Manfred Haferburg / 07.01.2021 / 06:25 / Foto: Pixabay / 113 / Seite ausdrucken

Riss im Biotop: Die Grünen kriegen ein Corona-Problem

Was fällt Ihnen ein, wenn Sie den Ortsnamen „Freiburg“ hören? Freiburg im Breisgau ist schön und „tiefgrün“. Dort hatten die Grünen bei der Gemeinderatswahl 2019 mit 26,5 Prozent mehr Stimmen als CDU mit 11,8 und SPD mit 12.7 Prozent zusammen. Im Freiburger Öko-Stadtteil Vauban kommen die Grünen gar auf 33 Prozent. Hier wohnen die Guten unter sich, in Niedrigenergiehäusern und verkehrsberuhigten Straßen. Und in der Mitte von Freiburg-Vauban liegt der vorbildlich genossenschaftlich geführte Biomarkt „Quartiersladen“, bei dem fast jeder zweite Vaubaner Mitglied ist. 

Hier spielt sich eine köstliche Posse mit Namen „Die ganze Corona-Aufregung eskaliert in einem Freiburger Bioladen“ ab, die bei Welt-Online in wunderbar journalistischer Manier beschrieben wird (aber leider hinter der Bezahlschranke). Der Welt-Artikel wird mit einem Bild der beiden Geschäftsführerinnen verziert, auf dem sie Arm in Arm zu sehen sind – ohne den Stein des Anstoßes, den „Mund-Nasenschutz“. Dessen konsequente Nutzung durch die Kunden haben sich die Geschäftsführerinnen nämlich mit der ganzen Leidenschaft ihrer fünfziger Jahre verschrieben.

Es war doch alles in Ordnung mit dem Hygienekonzept des Bioladens – Händedesinfektion am Eingang, Begrenzung der Kundenzahl, Eingangskontrolle – alles wie es sich im Jahre Null von Corona in Biodeutschland gehört. Alles im grünen Bereich, bis einige Kunden mit Maskenbefreiungsattesten auftauchten. Und es wurden mehr und mehr. Wenn dann die Maskenbefreiten im Laden einkauften, beschwerten sich die Zwangs-Maskierten, was allerdings in einem Ökoviertel, wo sich die meisten mit Vornamen anreden, irgendwie nicht nachvollziehbar ist.

Als dann im öffentlich-rechtlichen Fernsehen auch noch Berichte kolportiert wurden, dass „viele Ärzte ohne Untersuchung Maskenbefreiungsatteste verkauften“, platzte den beiden Geschäftsführerinnen der grüne Kragen. Ab sofort nur noch mit Maske! Das gilt auch für die mit den ärztlichen Attesten! Wer keine Maske tragen kann, soll sich seine Vollkorn-Hirse doch von jemand anderem mitbringen lassen, basta. 

Das war nun allerdings nicht ganz konform mit der Baden-Württembergischen Corona-Verordnung, was wiederum einige Kunden aufbrachte. Eigentlich Zeit für einen grünen Stuhlkreis. Doch nein, die Aufgebrachten gründeten eine Chatgruppe mit dem poetischen Namen „FreiSeinFreiburg Shopping Gang“. Widerstand ist eben doch tief im grünen Gen verwurzelt. 

Ein bisher unbescholtener grüner Dirigent und Musiklehrer

Und so geschah es, dass dann eines schönen Novembermorgens ein halbes Dutzend attestbefreite querdenkende maskenlose ökoaffine Hausfrauen, Rentner und Freiberufler zwischen 40 und 60 vor dem grünen Bioladen standen und reinstürmen wollten. Ungefähr so, wie vor Kurzem die Querdenker um ein Haar den Reichstag gestürmt hätten. Die Geschäftsführerinnen stellen sich ihnen mutig in den Weg, schließlich winkte das Bundesverdienstkreuz. Ich sehe schon die Überschrift in der Zeitung mit den vier Buchstaben: „Sie schützten den Bioladen vor dem Maskenmuffel-Mob“. 

Die Kunden berichten, dass sie angeschrien wurden. Als die eilig herbeigerufene Polizei sich wieder entfernte, ging der Streit auf der Straße munter weiter. Schließlich rief ein Mann, ein bisher unbescholtener grüner Dirigent und Musiklehrer, im Eifer des Gefechtes einer Geschäftsführerin „Heil Hitler“ zu. Er wollte damit ausdrücken, dass er sich unterdrückt fühlt. Er wurde natürlich umgehend angezeigt. Wer denkt, das war es jetzt, der kennt nicht linke Lust an Rechthaberei.

Die Chatgruppe FreiSeinFreiburg-Shopping-Gang bekam von nun an regen Zulauf durch neue Mitglieder. Ein neuer Unterstützer postete neben seinem Konterfei sogar Bilder einer rechten Thingstätte in Heidelberg und teilte hochkontaminierte Beiträge von Coronaleugnern mit Reichsbürgergeruch und sogar von Holocaustleugnern. Drei Tage später erkrankte ausgerechnet dieser Corona-Leugner an Corona, kam ins Krankenhaus und verstarb kurz darauf am fünften Tag – so schrieb nunmehr seine Freundin Claudi. 

Die Welt-Recherche deckt „in einem Telefonat mit dem Toten“ auf, dass es sich sowohl bei dem Chat-Rechten als auch bei Claudi um denselben Agent-Provocateur handelt. Der ganze Account war gefaket. Der vermeintliche Corona-Leugner war weder erkrankt noch tot, sondern lebt putzmunter in Vauban. Sein Ziel war gut gemeint – nämlich den Maskenmuffeln zu zeigen, wie „herzlos, egoistisch und fanatisch“ sie seien. Er will lieber anonym bleiben – er hat Angst um seine Familie. Schließlich werden ja die gefährlichen Querdenker sogar vom Verfassungsschutz beobachtet. Eine Kundin des Bioladens denkt, er sei ein Aktivist von der lokalen Antifa.

