Manfred Haferburg / 27.12.2018 / 06:29 / 42 / Seite ausdrucken

Blackout in Deutschland – vor 40 Jahren war alles zu spät (Teil 1)

Wann ist bei Ihnen zu Hause schon mal längerfristig der Strom ausgefallen? Das kennen sie nicht? Seien Sie froh. Viele Leute denken: Ein Stromausfall ist nicht so dramatisch. Da machen wir eben eine Kerze an und vielleicht entsteht ja bei der Gelegenheit ein Kind der Liebe? 

Die meisten Leute glauben, dass in Deutschland die Rente und die Energiewende sicher sind. Und dieser Glaube wird politmedial ununterbrochen bestärkt. „Ein Blackout in Deutschland ist extrem unwahrscheinlich“, sagt die Bundesnetzagentur. „Ein Blackout in Deutschland ist Panikmache“, sagt der Think-Tank Agora Energiewende.

In Deutschland entscheiden Politologen, Bischöfe, Juristen und Soziologen – von keinerlei Sachkenntnis getrübt – über eine Energiepolitik, in der die Physik nur stört. Wer’s nicht glaubt, soll sich mal die Zusammensetzung der Kernenergie- und Kohleausstiegskommissionen ansehen. Um das Klima zu retten, wird in Deutschland die Energie munter und vor allem bedenkenlos gewendet, obwohl jeder Schüler, der in der Schule Physik nicht abgewählt hat, weiß, dass sich Energie nicht wenden lässt. Außer in Deutschland: Kernkraftwerke werden nicht mehr gebraucht und verschrottet. Strom kommt aus der Steckdose und das Netz ist der Speicher.

Die Klima-Panikmache kommt aus einer Ecke, die unverdrossen vor Blackout-Panikmache warnt: „Die Klimakrise ist mitten in Deutschland angekommen. Energiewende, Verkehrswende, Landwirtschaftswende – radikaler Klimaschutz muss jetzt her“, meinen die grünen Energieexperten Annalena, Cem und Anton, auch wenn dabei Gigatonnen und Tonnen, Megabyte und Megawatt oder Prozent und Grad Celsius schon mal schwer durcheinandergeraten. Wie sollen solche Experten dann installierte Leistung und elektrische Arbeit auseinanderhalten können?

Was passiert bei einem Blackout?

Wie groß ist denn die Gefahr eines Blackouts in Deutschland? Das weiß kein Mensch, ich auch nicht. Aber die Wahrscheinlichkeit eines Blackouts steigt mit jedem abgeschalteten Grundlast-Kraftwerk, egal, ob Kohle, Nuklear oder Gas. Die klimaschützenden Energiewender wiegen die Bevölkerung in einer trügerischen Sicherheit – „der Blackout ist extrem unwahrscheinlich“. Ja, das war der Tsunami in Japan auch. Und der hat in Deutschland mehr Kernkraftwerke zerstört, als in Japan. 

Was passiert bei einem Blackout? Was sagt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz dazu?

Ohne elektrischen Strom sind die Großstädte und Metropolregionen schlagartig lahmgelegt, da fast jede Infrastruktur direkt oder indirekt von der Verfügbarkeit dieser Energie abhängt. Besonders betroffen sind alle Bereiche, die zwingend auf die Verfügbarkeit von Strom angewiesen sind: Verkehrssysteme, Notfall- und Rettungswesen oder staatliche Behörden und Verwaltungen. Schon sehr kurze Ausfälle können heftige Auswirkungen auf andere Infrastrukturen, wie beispielsweise die Informationstechnik und Telekommunikation oder andere sensible elektronische Systeme haben; richtig problematisch wird es, wenn der Strom für viele Stunden oder gar Tage ausfällt“. 

Wikipedia berichtet in fast naiver Sprache und unter Ausklammerung aller menschlichen Tragödien, was im Falle eines Stromausfalls passieren würde:

  • Beleuchtung: Elektrisches Licht, Ampeln, Signale fallen aus, ebenso elektrische Rollladenantriebe.
  • Mobilität: Aufzüge, Skilift, Seilbahn oder Parkhausschranken fallen aus, genauso wie Abfahrtsanzeigen des öffentlichen Verkehrs. Eisenbahnen haben zum Teil eigene Stromversorgungsnetze. Akkus für Radbeleuchtung oder Taschenlampen können nicht mehr so einfach aufgeladen werden.
  • Wärme: Die Heizung/Lüftung bzw. Klimaanlage fällt aus, Elektroheizungen, aber auch Öl-, Gas- und Pellets-Zentralheizungen haben ohne elektrischen Strom keine Steuerung, keinen Zündfunken und keine Umwälzpumpe. Wäsche kann nur noch an Luft trocknen.
  • Lebensmittel: Lebensmittel werden im Kühl- sowie Gefrierschrank nicht länger gekühlt und können bei einem längeren Stromausfall verderben bzw. auftauen.
  • Kochen: Elektroherd, Mikrowelle, Kaffeeautomat, Wasserkocher usw. funktionieren ohne den elektrischen Strom nicht.
  • Nachrichten: Rundfunk und Fernsehen mit Netzspannung funktionieren nicht. Radiogeräte mit Akkus oder Batterien funktionieren unter Umständen, sofern die Sendeanlagen nicht vom Stromausfall betroffen sind.
  • Kommunikation: Mobiltelefonie, Festnetz sowie Computer und Internet stehen bei längeren Stromausfällen nur eingeschränkt oder gar nicht zur Verfügung.
  • Geld: Geldautomaten von Banken sind meistens nicht funktionsfähig.
  • Einkaufen: In Supermärkten gibt es meist Einschränkungen, da weder Kassen noch die Kühlung der Lebensmittel funktionieren, wenn kein Notstromaggregat vorhanden ist. Getränkebonier- und -zapfsysteme in der Gastronomie fallen aus. Elektrische Schiebe- und Drehtüren sind funktionsunfähig.
  • Treibstoff: Die meisten Tankstellen haben weder einen eigenen Stromerzeuger noch eine Einspeisevorrichtung für einen Stromerzeuger. Ohne Strom funktionieren die Pumpen nicht, die die Zapfsäulen und Zapfhähne mit dem Treibstoff aus den unterirdischen Tanks speisen.
  • Wasser: Bei einem längeren Stromausfall fallen Trinkwasseraufbereitung und Abwasserentsorgung mit Pumpen aus. Bei Wasserversorgungsnetzen, welche durch das natürliche Gefälle und ohne Pumpen betrieben werden (wie bei der Wiener Wasserversorgung über die Hochquellenwasserleitungen), hat ein Stromausfall auf die Versorgung nur geringe Auswirkung.
  • Sicherheit: Türsprechanlagen und Türöffner, Zutritts-Sicherungssysteme, Alarmanlagen, Feuermelder und Warnlichter für Flugverkehr auf hohen Bauwerken funktionieren nur, falls und solange Akkus oder Notstromsysteme ersatzweise liefern.
  • Krankenhäuser haben hierzulande Notstromaggregate und besonders kritische Bereiche wie Operationssaal und Intensivmedizin haben eine Unterbrechungsfreie Stromversorgung (solange der Dieselvorrat reicht – Anm. d. Verf.) Fluchtwegmarkierungsleuchten in größeren (Wohn-)Gebäuden sind meist einzeln akkugestützt und leuchten eine Zeitlang.

Risikobewusstsein nur in Ansätzen vorhanden

Eine Studie des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) kommt zu dem Ergebnis, dass durch einen langandauernden und großflächigen Stromausfall alle kritischen Infrastrukturen betroffen wären und ein Kollaps der gesamten Gesellschaft kaum zu verhindern wäre. Trotz dieses Gefahren- und Katastrophenpotenzials sei ein diesbezügliches gesellschaftliches Risikobewusstsein nur in Ansätzen vorhanden. Ich würde es so formulieren: Bei einem tagelangen Blackout in Deutschland wären hunderte, wenn nicht tausende Opfer zu beklagen, und keiner sieht die Gefahr.

Dabei ist ein Blackout alles andere als unwahrscheinlich. Es gibt sogar Erfahrungen. Vor genau 40 Jahren fiel am 28. Dezember 1978 in den nördlichen Teilen Deutschlands der Strom für mehrere Tage aus. Die Inseln Rügen und Hiddensee und große Landstriche im Norden waren für sechs Tage stromlos und von der Welt abgeschnitten. In der Bundesrepublik beklagte man 17 Todesopfer. Die DDR gab fünf Todesfälle zu, ehrliche Zahlen weiß allerdings keiner.

