Gastautor / 18.03.2015 / 18:54 / 2 / Seite ausdrucken

Nein, diese Israelis!

Alex Feuerherdt

Die Israelis haben ein neues Parlament gewählt. Und sie haben es doch tatsächlich gewagt, sich an der Urne nicht so zu verhalten, wie die deutschen Medien es gerne gehabt hätten. »Bloß nicht wieder Netanjahu«, hatte ihnen beispielsweise Spiegel Online vor der Wahl zugerufen, was weniger ein Wunsch als vielmehr eine Belehrung war. Und was tun die frechen Israelis? Widersetzen sich einfach! Trotzen allen Prognosen! Verweigern den Gehorsam!

Dabei ist es mit dem jüdischen Staat doch so: Er darf schon irgendwie existieren, da ist man wirklich großzügig und tolerant. Aber er soll sich nicht wehren, wenn er angegriffen wird. Er soll denjenigen, die ihn am liebsten von der Landkarte tilgen würden, so schnell wie möglich einen eigenen Staat geben. Und seine Bürger sollen auf dem Wahlzettel gefälligst keine Parteien ankreuzen, die – eine Nummer kleiner hat man es einfach nicht – der »Todesstoß für den Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern« wären, wie die taz es exemplarisch formuliert hat.

Halten sich die israelischen Wähler nicht an diese ungebetenen Ratschläge, ist der deutsche Blätterwald stinksauer. Wenn Benjamin Netanjahu – der aller Voraussicht nach Premierminister des Landes bleiben wird – halte, was er verspreche, mache das »einen palästinensischen Staat unmöglich«, zürnt etwa Zeit Online. Und schickt gleich eine als Forderung getarnte Warnung hinterher: »Das darf die internationale Staatengemeinschaft Netanjahu nicht mehr durchgehen lassen.« Denn die »völkerrechtswidrige Besatzung der Palästinensergebiete« müsse »ein Ende haben«, und das gehe »nur mit Druck von außen«.

Netanjahu habe »allein auf Angst gesetzt – auf die Angst vor der iranischen Bombe, vor den Islamisten und vor einem künftigen Palästinenserstaat«, findet die Süddeutsche Zeitung. Sein Wahlerfolg sei deshalb ein »Sieg der Panik«, glaubt man bei Spiegel Online.

Vielleicht hatten die Israelis aber einfach ziemlich gute Gründe, nicht auf die in deutschen Redaktionsstuben verfassten Empfehlungen zu hören. Der vollständige Abzug aus dem Gazastreifen im Jahr 2005 hat ihnen weder Sicherheit noch Frieden, sondern vielmehr einen permanenten Raketenhagel seitens der Hamas sowie diverse Kriege eingebracht. Die palästinensische Führung hat sämtliche Friedenspläne abgelehnt, darunter die äußerst weitgehenden von Ehud Barak (2000/2001) und Ehud Olmert (2008).

Inzwischen betreibt Mahmud Abbas, der längst über keinerlei demokratische Legitimation mehr verfügt, die Anerkennung eines Staates Palästina an Israel vorbei in der Uno und internationalen Gremien – ein klarer Bruch der Osloer Abkommen. Die antisemitische Hisbollah im Libanon, der grauenvolle Bürgerkrieg in Syrien, der Vormarsch des IS und die Bedrohung durch das iranische Atomprogramm tun ein Übriges, um die »Angst«, über die man in Deutschland den Kopf schüttelt, jedenfalls nicht abwegig erscheinen zu lassen.

Mag schon sein, dass Netanjahus voraussichtliche Wiederwahl die internationale Isolation Israels – die man in deutschen Medien weniger befürchtet als vielmehr für eine gerechte Strafe hält – verstärkt. Nur ist das mitnichten automatisch ein richtiges Argument gegen die israelische Außenpolitik – sondern ein Zeichen dafür, dass der jüdische Staat in einer existenziellen Situation allein gelassen wird. Worüber sollte er auch mit denjenigen verhandeln, die ihm den Garaus machen wollen? Über die Modalitäten des eigenen Untergangs? Und weshalb sollte er ausgerechnet auf die Warnungen aus Europa hören, wo man – wie sich in Toulouse, Brüssel, Paris, Kopenhagen und andernorts zuletzt wieder einmal gezeigt hat – nicht einmal die eigene jüdische Bevölkerung zu schützen imstande ist?

Abschließend noch ein Wort an die »Apartheid«-Schreihälse unter den »Israelkritikern«: Nirgendwo im Nahen Osten haben Araber mehr demokratische Rechte als in Israel. Das arabische Listenbündnis ist nun sogar die drittstärkste Kraft in der Knesset, dem israelischen Parlament. Wäre in irgendeinem arabischen – oder in einem zukünftigen palästinensischen – Staat eine jüdische Partei auch nur denkbar? Ganz gewiss nicht.

