Roger Letsch / 12.06.2021 / 14:00 / Foto: Ot / 79 / Seite ausdrucken

Carolin Emcke: Verfolgungswahn im Klimaexpress

Wie schreibt die Autorin Carolin Emcke eigentlich ihre Texte? Geht sie in den Keller und schließt sich tagelang dort im Dunkeln ein, um den Leidensdruck zu spüren, den sie auszudrücken wünscht? Nimmt sie bewusstseinsverengende Drogen? Denn warum sonst greifen deutsche Publizisten, die ihr ganzes Leben auf der Butterseite verbracht haben, so gern zu geschichtsblinden Vergleichen? So wie eben gerade auch Carolin Emcke, die als Gastrednerin beim Parteitag der Grünen folgenden Vergleich ziehen zu müssen glaubte:

„Es wird sicher wieder von Elite gesprochen werden. Und vermutlich werden es dann nicht die Juden und Kosmopoliten, nicht die Feministinnen und die Virologinnen sein, vor denen gewarnt wird, sondern die Klimaforscherinnen.“

Das ist schon dreist, und zwar auf mehreren Ebenen. Erstens kann die Judenverfolgung im Dritten Reich nicht so schlimm gewesen sein, wenn man es mit dem Schicksal der Klimaforscher vergleichen kann, denen „Warner“ ein Herzeleid zufügen. Zweitens impliziert der Satz, dass Klimaforscher überhaupt in irgendeiner Weise bedroht oder verfolgt würden. Wer ist es, der da warnt? Was folgt aus dieser Warnung? Und zieht sich drittens nicht die schlechte Angewohnheit durch viele aktivistische Reden, die Genderkorrektheit nur auf jene Akteure anzuwenden, die in der Aussage positiv dargestellt werden? Warum also „Klimaforscherinnen“, aber keine „Jüdinnen“? Gewiss, der letzte Vorwurf ist nicht ganz ernst gemeint, deshalb zurück zu den wirklichen Unverschämtheiten.

Dem ganzen grünen Kampf gegen die Realität fehlt nämlich seit Jahren ein wichtiges Element: ein klar identifizierbarer Feind, gegen den man sich wie David gegen Goliath erheben kann. Echte Sympathie fliegt nämlich immer nur dem Underdog, dem David zu. Man muss schon aufpassen, dass man nicht plötzlich als Goliath dasteht. Der Pendler, der Mallorca-Urlauber, der Fleisch grillende VW-Arbeiter…sie alle sind zwar erklärte Feinde der Grünen, taugen aber nicht gerade zum Goliath. Die Grünen tun so, – und Emckes Text ist der Beleg – als befänden sie sich im Widerstand gegen finstere Mächte, dabei sind sie längst selbst die Macht, die sich ideologisch in alle gesellschaftlichen Bereiche ausgedehnt hat.

Es sind die Warner, die machtlos sind 

Sämtliche Institutionen sind von ihnen besetzt, Gegenwehr findet kaum noch statt. Ihnen gehören fast alle Parteien (nicht nur die eigene), ihnen gehören die Universitäten, die Schulen, die Medien, die Kultur, die Jugend. Stiftungen und Regierungsprogramme weben dichte Teppiche der Unterstützung, Konzernlenker sind ihnen zu Diensten und ihre Propheten, die Klimaforscher, sitzen in den Talkrunden und predigen Verzicht und den Umbau der Gesellschaft. Es sind die Warner, die machtlos, unsichtbar und bedeutungslos sind. Niemand hört auf sie, denn die Klimaforscher reden zu viel und die Freitagskinder klatschen zu laut.

