Arye Sharuz Shalicar, Gastautor / 18.11.2017 / 18:12 / Foto: pixabay / 4 / Seite ausdrucken

Der Frühling, der ein Winter war

Von Arye S. Shalicar.

Der Nahe Osten befindet sich in einer Zeit der Wende. Während ich dies schreibe, verändert sich die Realität um Israel herum in Windeseile. Wie schön waren noch die Schmetterlinge im Bauch, als der Arabische Frühling 2010 begann und insbesondere die westliche Welt sich einig war, dass die "Epoche des Mittelalters" in der islamischen Welt ihrem Ende naht und mit Hilfe von Facebook und Twitter in absehbarer Zeit Diktatoren und Islamisten vom Thron gestossen werden.

In Israel läuteten schon damals die Alarmglocken. Die Sicherheitsbehörden waren sich relativ sicher, dass es sich eher um einen Arabischen Winter handelt, der am Ende anstelle  der erwünschten liberalen und westlich gesinnten Oppositionellen noch blutdurstigere Diktatoren, noch mörderischere Organisationen und noch mehr Mord und Totschlag zum Vorschein bringen und zufolge haben wird.

Zumindest aus israelischer Perspektive stand fest, dass ein durch Unruhen und Aufstände erzeugtes Vakuum nicht unbesetzt bleiben, sondern ganz im Gegenteil ein willkommenes Sprungbrett für radikale islamische Elemente darstellen wird, sei es sunnitischer, sei es schiitischer Prägung. Ein Wettlauf um Gebietseroberungen in knapp einem Dutzend Länder im Nahen Osten wurde im Laufe der letzten sieben Jahre ausgetragen und hatte – und hat – weiterhin verheerende Folgen auch für die westliche Welt.

Der Iran ist der Sieger

Ich wage zu behaupten, dass der vom ehemaligen amerikanischen Präsidenten Obama geförderte Arabische Frühling nicht nur islamischen Terror und Massen an Flüchtlingen die Tore nach Europa geöffnet hat, sondern auch einen enormen Einfluss hatte auf innenpolitische Entwicklungen in den USA, auf die Wahl Donald Trumps zum Präsidenten, in England zudem den überraschenden Brexit und in Deutschland den Wahlerfolg der AFD indirekt bewirkte.

Im Nahen Osten gibt es einen ganz klaren Sieger, der clever genug war, aus der Situation seinen Nutzen zu ziehen. Der Iran hält ein breites Territorium im Irak, in Syrien, im Libanon und im Jemen besetzt und unterstützt nicht nur lokale schiiitische (und manchmal sogar sunnitische) Terrororganisationen und Milizen, sondern engagiert sich teilweise direkt militärisch, wie kürzlich der Fall von El-Kiswah, südlich von Damaskus, beweist.

Der Arabische Frühling – beziehungsweise Winter – ist vorüber. Das Vakuum ist gefüllt. Ein fast vollständiger Stillstand ist nirgendwo um Israel herum der Fall. Die Akteure haben sich mehr oder weniger fest positioniert. Es bleibt wenig Spielraum. Eine alt-neue Sicherheitssituation steht in ihren Startlöchern.

Auf den Nenner gebracht: der Nahe Osten bleibt wie ehedem eine Region voller Konflikte und religiöser Extremisten. Neu kommt hinzu, dass der Iran und seine Verbündeten jetzt vielerorts, nicht zuletzt in Israels Nachbarländern Libanon und Syrien, den Ton angeben. In Zukunft dürfte dies sowohl Deutschland als auch Israel große Sorgen bereiten. Im Falle Deutschlands/Europas bedeutet ein instabiler Naher Osten weiterhin muslimische Flüchtlinge und unter ihnen Extremisten und Terroristen, die die innere Sicherheit auf dem Kontinent ernsthaft bedrohen. Für Israel aber wird eine Konfrontation mit dem Iran in der Region immer schwieriger zu vermeiden sein.

Foto: pixabay

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Leserpost

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Sepp Kneip / 19.11.2017

” In Zukunft dürfte dies sowohl Deutschland als auch Israel große Sorgen bereiten. ” Israel lebt schon lange mit dieser Bedrohung. Es konnte sich bisher sehr gut seiner Haut wehren. Es betreibt eine Politik, die sich der Gefahren bewusst ist und hat entsprechende Sicherheitsmassnahmen getroffen. Deutschland dagegen wirft sich der Gefahr, die aus Nahost droht, regelrecht an den Hals. Das Land wurde als Einfallstor für den Islam und seine politisch-ideologischen Auswüchse sperrangelweit geöffnet. Ohne Kontrollen, ohne alles. In der Tat kam damit nicht der Frühling, sondern finsterster islamischer Winter ins Land. Dem Bürger wurde jede Sicherheit genommen. Das ist Politik in Deutschland.

Marcel Seiler / 18.11.2017

Danke für diese Zusammenfassung!

alma Ruth / 18.11.2017

Komisch: Die (jüdischen) Israelis, deren Ahnen wie man sagt,  jahrhundertelange außerhalb der Geschichte gelebt haben, denken unvergleichlich realistischer als “die” Menschen im Westen, die doch immer mitten drin der Geschehnisse waren. Vor allem der europäische Westen lebt lieber in einer Welt, wie sie angeblich sein sollte als darin, was ist. Ein Grund ist sicherlich, daß “der” westliche Mensch nicht versteht oder verstehen will, daß Menschen in anderen Weltgegenden anders denken als sie selbst. Und deshalb verstehen sie so schwer, so langsam und oft auch zu spät, was und wie es anderswo läuft. Schade.  lg alma Ruth

Helmut Bühler / 18.11.2017

Für Israel muss der steigende Einfluss Irans auf lange Sicht nicht negativ sein. Im Gegensatz zu den Arabern ringsum sind die Perser ein altes Kulturvolk mit einer sehr selbstbewussten Zivilgesellschaft, die eher unwillig mit dem verbohrten Mullaregime lebt. Dessen Herrschaft wird nicht ewig währen und dann kann sich das Verhältnis zu Israel entspannen, während der Judenhass der Araber wohl völlig unabhängig vom Grad religiöser Verblendung manifest bleibt.

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