Cora Stephan / 19.08.2021 / 13:00 / Foto: Pixabay / 36 / Seite ausdrucken

Cora Stephan: Die Stimme der Provinz – Lasst mich in Ruhe!

Afghanistan. Es ist das alte Lied. Sich Großes vornehmen – aber im Kleinen scheitern. Das sind die Momente, wo ich mich in der Provinz zurücklehnen möchte und sage: Lasst mich doch einfach mit eurem Scheiß in Ruhe.

Afghanistan. Ein Trauerspiel. Auch jetzt wieder. Ein jämmerliches Ende eines Einsatzes, den hierzulande kaum einer wollte. Die entsandte „Parlamentsarmee“ hatte weder das Parlament noch das ganze Land jemals stärkend und unterstützend im Rücken, im Gegenteil: Man schämte sich der Rückkehrer, denen man noch nicht einmal einen angemessenen Empfang bereiten wollte. Denn nein: Sie haben nicht nur Brunnen gebohrt und Mädchen zur Schule begleitet. Sie haben ihr Leben aufs Spiel gesetzt – für was? Für die Freiheit, für die Demokratie, für all die großherzigen Ziele, die man in diesem Land für geboten hält, weil man sich mit der weit weniger hehren Realität militärischer Interventionen nicht beschäftigen will?

Afghanistan, ein Trauerspiel – doch das schon seit Jahrhunderten. Noch jede Weltmacht ist an diesem Land gescheitert. Und jetzt? Der widerstandslose Rückzug der vom Westen milliardenschwer aufgerüsteten afghanischen Streitkräfte vor der Sandalenarmee der Taliban spricht dafür, dass weit ältere Strukturen überdauert haben, die bislang funktionierten: Man arrangierte sich miteinander. Der von den Interventionsmächten unterstützte afghanische Staat blieb offenbar auf die Städte beschränkt – wo man doch tatsächlich, sicher mit allerbesten Absichten, 2015 einen Gender-Studiengang für rund 100 Absolventen einrichtete. Ob das wirklich der erste und wichtigste Schritt im Hinblick auf eine Veränderung der Frauenrolle in einer muslimischen Gesellschaft ist? Wäre nicht eine handfest-praktische und wirtschaftlich relevante Ausbildung für eine Aufwertung von Frauen hilfreicher? Gewesen. Denn ja: Frauen auf dem Weg zur Emanzipation werden am meisten unter der Rückkehr der Taliban leiden. Sie sollen an der Regierung beteiligt werden? Warten wir’s ab. 

Auf dem Land aber ist es den Paschtunen oder den Tadschiken oder Hazara beiderlei Geschlechts womöglich egal, wer gerade wie regiert. Es ist westliche Hybris, erschütternd verkörpert von der Bundeskanzlerin, zu glauben, man könne, ja solle „politische Ordnungen in anderen Ländern implementieren“, egal, was die dort Lebenden sich wünschen. Zur Freiheit gehört auch, sich für etwas zu entscheiden, was Menschen in anderen Kulturen für ein Unglück halten.

Sich Großes vornehmen – aber im Kleinen scheitern

Nun ist das kein neues und auch in Europa nicht unbekanntes Phänomen, dass sich die Provinz nicht in ihren Alltag hereinreden lässt. In Vielvölkerstaaten wie etwa Österreich-Ungarn waren es die Menschen seit Jahrhunderten gewohnt, dass die Herrschaft wechselte. Auf dem Land war es vielen egal, wer gerade regierte: Das Leben ging weiter. Höchstens musste die dörfliche Ordnungskraft die Uniform wechseln.

Ein zurückhaltender Monarch, der jeden nach seiner Façon glücklich sein ließ, wie Friedrich II. deklarierte, also weder über Religion noch über andere Sitten, Gebräuche und Überzeugungen bestimmen wollte, bekam der buntscheckigen Gesellschaft am besten. Die meisten Probleme lassen sich auch heute noch örtlich besser regeln – und das gilt auch und gerade bei uns: Das jüngste Beispiel kann man in den Notstandsgebieten der Hochwasserkatastrophe beobachten. Wer half? Nachbarn. Landwirte. Die institutionalisierte Hilfe ließ oft skandalös lange auf sich warten. 

