Von Hamed Abdel-Samad.
Wenn innerhalb eines Jahres hunderte christliche Terroristen in über 50 Staaten Terroranschläge verübt und sich dabei auf die Bibel berufen hätten, würden die meisten Medien, ohne mit dem Wimper zu zucken, vom christlichen Terrorismus sprechen, und das zu Recht. "Times Magazine" sprach bereits vom buddhistischen Terror in Bezug auf die Gewalt gegen Muslime in Burma. Sind die Terroristen aber Muslime, die sich auf den Koran berufen, dann will man keinen Zusammenhang mit dem Islam sehen.
Es ist keine Diffamierung aller Muslime, wenn wir vom islamischen Terror sprechen. Nicht alle Muslime setzen alles um, was im Koran steht. Einige setzen nur das um, was ihnen passt. Friedliche Menschen picken sich die friedlichen Passagen heraus und sagen: Das ist der Kern des Korans. Wir mögen diese Muslime und nennen sie nicht "selektiv", sondern "liberal" oder "gemäßigt".
Gewaltbereite berufen sich auf die Gewaltpassagen und sagen: Das erwartet Gott von uns. Wir mögen diese Muslime nicht und sagen, sie seien Radikale, die den Koran falsch verstanden hätten.
Die Tatsache, dass die meisten Muslime keine Gewalttaten verüben, ist nicht dem Islam zu verdanken. Der Islam erwartet von Muslimen, fünf Mal am Tag in einer Moschee zu beten. Die wenigsten Muslime tun das. Liegt das am Islam, dass sie dieses Gebot vernachlässigen?
Der Islam verlangt von Muslimen, tüchtig zu arbeiten, vor Gericht die Wahrheit zu sagen und die Straßen sauber zu halten. Tun alle Muslime das? Der Islam erlaubt dem Mann, vier Frauen gleichzeitig zu haben. Die allerwenigsten Muslime machen davon Gebrauch.
Der Islam legitimiert Gewalt gegen Ungläubige, legitimiert Diskriminierung von religiösen Minderheiten und das Schlagen von Frauen. Dass viele Muslime das nicht tun, haben wir nicht dem Islam zu verdanken, sondern dem Pragmatismus und der Vernunft derer, die das nicht tun.
Es ist richtig, zu sagen, dass nicht jede Entscheidung oder jede Tat eines Muslim allein am Islam liegt, aber wir können auch nicht sagen: Sauberkeit, Tüchtigkeit, Ehrlichkeit, Polygamie, Hass gegen Ungläubige, Gewalt gegen Frauen und Diskriminierung von Minderheiten und fünf Mal am Tag beten haben nichts mit dem Islam zu tun.
Der Terror hat viele Ursachen, die zusammenkommen müssen, damit einer Terrorist werden kann. Die soziale Situation, die weltpolitische Lage, die Persönlichkeitsstruktur spielen dabei eine wichtige Rolle. Aber auch die Religion und was sie über den Dschihad und die Ungläubigen sagt und was sie dem Märtyrer nach dem Tod verspricht, sind die Ursachen.
Was ist daran diffamierend, wenn wir es empirisch beweisen können?