Zuerst erschienen auf der Seite https://www.fischundfleisch.at

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Ralf Schmode / 18.03.2015

Man wird den Eindruck nicht los, dass in gewissen deutschen Redaktionsstuben (und vielleicht auch in gewissen amerikanischen Amtsstuben?) klammheimliche Freude herrschen würde, käme der Iran in den Besitz einer Nuklearwaffe und griffe Israel damit an. Übung für die Berichterstattung “danach” hat man ja mittlerweile: Die Tage nach “Charlie Hebdo” und vielmehr noch die Wochen nach diesen Tagen haben gezeigt, dass sich der journaillistische Mainstream dieses Landes auf nichts so gut versteht wie auf das publikumswirksame Weinen von Krokodilstränen.

Danny Wilde / 18.03.2015

Lieber A.F., “Wäre in irgendeinem arabischen – oder in einem zukünftigen palästinensischen – Staat eine jüdische Partei auch nur denkbar? Ganz gewiss nicht.” - schon allein deswegen nicht, weil es in einem solchen Staat eben gar keine Juden gäbe. Kämen Juden in der Gedankenwelt palästinensischer Politik, Medien, Imame: als Nachbarn, Freunde, Mitarbeiter, Eigentümer, als Objekte seelischer oder erotischer Begierde, als Künstler, Industrielle, Lehrer, und, äh…. Politiker vor, und nicht als der zu vernichtende Todfeind, würde sich die Diskussion um einen palästinensischen Staat (denn darum geht es ausschließlich: um DEN palästinensischen Staat, ohne Israel, ohne Juden) automatisch erübrigen, und die Region könnte in einem Zustand der Normalität prosperieren. Ich behaupte, dass es dann egal wäre, ob es ein, zwei oder x Staaten gäbe. Sie wären einander nicht feind. Tja, unsere Kopftuch-Claudi hat DIESEN Aspekt von Multikulti leider noch nicht vermocht, der Hamas beizubringen. Ich wünsche Bibi Netanjahu besten Erfolg und Israel Kraft und Glück!

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Gastautor / 30.04.2024 / 06:15 / 30

Warum belohnt Biden Feinde und ignoriert Verbündete?

Von Michael Rubin. Demnächst wird der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, ein Feind Amerikas und Israels, in Washington empfangen. Joe Biden sollte besser einen Problemlöser…/ mehr

Gastautor / 17.04.2024 / 13:00 / 15

Islamismus: Täter und Wohltäter

Von Sam Westrop. Die globale islamistische Wohltätigkeitsorganisation Islamic Relief arbeitet mit hochrangigen Hamas-Beamten zusammen, darunter der Sohn des Terroristenführers Ismail Haniyeh. Während Mitglieder des Europäischen Parlaments im Januar…/ mehr

Gastautor / 13.04.2024 / 15:00 / 6

Aufbau eines menschenwürdigen Gazastreifens (2)

Von Daniel Pipes. In Live-Interviews auf Al Jazeera und in anderen arabischen Medien machen immer mehr Bewohner des Gazastreifens ihrer Abneigung gegen die Hamas Luft.…/ mehr

Gastautor / 06.04.2024 / 14:00 / 13

Der Westen muss Geiselnehmer ächten – nicht belohnen

Von Michael Rubin. US-Präsident Joe Biden erlaubt es der Hamas, Geiseln als Druckmittel für Zugeständnisse Israels einzusetzen. Diese Haltung ist inzwischen eher die Regel als die Ausnahme,…/ mehr

Gastautor / 30.03.2024 / 14:00 / 6

Islamische Expansion: Israels Wehrhaftigkeit als Vorbild

Von Eric Angerer. Angesichts arabisch-muslimischer Expansion verordnen die westlichen Eliten ihren Völkern Selbstverleugnung und Appeasement. Dabei sollten wir von Israel lernen, wie man sich mit…/ mehr

Gastautor / 29.03.2024 / 12:00 / 4

Die Kettenhunde des Iran

Von Jim Hanson and Jonathan Spyer. Der Iran ist der größte staatliche Sponsor des Terrorismus. Dieses Dossier beschreibt die wichtigsten iranischen Stellvertreter und die Kontrolle, die das…/ mehr

Gastautor / 18.03.2024 / 12:00 / 19

Pubertätsblocker-Verbot: Wer folgt dem Beispiel Englands?

Von Martin Voigt. In Großbritannien bekommen Kinder und Jugendliche, die sich als Transgender identifizieren, künftig keine Pubertätsblocker mehr. Das sollte auch die Debatte in Deutschland…/ mehr

Gastautor / 15.03.2024 / 16:00 / 23

​​​​​​​Islamisten im Westen arbeiten an weltweitem Kalifat

Von Sam Westrop. Wie ein Bündnis von Islamisten die Taliban in Afghanistan unterstützt und gleichzeitig auf einen globalen radikalislamischen Scharia-Staat hinarbeitet. Eine Achse von Islamisten…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com