Daniela Seidel, Gastautorin / 09.07.2022 / 14:00 / Foto: Pixabay / 17 / Seite ausdrucken

Coca-Carola 2.0

Von Daniela Seidel.

Nach dem neuesten Streich unserer illustren Ampel-Männer, -Frauen und -Kindsköpfe wird wohl bald jeder seinen Namen nach Belieben wählen können. Das kann ja heiter werden.

Ich muss Sie jetzt enttäuschen! Hier geht es nicht um die Re-Union der wilden schwedischen 80er-Jahre-Band, die aber ohnehin eher der hartgesottenen Punk-Szene ein Begriff gewesen sein dürfte. Umso allgemein bekannter hingegen wohl die dahinterstehende Geschichte, nach welcher ein Antrag auf diesen, doch recht kuriosen weiblichen Vornamen seinerzeit bei diversen (oder eben auch noch nicht) Standesämtern angeblich angenommen beziehungsweise abgelehnt wurde.

Beurkundet ist indes, dass das Konkurrenz-Unternehmen 1959 frischgebackenen Eltern dereinst satte 10.000 Mark hinblätterte (und offenbar einen für damalige Verhältnisse äußerst aufgeschlossenen Standesbeamten auftrieb), um ihr Töchterchen tatsächlich Pepsi-Carola zu nennen. Aber das ist lange her, war weit weg im kosmopolitischen Hamburg, Internet gab es damals noch nicht – und so war das Ganze nicht mehr als einige Jahrzehnte kursierende, urbane Legende, die stimmen konnte oder auch nicht. Und schlimmstenfalls ein paar so einfalls- wie harmlose Spötteleien nach sich zog. Insbesondere, wenn man als Mädchen Carola hieß.

Aber mal ehrlich, mit dem eigenen Vornamen sind doch die wenigsten Leute zufrieden. Meist ist er entweder zu altbacken, zu gewöhnlich, zu klanglos, oder man möchte schon aus Prinzip immer das, was man nicht hat. Ich beispielsweise war als kleines Mädchen irgendwie enttäuscht, dass meine Eltern mich nicht Claudia getauft hatten, obwohl dies angeblich ebenfalls zur Debatte stand. Spätestens allerdings, als „Die Ärzte“ jenen berüchtigten Song herausbrachten, in dem ein Schäferhund eine zentrale Rolle spielte, machte ich (damals noch römisch-katholisch und gerade dem Kommunionsunterricht entronnen) mehrmals täglich drei Kreuze, dass dieser pränatale Wunsch nicht in Erfüllung gegangen war. 

Ja, unerhörte Gebete können ein Segen und Kinder können grausam sein!

Eltern, die ihr Kind Störenfried, Whisky, Popo oder Satan nennen wollen

Erwachsene aber kaum weniger. Man fragt sich ja unwillkürlich, was sich jene anficht, die ihren Spross allen Ernstes am liebsten Störenfried, Whisky, Popo oder Satan genannt hätten (abgelehnt). Hätte es da schlichte Verhütung nicht eher getan?

Vergleichsweise arglos muten da noch die, dem gemeinen Chantalismus nicht anheimgefallen und sich doch nicht so recht von ihm abgrenzen könnenden Schöpfungen wie Summer-Melody oder Imperial-Purity an. Diese wurden in jüngerer Vergangenheit ebenso akzeptiert wie Pumuckl, Prestige oder auch Camino Santiago Freigeist – wobei speziell bei letzterem die emergierende, mangelnde Dankbarkeit des Kindes eventuell dadurch wieder abgemildert werden könnte, dass, einem spontanen Impuls folgend, die Wahl auf Freigeist und nicht auf Querdenker fiel. Okay. Das war haarscharf!

Aber das ist ja ohnehin alles Schnee von gestern. Nach dem neuesten Streich unserer illustren Ampel-Männer, -Frauen und -Kindsköpfe wird wohl bald jeder seinen Namen nach Belieben wählen können. Aber natürlich höchstens einmal im Jahr, es soll ja schließlich mit ernsthaften Dingen zugehen und den Staatsapparat nicht unnötig aufblähen. Ob es dabei zwingend vonnöten ist, dass beim Wechselwunsch auch eine Änderung der dem natürlichen Jahresrhythmus folgenden sexuellen (Nicht)Identifikation ersichtlich sein muss oder eine grundsätzliche Unzufriedenheit ausreicht, konnte ich als Laie dem Vorschlag nicht entnehmen.

