@Helge-Rainer Decke: Sie sind ein wahrer Meister der Sprachen-Schrauberei, Herr Decke.
Ein sehr guter Artikel, der das Können, die Kunst des Konkreten in den Mittelpunkt rückt und den Horizont erweitert. Danke, Herr Geißler, ich freue mich auf die Fortsetzung. Unternehmen, die sich ihrer Könner entledigen - “Outsourcing!” oder “die Alten weg!” -, geraten plötzlich in Situationen, die dringend nach Könnerschaft + Kunst der konkreten Problemlösung verlangen, in den Teppichetagen bricht große Unruhe aus: “Haben wir denn wirklich niemanden, der sich damit auskennt, der weiß, was zu tun ist?” Haben wir nicht. Das Aha-Erlebnis bleibt oft flüchtig, eher gilt bald wieder, dass derjenige Macht hat, der sich der Notwendigkeit des Lernens entziehen kann. Richard Sennett, amerikanisch-britischer Kultursoziologe und Historiker, hat 2008 über “Handwerk” geschrieben (Teil seiner Trilogie “Homo Faber”), kein Geschichtsbuch, sondern aktuell, lesenswert. Den Gebrüdern Geißler ein schönes Wochenende!
Das Problem des Schrauber bzw . Fachkräftemangels hat viele Gründe , die Ausbildung eines Schraubers kostet mittlerweile richtig viel Geld , zudem kostet es erheblich mehr Zeit als früher und diese Zeit kostet wiederum mehr Geld als früher und viel schlimmer noch eiserne Nerven ( Generation Y läßt grüßen ). Hinzu kommt , daß trotz längerer Verwahrzeiten an den Schulen , nicht unbedingt auf besseren Grundqualifikationen aufgebaut werden kann . Wenn es dann trotzdem jemand geschafft hat unter aktuell widrigsten Rahmenbedingungen einen guten Schrauber ( Fachkraft ) auszubilden , dann kann er sich diesen Facharbeiter je nach Branche nicht einmal mehr selber leisten oder mit ihm zusammen ein wettbewerbsfähiges Angebot offerieren , meist ist der entsendete “Facharbeiterkollege” günstiger , wenn nicht sogar zuvor die Industrie schon einen Headhunter auf der Berufsschule installiert hat . Die Pseudo - Überakademisierung und die Wegsozialisierung , sowie die wachsende Zahl müheloserer realwirtschaftsfreier , sozialwirtschaftsgeschuldeten und öffentlichen planwirtschaftlichen Arbeitsbeschaffungsjobs , greifen einen Großteil des Schrauberpotenzials früher oder später ab . Dies gibt der Sinnfrage nach Ausbildung dann oftmals den Rest . Wer dann noch auf den frisch importierten Facharbeiternachwuchs setzt , dem empfehle ich auf die über über nächste Generation zu warten , aber auch dann ist nicht davon auszugehen daß wir erfolgreicher qualifizieren , als es die amerikanischen Kollegen seit Generationen versuchen . Aber wie heißt es doch so schön , Respekt wer es selber macht . Yippi Ya Ya
Ganz wunderbar, Herr Geißler, diese Hymne auf die Zunft des Schraubertums. Ich freue mich auf die Fortsetzungen. Als Nichtschrauberin ist meine Bewunderung für echte Schrauber (studierte oder handwerklich ausgebildete) grenzenlos. Zu den zu bewundernden „Schraubern“ würde ich auch Bauarbeiter zählen. In den letzten Jahren konnte ich in meiner Nachbarbarschaft die Entstehung einiger Häuser aus nächster Nähe beobachten. Wie bei z.T. extrem beengten Platzverhältnissen jeden Tag woanders improvisiert werden muss und wie Lösungen gefunden werden, hat mich sehr beeindruckt. Darüber hatte ich mir zuvor nie Gedanken gemacht. Die „Schrauber“ (m/w/d) und das Handwerk lebe hoch, hoch, hoch! // Könnte ich nochmals nochmal 20 sein, würde ich auf alle Fälle einen technischen Beruf, gern auch im Handwerk, ergreifen!!
Ja, dann muß die Frau Rakete halt noch ein paar Mal übers Mittelmeer schippern, Schrauber aus “Seenot” retten.
Ein fundierter Bericht aus Technik und Lebenswelt. Vielen Dank! Ob allerdings die professionellen Technikfolgenabschätzer damit noch etwas anfangen können, dard bezweifelt werden.
Danke für diesen, auch sprachlich, wunderbaren Text. Ich selbst (Abi 1968 in Bayern) war immer handwerklich und technisch interessiert. Damals war in meinem gesamten Umfeld kein einziger, der eine Schraube reindrehen konnte. Ich war für alles zuständig, was elektrisch und sonstwas war. So ging ich mangels irgendeiner Beratung an die Uni und machte Sprachen und wurde Assessor des Lehramts. Aber das war eben nicht mein Talent! So hab’ ich das hinter mir gelassen und in den Folgejahren ganz allein und ohne Ausbildung in irgendeinem Handwerk und mit sehr wenig Geld ein großes Wohnhaus gebaut, welches optisch und handwerklich noch heute jeden beeindruckt. - Die Rieseninvestition der Gesellschaft in mich hat kaum Vorteile für diese gebracht. - Was ich an mir selbst erfahren habe, ist, dass es kaum einen Weg in die technische oder handwerkliche Welt gibt, wenn man schon auf dem Weg zu einem Gelderwerb ist, bei dem weniger Sach- und Fachkenntnisse als vielmehr rhetorisches Geschick und Schlaumeierei ausreichend sind. - Mit großer Dankbarkeit erinnere ich mich an ein paar großartige Lehrer, leider umringt von nicht wenigen, die mir nur viele Stunden meiner Jugend wegnahmen.
Ich kann die Ausführungen des Autors nur für meine Kenntnis der Marine bestätigen. Die Abschaffung der Wehrpflicht war die Abschaffung der Schrauber, ebenso das Ende der “Hands on” Mentalität. Exemplarisch die Gorch Fock: Das eine Stammbesatzung den Pfusch am Bau in der Werft nicht erkennt, ist dem zu verdanken. Das sind nur noch Fachbereichsbeamte die keine Zusammenhänge mehr kennen. Denn es geht ja nicht nur ums Schrauben, sondern eben auch um das Wissen und nicht zu vergessen um das Interesse am System (hier: Schiff). Auch die faule Ausrede dass heute die Software den Schrauber abgelöst hat, stimmt ja nicht. Panzer bleibt Panzer und Schiffsrumpf bleibt Schiffsrumpf. Was erschwerend hinzukommt, ohne Wehrpflicht wird die Verbindung zur Außenwelt, zur Gesellschaft gekappt. Von der Leyens Familienmitglieder als Berater wären in dieser Form früher sofort aufgefallen und hätten Empörung ausgelöst.
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