen Geheimbericht gewährte, sagt:—Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) habe angeordnet, dass das Papier keinesfalls an die Öffentlichkeit gelangen dürfe. Die Regierung befürchte sonst mit Blick auf die offenen Grenzen einen Aufstand in der deutschen Bevölkerung.« [Zitat-Ende] In diesem Zusammenhang ist auch interessant, dass der Test auf Corona-Infektion offenbar doch nicht zuverlässig ist, da zwei als „negativ“ getestete Japaner lt. T-Online nun doch erkrankt sind.

G. Kramler / 11.02.2020

Unbegrenzter Welthandel, unbegrenzte Weltreisen, unbegrenztes Weltrisiko. Irgendwer hat vergessen, uns über die Nachteile der Globalisierung aufzuklären…

Roland H Müller / 11.02.2020

Hat eigentlich schon jemand dem Klimawandel die Schuld für den Ausbruch der Epidemie gegeben?

Christa Born / 11.02.2020

Kaufen, wenn die Kanonen donnern!

Wolfgang Nirada / 11.02.2020

@Bernhard Freiling: Tatsache ist dass Menschen an dem Corona-Virus gestorben sind die ohne noch leben würden - so sieht das nämlich aus ++ Jemand der in Deutschland abgestochen wird empfindet es vermutlich auch nicht sehr tröstlich dass andere beim Baden ertrinken - Jedes Jahr! ++ Richtig ist dass deutsche “Journalisten” mit ihrem Geschreibsel auch für meinen Geschmack zu viel Macht BEKOMMEN - genau deshalb lese ich deren Geschreibsel auch erst gar nicht mehr und gebe für linksgrüne Meinungsmache keinen einzigen Cent aus. Dagegen informiere ich mich nur noch bei seriösen Journalisten wie hier auf der Achse z. B. ++ Sind Sie und Ihr “kleiner Verschwörungstheoretiker” schon lange zusammen?

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