Bald jährlich neue, namensaktualisierte Reisepässe, Führerscheine und Hundesteuerbescheide

Endgültig vorbei sein dürften allerdings die Zeiten, in der das Geschlecht aus der ursprünglichen Namensgebung eindeutig hervorgehen muss. Womöglich kann man eines nicht allzu fernen Tages von seinen Kindern verklagt werden, wenn man sich zu etwas präzisierem als „It" oder „Schaumerma" hinreißen lässt und den Nachwuchs damit impertinenterweise in seiner entgrenzten Entwicklung blockiert.

Ja, nun, willkommen im New Normal. Hier darf jeder alles sein und tun. Es sei denn, er wollte kürzlich während der immer noch andauernden, grauenhaftesten Pandemie seit Menschengedenken (wen auch immer) heiraten – alles null problemo. Dann war zwar ein Eröffnungstanz, allerdings keine Polonaise erlaubt. Das war dann für die meisten aber auch plausibel und man hat sich überwiegend kritiklos gefügt. Ging ja immerhin um Menschenleben!

Ja, dieser, bis ad absurdum gepeitschten und zugleich herbeigesehnten Regulitis, die mit ihren Freiheitsversprechen orientierungslose Menschen bis zu einem Maximum an Zugeständnissen und Bekenntnissen treibt, sind offenbar keine Grenzen gesetzt. Gut, dem Alwin Münchmeyer, Franz Josef Strauß und etlichen anderen zugeschriebenen Bonmot zufolge, „dass die zehn Gebote 279 Wörter haben, die EU-Verordnung zur Einführung von Karamellbonbons dagegen 25.911 Worte braucht“, haben wir zwar immer mehr Freiheit durch immer mehr neue, bescheuerte Vorschriften. Aber das alles, inklusive bald jährlich neuer, namensaktualisierter Reisepässe, Führerscheine und Hundesteuerbescheide muss immerhin verwaltet und (dreimal dürfen Sie raten, von wem) bezahlt werden. Und schafft nebenbei ganz viele neue Arbeitsplätze.

An dieser Stelle sollte eingeworfen werden: Damals noch redlich arbeitende Faktenchecker hatten herausgefunden, dass gar keine EU-Verordnung zur Einführung von Karamellbonbons existiert, aber das nur am Rande.

Clowneske Nebenkriegsschauplätze noch und nöcher

Der immer monströser werdende Wasserkopf zur Bewältigung unserer Bürokratie, die den galoppierenden Wahnsinn fördert und fordert, statt selbst wertschöpfend zu arbeiten, existiert allerdings. Ebenso, wie die Tatsache, dass die Diagnose „Geschlechtsdystrophie“ (eine Identitätsstörung mit dem starken und anhaltenden Gefühl, dass das eigene anatomische Geschlecht und das eigene Selbstverständnis […] nicht miteinander übereinstimmen, diese Unstimmigkeit verursacht erhebliches Leid) bei Kindern und Jugendlichen in knapp zehn Jahren um das 25-fache zugenommen hat. Dass das alles aber absolut normal und total gesund ist, erklärt kleinen Kindern dann vormittags die Maus und dem geneigten, aufgeklärten Erwachsenen, der sich nicht in die rechte Ecke rücken lassen und mit #Stopfalsebalance-Argumenten rüsten lassen wollenden Erwachsenen tagsüber Quarks & Co.  

Ab diesem Punkt lässt sich trefflich weiter sinnieren. Geht es hier um die offenbar wirkungsvolle Ablenkung von mittlerweile unlösbaren, existenzbedrohenden Problemen, für die unsere zwangsfinanzierten Vertreter keine Lösung mehr haben, außer clowneske Nebenkriegsschauplätze noch und nöcher zu eröffnen? Wir alle wissen es nicht. Die Akteure dieses Spektakels wahrscheinlich selbst nicht mehr. Das ist beängstigend und macht Hoffnung zugleich – denn wie jeder Irrsinn findet auch dieser zwangsläufig irgendwann ein Ende.