Dialysepatienten konnten nicht mehr versorgt werden, Frauen bekamen die Kinder zu Hause ohne ärztlichen Beistand. Tausende Menschen strandeten irgendwo und überlebten, wenn sie Glück hatten, unter jämmerlichen Bedingungen in Bahnhöfen oder Turnhallen. Als die Ventilatoren ausfielen, erstickten hunderttausende Hühner in den Legebatterien, Kühe und Schweine krepierten zu tausenden in den Ställen. Die öffentliche Kommunikation brach zusammen. Die Schäden gingen in die Milliarden, und es dauerte Jahre, bis sich die Wirtschaft von dem Schock erholt hatte. 

Die Ursachen waren simpel: ein Schneesturm, ein unausgewogener Energiemix und ein weitgehendes Versagen des staatlichen Katastrophenschutzes. 

Einfall eines sibirischen Tiefdruckgebietes

Was war passiert? Es gab kurz nach Weihnachten den Einfall eines sibirischen Tiefdruckgebietes mit einem länger andauernden Schneesturm, verbunden mit einem starken Temperaursturz. Damals schob man allerdings Wetterkapriolen noch nicht auf den Klimawandel. Durch die extremen Witterungsbedingungen fielen sämtliche Kohlekraftwerke in Mitteldeutschland aus, da ihnen die Kohle auf den Transportbändern und in den Waggons festfror.

Gas- und Ölkraftwerke waren auf Beschluss einer ahnungslosen und unverantwortlichen Politik geschlossen worden, um die wertvollen Devisen zu sparen. Die DDR setzte einseitig auf Braunkohle und hatte ihren vernünftigen Energiemix abgeschafft. Das Rückgrat der Stromproduktion war nun die kälteempfindliche Braunkohle, die zu 50 Prozent aus Wasser bestand und zu Eis gefror. Erfolglos versuchten die Bergleute, sie mit Presslufthämmern aus den Eisenbahnwaggons zu brechen. Das Zentralkomitee der SED genehmigte sogar den Kauf von hunderten Bohrhämmern aus dem Westen, allerdings lag das Kind da schon im Brunnen.

Im Resultat einer Wetterkapriole gab es in der DDR nur noch ein einziges funktionierendes Kraftwerk, das den totalen Blackout verhinderte – das Kernkraftwerk Greifswald mit seinen drei Reaktor-Blöcken. Um Strom für die Hauptstadt zur Verfügung zu stellen, mussten allerdings im Norden großflächige Blackouts tagelang in Kauf genommen werden. Mit katastrophalen Folgen für die betroffene Bevölkerung und die Wirtschaft. 

Die meisten Toten, die zu beklagen waren, waren entweder auf medizinische Hilfe angewiesene Patienten, die nicht versorgt werden konnten, oder Leute, die zu Fuß versucht hatten, ins nächste Dorf zu gelangen und Autofahrer, die im Schnee steckenblieben und es nicht irgendwohin ins Warme schafften. Einige Opfer wurden erst gefunden, als Wochen später der Schnee wieder wegtaute.

Man muss aber auch zusätzlich bedenken, dass heute die Gesellschaft viel stromabhängiger geworden ist, speziell in den großen Ballungsräumen und Städten. Gar nicht davon zu sprechen, dass es in jeder Gesellschaft einen kriminellen Bodensatz gibt, der nur auf so eine Gelegenheit wartet, wenn die staatlichen Ordnungsorgane hoffnungslos überlastet oder mit sich selbst beschäftigt sind. Die ersten Opfer werden die Schwächsten der Gesellschaft sein, Alte, Kranke, Kinder und Frauen.

Hier der Link zu einer Sendung des NDR zum Schneewinter 1978/1979 mit einem Interview des Autors dieses Beitrages, Manfred Haferburg. 

Im Teil 2 dieses Beitrages lesen Sie morgen eine Zeitzeugengeschichte über den Blackout 1978/79. Autor Manfred Haferburg, war damals im Kernkraftwerk mit seiner Schicht C über 70 Stunden von Eis und Schnee eingeschlossen und machte den Strom für die Republik. Die Geschichte ist ein Auszug aus dem RomanWohn-Haft“, der bei KUUUK nun endlich auch als Taschenbuch erschienen ist.

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Leserpost

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toni Keller / 27.12.2018

Hier im Kommentarbereich schreibt ein Herr Fiedler, er sei an einem Pilotprojekt beteiligt, dass seinem Dorf im Fall eines Blackout einige Tage lang die Stromversorgung sicherstellen könne. Ja bitte wie soll denn das gehen? Genau das ist doch das Problem, dass man Strom nicht speichern kann. Handelt es sich bei dem Stromspeicher vlt um ein simples Notstromaggregat? Im übrigen hatten wir mal vor ca 25 Jahren im Haus einen kompletten Stromausfall, “nur” einige Stunden, dann funktionierte eine Phase d.h eine Herdplatte ging und in einem Raum war Strom, so dass wir mittels Verlängerungskabel den Kühlschrank wieder mit Strom versorgen konnten und Licht hatten. Seit dieser Zeit frage ich mich, was wohl geschieht, wenn der Strom flächendeckend ausfällt und frage mich, wie man so blauäugig sein kann und alle Grundlastkraftwerke abschalten wollen kann!

