Peter Grimm / 15.05.2023 / 06:00 / Foto: Moinichbins / 79 / Seite ausdrucken

Am Wahltag nichts Neues?

Trotz aller Krisen gibt es in Bremen keine großen Veränderungen. Die SPD jubelt, denn sie kann wie bisher regieren oder mit der CDU. Die Grünen beklagen Verluste, die Linken bleiben stark und die „Bürger in Wut" räumen die AfD-Stimmen ab. Die AfD scheiterte derweil knapp bei einer Landratswahl in Brandenburg.

So lassen sich die Wahlergebnisse zusammenfassen. Die SPD feiert sich als Wahlsieger mit 29,6 Prozent. Das ist ein deutlicher Zugewinn im Vergleich zur letzten Wahl, allerdings fuhr die SPD seinerzeit auch das schlechteste Ergebnis der Nachkriegszeit ein. 2015 kam sie noch auf 32,84 Prozent. Immerhin kann die Partei in Bremen damit eine unter deutschen Landesregierungen einzigartige Tradition fortsetzen, denn das kleinste Bundesland wird seit 1945 ununterbrochen von den Sozialdemokraten regiert.

Was der SPD half, war der absehbare deutliche Stimmenverlust der Grünen, also u.a. der Habeck-Effekt. Natürlich sprachen die örtlichen Wahlverlierer nicht davon, auch nicht über persönliche Konsequenzen, sondern nur von „vielen Faktoren", die zu den Verlusten geführt hätten. Nach Umfragen sollen die Bremer ja auch aus lokalen Gründen mit der bisherigen rot-grün-roten Koalition mehrheitlich unzufrieden gewesen sein. Abgestraft wurden von den Wählern aber nur die Grünen, denn der dritte Bremer Koalitionspartner, die Linke, konnte ihr Ergebnis nahezu halten. So könnte beim Regieren in Bremen einfach alles beim Alten bleiben.

Vielleicht entscheidet sich die Bremer SPD aber auch für eine Koalition mit der CDU. Die Partei landete mit 26,1 Prozent nur auf Platz zwei. Deren Spitzenkandidat Frank Imhoff zeigte am Wahlabend so überdeutlich, wie gern er mitregieren würde, dass kaum jemand erwarten dürfte, dieser Mann würde einen politischen Kurswechsel im kleinen Stadtstaat durchsetzen.

Also am Wahltag nichts Neues? Gewichtige Statements der Parteienvertreter gab es nicht, sondern nur die üblichen Textbausteine. Die sonst nach Landtagswahlen in ARD oder ZDF übertragene „Berliner Runde" der Generalsekretäre der Bundestagsparteien wurde für das kleinste Bundesland gar nicht erst aufgeführt. Dazu scheint der kleine Stadtstaat dann offenbar doch zu unbedeutend zu sein.

Es gab nicht nur diese Wahlen

Immerhin kann sich nun die in bundesweiten Umfragen schwächelnde SPD an Bürgermeister Andreas Bovenschulte als Sieger-Figur erfreuen. Aber bei welcher Wahlbeteiligung? Diese Zahl wird nur selten erwähnt. Das ZDF meldete, dass die Wahlbeteiligung lediglich bei 57 Prozent gelegen hätte, allerdings seien da die Briefwahlstimmen noch nicht mitgerechnet. In Bremen muss man wegen des komplizierten Stimmverfahrens halt länger auf verlässliche Zahlen warten. Aber eine schlechte Wahlbeteiligung ist heutzutage ja auch kein Grund mehr zu besorgten Äußerungen.

Die hörte man von Wahlberichterstattern allenfalls wegen des Wahlerfolgs der überregional bislang kaum bekannten Wählervereinigung „Bürger in Wut". Die AfD hatte ja bekanntlich an der Wahl nicht teilgenommen, weil die Landespartei zwei konkurrierende Kandidatenlisten vorlegte und sich nicht fristgerecht auf eine einheitliche einigen konnte. Die „Bürger in Wut" konnten mit 9,6 Prozent davon profitieren, auch wenn ihre Vertreter sich mühten, zu betonen, dass ihr Erfolg nicht nur auf Stimmen verhinderter AfD-Wähler, sondern auch auf Stimmen enttäuschter CDU-Wähler beruhe.