Foto: Pixabay

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Oliver Wilkening / 10.07.2022

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren, sehr geehrte Diverse! Ich möchte Ihnen dafür danken, dass sie endlich dieses für unser Land so wichtige Gesetz auf den Weg gebracht haben. Er zeigt mir, dass für unsere Politiker das Prinzip “first things first” gilt. Es ist mutig, sich für die Rechte auch der kleinsten Minderheiten einzusetzen, selbst wenn es z. Z. Probleme gibt, die weniger toleranzbewusste Mitbürger als wichtiger ansehen (Inflation, steigende Energiepreise und Mieten, erhöhtes Armutsrisiko, etc.). Diese Prinzipientreue ist Ihrem Hause hoch anzurechnen und ich beglückwünsche die Verantwortlichen dazu. Aber nun in medias res. Meine Frau und ich tragen uns mit dem Gedanken, einen Geschlechtsidentitätsaustausch vorzunehmen, d. h., ich beabsichtige, das weibliche Geschlecht anzunehmen und sie das männliche. Wir tragen uns schon lange mit dem Gedanken, sahen uns aber schweren Vorurteilen und Diskriminierungen ausgesetzt. Jetzt ist aber endlich der Zeitpunkt gekommen, unser Vorhaben durchzusetzen. Leider habe ich aber im Gesetzestext keine Hinweise auf die enorme finanzielle Belastung für die Durchführung der anliegenden Dokumentenwechsel entdecken können. Es müssen Pässe, Personalausweise, Versicherungsunterlagen, Krankenkassenkarten, Führerscheine, KfZ-Dokumente, Mietverträge, Rentenbescheide, etc - und gleich in doppelter Form - geändert werden. Nach den schweren Jahren der Diskriminierung und Intoleranz, die wir erdulden mussten, erscheint es uns - die wir auch schon im sechsten Lebensjahrzehnt stehen - als nur gerechtfertigt, wenn der Staat uns unterstützend zur Seite steht. Wir beantragen deswegen einen noch juristisch auszuhandelnden Betrag in mittlerer vierstelliger Höhe (pro Person), der uns möglichst unbürokratisch zur Verfügung gestellt werden sollte, um unsere Auslagen zu decken. Ich hoffe, dieses Ansinnen ist verständlich, um vorhandene Traumata nicht weiter zu vertiefen. Versandt an Justiz- u. Fam.ministerium. Kann gerne verwendet werden.

Stefan Riedel / 09.07.2022

Rolandine Scholz und Annabock Baer?

Thomas Küchenmeister / 09.07.2022

Mit Änderung des Geschlechtes bzw. des Vornamens sind ja alle Dokumente vom Ausweis bis zum Grundbucheintrag zu ändern. Wird hoffentlich recht teuer. Und die Frage wäre, ob ein Vertrag mit Karl auch gegenüber einer Carola gilt. Ist vor allem bei Miet-, Kredit- und Arbeitsverträgen interessant.

Gus Schiller / 09.07.2022

Viele Stadtverwaltungen sind jetzt schon überfordert. Vor den Ämtern bilden sich täglich lange Schlangen. Onlineterminvereinbarungen gibt es nicht oder Termine erst in drei Monaten. (z.B. Berlin, Bremen, Hannover) Da dürfen sich die Beamten ja auf die neue Zeit freuen.

Hans Reinhardt / 09.07.2022

Ich würde “Buschi-Kackmaus” vorschlagen. Der Name fällt mir immer spontan ein, wenn mir eine dieser wohlstandsverwahrlosten Bratzen über den Weg läuft. Die sehen nämlich alle so aus, als ob sie so heißen würden. Und geschlechtsneutral wäre der Name auch.

Wolfgang Kaufmann / 09.07.2022

Wenn es um die Sache ginge, könnte man ja unterscheiden zwischen Sex und Gender, biologischem und psychologischen Geschlecht. So aber scheint es zielführender sein sich zu fragen wie bei jedem Magier, Illusionisten oder Taschenspieler: Wovon sollen die Tanzeinlagen, Kleidchen und Bühneneffekte in Wirklichkeit ablenken? You vill understent nozzing ent you vill be heppy?

Marc Greiner / 09.07.2022

Es gibt viele Wege die jüdisch-christliche Kultur, also unsere Zivilisation, zu zerstören: Gender, “Familien” mit mehreren Eltern, Homoehe, ausgeweitetes Adoptionsrecht, und jetzt auch die Abschaffung jüdisch-christlicher Namen. Wollten die Kommunisten nicht schon immer einen neuen Menschen erschaffen? Langsam nimmt es Konturen an und wird wie immer in der Katastrophe enden.

Frank Box / 09.07.2022

“Vergleichsweise arglos muten da noch die, dem gemeinen Chantalismus nicht anheimgefallen und sich doch nicht so recht von ihm abgrenzen könnenden Schöpfungen wie Summer-Melody oder Imperial-Purity an.” ♥ Schantall, tu doch ma´ die Omma winken!

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