Michael Scheffler / 27.12.2018

Herr Stadler, für Einrichtungen wie Krankenhäuser und Banken gibt es „Unit“ genannte Kombinationen aus E-Motor, Generator und Akkus. Die beiden ersten in der Kette, um 50-Hertz-Sinus-Strom zu erzeugen, denn der ist für sicherheitskritische Anwendungen unerlässlich und es gibt keinen sauberen Strom mehr aus dem Netz. Die Akkus - siehe oben.

Michael Scheffler / 27.12.2018

Lieber Herr Ackermann, das Geschehen in Westfalen war nicht wesentlich durch alte Masten determiniert, sondern durch nichtlineare Schwingungen infolge Niederschlag, Wind und fallender Temperaturen. Die Eisansätze an den Kabeln wurden immer größer und damit auch die Amplituden der Schwingungen. In der Folge die Beanspruchung der Masten.

Anders Dairie / 27.12.2018

Der Eigenheimbesitzer sollte also 1 großes Benzinfass mit 150 Litern vorhalten für den Notstromer und mindestens 1000 Liter Heizöl oder Flüssig-Gas. Der Not-stromer von 2,2 KWh (absol. Minimum) verbraucht rd.  6-8 Liter / h.  Bei nur ~8 h Laufzeit / d ist das Faß Benzin in ~3 Tagen leer.  Muss man länger auskom-men, ist der Notstromer ständig neu zu starten.  Ohne logistische Vorbereitung ist eine gekannte Lebensqualität schwerlich erreichbar.  Wer noch Fahrzeuge bewegen muss, wäre noch mehr unter Druck,  An diesem Beispiel sieht man, wie schon die Energie Sorgen macht. Für Städter in Etagenwohnungen ist diese Art der Krisenbewältigung nicht realistisch.  Dazu kommt ein zumeist fehlender Wasser-und Lebensmittelvorrat, der bei Familien beträchtliche Umfänge annimmt.  Hier wäre ein absol.  Minimum von 5 Liter sauberem Wasser / Person / d nötig.  Oder, eine Badewanne voll pro Woche.  Für die Klospülung, Waschen, Duschen wäre das schon wieder zuwenig.  Wann begänne der Sturm auf die Lebensmittelläden?

Alex Garnreiter / 27.12.2018

Ein lokal begrenzter Stromausfall von mehreren Tagen lässt sich durch massive Hilfe aus umliegenden Gegenden relativ gut auffangen. Ein echter Blackout, also der Ausfall des gesamten europäischen Stromnetzes, wäre innerhalb kürzester Zeit (max. 48-72 Std.) das Ende jeglicher staatlichen Ordnung. Innerhalb von 2 -8 Stunden könnte niemand mehr telefonieren, also auch keinen Notruf bei Polizei, Feuerwehr oder Rettung tätigen. Die Relaisstationen für den digitalen Behördenfunk haben, wenn überhaupt, nur wenige Stunden Pufferspeicher, d.h. auch Einsatzkräfte können nicht mehr disloziert werden bzw. untereinander kommunizieren. Treibstoff geht zur Neige, weil Tankstellen nicht mehr funktionieren. Der stromgebundene öffentliche Nah-und Fernverkehr bricht komplett zusammen. Leer gefahrene Autos und LKWs blockieren Strassen, die sowieso, insbesondere im urbanen Raum, durch viele Unfälle verstopft sind, da keine Ampeln mehr funktionieren. Es gibt kein Bargeld am Automaten und Kartenzahlung geht ohne Strom und entsprechend Internet auch nicht mehr. Computerkassen in den Supermärkten sind ausser Betrieb, ganz abgesehen davon, das weder Licht noch Kühlung an sind. Bei Gewalttaten, Dienstahl, Raub und Mord kann niemand mehr die Polizei zu Hilfe rufen. Die Wasserversorgung bricht ebenso wie die Abwasserentsorgung zusammen. Wer noch etwas hat wird es selbst verteidigen müssen. Wer nichts hat, wird innerhalb weniger Tage bereit sein ALLES zu tun, um für sich und seine Familien sorgen zu können. Die auf wenige Standorte konzentrierten staatlichen Notfallreserven können nicht im benötigten Umfang verteilt werden, da Verkehrswege blockiert sind und Treibstoff Mangelware ist. Abgesehen davon, was sollen die Bürger auch mit einem Sack Getreide anfangen, den sie aus Energie- und Wassermangel nicht mal zu Brei kochen können? Je länger der Stromausfall andauert, desto weniger Polizei wird sich auf den Strassen zeigen, denn wer Familie hat, wird diese nicht schutzlos zurück lassen.