Im Gegensatz zu den Nazis, die um die Juden eine Drohkulisse aufbauten, die es in Wirklichkeit nie gab, verfügen die in Rede stehenden „Warner“, vor denen sich Klimaforscher heute angeblich ängstigen müssen, über keine Macht, aus der eine Bedrohung erwächst. Emcke nutzt also einen rhetorischen Trick, mit dem sie die Bedeutung des Wortes „Warnung“ einfach umdreht. Denn in Wirklichkeit nimmt sie in ihrer Rede die Mächtigen gegen die Machtlosen in Schutz und vergreift sich dabei an der Geschichte, sonst hätte auch diesmal niemand bemerkt, dass die ideologische Basis der Grünen wie so oft zum bedrohten Underdog heruntergeschrieben werden soll. Dass es in diesem Ton weitergehen wird, ist unvermeidlich. Aber lasst bitte die Juden da raus.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

giesemann gerhard / 12.06.2021

Die sind nur von einer verfolgt: Der Realität. Es gibt nichts Schlimmeres als der Kampf gegen Schimären und Windmühlenflügel. Und es galoppieren genügend Ro(s)sinantes wiehernd drum herum. War Rosinante eigentlich eine Stute, ein Hengst, ein Wallach? Da wird doch bestimmt mal eine/r drüber promoviert haben. Schließlich soll rocinante das alter Ego des Don Quichotte sein. Näheres bei wiki unter “Rosinante”, herrlich! „Jetzt ging er, alsbald nach seinem Gaule zu sehen, und obschon dieser an den Hufen mehr Steingallen hatte als ein Groschen Pfennige und mehr Gebresten als das Pferd Gonellas, das tanium pellis et ossa fuit, dünkte es ihn, daß weder der Bukephalos des Alexander noch der Babieca des Cid sich ihm gleichstellen könnten. Vier Tage vergingen ihm mit dem Nachdenken darüber, welchen Namen er ihm zuteilen sollte; sintemal – wie er sich selbst sagte – es nicht recht wäre, daß das Roß eines so berühmten Ritters, das auch schon an sich selbst so vortrefflich sei, ohne einen eigenen wohlbekannten Namen bliebe. Und so bemühte er sich, ihm einen solchen zu verleihen, der deutlich anzeige, was der Gaul vorher gewesen, ehe er eines fahrenden Ritters war, und was er jetzo sei; denn es sei doch in der Vernunft begründet, daß, wenn sein Herr einen andern Stand, auch das Roß einen andern Namen annehme und einen solchen erhalte, der ruhmvoll und hochtönend sei, wie es dem neuen Orden und Beruf zieme, zu dem er sich selbst bereits bekenne. Und so, nachdem er viele Namen sich ausgedacht, dann gestrichen und beseitigt, dann wieder in seinem Kopfe andre herbeigebracht, abermals verworfen und aufs neue in seiner Vorstellung und Phantasie zusammengestellt, kam er zuletzt darauf, ihn Rosinante zu heißen, ein nach seiner Meinung hoher und volltönender Name, bezeichnend für das, was er gewesen, als er noch ein Reitgaul nur war, bevor er zu der Bedeutung gekommen, die er jetzt besaß, nämlich allen Rossen der Welt als das Erste voranzugehen.“ – Miguel de Cervantes

Robin Schürmann / 12.06.2021

„...vermutlich werden es dann nicht die Juden und Kosmopoliten, nicht die Feministinnen und die Virologinnen sein(…), sondern die Klimaforscherinnen.“ ***** Ein gutes Beispiel für die gedanklichen Verschlingungen in den Köpfen der Sprachverhunzer. Nachdem sie von “Juden und Kosmopoliten” korrekt im (generischen) Plural sprach, nahm ich folgerichtig an, bei den folgenden Personengruppen (Feministinnen, Virologinnen, Klimaforscherinnen) seien ausschließlich Frauen gemeint. Aus dem Kontext scheint sich jedoch zu erschließen, dass es sich lediglich um gegenderte Sprache handelt, die das weibliche Geschlecht “sichtbar” machen soll, und z.B. ein Herr Drosten durchaus mitgemeint sein könnte. An diesem Punkt erlosch, wie stets bei solchem Kauderwelsch, mein weiteres Interesse an den Mitteilungen der Dame. Ich habe keine Lust, komplizierte Überlegungen und Mutmaßungen anzustellen, um den intendierten Inhalt eines Satzes zu erfassen, den man auch sehr einfach und klar hätte ausdrücken können. Deppensprache - ohne mich.

