In Berlin ist immer was los und wenn mal ein bisschen weniger los ist, legt mit hoher Zuverlässigkeit eine Demo oder ein Staatsbesuch den Verkehr lahm. Demos sind eine Gelegenheit für Menschen, denen sonst meistens niemand zuhört, für und gegen Dinge aller Art protestieren. Manchmal sind es fünf, ein anderes Mal vielleicht 78, dann wieder 12.000. Demonstrationsfreiheit ist ein wichtiger Garant für die Demokratie, deshalb muss man als Hauptstädter auch „Anti-Ausstopf-Demos“ aushalten. Freundlicherweise ist diese Demo für den kommenden Samstag geplant, da verzögert sich bestenfalls der Wochenendeinkauf oder eine andere Vergnügungsfahrt, weil man irgendwo im Stau steht – das ist der Preis der Großstadt.
Der Berliner liebster Bär ist gestorben und nun geht es einigen Menschen darum, seine Ausstopfung zu verhindern und das geht natürlich nur per Demo. Die von einer Privatperson angemeldete „Anti-Ausstopf-Demo“ wird zwei Stunden dauern, sie findet vor dem Löwentor des Zoos statt (Ich sage: Schlechter Ort, weil Löwe schlechtes Karma für Bären, möglicherweise). Der „Veranstalter“ erwartet 50 Teilnehmer.
Dass das alles möglicherweise nicht so ein Riesenthema ist, wie einige Zeitungen glauben machen möchten, beweist der Umstand, dass an einer Telefonumfrage (Telefonumfrage! Im 21. Jahrhundert! Ich wusste gar nicht, dass es das noch gibt, warum steigen die nicht auf Mail um?) der Boulevardzeitung „BZ“ 665 Menschen teilnahmen. Davon sprechen sich 26,7 Prozent dafür aus, dass der weltberühmte Eisbär präpariert wird. Der Rest ist dagegen.
Warum druckt man so einen Quatsch und lässt die Umfrage mangels Teilnehmer-Interesse nicht einfach konsequent in der Schublade verschwinden? Repräsentativ ist das für 3,4 Millionen Berliner natürlich nicht, aber das interessiert niemanden. Tierexperten jedenfalls haben beschlossen, dass der Bär zu Wissenschafts- und Bildungszwecken im Naturkundemuseum ausgestellt wird. Ob am Samstag 50, 53 oder 38 Gestalten dagegen protestieren, ist also weitgehend wurscht. Das Gute an all diesem Unsinn ist, dass Knut das alles nicht mehr miterleben muss. Silvia Meixner ist Journalistin und Herausgeberin von http://www.good-stories.de