Ulrich Jäger / 27.12.2018

Hallo Herr Haferburg, außer dem Kernkraftwerk Greifswald waren zur Jahreswende 1978/79 noch andere (Kohle-)Kraftwerke am Netz. In Thüringen kam es im Süden nicht zu kompletten Flächenabschaltungen wie im Rest der DDR. Bei uns im Ort gab es noch “helle Inseln”, die an das Stromnetz im damaligen Bezirk Suhl angeschlossen waren. Der Rest war dunkel bis auf den örtlichen Großbetrieb, der ein eigenes Kradtwerk besaß, das mit Briketts (nicht Rohbraunkohle!) betrieben wurde, Der Silvesterschneesturm war auch nur der berühmte Tropfen, der zum Überlaufen führte. Vorangegangen war bereits ein Kälteeinbruch Anfang Dezember, der dazu führte, dass die Bunkervorräte in den Großkraftwerken aufgebraucht waren und die ausbleibenden Kohletransporte aus den Tagebauen dann zu den Netzinstabilitäten und Abschaltungen führten. Die folgenden Maßnahmen waren dann aber wieder DDR-typisch: Die Ferienheime in unserer Region, die der Partei- und Staatsführung unterstanden, wurden mit Notstromaggregaten ausgerüstet, das oben beschriebene betriebliche Kraftwerk sollte auf Rohbraunkohle umgerüstet werden. Was damals aber nicht passierte war der Zusammenbruch der Infrastruktur. Das Telefonnnetz, da noch nicht digital, funktionierte weiterhin, Ein Großteil der Bevölkerung in unserer Region hatte noch Kohleheizung und einen erfahrungsbedingten Sinn für Vorratshaltung, in den Supermärkten funktionierte der Verkauf, zwar mit Einschränkungen, was das Licht betraf, und der Zugverkehr lief auch noch dank der Dieselloks.

Chaim Noll / 27.12.2018

Danke für diese Erinnerung. Wir waren auf der Insel Hiddensee im Eis eingeschlossen. Der Strom fiel aus, auf der gesamten Insel kein Licht. Zum Glück hatte das Haus einen Kamin, und es war (für einige Tage) Brennholz da. Und wir waren jung und gesund. Wir schliefen in Wattejacken, mit um den Kopf gebundenen Tüchern. In der “Kaufhalle” fielen die Kühltruhen aus, es gab Torten und Gänsebraten zum Schleuderpreis, aber kein Brot. Nach einer Woche wurden Lebensmittel und Kisten voller Wodka-Flaschen von Hubschraubern abgeworfen. Mehrere Häuser brannten ab, die Feuerwehr konnte nicht löschen, weil das Wasser in den Schläuchen gefror. Als Dröses Schweinestall abbrannte - der Besitzer war ungeübt wie wir alle im Umgang mit Kerzen und Windlichtern - mussten wir mit Eimerkette löschen wie auf Genrebildern im Mittelalter. Kein Telefon, keine Verbindung zur Außenwelt. Wir haben nie erfahren, was ringsum geschah, wie viele Menschen ums Leben gekommen sind.

Lutz-Michael Henjes / 27.12.2018

Ich war damals Grundwehrdienstleistender bei der NVA. Für mich war damals besonders schlimm, dass in unserer Kaserne die Fernwärmeversorgung zusammengebrochen war und dann noch die Rohre einfroren und zerstört wurden. Über Wochen hatten wir Minusgrade in den Unterkünften. Der Temperaturabfall war so stark, dass Diesel und Benzinmotoren u.a. auch Notromaggregate nicht mehr ansprangen. Nachmittag waren es noch Plusgrade, abends zweistellige Minusgrade. Dann fiel großräumig der Strom aus. Erst ein offenes Holzfeuer unter einem Aggregat brachte das Erste zum laufen.

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