Gil Yaron / 03.04.2008 / 17:37 / 0 / Seite ausdrucken

Stammtisch? Stammzelle!

Zwar spielt die jüdische Religion in der israelischen Gesetzgebung und im Alltag oft eine große und einschränkende Rolle, gerade in der Stammzellforschung aber ist sie aber äußerst liberal. So haben die Wissenschaftler es in erster Linie ihren Rabbinern zu verdanken, dass Israel in der Erforschung und Nutzung menschlicher Embryonalzellen weltweit eine führende Position innehat. Der Kleinstaat mit seinen 7,2 Million Einwohnern veröffentlicht pro Kopf doppelt so viele wissenschaftliche Artikel (113 pro eine Million Bewohner) als Deutschland (40 pro eine Million Einwohner), von den zehn wichtigsten Arbeiten im Feld stammen drei aus Israel.

        Ein Menschenleben zu retten, und sei es durch wissenschaftliche Forschung, ist eines der wichtigsten Gebote des Judentums, und steht über fast allen anderen Glaubensgesetzen. Medizinische Forschung wird also von Rabbinern grundsätzlich gefördert. Eine der Grundbedingungen zur Menschwerdung ist laut rabbinischer Auslegung die Einpflanzung im Mutterleib. Föten aus künstlicher Befruchtung, so genannte Reagenzglasbabys, genießen deswegen keinen rechtlichen Schutz. Hinzu kommt, dass die jüdische Religion selbst einen Fötus im Mutterleib erst ab dem vierzigsten Tag als ein vollwertiges menschliches Wesen betrachtet. Embryos, die vorher aus der Gebärmutter entfernt werden, haben denselben Status wie auch andere menschliche Zellen, wie Samen und Eizellen: sie dürfen nicht sinnlos verschwendet werden. Ihr Einsatz zur Erforschung menschlicher Erkrankungen wird deswegen von israelischen Rabbinern und Gesetzgebern ihrer Vernichtung vorgezogen. Deswegen gibt es in Israel fast keine gesetzlichen Einschränkungen in der Stammzellforschung. Forscher haben sich in Einstimmung mit dem Gesetzgeber selbst Beschränkungen auferlegt. So bleibt das Klonen von Menschen in Israel verboten, jedes Experiment muss von einem Komitee genehmigt werden. Die Kommerzialisierung menschlicher Embryos, dass heißt Handel oder ihr Ankauf, ist ebenfalls untersagt.

        Schon vor vierzig Jahren gelang es Leo Sachs vom Weizmann Institut als erstem, Stammzellen im Labor zu züchten. Vor zehn Jahren gelang es Joseph Itzkovitz- Eldor von der Haifa Universität erstmals, Stammzellen von menschlichen Embryos zu isolieren. Zwei Jahre später demonstrierte Benjamin Reubinoff von der Hebräischen Universität in Jerusalem, dass man aus Stammzellen Nervenzellen züchten kann. Ihm gelang es auch ein Jahr später, das Genmaterial von Stammzellen zu verändern. Israelische Forscher arbeiten an der Heilung von Blutkrebs, Diabetes und Parkinson durch die Implantation von Stammzellen, anderen ist es gelungen, Teile von Herzen nachzubilden, um die Überlebenschancen von Opfern schwerer Herzinfarkte zu verbessern.

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