Es ist das alte Lied. Sich Großes vornehmen – aber im Kleinen scheitern. Noch einmal Angela Merkel: „Wir wollten ein Land aufbauen mit demokratischer Struktur, das ist nicht gelungen.“ Was für eine Hybris. So größenwahnsinnig, wie sich die „Rettung des Klimas“ und die Ausrottung eines Virus vorzunehmen.

Das sind die Momente, wo ich mich in der Provinz zurücklehnen möchte und sage: Lasst mich doch einfach mit eurem Scheiß in Ruhe.

 

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Leserpost

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Peter Meyer / 19.08.2021

A. Merkel scheitert seit 16 Jahren so ziemlich an allem und hat dabei das Land grundlegend ruiniert. Das Erschreckende ist, daß es tatsächlich Menschen gibt, die das gut finden, beklatschen und wiederwählen. DAS werde ich, mit gesundem Menschenverstand ausgestattet, NIE verstehen.

Dr. med. Jesko Matthes / 19.08.2021

Vorsicht. Auch in diesem Land ist kein Widerstand gegen die Machtübernahme durch irgendwen mehr zu erwarten. Und dieses weitgehend flache Land ist viel leichter einzunehmen als Afghanistan. Die richtige Ideologie für diese Art feindlicher Übernahme herrscht auch schon, und sie heißt: “Wir retten die Welt.” Wir auf dem Land werden wir uns umgucken, wie schnell die Städte fallen. An irgendwen.

Andreas Müller / 19.08.2021

Vielen Dank. Sie sprechen mir aus der Seele.

Markus Baumann / 19.08.2021

Die nächste Hybris folgt sogleich: „Wir“ müssen Tausende Afghanen „retten“ und bei uns aufnehmen. Denn nur bei uns können sie ein „menschenwürdiges Leben“ leben, denn unsere „Freiheit“, unsere „Demokratie“ ist die einzig vertretbare Lebensweise für alle Menschen, aus welcher Kultur auch immer sie stammen.  Sie werden sich bei uns integrieren. Mit Sicherheit. „Wir“ - gemeint sind Politikerinnen - realisieren nicht, dass „Nation building“ bei uns am gleichen scheitern wird, wie in Afghanistan: Vordergründig wird man „unser System“ akzeptieren, darunter werden aber die ursprünglichen Lebensstrukturen der Familien, Clans, Moslems weitergeführt und bei entsprechender Gelegenheit auch durchgesetzt. Je grösser die „Moslem-Gemeinschaft“ zahlenmässig bei uns wird, desto offener werden diese Parallelstrukturen gelebt werden. Nicht sie werden sich uns anpassen, sondern „Wir“ müssen uns ihnen anpassen. Und noch ein weiteres: Ich könnte vor Wut toben, wenn ich daran denke, wie viele junge Männer aus dem Westen für das „Nation building-Geschwafel“ unserer Politikerinnen sinnlos gestorben sind. Ja - sinnlos. Ihr Tod hat nichts gebracht. Welche Familie führt als erstes Klage gegen diese abgehobenen geschichtsvergessenen Schwätzerinnen, die sich anmassen unsere Länder zu führen? Wie lange kommen sie damit noch durch?

