Panzer zählen mit Pistorius

Wer weiß, wie viele Kampfpanzer es in Deutschland gibt? Das Bundesverteidigungsministerium weiß es nicht, denn die Ministerin wollte es nicht wissen. Ihr Nachfolger lässt nun zählen. Aber muss sein Haus eine solche Zahl nicht ohnehin kennen?

Es hat in Ramstein beim Treffen der Verteidigungsminister der Ukraine-Unterstützerstaaten, zurückhaltend formuliert, bekanntlich für Verwunderung gesorgt, dass die deutsche Bundesregierung eine konkrete Zusage der lange verzögerten Lieferung von Leopard-Kampfpanzern damit begründete, ihre Panzer erst einmal zählen zu müssen. Ausgerechnet ein Land wie Deutschland, wahrscheinlich einer der am gründlichsten verwalteten Gebiete der Welt, soll keinen Überblick darüber haben, wie viele und welche Kampfpanzer es eigentlich hat?

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat im Prinzip genau das behauptet, als er bekanntgab, dass er zunächst die Verfügbarkeit von Kampfpanzern in Deutschland prüfen lassen wolle. Nun ist er ja tatsächlich erst ganz frisch im Amt, aber angesichts der langen Diskussion, die es um diese Kampfpanzer schon gegeben hat, hätte die Zahl doch im Ministerbüro seiner Vorgängerin quasi parat liegen müssen. Nun könnte man sagen, die Ministerinnen-Karriere der Genossin Lambrecht ist Geschichte und es war eine Geschichte voller Pannen und Peinlichkeiten. Da hilft es nicht, in die Vergangenheit zu blicken, sondern man muss mit Pistorius jetzt Panzer zählen, bis auch die SPD-Kabinettsmitglieder einer Leopard-Lieferung zustimmen.

Allerdings lässt hier eine Recherche der Kollegen vom Business Insider aufmerken, wonach die Genossin Lambrecht es keinesfalls versäumt hatte, die Panzer-Bestände zu prüfen. Diese Prüfung sei von ihr wegen der Erwartung, das Ergebnis würde zu einer Panzer-Lieferung führen, regelrecht verboten worden.

Die Anweisung, keine Bestandsaufnahme bei den Bundeswehr-Panzern des Typs Leopard 1 und Leopard 2 vorzunehmen, hätte die Ministerin den zuständigen Beamten ihres Hauses demnach ungefähr eine Woche vor ihrem Rücktritt erteilt. Das will Business Insider von Mitarbeitern aus dem Verteidigungsministerium erfahren haben. Es ist auch plausibel, anzunehmen, dass es etliche Ministerialbeamte nicht goutierten, dass die Ministerin damit die Kenntnisnahme ihr ungelegen kommender Fakten verweigerte. Unabhängig davon, ob man für oder gegen Kampfpanzerlieferungen an die Ukraine ist, so hat man dies politisch zu vertreten und keine Bestandsaufnahme zu verhindern.

Man kann sich streiten, ob es jetzt der größere Skandal ist, dass eine Verteidigungsministerin die Panzer-Zählung verbietet oder eher, dass diese Zahlen in einem Land wie Deutschland für den Verteidigungsminister nicht sofort, quasi auf Knopfdruck, verfügbar sind. Was wäre denn eigentlich in einem Ernstfall? Träte tatsächlich irgendwann der Fall der Landesverteidigung ein, müsste doch ein Befehlshaber auch ohne lange Bestandsaufnahme wissen, mit wie viel Material und Mannschaft er für den Kampf rechnen kann, oder? Ist es eigentlich zu überspitzt, wenn einem angesichts solcher Zustände das böse Wort „Sabotage“ einfällt?

Unabhängig davon ist es bedrückend erbärmlich, was Business Insider aus dem Ministerium als angeblichen Grund für die Aktion erfahren haben will: Kanzler Olaf Scholz (SPD) sollte in der Frage möglicher Kampfpanzer-Lieferungen nicht noch durch Zahlen zusätzlich unter Druck gesetzt werden. Wäre herausgekommen, dass die Bundeswehr ihre einsatzfähigen Panzer zählt, hätte das als Bereitschaft interpretiert werden können, Panzer liefern zu wollen, und diesen Eindruck habe man angeblich vermeiden wollen. Einen entsprechenden formalen Prüfauftrag habe das Kanzleramt dem Verteidigungsministerium bis dahin auch nicht erteilt. Warum sollte das Kanzleramt das auch tun? Wie gesagt, man muss doch vom Verteidigungsministerium erwarten dürfen, dass es den deutschen Panzerbestand kennt. Vielleicht hätte Boris Pistorius der Einfachheit halber seinen amerikanischen Amtskollegen fragen sollen, denn womöglich kennen US-Geheimdienste den deutschen Waffenbestand besser als das zuständige Ministerium.

Es bräuchte eigentlich diese Nachrichten nicht auch noch, um über das gegenwärtige politische Führungspersonal zu verzweifeln. Dazu hat Fabian Nicolay gerade das Nötige geschrieben. Doch wenn es ein Bundeskanzler und eine Verteidigungsministerin nicht schaffen, offen, klar und unmissverständlich für ihre eigene Position einzutreten und zu streiten – unabhängig davon, für wie falsch man die halten mag –, sondern wenn sie sich zu einer Politik bekennen, die sie zeitgleich hintertreiben, sind sie in Spitzenpositionen in einem freiheitlich-demokratischen Gemeinwesen einfach falsch. Solche Fehlbesetzungen tun auch den Fehlbesetzten selbst nicht gut und dem Gemeinwesen noch viel weniger.