Die AfD machte dafür an diesem Wahlsonntag im brandenburgischen Landkreis Oder-Spree von sich reden, weil dort in einer Stichwahl um den Landratsposten die Möglichkeit bestand, dass mit dem Kandidaten Rainer Galla Deutschlands erster AfD-Landrat gewählt werden könnte. Die anderen Parteien wollten dies verhindern und riefen zur Wahl des SPD-Kandidaten Frank Steffen auf, der sich laut rbb24 knapp mit 52,4 Prozent der Stimmen durchsetzen konnte.

Doch zurück nach Bremen. Man muss ja auch noch einen Blick auf die FDP werfen. Die ist ja schließlich Teil der Bundesregierung. In Bremen sahen sie die Hochrechnungen am späten Sonntagabend bei 5,2 Prozent, also mit knapper Not in der Bürgerschaft. Mehr muss man zu dieser Partei eigentlich nicht sagen.

Es gab also an diesem Wahlsonntag offenbar nicht viel Anregendes oder Aufregendes aus deutschen Wahllokalen zu berichten. Nur eine Wahl fehlt hier noch. Es wurde ja am Sonntag nicht nur im kleinen Bremen und in einem brandenburgischen Landkreis gewählt, sondern es gab auch Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein. Die genossen im Unterschied zur Bremen-Wahl nur kaum überregionale Aufmerksamkeit, wie das bei Kommunalwahlen meistens ist. Im landesweiten Ergebnis gab es im Vergleich zur vorigen Kommunalwahl einen Wechsel auf dem ersten Platz: Die CDU wurde mit 33,8 Prozent bei leichten Verlusten stärkste Kraft, die SPD folgte mit Abstand und etwas mehr Verlusten mit 19,4 Prozent auf Platz zwei, dicht gefolgt von den Grünen (17,7 Prozent) mit leichten Gewinnen. Auf den nächsten Plätzen landeten AfD (8,1 Prozent), FDP (6,8 Prozent), SSW (4,4 Prozent) und Linke (2,1 Prozent). Vielleicht werden die nächsten Wahlen spannender. Die Zeiten werden es ja wahrscheinlich auch.

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Leserpost

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Tobias Meier / 15.05.2023

Was soll sich auch ändern? Am Ende ist es egal, wen aus dieser Mischpoke man wählt: von ganz links bis christlich-demokratisch erzählen sie alle mehr oder weniger das Gleiche. Und abgesehen von einer Kombination Linke/CDU oder Linke/FDP ist auch jede Regierungskonstellation denkbar. Alle Parteien außerhalb dieser fünf Blockflöten werden - ob zurecht oder zu unrecht - eifrig in die extrem rechte Ecke geschrieben und geredet; auf die vierte Gewalt ist eben Verlass. So geschehen im gestrigen Staatsfunk, der die Bürger in Wut beiläufig, in einem Nebensatz als “rechtsextrem” titulierte. Perfide. Ergo müssten eben jene Bürger in Wut z.B. schon eine absolute Mehrheit erzielen um wirklich etwas ändern zu können. Der einzige Ausweg aus dieser Lethargie ist in meinen Augen ein Zusammenschluss aus vernünftigen Leuten aus der Wirtschaft und der Wissenschaft (also der richtigen, handfesten, nichts mit Geschwätz oder Klima). Diese sollten wenn möglich ein Medienimperium (z.B. Springer) im Kreuz haben um jegliche Delegitimationsversuche des Staatsfunks kontern zu können. Zuletzt braucht es eine für viele Bürger tragbare Gallionsfigur. Idealerweise ist das jemand mit Migrationshintergrund, denn dann fällt es nicht ganz so leicht mit dem in die rechte Ecke schubsen. Wie wäre es vielleicht mit Serdar Somuncu? Der redet hin und wieder wirres Zeug, aber ansonsten auch viel mit Substanz. Allein schon, dass er gegen diese woken Auswüchse ist und dazu steht, spricht für ihn. Müsste sich nur von diesem Clown-Verein namens “die Partei” lösen. Meine Wunschlösung Dieter Nuhr wird leider nicht realistisch sein, schon zu alt und zu “rechts”.