Jörg Themlitz / 19.08.2021

Ja nun, die NATO Kolonialarmee ist gescheitert. Missionare für Gendern, westliche Arroganz und pseudosozialistische Ideen kehren nach Hause zurück. Die deutschen Missionare in Afrika waren erfolgreicher. Auch die Armee in Deutsch-Südwestafrika etc. Wahrscheinlich haben die damals sogar mehr Schulen gebaut, Gleise verlegt und Brunnen geschachtet. Über eins bin ich froh, nach Kolonialdamen und -herren werden mal keine Straßen und Plätze benannt. Wäre ja schlimm zu sagen, ich wohne in der Peter Struck, Josef Fischer,  Angela Merkel, Göring-Eckardt, AKK oder Heiko Maas Straße.  Kein Schaden, wo nicht auch ein Nutzen. Karl Valentin

Klaus Keller / 19.08.2021

Lasst mich in Ruhe! Amerikanische Universitäten machen gerne Studien. In einer untersuchte man die Lebensqualität von Frauen in einem Kloster. Man wollte wissen warum die Damen bei guter Gesundheit relativ alt werden. Eine Einschätzung war: Sie beschäftigen sich wenig mit dem was in der weiten Welt passiert sondern mit dem was für ihren Alltag von Bedeutung ist und worauf sie auch Einfluss nehmen können. Es ist ziemlich anstrengend und ziemlich ungesund sich ständig über Dinge aufzuregen die man nicht selbst nicht ändern kann.

Wilhelm Rommel / 19.08.2021

„Das sind die Momente, wo ich mich in der Provinz zurücklehnen möchte und sage: Lasst mich doch einfach mit eurem Scheiß in Ruhe.“ Tja, wenn es denn so einfach wäre, verehrte Frau Stephan! Am vergangenen Wochenende wieder einmal auf dem „platten Land“ (Direktvermarkter-Besuch an der Landesgrenze Niedersachsen/Nordrhein-Westfalistan). Spontan-Geplauder mit einer freundlichen Dame hinter dem Tresen, wobei wir erstaunt „entdecken“, dass ich ältere Angehörige besagter Dame seinerzeit gut gekannt habe. Auf dieser „Vertrauensbasis“ dann die bittere Klage meiner Gesprächspartnerin, dass ihr elfjähriger Sohn neuerdings kaum noch aus dem Haus und nur noch widerwillig zur Schule gehe. Grund: Fortwährende körperliche Attacken (gern aus dem Hinterhalt), wüste Bedrohungen und Beschimpfungen durch Horden Gleichaltriger mit dem sattsam bekannten vorderorientalischen MiHiGru, deren vielköpfiger Anhang seit Kurzem einige billig erstandene Altbauten des locker bebauten Kirchdorfs bevölkere, ohne dass erkennbar wäre, wovon diese Leute inklusive ihrer “jungen Krieger” eigentlich leben. Schulleitung vor Ort: Offenkundig überfordert bzw. ohnmächtig und tatenlos; Ordnungshütende Kräfte: Kilometerweit entfernt in der nächsten Kreisstadt und personell rettungslos ausgedünnt; Lokale Politik: Grüß- und Nickauguste bzw. schlimmstenfalls Teddybären-Weitwurf-Künstler*Innen! Lehnen wir uns also in der Provinz zurück und harren wir der Dinge, die da kommen werden. Das späte Erwachen dürfte allerdings eher unschön ausfallen… W.R.

Klaus Keller / 19.08.2021

Auf dem Land ist es üblich geworden das man sich trennt wenn man nicht mehr miteinander leben kann. Schon unter BK Schröder gab es eine Afghanistankonferenz bei der man den Versuch machte die streitlustigen Brüder zu versöhnen. Wenn man bei uns auf die Idee kommen würde bei streitenden Familien oder Ehepaaren ständige Polizeipräsenz zu fordern würde man vermutlich nicht viel Zustimmung bekommen. Was nicht zusammengehört sollte man trennen. Im besten Falle kann man dafür sorgen das der Konflikt lokal begrenzt bleibt. Die Berliner Clans (damit meine ich jetzt nicht SPD, Linke, Grüne, die angebliche Union und die fdp) hätten auch weniger Ärger wenn sie sich nicht mit ständig mit dritten anlegen würden. Wer Afghanistan wirklich lieb hat sollte dafür sorgen das es mehrere davon gibt. Ich bin für 3 für den Anfang. (Ich meine damit jetzt nicht Außenstellen in Mecklenburg Vorpommern oder im Schwarzwald)

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