Das vorläufige Ende der Geschichte: Die Mitglieder der „FreiSeinFreiburg-Shopping-Gang“ wurden wegen „genossenschaftsschädlichen Verhaltens“ ausgeschlossen und bekamen allesamt Hausverbot. Natürlich wird jetzt prozessiert. Und natürlich ist das noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Schließlich ermittelt jetzt sogar der Verfassungsschutz gegen den sich unterdrückt fühlenden Dirigenten und Musiklehrer.

Zum guten Schluss noch unkommentiert die Stellungnahme des Quartiersladens – unvollständig gegendert (gibt es denn in Freiburg keine Mitglieder*innen?) –, zu finden auf seiner Webseite

„Liebe Mitglieder,

uns erreichen seit Corona viele Mails, viele mit Zuspruch, aber hie und da gibt es Kritik an den getroffenen Maßnahmen. Das verstehen wir, wir sehen unsere Aufgabe jedoch zuallererst darin, die Lebensmittelversorgung zu garantieren und gleichzeitig unserer Sorgfaltspflicht für unsere Kolleg*innen nachzukommen.

Der teilweise aufgeheizten Debatte können und wollen wir uns nicht stellen, da wir weder politische Entscheidungsträger*innen noch Mediziner*innen sind. Wir haben uns entschlossen, den Empfehlungen des Freiburger Gesundheitsamtes zu folgen. Dies scheint uns für die Aufrechterhaltung des Ladenbetriebes praktikabel.

Ein ganz herzliches Dankeschön an alle tatkräftigen Unterstützer*innen, die bei Sonne und Regen die Einlasskontrolle und das Desinfizieren übernommen haben. 

Versprochen: Es gibt ein großes Fest, wenn wir das alles gemeinsam gewuppt haben!

Herzlich Gabi & Tina“

Foto: Pixabay

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Leserpost

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Sabine Schubert / 07.01.2021

Menschen (die aufgrund einer Erkrankung gehandicapt sind und aus medizinischen Gründen keine Maske tragen müssen) auszugrenzen und sie daran zu hindern sich mit Lebensmitteln zu versorgen, ist diskriminierend. Genau für diese Fälle wurde das Antidiskriminierungsgesetz geschaffen, welches das Hausrecht von Gabi und Tina aushebelt.

Rainer C. Ment / 07.01.2021

Sehr schön, dass sich hier im Kleinen zeigt, wie Sozialismus “funktioniert”. Fast alle Rollen sind besetzt, inklusive Stasi mit Zersetzungsauftrag. Die viel beschworene Solidarität bleibt als erstes auf der Strecke. Man könnte sich zurücklehnen und den links-grünen Utopien beim Scheitern zusehen, wenn es sich auf ihre Versuchsreaktoren in Berlin, Hamburg oder Freiburg beschränken würde. Leider sind wir alle zwangsweise mit betroffen. Die Zeit läuft und die Geisterbahn hat keinen Ausgang.

Steffen Schwarz / 07.01.2021

Ich bin da nicht sicher. Zwar mal nett sowas zu lesen, aber seien wir doch ehrlich, jedes polit. und gesellschaftliche Thema seit mind. 20 Jahren haben die heute völlig zu Ökostalinisten mutierten Grünlichen genutzt, um ihre Vorstellungen in reale Politik umzusetzen. Zwar nie als wirkliche Mehrheit, aber stets unabhängig von ihren Wahlergebnissen. Man kann mavhen was man will, sobald die auch nur 5% erreichen, bekommt man grün, als wenn sie 90 % hätten. Und so wird es auf unabsehbare Zeit in D auch bleiben, so bitter das auch ist.

Dr. Joachim Lucas / 07.01.2021

Wenn die sich gegenseitig zerfleischen, habe ich Null Probleme damit. Oder mal in Trittins Worten zu den RAF-Morden: Ich kann mir eine “klammheimliche Freude” nicht verkneifen. Obwohl: ich freue mich offen.

Ernst-Friedrich Behr / 07.01.2021

Es zeigt sich, dass SARS-CoV-2 garnicht das Problem der Grün*Innen ist. Das Problem der Grün*Innen ist ihre Verwahrlosung durch Wohlstand. Wenn man/frau keine Sorgen hat und trotzdem alles besser weiß, dann kann es schon mal zu einer Prügelei mit anschließendem Naziverdacht kommen. War das jetzt richtig gegendert? Ich finde mich in dieser neuen Welt der sorglos Besorgten noch nicht so richtig zurecht.

Nico Schmidt / 07.01.2021

Sehr geehrter Herr Haferburg, vielleicht versuchen es die guten und grünen Damen und Herren einfach einmal mit Arbeit. Das beruhigt ungemein und Bibi und Tina können weitermachen. MfG Nico Schmidt

Bernhard Freiling / 07.01.2021

“Maskenmuffel-Mob” ist natürlich eine unverständliche Verkürzung. Richtig wäre: “Mundnasenmaskenmuffel-Mob. Die einzig zulässige Abkürzung hierfür wäre: “Mumu-Mob”.

Lothar Hannappel / 07.01.2021

Die beiden Geschäftsführer*innen sind meiner Meinung nach ein schönes Beispiel für viele Gutmenschen. Ihnen geht es nicht wirklich, wie behauptet um die Versorgung mit Biolebensmitteln, sondern immer nur um Anpassung. Und dazu sollte neben Bio auch Maske gehören!

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