S. Kamsmeier / 15.05.2023

“Am Wahltag nichts Neues?” Natürlich nicht. Weiter so und mehr davon! Der Bür… der Wähler will das so.

Peer Doerrer / 15.05.2023

Es ist typisch für den Westen , jeder wählt seine Klientel -Partei , die ihm dient . Wenn immer noch rund 12 % Grüne in Bremen( Eigentor der Grünen wegen Abschaffung kostenloser Parkplätze kurz vor der Wahl ) und 17,7 % in Schleswig -Holdstein gewählt werden, sind die angedachten Grausamkeiten offensichtlich noch so gering , dass munter weiter ins Verderben gerannt wird . Der Hammer des Tages war die inhaltslose Wort -Gülle der Grünen -Parteichefin Lang , die auch nach der dritten Frage ob der Wärmepumpen -Alptraum oder der Graichen -Clan Auswirkungen auf die Wahlergebnisse hätte , immer noch von ” Erfolgen ” faselte . Bitte unbedingt mal im Netz ansehen : einfach köstlich , das intellektuelle Stalingrad .

Rolf Lindner / 15.05.2023

UNBESCHREIBLICH - Unfassbar bis unglaublich, ist die Beschreibung heute, für die, die schamlos machten sich das ganze Land zur Beute. - Es ist kaum noch zu überbieten und wahrlich zum Erschrecken, wollen rotgrüne Politnieten, dass Deutschland soll verrecken. - Unfassbar die Bösartigkeit, die Frechheit ihrer Lügen, mit denen sie die Wirklichkeit, die Tatsachen verbiegen. - Unglaublich ist auch die Verblödung der Lügenkonsumierer, fehlt denen komplett die Wahrnehmung, dass sie sind die Verlierer. - Einem fast die Worte fehlen, dass Deutsche nicht kapieren, sie selbst sind es, die Blender wählen, die in den Abgrund führen. - Krieg, Geld, Asyl und Energie, welch’ Thema man sich auch zuwendet, der deutsche Wahn mit Garantie in einer Katastrophe endet. - Fazit von meinem Lamentieren: Kumuliert ist unter’m Strich, was Volk und Herrscher zelebrieren, einfach nur noch unbeschreiblich.

Peter Wagner / 15.05.2023

“... denn das kleinste Bundesland wird seit 1945 ununterbrochen von den Sozialdemokraten regiert.”  Und deswegen fahre ich nie dahin.

Jörg Haerter / 15.05.2023

Da sind wir Brandenburger ja nochmal mit einem “blauen Auge” davongekommen. Zum Glück haben die “demokratischen Parteien” verhindert, das die Nazis den Bürgermeister stellen konnten. Ansonsten hätte die Wahl umgehend rückgängig gemacht werden müssen, nach merkelscher Tradition. “Wenn Wahlen etwas verändern würden, wären sie verboten”.

Andreas Mertens / 15.05.2023

“Vielleicht werden die nächsten Wahlen ja spannender ... Die Zeiten werden es ja wahrscheinlich auch ...”  Das dürfte mitnichten die Untertreibung des Jahrhunderts sein.  D-Land geht einer Deindustrialisierung + Depopulation entgegen wie wir sie seit dem 30 jährigen Krieg und der großen Pest nicht mehr gesehen haben. Dieser Staat darf dann einen Freudentag ausrufen falls er in in wenigen Jahren überhaupt noch Erwähnung auf der Landkarte findet. Das Positive an dieser Entwicklung ... es ist völlig egal wer was oder wen wählt. Der Zug ist längst von der Brücke und im freien Fall.

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