Anneliese Bendit / 12.06.2021

“Aber lasst bitte die Juden da raus.”: auch als Grund für die Asylpolitik, die Erinnerungskultur, die Willkommenskultur, Antisemitismusbeauftragte, Umverteilung, usw.

Jürgen Krebs- / 12.06.2021

Wenn man für einen kurzen Moment dieses verkniffene Gesicht auf sich wirken läßt, so bekommt man einen Ahnung von der Bedeutung gendergerechter Toiletten in diesen Kreisen.

heinrich hein / 12.06.2021

Ich schreibe besser nicht, was ich mir wünsche, was dieser Art Mensch zustösst. Derartige Vertreter sollten von unserer Gesellschaft vollkommen verachtet werden. Mir fallen nur die schlimmsten Schimpfworte für diese „Dame“ ein!

Michael Eiber / 12.06.2021

Wirklich bemerkenswert: wer den tapferen Kampf der Gallier (Klimarealisten und Risikoethiker) verfolgt hat, hätte nie vermutet, welchen “inneren Kampf” die Monokausalisten und Gesellschaftsruinierer zu bestehen haben. Mit den Tyrannen soll man also Mitleid haben?! Ich weiß nicht, aber meine Einfühlung in die wortführenden Charaktere sagt mir, dass es sich um Menschen handelt, die sich selbst maßlos überschätzen. Ein politisches Engagement zumal, das sich nur auf Klischees und die Einflüsterung von Öko-Lobbyisten stützt, hat SUI GENERIS nicht das Stehvermögen, das es sich selbst vielleicht gerne aneignen würde. Endlich steht die Welt also Kopf: die nachweislich miserabelsten Klimaforscher mit der ebenso nachweislich größten Klappe gehören nun zu der besonders gefährdeten Spezies der Aufklärungs-Avantgarde. Nun müssen die Reihen fest um “unsere Besten” geschlossen werden, damit sie blind und kritiklos weiter den Großen Umbruch mit wissenschaftlicher Expertise dirigieren können. Dazu eine Sprechblase aus Asterix; Befehl des Zenturios: “Schildkröten-Formation!”

Peter Heuer / 12.06.2021

Judenvergleiche halte ich als rhetorisches Mittel für genau so dümmlich wie Nazivergleiche. Was mir bei Emcke aufstößt ist die Stilisierung des allgemeinen Klima-Mainstreams zum Opfer. Lächerlicher geht es kaum. Wovor will sie denn warnen? Vor den 10% AFD-Wählern, denen 90% Einheitsblockflöten gegenüberstehen?

Christian Saxinger / 12.06.2021

Mal abgesehen von diesem Vergleich, wofür andere sofort gesellschaftlich und beruflich ruiniert wären, noch zwei zusätzlich auffallende Punkte: 1. Ist das jetzt das Ende der Aufklärung und Wissenschaft, wenn man keine andere Meinung mehr haben darf ? Denn, wenn sich Wissenschaftler nömlich nicht mehr in ihrem Fachgebiet streiten dürfen, weil bei Kritik der eine automatisch zum National-Sozialisten wird, dann sind wir nämlich wieder im Mittelalter. Und 2. Ist es wirklich ein Zufall, dass Emcke Juden und Kosmopoliten in einem Atemzug nennt ? Spielt sie damit auf die antisemitische Kampagne der “Wurzellossen Kosmopoliten” an ? Ein typisches antisemitisches Schlagwort und zwar von Links. Der Kommunisten und Sozialisten in der Stalinära. Aber Staatskünstlerinnen wie Emcke dürfen das alles offenbar. Sonst würde sie ja nicht mit Preisen überhäuft werden.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com