Foto: Wolfgang Wilde /Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Peter Woller / 21.01.2023

Panzer zählen mit Pistorius? Die sollen mal lieber Kältebusse bauen für die Obdachlosen in Deutschland. Ich war mindestens zwei mal von Obdachlosigkeit bedroht. Und zwar im August 1995 und im März 2011. Haben Grüne schon mal bei Minus-Temperaturen im Freien übernachtet? Bei deren hohen Gehältern wahrscheinlich eher nicht. Nur durch Beziehungen und sehr viel Glück bin ich damals nicht unter der Brücke gelandet. Durch Kälte sterben Obdachlose. Nicht durch Wärme.

Bargel, Heiner / 21.01.2023

@T.Schneegaß: Meinen Sie wirklich, daß es so viele sind? :-)

Wolfgang Richter / 21.01.2023

@ Ricardo Sanchis - “mit aller Gewalt mitten in den Krieg hineinziehen ?” Da sind wir nach Völkerrecht schon lange laut Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, denn nach deren Bewertung führt die Lieferung von Waffen an die Kriegspartei UND Ausbildung der Soldaten daran rechtlich dazu, daß “Wir” Kriegspartei sind. Diese Umstände hat die bestehende Politcombo bereits mehrmals erfüllt. Dann wird in der Slowakei unter Führung der Bundeswehr eine Reparaturwerkstatt für die an der Front in der Ukraine “ausgelutschten” Panzerhaubitzen 2000 aufgebaut. Nach Reparatur gehen die Geräte von dort dann wieder an die Front. Und selbst Herr Pistorius hat in seiner improvisierten Antrittsrede was von “schwierigen Zeiten” und “Kriegsbeteiligung” gesprochen, pflichtschuldig ein “Indirekt” nachgeschoben. Für mich bemerkenswert, daß dazu keiner der Pressehanseln nachgefragt und den Bürgern diesen Satz als Überschrift serviert hat. Bei “Deutschland mit Kriegsbeteiligung gegen Rußland” sollten doch ein paar der Schlafmichel im Lande schreckhaft aufmerken.

Wolf Hagen / 21.01.2023

Das das Lambrecht die Bestandsaufnahme verhinderte, wird wohl nur die Spitze des Eisberges sein. Es zeigt deutlich was für einen Schaden die grün-linke Gurkentruppe anrichtet, sobald sie irgendwo eine Gelegenheit zur Sabotage und Verrat am eignen Land sieht. Die Grün-Linken trotten nicht umsonst gern hinter Transparenten mit der Aufschrift “Deutschland muss sterben, damit wir leben können!” her. Die meinten und meinen es ernst. Deren Projekt zur Vernichtung des Heimatlandes heißt “Transformation”. Und sie haben es einfach, denn die sogenannte Opposition bietet keine vernünftigen, oder auch nur patriotische Gegenpositionen an, sondern ergeht sich in der kriecherischen Forderung zum Kotau vor dem Russen. Wo man hinschaut, ein peinliches Schmierentheater, unwürdig einer ehemaligen Kulturnation, die Deutschland einmal war.

Mathias Pauls / 21.01.2023

Die NZZ meldet heute die vorhandenen Panzer, nach Typ unterschieden, in D und in den Empfängerländern auf Basis International Institute for Strategic Studies.

Wolfgang Richter / 21.01.2023

“dass die Bundeswehr ihre einsatzfähigen Panzer zählt, hätte das als Bereitschaft interpretiert werden können, Panzer liefern zu wollen,” Vielleicht ist der Grund auch viel profaner - Die politische Führung wollte der Blamage entgehen, nach den diversen Pleiten und Pannen der Vergangenheit -vom nicht korrekt schwimmfähigen Fregattenneubau über “Gorch Fock” bis zum fluguntauglichen Marinehubschrauber, dem PUMA-Manöverausfall- jetzt auch noch eingestehen zu müssen, daß ein Großteil der “Leos” mangels Wartung nicht einsatzfähig ist. Ansonsten kann mir keiner erzählen, daß im Land, in dem jede Verwaltung die Anzahl der ausgegebenen Bleistifte und Rollen Klopapier auf Knopfdruck mitteilen kann, die Zahl der EINSATZFÄHIGEN Panzer nicht bekannt sein soll. Ist aber schon lustig, daß sich dieser kopflose “Haufen” täglich aufplustert und meint, “Putins Rußland” Poroli bieten zu können, während selbige Truppe schon Probleme mit der Abwehr der “Schweizer Garde” hätte, denn wer nicht weiß, wie viele Panzer er hat, weiß natürlich auch nicht, wieviel Personal, Sprit, Munition und Ersatzteile er bevorraten müßte, um selbige Gerätschaften zweckgerichtet einsetzen zu können. Aber ein nicht fahrbereiter Panzer erfüllt vermutlich das Kriterium “Schwangerengerecht”. Insofern alles im Plan.

Oskar Kaufmann / 21.01.2023

Das verstehe ich jetzt wirklich nicht. Zu meiner Dienstzeit in einer Panzerkompanie (1987 -  1997) mussten die Züge den Bestand an Kampfpanzern (einsatzfähig/ nicht einsatzfähig) an den Kp.Chef melden, dieser meldete an das Bataillon. Das Bataillon an die Brigade usw. Diese Zahlen müssten also vorliegen oder hat sich da an den Meldungen etwas geändert?

Ede Beton / 21.01.2023

Die Bundeswehr ist ein Fall für richtige Macher Mehdorns und Pofallas wo seit ihr…?

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