Zwei Hunde auf der Skipiste! Anderswo würde man sie jetzt vermutlich gnadenlos über den Haufen fahren oder die Besitzer lynchen. Auf dem Grünberg in Tirol ist Platz für alle und die Lebenslust der beiden Hunde ist mitreißend. Und alle sind so schön entspannt. Und ehrlich sind sie auch noch. „Auf dem Tourismussektor haben wir die die letzten 20 Jahre verschlafen“, sagt Rene Föger, „aber aus heutiger Sicht ist das das Beste, was uns passieren konnte.“ Weil die Fehler der Konkurrenz – Skischaukelparadiese oder Après-Ski-Alkoholhöllen- vermieden wurden. Ist ja auch was wert. Auf dem Mieminger Plateau kann man zum Beispiel so herrlich unaufgeregte Dinge wie „Weiher-Hopping“ machen, dabei kleine Kapellen bewundern, in schöner Schneelandschaft herumspazieren, langlaufen, schneeschuhwandern, die herrlichen Haflinger auf dem Hof von Peter Thaler (http://members.aon.at/thalerhof/) besuchen – die Pferde werden in alle Welt verkauft, einmal im Jahr ist Auktion.
Im Sommer kann man auf dem Mieminger Plateau so richtig schön wandern. Wie im Bilderbuch. „Bis zum Zweiten Weltkrieg war Tirol ein bettelarmes Land“, sagt Rene Föger, der das Hotel „Stern“(http://www.hotelstern.at) führt, das seit über 100 Jahren in Familienbesitz ist. In den 50er-Jahren kamen dann die Wanderer und Naturliebhaber und so ist es eigentlich auch immer geblieben. Der „Goldene Herbst“ hier ist vielgerühmt und wenn man die Fotos sieht mit den Lärchen, die gülden in der Sonne strahlen, plant man, wiederzukommen. Die Natur schenkt den Menschen auch noch Lärchenschnaps, was will man mehr.
Auf der Außenfront des Hotels Stern steht das schöne, altmodische Wort „Fremdenzimmer“ geschrieben. Andere hätten es übermalt, Rene Föger hat es stehen lassen. Früher hat man so eben um die Gunst der Reisenden geworben. Aus Fremden sind längst Touristen geworden, aber es stimmt ja: Auch der Reisende ist ein Fremder, der weiterzieht. Rene Föger macht Schritt für Schritt mit sanfter Hand ein modernes Hotel daraus. Ein kleiner Sauna- Bereich ist schon fertiggestellt, die ersten Zimmer sind modernisiert, das kleine Kinderparadies ist perfekt und als nächstes ist der Umbau der Lobby dran. Wer sich für seinen CO2-Abdruck auf Reisen interessiert, kann schon vor Abreise im Internet ausrechnen, wie viele Spuren er hinterlassen wird. Wenn die Gäste ein bisschen über Natur und Umwelt nachdenken, freut sich Rene Föger, aber es soll freiwillig geschehen, ohne Zeigefinger. So bietet das Haus zum Beispiel jeden Abend ein Spezialmenü an, das aus Zutaten besteht, die zum größten Teil aus der Umgebung stammen.
Früher bedeutete umweltbewusstes Reisen, dass man sich morgens im Hotel-Badezimmer spontan dazu entschloss, die Handtücher noch ein zweites Mal zu benutzen. Damit war die Sache erledigt und man konnte stolz und öko-beruhigt frühstücken gehen (wo man meistens mehr Plastikmüll hinterließ als zu Hause in der ganzen Woche). An den Gast des 21. Jahrhunderts werden völlig neue Ansprüche gestellt. Das Zauberwort heißt Nachhaltigkeit. Und wie immer gibt es dutzende verschiedene Siegel, was aber relativ egal ist, weil kaum eines bekannt ist. Oder haben Sie schon einmal etwas von der „Blauen Schwalbe“, „Ibex“, „The green key“ oder „Viabono“ gehört? Die beste Idee ist leider nutzlos, wenn die Menschen sie nicht kennen. Es ist wie mit den Ökosiegeln: Ein guter Ansatz kann mühelos dadurch kaputt gemacht werden, dass jeder Anbieter denkt, dass sein Logo das schönste, beste und reinste ist. Der Kunde, der das alles bezahlen soll, bleibt auf der Strecke. Selbst schuld, soll er eben einen dreiwöchigen Kurs absolvieren, um seine Bildungslücken zu füllen!
Dann lieber kleine, nachvollziehbare Schritte wie im Hotel Stern. Das Obst aus der Gegend wird hier zum Dessert, wenn die Schnapsbrenner nach der Ernte nicht schneller waren. Exotische Desserts wie Mangoeis oder Ananaskuchen sind gestrichen. Man vermisst sie aber auch nicht. Die Großmutter, 91 Jahre alt, steht jeden Tag in der Küche und bäckt. Das hält sie fit und ihr wunderbarer Apfelstrudel gehört zu den vielgepriesenen Spezialitäten der Gegend.
„Froher Gast, niemals Last!“ wurde vor über einem halben Jahrhundert in der Stube auf die Wand gemalt. Und froh sind sie hier, die Gäste. Renes Vater Hermann ist Bürgermeister und wenn er Zeit hat, steht er gern an der Hotelbar hinterm Tresen. Wer einen Ausflug machen möchte, könnte nach Innsbruck fahren, das ist nur 40 Kilometer entfernt und der Fernsehsender CNN setzte die Landeshauptstadt Tirols gerade auf Platz fünf der „heißen Urlaubsziele 2013“ (nach Korsika, Liverpool, Reykjavik und Istanbul).
Eine Engländerin erzählte mir, dass sie und ihr Mann gern durch Österreich reisen, aber niemals zweimal an einen Ort. Der Mensch will schließlich die Welt sehen. Nur in Obsteig haben sie schon zum zweiten Mal gebucht, weil das Hotel Stern so schön ist. „Nur Tee kochen können die Österreicher nicht“, sagt sie lächelnd. Richtig vorwurfsvoll klingt sie nicht.
Silvia Meixner ist Journalistin und Herausgeberin von http://www.good-stories.de